Urteil des BVerwG vom 28.07.2003

Ausnahmefall, Subsumtion, Hund, Kritik

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 470.02
OVG 1 Bf 292/00
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juli 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revisi-
on in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom
23. August 2002 wird verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren
auf 8 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs (Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108
Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht
den Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig, ob "ein Ausnahmefall nach § 47 Abs. 2 Nr. 2
allein dadurch gegeben sein , dass die Ehefrau und die Kinder des Auslän-
ders im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen sind und eine gemeinsame Ausreise mit
dem Ausländer nicht erfolgen soll, so dass es zu einer längeren Trennung kommt, ohne dass
weitere besondere Umstände hinzutreten". Abgesehen davon, dass das Oberverwal-
tungsgericht seine Entscheidung nicht "allein" auf diese Erwägungen gestützt hat und sich
die Frage deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren so gar nicht stellen könnte, ver-
kennt die Beschwerde, dass in der Rechtsprechung des Senats bereits grundsätzlich geklärt
ist, unter welchen Voraussetzungen allgemein eine Ausnahme in Betracht kommt (vgl. etwa
Beschluss vom 15. Juli 1999 - BVerwG 1 B 49.99 - und vom 19. März 1999 - BVerwG 1 B
20.99 - Buchholz 402.240 § 47 AuslG Nrn. 18 und 17; Urteil vom 29. September 1998
- BVerwG 1 C 8.96 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 16 = NVwZ 1999, 303 m.w.N.).
Auf diese Rechtsprechung hat sich das Berufungsgericht bezogen (UA S. 9). Im Rahmen der
Prüfung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG, ob gegenüber der gesetzlichen Regel ein Aus-
nahmefall vorliegt, sind danach alle Umstände der Tatbegehung und die sonstigen Verhält-
nisse des Betroffenen, namentlich die in § 45 Abs. 2 AuslG genannten Umstände zu berück-
sichtigen. Einen erneuten oder weiterreichenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht
auf. Ob im Falle des Klägers eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel zu machen ist, ist
nach den gesamten Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und einer rechtsgrundsätzli-
chen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich. Mit der Kritik an der Subsumtion
im vorliegenden Einzelfall lässt sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen, auch nicht mit angeblich abweichenden Bewer-
tungen eines anderen Senats des Berufungsgerichts in einem anderen Einzelfall.
Ein Gehörsverstoß ist weder schlüssig vorgetragen noch ersichtlich. Es ist nicht erkennbar,
dass das Berufungsgericht die - im Tatbestand mitgeteilte - Berufungsbegründung der Be-
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klagten nicht zur Kenntnis genommen oder nicht hinreichend in Erwägung gezogen hat.
Einen Anspruch auf Auseinandersetzung mit einzelnen oder allen "Argumenten" der Beklag-
ten in den Entscheidungsgründen gewähren § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG nicht
(vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts be-
ruht auf § 13 Abs. 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO in entsprechender Anwendung.
Eckertz-Höfer Hund Richter