Urteil des BVerwG vom 07.08.2002

Illegale Ausreise, Unhcr, Gefahr, Zukunft

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 74.02 (1 PKH 41.02)
VGH 23 B 01.31097
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. August 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r , den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
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Dem Beigeladenen wird für das Beschwerdever-
fahren Prozesskostenhilfe bewilligt und
Rechtsanwalt Stefan Neuner, Müllerstraße 27,
80469 München, als Prozessbevollmächtigter
beigeordnet.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des Bay-
erischen Verwaltungsgerichtshofs vom
10. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
G r ü n d e :
Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
folgt aus § 166 VwGO i.V.m. den §§ 114, 119 Abs. 1 Satz 2 und
§ 121 Abs. 1 ZPO.
Die Beschwerde, die die Revisionszulassungsgründe der Diver-
genz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeu-
tung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht,
hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde rügt zunächst, das Berufungsgericht weiche mit
der Beurteilung, dass für einen aus dem Zentralirak stammenden
Asylbewerber in einem vom UNHCR betreuten Flüchtlingslager im
Nordirak das erforderliche Existenzminimum am Ort der inländi-
schen Fluchtalternative nicht gewährleistet sei, von den in
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu entwi-
ckelten Maßstäben ab. Jedenfalls bedürften diese Fragen der
grundsätzlichen höchstrichterlichen Klärung. Der Senat lässt
offen, ob diese Rügen ordnungsgemäß erhoben sind und wie sie
ggf. in der Sache zu bewerten sind (vgl. in diesem Zusammen-
hang auch Beschluss vom 31. Juli 2002 - BVerwG 1 C 128.02 -
zur Veröffentlichung vorgesehen).
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Denn die Beschwerde kann jedenfalls deshalb nicht zur Zulas-
sung der Revision führen, weil das Berufungsurteil auf eine
zweite, selbständig tragende Begründung gestützt ist, gegen
die die Beschwerde keine durchgreifenden Zulassungsgründe gel-
tend macht. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Aufent-
halt in einem Lager des UNHCR sei dem Beigeladenen - unab-
hängig von der Frage des Existenzminimums - auch vor dem Hin-
tergrund eines für möglich gehaltenen Wiedereinmarsches der
zentralirakischen Machthaber in den Nordirak nicht zumutbar,
weil der Lageraufenthalt den irakischen Behörden hinreichende
Verdachtsmomente für die illegale Ausreise, den Auslandsauf-
enthalt und die Asylantragstellung liefere, die zu asylrele-
vanten strafrechtlichen Konsequenzen führen könnten (UA
S. 14). Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht sei
bei der "durch nichts belegten" Annahme eines möglichen Wie-
dereinmarsches zentralirakischer Truppen in den Nordirak von
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anfor-
derungen an die asylrechtliche Prognose abgewichen. Es habe
nicht in nachprüfbarer und nachvollziehbarer Weise die Umstän-
de offen gelegt, aus denen es nach seiner Überzeugung auf eine
ernsthafte und nicht ganz fern liegende Gefahr für die Zu-
kunft, wie sie auch beim Maßstab der hinreichenden Sicherheit
vor politischer Verfolgung erforderlich sei, geschlossen habe.
Damit ist eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
indes nicht dargetan. Die Beschwerde zeigt keinen abstrakten
Rechtssatz aus der angegriffenen Entscheidung auf, mit dem
sich das Berufungsgericht in Widerspruch zu den angeführten
Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts gesetzt hat. So
geht sie nicht auf die in diesem Zusammenhang vom Berufungsge-
richt in Bezug genommene eigene ständige Rechtsprechung und
die hierzu zitierten Urteile ein und vermag schon aus diesem
Grunde nicht darzutun, inwiefern das Berufungsgericht einen
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden
Rechtssatz aufgestellt haben soll. Auch mit ihren übrigen Aus-
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führungen wendet sich die Beschwerde vor allem gegen die ihrer
Ansicht nach unzureichende Überzeugungsbildung des Gerichts im
Einzelfall, ohne damit einen Revisionszulassungsgrund aufzu-
zeigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Richter Beck