Urteil des BVerwG vom 09.02.2006

Sri Lanka, Psychisch Kranker, Behandlung, Rüge

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 66.05 (1 PKH 18.05)
OVG 21 A 591/02.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Februar 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht D r. M a l l m a n n und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 27. April 2005 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil seine
Beschwerde - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - keine hin-
reichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Revisi-
onszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht
in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt
voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen
wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von der
Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
ob aufgrund der Ereignisse der Flutkatastrophe vom 26.12.2004 und ihrer
damit verbundenen Folgen für die srilankische Bevölkerung die vorhandenen
Kliniken, Ärzte und Psychiater sowie Psychologen mit traumatisierten Patien-
ten heillos überlastet sind und ob deshalb eine Behandlung von traumatisier-
ten bzw. psychisch kranken Patienten möglich ist,
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ist keine Rechtsfrage, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte, son-
dern eine allein von den Tatsachengerichten zu beantwortende Frage der tatsächli-
chen Verhältnisse in Sri Lanka.
Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Ge-
hörs des Klägers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht in
einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise aufgezeigt. Die Be-
schwerde sieht eine Gehörsverletzung zunächst darin, dass das Oberverwaltungsge-
richt die Ereignisse der Flutkatastrophe vom 26. Dezember 2004 und deren Folgen
für die Behandlung psychisch Kranker nicht berücksichtigt habe. Sie zeigt indes nicht
auf, dass der anwaltlich vertretene Kläger sich gegenüber dem Oberverwaltungsge-
richt auf die jetzt behauptete Veränderung der Tatsachenlage berufen hätte oder den
vom Oberverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln, die
sich entgegen dem Vorbringen der Beschwerde zum Teil auch auf die Zeit nach der
Flutkatastrophe bezogen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. März 2005
- Stand: Februar 2005 - sowie Erkenntnisse aus der Tagespresse vom Januar und
Februar 2005, Gerichtsakte Bl. 187 f.), eine Veränderung der tatsächlichen Verhält-
nisse bezüglich der medizinischen Versorgung infolge der Flutkatastrophe zu ent-
nehmen gewesen wäre. Damit fehlt es schon an der für eine Gehörsrüge erforderli-
chen Darlegung, dass das Berufungsgericht den ihm unterbreiteten Prozessstoff
nicht vollständig zur Kenntnis genommen und erwogen habe. Ein in diesem Zusam-
menhang allenfalls noch denkbarer Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht
(§ 86 Abs. 1 VwGO) wird von der Beschwerde der Sache nach ebenfalls nicht aufge-
zeigt. Der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass und welche weiteren Aufklä-
rungsmaßnahmen sich dem Gericht von Amts wegen hätten aufdrängen müssen,
obwohl der anwaltlich vertretene Kläger selbst nicht auf eine weitere Beweiserhe-
bung hingewirkt hat. Die Beschwerde setzt sich zudem nicht damit auseinander, dass
das Berufungsgericht auch Erkenntnismittel aus der Zeit nach der Flutkatastrophe in
das Verfahren eingeführt und hierzu im Urteil ausgeführt hat, dass die zweifellos
katastrophalen Folgen der Flutwelle ausschließlich die Küstengebiete im Osten und
im Süden des Landes betroffen hätten, insbesondere der Raum Colombo aber
vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt worden sei (UA S. 18).
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Soweit die Beschwerde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers auch
darin sieht, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, der Kläger könne
Mittel für den Erwerb kostenpflichtiger Arznei in Sri Lanka aufbringen, da er ja auch
die nicht unerheblichen Kosten einer zweimaligen Schleusung nach Deutschland zu
zahlen bereit gewesen sei, fehlt es ebenfalls an näherer Darlegung, inwiefern damit
der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden sein
soll. Abgesehen davon greift die Rüge auch deshalb nicht durch, weil das Beru-
fungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im
Fall des Klägers in erster Linie deshalb verneint hat, weil er die Medikamente, auf die
er zur Vermeidung schwerer Folgen für seine Gesundheit angewiesen sei, in Sri
Lanka kostenfrei erhalten könne (UA S. 11 ff.). Ist aber das Urteil in dieser Frage auf
zwei selbständig tragende Begründungen gestützt, kann nach ständiger Rechtspre-
chung die Revision nur zugelassen werden, wenn gegen jede dieser Begründungen
ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und durchgreift. Gegen die erste Be-
gründung hat die Beschwerde vorliegend indes keine Zulassungsgründe vorge-
bracht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Beck
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