Urteil des BVerwG vom 04.02.2004

Angola, Entziehen, Abschiebung, Aussetzung

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 292.03
VGH 3 UE 465/02.A
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Februar 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichts-
hofs vom 14. Oktober 2003 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die allein geltend gemachte grundsätzliche Be-
deutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht in einer Weise dargelegt
ist, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
setzt voraus, dass eine bestimmte klärungsfähige und klärungsbedürftige
R e c h t s frage aufgezeigt wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht ent-
nehmen. Die Beschwerde wirft die Frage auf, "ob Abschiebungshindernisse nach
§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG für alle Ausländer bereits zu verneinen sind, wenn punktu-
ell in einer räumlich begrenzten Region bzw. einem Herkunftsort keine Gefahrenlage
für die dort Lebenden besteht, wie hier in der Hauptstadt Luanda, auch wenn der
Ausländer aus einem anderen Herkunftsgebiet stammt und Anknüpfungspunkte zur
Entwicklung einer Überlebensstrategie an dem für ihn unbekannten Ort nicht vorlie-
gen" (Beschwerdebegründung S. 2). Hiermit und mit dem weiteren Vorbringen wird
eine der rechtsgrundsätzlichen Klärung zugängliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt.
Die Beschwerde zielt vielmehr in erster Linie auf eine den Tatsacheninstanzen vor-
behaltene Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse in Angola für
Rückkehrer, die nicht aus der Hauptstadt Luanda stammen. Im Übrigen setzt sich die
Beschwerde nicht damit auseinander, dass in der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts die Voraussetzungen, unter denen Abschiebungsschutz nach § 53
Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren ist, weitgehend geklärt sind (vgl. beispielsweise
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Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324, vom 19. No-
vember 1996 - BVerwG 1 C 6.95 - BVerwGE 102, 249 und vom 12. Juli 2001
- BVerwG 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 jeweils m.w.N.). Auf diese Rechtsprechung
hat sich der Verwaltungsgerichtshof in der angefochtenen Entscheidung zutreffend
bezogen, eine extreme Gefahrenlage für den Kläger aber nicht festgestellt, und zwar
weder hinsichtlich der allgemeinen Lebensbedingungen noch in Bezug auf die Infek-
tionsgefahren (BA S. 6 ff.). Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden recht-
lichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Soweit sie darauf abstellt,
dass der Verwaltungsgerichtshof das Fehlen einer extremen Gefahrenlage nur für
die angolanische Hauptstadt Luanda angenommen hat, lässt sich dem ein weiterge-
hendes Klärungsbedürfnis nicht entnehmen. Denn in der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Aussetzung der Abschiebung nach
§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht in Betracht kommt, wenn die geltend gemachten Ge-
fahren nicht landesweit drohen und der Ausländer sich ihnen durch Ausweichen in
sichere Gebiete seines Herkunftslandes - hier nach Luanda - entziehen kann
(BVerwGE 99, 324 <330>). Die von der Beschwerde weiter angesprochenen Fragen,
wie das Fehlen familiärer und beruflicher Anknüpfungspunkte des Klägers in Luanda,
seine mangelnde Vertrautheit mit den dortigen Lebensverhältnissen auch aufgrund
des langen Aufenthalts in Deutschland, sein unzureichender Immunschutz gegen
drohende Infektionskrankheiten betreffen in erster Linie Tatsachenfragen, deren
Feststellung und Würdigung den Instanzgerichten vorbehalten ist. Die tatrichterliche
Prognose einer extremen Gefahrenlage ist im Übrigen unter keinem der genannten
Gesichtspunkte aus Rechtsgründen vorgegeben. Wie das Bundesverwaltungsgericht
bereits mehrfach betont hat, erfordert die Prognose einer extremen Allgemeingefahr
im Einzelfall - wie hier für den Kläger bei einer Rückkehr nach Angola - eine den Tat-
sachengerichten vorbehaltene wertende Gesamtschau aller Gefährdungsmerkmale
im Einzelfall und entzieht sich im Übrigen einer rechtsgrundsätzlichen Klärung (vgl.
Beschluss vom 23. März 1999 - BVerwG 9 B 866.98 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG
Nr. 17; Beschluss vom 25. Februar 2000 - BVerwG 9 B 77.00 - Buchholz 402.240
§ 53 AuslG Nr. 31). Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Prof. Dr. Dörig