Urteil des BVerwG vom 23.11.2006

Gütliche Einigung, Aufenthaltserlaubnis, Vergleich, Hund

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 34.06 (1 PKH 13.06)
OVG 13 LC 467/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. November 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund und die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht Beck
beschlossen:
I. Der Klägerin wird für das Beschwerdeverfahren Pro-
zesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt …, …, beige-
ordnet.
II. Unter Berücksichtigung der aus den Akten ersichtlichen
Umstände des Schicksals der Klägerin und insbesondere
der Tatsache, dass sie nach der Bescheinigung des Nie-
dersächsischen Landesverbands der Israelitischen Kul-
tusgemeinden Niedersachsen e.V. vom 2. August 2001
„jüdischer Abstammung aus dem Gebiet der ehemaligen
Sowjetunion“ nach ihrer Mutter und deren Mutter ist, regt
der Senat eine umfassende gütliche Einigung an, die der
Klägerin (und ihrem Ehemann) eine Lebensperspektive
mit einem legalen humanitären Aufenthaltsrecht in
Deutschland eröffnet und schlägt deshalb gemäß § 106
Satz 2 VwGO folgenden gerichtlichen
V e r g l e i c h
vor:
1. Die Beklagte verpflichtet sich,
a) der Klägerin eine auf drei Jahre befristete humanitä-
re Aufenthaltserlaubnis in Anwendung von § 25 Abs. 5
AufenthG zu erteilen, die zu einer unselbständigen Er-
werbstätigkeit berechtigt;
b) die Aufenthaltserlaubnis auf Antrag jeweils entspre-
chend zu verlängern, sofern die Klägerin ihren in die-
sem Vergleich übernommenen Verpflichtungen nach-
kommt und keine vorsätzliche Straftat begeht, wegen
der sie zu einer Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe
von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wird.
2. Die Klägerin verpflichtet sich, jederzeit ihre Passpflicht
zu erfüllen und die Beklagte über etwaige Schwierig-
keiten mit der Ausstellung oder Verlängerung eines
Passes zu unterrichten und jeder Aufforderung der
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Beklagten zu einer zumutbaren Mitwirkung bei der Be-
schaffung eines Passes oder Passersatzpapiers un-
verzüglich nachzukommen.
3. Die Klägerin verpflichtet sich weiter, sich nach Ertei-
lung der Aufenthaltserlaubnis gemäß Nr. 1 ernsthaft
und nachhaltig selbständig um eine erlaubte Erwerbs-
tätigkeit zu bemühen und die Beklagte auf Aufforde-
rung hierüber im Einzelnen unter Vorlage von Bewer-
bungsnachweisen zu unterrichten sowie insbesondere
jedes etwaige Stellenangebot der Bundesagentur für
Arbeit oder vergleichbarer Einrichtungen anzunehmen.
Hält die Klägerin ein Stellenangebot ausnahmsweise
für unzumutbar, wird sie dies der Beklagten unter An-
gabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitteilen und
das Angebot nur ablehnen, wenn die Beklagte dem
nicht innerhalb von drei Werktagen ab Eingang mit be-
gründetem Schreiben widerspricht. Widerspricht die
Beklagte, so muss die Klägerin das Angebot anneh-
men, wenn auch die anbietende Stelle das Stellenan-
gebot unter Berücksichtigung der Einwände der Kläge-
rin als für sie zumutbar aufrechterhält. Die Parteien
sind sich darüber einig, dass ein evtl. erforderlicher
Umzug innerhalb des Bundesgebietes kein Unzumut-
barkeitskriterium ist.
4. Die Klägerin verpflichtet sich zur Ausreise binnen einer
von der Beklagten zu bestimmenden angemessenen
Frist, wenn eine Aufenthaltserlaubnis wegen eines von
ihr zu vertretenden Verstoßes gegen die mit diesem
Vergleich übernommenen Verpflichtungen nicht ver-
längert wird.
5. Die Klägerin erklärt, dass sie ihre ruhende (Asyl-)Klage
beim VG Göttingen zurücknimmt.
6. Die Beteiligten sind sich einig, dass auch dem Ehe-
mann der Klägerin - unter den gleichen Voraussetzun-
gen und nach den gleichen Anforderungen wie der
Klägerin nach diesem Vergleich - eine Aufenthaltser-
laubnis erteilt werden soll, solange die eheliche Le-
bensgemeinschaft in Deutschland fortbesteht; § 31
AufenthG bleibt unberührt.
7. Die Kosten des vorliegenden Verfahrens in allen
Rechtszügen trägt die Klägerin mit Ausnahme der au-
ßergerichtlichen Kosten der Beklagten, die diese auf
sich behält.
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8. Der Vergleich wird wirksam, wenn die Klägerin und die
Beklagte den Vorschlag schriftlich gegenüber dem Ge-
richt annehmen. Hierfür wird eine Frist bis zum 18. De-
zember 2006 (Eingang bei Gericht) gesetzt.
Eckertz-Höfer Hund Beck