Urteil des BVerwG vom 08.01.2003, 1 B 253.02
Einheit, Ausweisung, Verbleiberecht, Erheblichkeit
B U N D E S V E R W A L T U N G S G E R I C H T
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 253.02 VGH 11 S 2269/01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 8. Januar 2003 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. April 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde beruft sich allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne
des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine Rechtssache hat eine solche
Bedeutung nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer für
die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage und die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung bestehen soll. Diesen Voraussetzungen entspricht die
Beschwerdebegründung nicht.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, "ob die
ausdrückliche Erklärung des Ausländers, die Bundesrepublik für
immer verlassen zu wollen, für sich allein schon ausreicht, um
den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG als erfüllt anzusehen" (Beschwerdebegründung S. 3 f.). Allerdings zeigt die Beschwerde die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht den erwähnten Darlegungserfordernissen entsprechend auf. Sie macht
nicht ersichtlich, dass die Rechtssache trotz der auch von der
Beschwerde betonten "besonderen Umstände des Einzelfalles" des
Klägers, die zu dem Schluss zwingen sollen, dass sein Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik nur vorübergehender Natur
gewesen sei (Beschwerdebegründung S. 5), fallübergreifende Bedeutung hat und im Interesse der Einheit oder der Fortbildung
des Rechts der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Die
Beschwerde greift in diesem Zusammenhang vielmehr die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts in
der Art einer Berufungsbegründung an. Damit kann sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache nicht erreichen, zumal sie nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Berufungsgericht nicht allein auf die
ausdrückliche Erklärung des Klägers, die Bundesrepublik für
immer verlassen zu wollen, abgestellt hat, sondern vielmehr
die konkreten Umstände des Einzelfalles in seine Erwägungen
einbezogen hat (vgl. BU S. 14). Darüber hinaus macht die Beschwerde die Erheblichkeit der aufgeworfenen Frage für das angestrebte Revisionsverfahren nicht ersichtlich. Der Beschwerdebegründung (S. 3) zufolge hat sich der Kläger vom 22. August
1997 bis zum 1. Januar 1999 in der Türkei aufgehalten. Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb unter diesen Umständen
- unabhängig davon, ob sich hinsichtlich des § 44 Abs. 1 Nr. 2
AuslG die aufgeworfene Frage stellen würde - nicht die Voraussetzungen der Nr. 3 dieser Bestimmung erfüllt sind.
Die Beschwerde misst weiterhin folgender Problematik grundsätzliche Bedeutung bei:
"Das angefochtene Urteil meint, dass für die Prüfung der Sachund Rechtslage allein der Zeitpunkt der Behördenentscheidung
(22.11.1999) maßgeblich sei. Demgegenüber hat der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 15.11.2001 entschieden, dass abzustellen sei auf die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der Entscheidung (der letzten Tatsacheninstanz).
Zwar wird dies entschieden für Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung (Seite 13
2. Absatz des mit Schrift vom 04.12.2001 überreichten Urteils
des Bayer. VGHs). Die gleichen Grundsätze haben aber zu gelten, wenn es um das Verbleiberecht eines Ausländers in der
Bundesrepublik geht." (Beschwerdebegründung S. 5 f.).
Der Kläger legt nicht dar, dass es sich bei der Frage, auf
welche Sach- und Rechtslage bei der Ausweisung von Ausländern
abzustellen ist, um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handelt. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits seit langem in dem Sinne geklärt, dass
eine angefochtene Ausweisungsverfügung nach der Sach- und
Rechtslage zu beurteilen ist, die im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bestand (vgl. z.B. Beschluss vom 27. Februar
1997 - BVerwG 1 B 36.97 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG Nr. 9
m.w.N.). Einen weitergehenden Klärungsbedarf macht die Beschwerde nicht ersichtlich. Ein solcher ergibt sich nicht aus
dem Hinweis auf die für Verpflichtungsklagen auf Erteilung
oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung geltenden
Grundsätze. Insoweit ist nach der ständigen Rechtsprechung des
Senats, mit der sich der Kläger nicht auseinandersetzt, grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung der Tatsacheninstanz
abzustellen (vgl. z.B. Urteil vom 22. Januar 2002 - BVerwG 1 C
6.01 - NVwZ 2002, 867 m.w.N.). Die Beschwerde, die nicht geltend macht, dass der Kläger über ein assoziationsrechtliches
Aufenthaltsrecht verfügt, stellt schließlich auch nicht auf
etwaige assoziationsrechtliche Besonderheiten ab (vgl. dazu
Urteil vom 26. Februar 2002 - BVerwG 1 C 21.00 - Buchholz
451.901 Assoziationsrecht Nr. 33 - InfAuslR 2002, 338
<341 f.>).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die
Streitwertentscheidung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Prof. Dr. Dörig
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5 C 19.11 vom 10.01.2013
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