Urteil des BVerwG vom 30.06.2004

Abschiebung, Kosovo, Asylrecht, Kongruenz

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 290.03
VGH 7 UE 3453/00.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsge-
richtshofs vom 28. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde der Klägerinnen ist unbegründet. Der Rechtssache kommt die allein
geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
ob die zu Art. 16 a Abs. 1 GG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur
Beachtlichkeit der inländischen Fluchtalternative entwickelten Regeln auch für
§ 51 Abs. 1 AuslG anwendbar sind oder ob aufgrund der Kongruenz des
Art. 16 a Abs. 1 GG und des § 51 Abs. 1 AuslG die Anwendbarkeit der inlän-
dischen Fluchtalternative im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG ausscheiden
muss.
Die Beschwerde meint, wegen der Unterschiedlichkeit der Rechtsfolgen des § 51
Abs. 1 AuslG im Gegensatz zu Art. 16 a GG seien die von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entwickelten Regeln zur Beachtlichkeit einer inländischen Fluchtal-
ternative im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht anwendbar. Sie beruft sich wegen
der Einzelheiten auf die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Gießen vom 3. November 1999 (Gerichtsakte Bl. 38 ff.). Für diese Auffassung spre-
che auch der materiellrechtliche Kern des § 51 Abs. 1 AuslG, der als Verbot, nämlich
als Einschränkung der Abschiebung, formuliert sei und nicht als Bestimmung zur
Gewährung von Schutz. Die Klägerinnen hätten deshalb im Rahmen des § 51 Abs. 1
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AuslG nicht auf eine inländische Fluchtalternative im Kosovo verwiesen werden dür-
fen.
Dieses Vorbringen führt nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Denn die aufgeworfene Frage ist bereits geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht
wendet in ständiger Rechtsprechung die vom Bundesverfassungsgericht zum Asyl-
recht des Art. 16 a Abs. 1 GG aufgestellten Grundsätze über die inländische Flucht-
alternative auch im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG an (vgl. etwa Urteil vom 5. Ok-
tober 1999 - BVerwG 9 C 15.99 - BVerwGE 109, 353; speziell zum Kosovo: Be-
schluss vom 4. Juli 2001 - BVerwG 1 B 189.01 - Buchholz 402.240 § 51 AuslG
Nr. 47). Wegen der hierfür maßgeblichen Erwägungen wird auf die zutreffenden Aus-
führungen des Berufungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen (BA
S. 11 f.). Die Beschwerde trägt hierzu keine neuen, bisher noch nicht berücksichtig-
ten Gesichtspunkte vor, die einen erneuten oder weitergehenden Klärungsbedarf in
dieser Frage begründen. Soweit sie meint, es sei völkerrechtlich verboten, einen
Ausländer durch zwangsweise Abschiebung in den Verfolgerstaat politischer Verfol-
gung auszusetzen, verkennt sie, dass dies auch bei Bejahung einer inländischen
Fluchtalternative im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht zu befürchten ist. Denn die
für die Abschiebung zuständige Ausländerbehörde hat in solchen Fällen sicherzu-
stellen, dass der Ausländer nur in verfolgungsfreie, sichere Gebiete des Abschiebe-
zielstaats abgeschoben wird (vgl. Urteil vom 16. November 1999 - BVerwG 9 C
4.99 - BVerwGE 110, 74 <80>).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Beck Prof. Dr. Dörig