Urteil des BVerwG vom 23.09.2002

Beweisantrag, Absicht, Verfahrensmangel, Aufklärungspflicht

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 228.02 (1 PKH 58.02)
OVG 13 LB 3727/01
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. September 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r , die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k und den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Pro-
zesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Beschluss des
Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom
18. April 2002 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
G r ü n d e :
Der Klägerin kann die beantragte Prozesskostenhilfe für das
Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden, weil die beabsich-
tigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166
VwGO, § 114 ZPO).
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie legt die gel-
tend gemachten Verfahrensmängel nicht in einer den Anforderun-
gen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
Die Beschwerde sieht einen Verstoß gegen die gerichtliche Auf-
klärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs der Klägerin (Art. 103 Abs. 1 GG) darin,
dass das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Be-
schluss im vereinfachten Berufungsverfahren gemäß § 130 a VwGO
ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, obwohl die Kläge-
rin auf einer mündlichen Verhandlung bestanden und ausdrück-
lich angekündigt hat, einen Beweisantrag auf Einholung eines
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weiteren Sachverständigengutachtens zu stellen. Durch die Ent-
scheidung im Beschlusswege nach § 130 a VwGO sei der Klägerin
die Möglichkeit genommen worden, in einer mündlichen Verhand-
lung eine Bescheidung dieses Beweisantrags zu erreichen und
gegen eine fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrags Gegenvor-
stellung zu erheben.
Mit diesem Vorbringen ist ein Verfahrensmangel im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht aufgezeigt. Entgegen der Ansicht
der Beschwerde verpflichtet allein der Umstand, dass nach der
Anhörungsmitteilung zum vereinfachten Berufungsverfahren nach
§ 130 a VwGO ein Beweisantrag angekündigt oder gestellt wird,
das Gericht nicht, nunmehr eine mündliche Verhandlung durchzu-
führen. Das Gericht ist in derartigen Fällen auch nicht ver-
pflichtet, dem Beteiligten vorab die Gründe für die beabsich-
tigte Ablehnung seines Beweisantrags mitzuteilen (stRspr; Be-
schluss vom 10. April 1992 - BVerwG 9 B 142.91 - Buchholz 310
§ 130 a VwGO Nr. 5; Beschluss vom 19. April 1999 - BVerwG 8 B
150.98 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 37, beide m.w.N.). Al-
lerdings muss das Gericht den Beweisantrag auf seine Rechtser-
heblichkeit prüfen und den Beteiligten grundsätzlich durch ei-
ne erneute Anhörungsmitteilung auf die unverändert beabsich-
tigte Verfahrensweise und damit darauf hinweisen, dass es dem
Beweisantrag nicht nachgehen werde; in den Gründen der Beru-
fungsentscheidung muss es dann im Einzelnen darlegen, warum es
dem Beweisantrag nicht entsprochen hat (stRspr; vgl. Beschlüs-
se vom 10. April 1992 und 19. April 1999, a.a.O.). Nach diesen
Grundsätzen ist das Berufungsgericht verfahren. Es hat den
Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit gerichtlichem Schrei-
ben vom 8. April 2002 mitgeteilt, dass es auch mit Rücksicht
auf den angekündigten Beweisantrag an seiner Absicht festhal-
te, über die Berufung gemäß § 130 a VwGO durch Beschluss zu
entscheiden, und hat in dem Beschluss im Einzelnen ausgeführt,
warum es weder dem Zeugenbeweisantrag noch dem Antrag auf Ein-
holung eines weiteren Sachverständigengutachtens nachgekommen
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ist (BA S. 5). Hinsichtlich des Zeugenbeweises hat das Gericht
wesentlich darauf abgestellt, dass die unter Beweis gestellten
Behauptungen als wahr unterstellt werden könnten; hinsichtlich
des beantragten Sachverständigengutachtens zur Lage der Musli-
me im Sandzak hat es die vorhandene eindeutige Auskunftslage
im Rahmen seines Ermessens als ausreichend angesehen. Inwie-
fern diese Ablehnung der beantragten Beweiserhebung prozess-
rechtlich fehlerhaft sein soll, zeigt die Beschwerde, die sich
mit den Ablehnungsgründen des Berufungsgerichts nicht ausein-
ander setzt, weder auf noch ist es sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Beck Prof. Dr. Dörig