Urteil des BVerwG vom 15.05.2003

Politische Verfolgung, Staatliche Verfolgung, Amt, Hund

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 245.02 (1 PKH 44.02)
VGH 9 B 99.30542
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Mai 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Beschluss des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
25. April 2002 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
G r ü n d e :
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzuleh-
nen, da die Beschwerde aus den nachstehenden Gründen keine
Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Verfahrensfehler durch Verletzung der
gerichtlichen Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 132
Abs. 2 Nr. 3, § 86 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig.
Sie entspricht schon nicht den Anforderungen an die Darlegung
der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO.
Die Beschwerde macht u.a. geltend, nach den vom Berufungsge-
richt verwerteten Angaben des Auswärtigen Amtes bestehe für
rangniedere Funktionäre und einfache Parteimitglieder der AAPO
keine Verfolgungsgefahr innerhalb von Addis Abeba. Daraus er-
gebe sich im Umkehrschluss, dass eine politische Verfolgung
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rangniederer Funktionäre und einfacher Parteimitglieder jeden-
falls außerhalb von Addis Abeba stattfinde. Gegenüber den bis-
herigen Angaben in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes,
die im Ergebnis darauf abzielten, dass landesweit in Äthiopien
der bloße Kontakt zu und die bloße Mitgliedschaft in einer
Exilorganisation "mit großer Wahrscheinlichkeit keine staatli-
che Verfolgung nach sich ziehe" und "nicht automatisch und in
jedem Fall zu politischer Verfolgung führe" (vgl. Lagebericht
vom 9. April 1998 bzw. vom 20. Mai 1999), ergebe sich eine Än-
derung der Sachlage, die zwingend auch zu einer Änderung der
Rechtslage führen müsse. Das Berufungsgericht sei nach dem
Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet gewesen, die sich hie-
raus ergebenden folgenden Rechtsfragen zu klären bzw. hierüber
Beweis zu erheben, "ob rangniedere Funktionäre und einfache
Parteimitglieder der AAPO zumindest außerhalb von Addis Abeba
mit politischer Verfolgung rechnen müssen und ob im Falle der
Bejahung dieser Frage die Hauptstadt Addis Abeba als inländi-
sche Fluchtalternative in Betracht kommt".
Damit und mit dem weiteren Beschwerdevorbringen ist die Auf-
klärungsrüge nicht schlüssig erhoben. Die Beschwerde zeigt
nicht auf, inwiefern sich dem Berufungsgericht - bezogen auf
die von der Beschwerde angesprochene Frage beachtlicher Ver-
folgungswahrscheinlichkeit ohne Bestehen einer inländischen
Fluchtalternative bei einer Rückkehr der Klägerin nach Äthio-
pien - eine ergänzende Beweiserhebung durch Einholung weiterer
sachverständiger Stellungnahmen oder Auskünfte von Amts wegen
hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde wendet sich mit ihrem
Vorbringen, wie ihre weiteren Ausführungen zeigen, in erster
Linie gegen die von ihr für nicht überzeugend gehaltenen
"Schlussfolgerungen" (Beschwerdebegründung S. 2) des Beru-
fungsgerichts aus den verwerteten Erkenntnissen, insbesondere
"im Lagebericht des Auswärtigen Amtes", dem es hierbei im We-
sentlichen folge. Damit und mit den abweichenden Schlussfolge-
rungen der Beschwerde, die sie selbst aus dem Lagebericht
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zieht, lässt sich ein Aufklärungsmangel nicht begründen. Der
Sache nach behauptet die Beschwerde zwar eine fehlerhaft un-
vollständige Verwertung des Lageberichts, ohne dies aber im
Einzelnen schlüssig darzulegen und aufzuzeigen, dass sich dem
Berufungsgericht insoweit weitere Ermittlungen hätten aufdrän-
gen müssen. Die Beschwerde hätte hierzu zunächst darlegen müs-
sen, dass die von ihr in Bezug genommenen und im Wege eines
"zwingenden" Umkehrschlusses als Änderung der Auskunftslage
interpretierten Ausführungen im Lagebericht überhaupt - und
auch aus der Sicht des Berufungsgerichts - für die Gefahren-
prognose hinsichtlich der in Deutschland exilpolitisch tätigen
Klägerin bei einer Rückkehr erheblich sind oder ob sie nicht
nur die in Äthiopien selbst aktiven Funktionäre und Mitglieder
der AAPO betreffen. Die Beschwerde legt auch nicht dar, inwie-
fern sich bei Vornahme der von ihr als unterlassen gerügten
weiteren Aufklärung eine beachtlich wahrscheinliche Verfol-
gungsgefahr gerade für die Klägerin ergeben hätte. Sie legt
auch nicht dar, dass das Auswärtige Amt selbst oder andere
sachverständige Stellen über weitergehende einschlägige Er-
kenntnisse verfügen könnten, als sie in den im Beschluss ver-
werteten Lageberichten und Gutachten enthalten sind. Die Be-
schwerde setzt sich ferner nicht damit auseinander, dass nach
den Ausführungen des Berufungsgerichts (BA S. 8 Abs. 2 und 13)
Mitgliedern der AAPO wegen exilpolitischer Aktivitäten politi-
sche Verfolgung generell nicht droht und eine abweichende Be-
urteilung nur für hervorgehobene Exilpolitiker - zu denen auch
die Beschwerde die Klägerin nicht zählt - in Betracht kommt.
Die Beschwerde erwähnt schließlich nicht, dass sich das Beru-
fungsgericht bei seiner Würdigung ausdrücklich auch auf die
von der Beschwerde angeführte Passage im Lagebericht bezogen
hat (BA S. 9 Absatz 1; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen
Amtes vom 10. Januar 2001, S. 12). Die von der Beschwerde auf-
geworfene Frage, ob Addis Abeba als inländische Fluchtalterna-
tive in Betracht kommt, hat sich dem Berufungsgericht nach
seiner tatrichterlichen und rechtlichen Würdigung nicht ge-
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stellt; die Rüge unzureichender Aufklärung ist auch insoweit
nicht schlüssig erhoben. Im Übrigen wäre die Frage, ob eine
inländische Fluchtalternative im Einzelfall - und so ggf. auch
hier für die Klägerin – bestünde, angesichts der dabei zu ent-
scheidenden komplexen Tatsachen- und Rechtsfragen keiner Klä-
rung im Wege der Beweiserhebung zugänglich gewesen.
Die Beschwerde ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Rechtssache zuzulassen. Dies würde voraussetzen, dass eine
klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen
wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Hund