Urteil des BVerwG vom 23.05.2003

Politische Verfolgung, Aktiven, Hund, Exil

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 269.02 (1 PKH 54.02)
VGH 9 B 98.35689
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Mai 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwal-
tungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Beschluss des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
21. Mai 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
G r ü n d e :
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzuleh-
nen, da die Beschwerde aus den nachstehenden Gründen keine
Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Verfahrensfehler durch Verletzung der
gerichtlichen Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 132
Abs. 2 Nr. 3, § 86 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig.
Sie entspricht schon nicht den Anforderungen an die Darlegung
der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO. Die Beschwerde macht unter anderem geltend, nach den vom
Berufungsgericht verwerteten Angaben des Auswärtigen Amtes be-
stehe "für rangniedere Funktionäre und einfache Parteimitglie-
der (hier der AAPO) ... keine Verfolgungsgefahr innerhalb von
Addis Abeba". Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass eine
"politische Verfolgung rangniederer Funktionäre und einfacher
Parteimitglieder (der AAPO) jedenfalls außerhalb von Addis
Abeba stattfindet". Dies müsse erst recht für die EPRP als in
Äthiopien nicht zugelassene Partei gelten. Das
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Berufungsgericht sei nach dem Amtsermittlungsgrundsatz
verpflichtet gewesen, die sich im Wege des Erst-Recht-
Schlusses ergebenden folgenden Rechtsfragen zu klären bzw.
hierüber Beweis zu erheben, "ob a) rangniedere Funktionäre und
einfache Parteimitglieder der EPRP zumindest außerhalb von
Addis Abeba mit politischer Verfolgung rechnen müssen und b)
ob im Falle der Bejahung dieser Frage, die Hauptstadt Addis
Abeba als inländische Fluchtalternative in Betracht kommt".
Damit und mit dem weiteren Beschwerdevorbringen ist die
Aufklärungsrüge nicht schlüssig erhoben. Die Beschwerde zeigt
nicht auf, inwiefern sich dem Berufungsgericht - bezogen auf
die von der Beschwerde angesprochene Frage beachtlicher
Verfolgungswahrscheinlichkeit ohne Bestehen einer inländischen
Fluchtalternative bei einer Rückkehr des Klägers nach
Äthiopien - eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Es
fehlt bereits an der gebotenen Darlegung, welche für geeignet
und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen in Betracht
gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei
Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung
voraussichtlich getroffen worden wären. Sie legt auch nicht
dar, inwiefern sich bei Vornahme der von ihr als unterlassen
gerügten weiteren Aufklärung eine beachtlich wahrscheinliche
Verfolgungsgefahr gerade für den Kläger ergeben hätte. Soweit
die Beschwerde geltend macht, die Ausführungen des Auswärtigen
Amtes, auf die sich das Berufungsgericht im Ergebnis stütze,
überzeugten nicht, fehlt es bereits an einer näheren
Darlegung, inwiefern die zitierten Auskünfte und Lageberichte
vom Berufungsgericht herangezogen worden sind. Weiter fehlt es
an der - als Voraussetzung des von der Beschwerde bezogen auf
die EPRP vorgenommenen "Erst-Recht-Schlusses" - gebotenen
Darlegung, dass die von der Beschwerde in Bezug genommenen und
im Wege eines "zwingenden" Umkehrschlusses als Änderung der
Auskunftslage interpretierten Angaben des Auswärtigen Amtes
überhaupt - und auch aus der Sicht des Berufungsgerichts - für
eine Gefahrenprognose aufgrund einer exilpolitischen Tätigkeit
für die AAPO erheblich wären oder ob sie nicht nur die in
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Äthiopien selbst aktiven Funktionäre und Mitglieder der AAPO
betreffen. Insoweit wird auf den der Bevollmächtigten des
Klägers und den übrigen Verfahrensbeteiligten bekannten
Beschluss des Senats vom 15. Mai 2003 - BVerwG 1 B 245.02 -
Bezug genommen. Die Beschwerde setzt sich ferner nicht damit
auseinander, dass nach den Ausführungen des Berufungsgerichts
aus dem Ausland zurückkehrende Mitglieder der EPRP bzw. ihres
Unterstützungskomitees grundsätzlich nicht mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsgefahr bedroht sind (BA
S. 11 f.).
Die Beschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Rechtssache zuzulassen. Dies würde voraussetzen, dass eine
klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen
wird. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, "ob (exil-)
politisch aktiven Mitgliedern der EPRP bzw. deren Unterstüt-
zungskomitees im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien poli-
tische Verfolgung droht" zielt nicht auf eine Rechtsfrage,
sondern betrifft die den Tatsachengerichten vorbehaltene
Klärung der Verhältnisse in Äthiopien.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann
Hund