Urteil des BVerwG vom 12.05.2004

Demokratische Republik Kongo, Politische Verfolgung, Rechtliches Gehör, Auskunft

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 72.04
OVG 4 A 784/02.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Mai 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 2004 wird ver-
worfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)
und der Sache nach auch auf die Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1
VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht bereits nicht den Anfor-
derungen an die Darlegung der maßgeblichen Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO.
Nach ständiger Rechtsprechung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Ge-
richt das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezo-
gen hat. Es braucht nicht jedes Vorbringen in den Gründen ausdrücklich zu beschei-
den. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass
ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserhebli-
chen Tatsachenstoffs verletzt hat, kann im Einzelfall ein Verstoß gegen Art. 103
Abs. 1 GG festgestellt werden (vgl. etwa BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.). Gemes-
sen daran zeigt die Beschwerde einen Gehörsverstoß nicht auf. Sie trägt vor, dass
für das Berufungsgericht "die Aktivität des Klägers beziehungsweise seine Berufstä-
tigkeit für die ACP" wesentlich gewesen sei. Das Oberverwaltungsgericht habe "be-
züglich seiner Aktivitäten eine Auskunft über das Auswärtige Amt geholt". In einer
ersten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 7. August 2003 werde "ausgeführt,
dass der Kläger angeblich nie für die ACP tätig gewesen sei, es würden Mutmaßun-
gen ausgestellt in Bezug auf Ausstellung eines Blankoausweises und der Möglich-
keit, diesen mit falschen Angaben zu versehen. Außerdem habe der Kläger nicht un-
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ter der angegebenen Adresse Rue Mawana 5 gewohnt." Nachdem sich der Kläger
hierzu geäußert und weitere Einzelheiten mitgeteilt habe, sei vom Berufungsgericht
eine weitere Auskunft des Auswärtigen Amtes eingeholt worden. In dieser Auskunft
vom 9. Januar 2004 werde nunmehr "plötzlich zugestanden, dass der Kläger tatsäch-
lich bei der ACP beschäftigt" gewesen sei, sein Wohnort sei "allerdings nach wie vor
bestritten" worden. Hierzu habe sich der Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2004
geäußert. Das Berufungsgericht habe indessen vor seiner abweisenden Entschei-
dung keine weiteren Informationen eingeholt. Dies sei eine Verletzung des rechtli-
chen Gehörs, "als aufgrund des Schreibens vom 30.01.2004 gegebenenfalls das
Auswärtige Amt noch mal hätte gehört werden müssen." Mit diesem Vortrag genügt
die Beschwerde den Anforderungen an die Darlegung eines Gehörsverstoßes nicht.
So trägt die Beschwerde nicht vor, welche ihrer Angaben im Schriftsatz vom 30. Ja-
nuar 2004 oder sonstigen Angaben das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genom-
men und in Erwägung gezogen hätte. Die Beschwerde verkennt, dass nicht jede Ver-
letzung der Aufklärungspflicht auch einen Gehörsverstoß beinhaltet.
Soweit die Beschwerde darüber hinaus eine Verletzung der richterlichen Aufklä-
rungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 VwGO) rügen möchte, genügen ihre
Ausführungen ebenfalls nicht den § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu entnehmenden Dar-
legungsanforderungen. So zeigt sie nicht auf, aus welchen Gründen sich dem Beru-
fungsgericht eine weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen und zu wel-
chem Ergebnis eine weitere Aufklärung hätte führen müssen, zumal eine weitere
Aufklärung nach Aktenlage eher fern gelegen hat. Denn das Auswärtige Amt hat in
seiner Auskunft vom 9. Januar 2004 im Einzelnen ausgeführt, in welchem Umfang es
Nachermittlungen vorgenommen hatte und dass mehrere voneinander unabhängige
örtliche Auskunftspersonen die Angaben des Klägers in den entscheidenden Punk-
ten nicht bestätigt hatten. Die Beschwerde legt nicht dar, welche weiteren Auskunfts-
personen oder Beweismittel noch zur Verfügung gestanden hätten und lässt zudem
offen, in welchem Zusammenhang die behauptete fehlende Aufklärung zu der - für
den angegriffenen Beschluss insoweit allein maßgeblichen - Frage steht, ob dem
Kläger nach einer Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo dort mit beachtli-
cher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe. In Wahrheit wendet sich die
Beschwerde mit ihrem Vorbringen gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Sach-
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verhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Damit aber lässt sich eine
Rüge fehlender Aufklärung nicht begründen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Richter Prof. Dr. Dörig