Urteil des BVerwG vom 27.10.2004

Alternative Begründung, Rechtliches Gehör, Verkündung, Gutachter

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 45.04
VGH 12 UE 816/03.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Oktober 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n , H u n d
und R i c h t e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 8. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt
ohne Erfolg.
Die Beschwerde rügt als Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) des
Klägers, dass dieser nach der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs
und den von diesem zum Verfahrensgang getroffenen Entscheidungen davon habe
ausgehen müssen, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Wiederaufruf der Sache
zunächst nur eine Entscheidung über die gestellten Beweisanträge, nicht aber - wie
geschehen - über die Berufung selbst verkünden würde. Die Ankündigung des Beru-
fungsgerichts, "eine Entscheidung zunächst über die Beweisanträge ergeht nach
Beratung", lasse sich in keinem anderen Sinne verstehen.
Damit zeigt die Beschwerde einen Gehörsverstoß nicht in einer den gesetzlichen
Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) entsprechenden Weise auf.
Sie legt schon nicht hinreichend dar, was der Kläger im Falle der Kenntnis von der
Verkündung einer Entscheidung in der Sache noch vorgetragen hätte.
Die Beschwerde macht weiter geltend, ein Verfahrensmangel liege auch in der gegen
§§ 96 ff. VwGO verstoßenden Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung vom
8. Dezember 2003 gestellten Beweisanträge. Diese seien ausreichend substantiiert.
Es sei hinreichend deutlich dargelegt worden, welche weiteren rechtlich erheblichen
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Beweistatsachen von den angebotenen Beweismitteln zu erwarten seien. Ins-
besondere handele es sich entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts-
hofs nicht um einen Ausforschungsbeweis.
Damit und mit ihrem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde nicht auf, dass die
Ablehnung der vom Kläger gestellten Beweisanträge Verfahrensrecht - insbesondere
die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) und den Anspruch
des Klägers auf rechtliches Gehör - verletzt. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt im
Berufungsurteil mit eingehender und plausibler Begründung einen substantiierten
Vortrag des Klägers zur Einbindung des Sportvereins "S." in die YCK (UA S. 71 ff.).
Damit setzt sich die Beschwerde nicht - wie zur Darlegung eines Verfahrensrechts-
verstoßes erforderlich - auseinander. Der Kläger hat seinen Beweisantrag zu Be-
weisthema Nr. 1 auch nicht auf substantiierte Tatsachenbehauptungen und Indiztat-
sachen gestützt, wie es der Verwaltungsgerichtshof verlangt. Deshalb ist es auch
nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof den Antrag mit der Begrün-
dung abgelehnt hat, es handele sich um einen (unzulässigen) Beweisermittlungsan-
trag.
Gleiches gilt, soweit der Verwaltungsgerichtshof eine Beweiserhebung zu der Be-
hauptung abgelehnt hat, den türkischen Sicherheitsbehörden sei bekannt, dass es
sich bei dem Fußballverein um eine Vorfeldorganisation der YCK handle und sie da-
her ständiger Gegenstand der Beobachtung durch die türkischen Sicherheitsbehör-
den und ihre Spitzel sei (UA S. 73). Damit und hinsichtlich der weiteren Beweisan-
träge wird lediglich das oben genannte erste Beweisthema aufgegriffen und bezogen
auf weitere Gesichtspunkte variiert. Auch insoweit ist es daher nicht zu beanstanden,
dass der Verwaltungsgerichtshof die Beweisanträge des Klägers mangels Darlegung
erforderlicher Anknüpfungstatsachen als unsubstantiiert abgelehnt hat.
Unabhängig hiervon kann die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, weil
sie auf die alternative Begründung der Ablehnung aller Beweisanträge, es sei nicht
dargelegt worden, dass und inwieweit die benannten Gutachter über bessere, wei-
tergehende oder neuere Erkenntnismöglichkeiten verfügten, als dies bei den Gutach-
tern der bereits herangezogenen Auskünfte der Fall sei, nicht - wie erforderlich - ein-
geht und auch insofern einen Verfahrensfehler schlüssig darlegt. Entsprechendes
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gilt, soweit der Verwaltungsgerichtshof die "Nähe" zur YCK sogar ausdrücklich als
wahr unterstellt hat.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG a.F. (= § 83 b AsylVfG in der Fassung des Kosten-
rechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718) nicht erhoben; der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F. (vgl. § 60 RVG).
Dr. Mallmann Hund Richter