Urteil des BVerwG vom 16.09.2003
Rüge, Hund, Pauschal, Fra
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 456.02
OVG 8 A 1660/97.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. September 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g und H u n d
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2002 wird verwor-
fen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt weder eine grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO) den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt
die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die
Revisionsentscheidung erheblichen Frage des revisiblen Rechts und außerdem die
Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz
310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Die Formulierung einer solchen
Rechtsfrage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die Rüge, das Beru-
fungsgericht lehne eine Verfolgungsgefahr für den Kläger deshalb ab, weil es meine,
es gäbe nur einen konkreten Vorfall, bewerte aber nicht das unter dem jahrelangen
Druck des Terrors entstandene "Angstsyndrom des damals noch minderjährigen
Klägers" (Beschwerdebegründung S. 1 f.), betrifft die Feststellung und Würdigung
des Sachverhalts und die Verfolgungsprognose, ohne dass hierzu eine verallgemei-
nerungsfähige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Entsprechendes gilt für den Einwand,
der Westen der Türkei stelle für den Kläger aufgrund seines Alters (12 - 14 Jahre)
und seiner fehlenden Familienanbindung keine geeignete Fluchtalternative dar (Be-
schwerdebegründung S. 2). Auch insoweit wird keine verallgemeinerungsfähige Fra-
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ge zu den - in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Übrigen auch schon rechts-
grundsätzlich geklärten - Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative
aufgeworfen, sondern lediglich die Tatsachen- und Beweiswürdigung im vorliegen-
den Fall angegriffen. So verhält es sich auch mit den beiden weiteren Rügen der Be-
schwerde, das Berufungsgericht habe die Verfolgungsgefahr für den Kläger bei
Rückkehr in die Türkei fehlerhaft gewürdigt (Beschwerdebegründung S. 2 unten) und
eine bedenkliche "Wertung der angeblich nicht existenten Sippenhaft" getroffen (Be-
schwerdebegründung S. 3 unten).
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur
dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die
Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden
abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts aufge-
stellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift wider-
sprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von
Rechtssätzen, die das Bundesverfassungsgericht bzw. das Bundesverwaltungsge-
richt in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderun-
gen einer Divergenzrüge nicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.). Die
Beschwerde bezeichnet keinen Rechtssatz, mit dem das Berufungsgericht einem
Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts
widersprochen hat. Sie bezieht sich zur Begründung ihrer Rüge, das Berufungsge-
richt habe die Bedeutung der inländischen Fluchtalternative "im Sinne der Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts" verkannt, auf einen Beschluss des Bun-
desverfassungsgerichts vom 24. März 1997, in dem eine inländische Fluchtalternati-
ve in der Westtürkei ohne "Familienanbindungen" abgelehnt worden sei (Beschwer-
debegründung S. 2). Abgesehen davon, dass daraus keine Divergenzrüge abgeleitet
werden kann, geht die Beschwerde auch nicht auf die Erheblichkeit der angegriffe-
nen Feststellungen für die Entscheidung des Berufungsgerichts ein. Dies wäre aber
erforderlich gewesen, da das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass eine
Existenzgefährdung des Klägers aufgrund fehlender Familienanbindung in der West-
türkei typischerweise nicht eintrete, weil in einer solchen Situation die Gesamtfamilie
in die Westtürkei auswandere und damit die Existenz der nicht arbeitsfähigen Famili-
enmitglieder sichere (UA S. 21 f.). Soweit sich die Beschwerde schließlich im Zu-
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sammenhang mit ihrem Einwand zur Würdigung der Sippenhaft durch das Beru-
fungsgericht pauschal auf die "Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts"
bezieht (Beschwerdebegründung S. 3 unten), führt auch das nicht auf einen Revisi-
onszulassungsgrund.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer
Prof. Dr. Dörig
Hund