Urteil des BVerwG vom 13.11.2003

Begründungspflicht, Prozessrecht, Strafverfahren, Konsulat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 251.03
OVG 15 A 225/00.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. November 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 29. Juli 2003 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Revisionszulas-
sungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und der Verletzung der
gerichtlichen Sachaufklärungs- und Begründungspflicht nicht den Anforderungen des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.
Die Beschwerde zeigt die von ihr behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechts-
sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht auf. Dies setzt die Formulierung einer be-
stimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung er-
heblichen R e c h t s frage des revisiblen Rechts voraus (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 –
NJW 1997, 3328). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die
von ihr als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, "wie die Türkei mit UnterstützerIn-
nen der PKK umgehen wird, wenn sie in den Machtbereich des türkischen Staates
abgeschoben werden" (Beschwerdebegründung S. 3), betrifft keine Rechtsfrage,
sondern zielt auf die Klärung der tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland der
Klägerin. Die Zulassung einer Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann sie da-
mit nicht erreichen.
Die Beschwerde legt auch den Zulassungsgrund der Divergenz nicht schlüssig dar.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur
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dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Be-
schwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden
abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts aufge-
stellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift wider-
sprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von
Rechtssätzen, die das Bundesverfassungsgericht bzw. das Bundesverwaltungsge-
richt in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderun-
gen einer Divergenzrüge nicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.). Die Be-
schwerde bezieht sich zur Begründung der Divergenzrüge auf zwei Beschlüsse des
Bundesverfassungsgerichts, nach denen auch ein exilpolitisches Engagement von
untergeordneter Bedeutung asylerhebliche Bedeutung haben könne (Beschwerde-
begründung S. 4). Sie bezeichnet aber keinen Rechtssatz, mit dem das Berufungs-
gericht einem Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwal-
tungsgerichts widersprochen hat, sondern rügt ausschließlich seine fehlerhafte
Rechtsanwendung im vorliegenden Fall.
Die Beschwerde legt auch den behaupteten Verstoß des Gerichts gegen seine
Sachaufklärungs- und Begründungspflicht nicht schlüssig dar (§ 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO). Als Mangel der gerichtlichen Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) wertet die
Beschwerde den Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht den mit Schriftsatz
vom 30. Juni 2003 angebotenen Beweisen "zur aktiven Mitgliedschaft im Kurdischen
Elternverein, zur Tätigkeit als kassierendes Vorstandsmitglied, zur Anzeige dieser
Tätigkeit beim Türkischen Konsulat und zur Teilnahme an Demonstrationen" nicht
nachgegangen sei (Beschwerdebegründung S. 5 f.). Allerdings zeigt sie nicht - wie
erforderlich - auf, dass die in den Urteilsgründen hierfür gegebene Begründung im
Prozessrecht keine Stütze findet. Sie setzt sich nicht damit auseinander, dass das
angefochtene Urteil die exilpolitischen Aktivitäten der Klägerin im Einzelnen würdigt,
sie aber als abschiebungsschutzrechtlich unerheblich wertet (UA S. 9 - 11), ohne den
diesbezüglichen Vortrag der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerde legt nicht
dar, wieso das Gericht weitere Aufklärung zu Tatsachen hätte vornehmen müssen,
die es für unerheblich hält. Nicht nachvollziehbar ist der Einwand, das Urteil leide
wegen fehlender Begründung für die Nichterhebung der beantragten Beweise unter
einem Begründungsmangel (Beschwerdebegründung S. 6). Denn das Berufungsge-
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richt legt im Einzelnen dar, warum es die Vorstandstätigkeit der Klägerin und ihre
Teilnahme an öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen als niedrig profilierte exilpoli-
tische Betätigung und damit als nicht verfolgungsgefährdend wertet (UA S. 9 - 11).
Daraus leitet es ab, warum es einer Beweisaufnahme über die als unerheblich be-
werteten Beweisanregungen der Klägerin nicht bedurfte (UA S. 11). Soweit die Be-
schwerde geltend macht, die Klägerin habe "behauptet, dass die Staatsanwaltschaft
wegen Verstoßes gegen das Betätigungsverbot für die PKK gegen sie Anklage erhe-
ben werde", was das Berufungsgericht nicht gewürdigt habe, ist damit und mit dem
weiteren Beschwerdevorbringen ein Aufklärungsmangel nicht schlüssig dargetan. Es
trifft auch nicht zu, dass das Berufungsgericht auf das Strafverfahren nicht eingegan-
gen sei (vgl. UA S. 10 oben). Im Übrigen setzt sich die Beschwerde nicht damit aus-
einander, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin auch insoweit als
abschiebungsschutzrechtlich unerheblich angesehen und auch die im Schriftsatz
vom 24. Juli 2003 angeregte Beweisaufnahme aus diesem Grund abgelehnt hat (vgl.
UA S. 11).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer
Dr. Mallmann
Prof. Dr. Dörig