Urteil des BVerwG vom 16.02.2012

Aufenthaltserlaubnis, Ausnahme, Ausweisung, Pass

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 22.11
VGH 10 B 10.1976
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Februar 2012
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Beck und Fricke
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 27. Juni 2011 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerde-
verfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde
hat keinen Erfolg.
Wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechts-
sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begehrt, setzt die hinreichende Darlegung
dieses Zulassungsgrunds gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die Formulierung
einer bestimmten, höchstrichterlich ungeklärten und sowohl für das Berufungs-
urteil als auch die angefochtene Revisionsentscheidung entscheidungserhebli-
chen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die An-
gabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung be-
stehen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -
Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328 m.w.N.). Diesen
Darlegungsanforderungen genügt das Vorbringen der Beschwerde nicht.
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
„ob allein das Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung ei-
ner Aufenthaltserlaubnis durch Erfüllung der Tatbe-
standsmerkmale der Vorschrift ausreichend ist für die Er-
öffnung der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 AufenthG
1
2
3
- 3 -
oder ob auch tatsächlich die weiteren Voraussetzungen
für die Erteilung des Rechtsanspruchs gegeben sein müs-
sen.“
Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine klärungs-
bedürftige Frage des revisiblen Rechts auf. In der Sache vertritt sie die Auffas-
sung, dass der Kläger als Vater und Sorgeberechtigter eines minderjährigen
deutschen Kindes trotz bestandskräftiger Ausweisung und Ablehnung seines
Asylantrags nach § 30 Abs. 3 AsylVfG einen Anspruch auf Erteilung einer Auf-
enthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG habe. Dabei reiche für eine Aus-
nahme von der an das Asylverfahren des Klägers anknüpfenden Titelertei-
lungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aus, dass der Kläger die beson-
deren Tatbestandsvoraussetzungen einer Vorschrift des Aufenthaltsgesetzes
erfülle, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels für einen bestimmten Aufent-
haltszweck näher ausgestalte (hier: § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). In die-
sem Zusammenhang verkennt die Beschwerde, dass in der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist, dass die Ausnahmeregelung
in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG nur strikte Rechtsansprüche auf Erteilung eines
Aufenthaltstitels erfasst, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben und bei
denen alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt
sind (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 C 37.07 - BVerwGE 132,
382 Rn. 21 ff.). Inwiefern unter diesen Umständen im vorliegenden Verfahren
ein weiterer Klärungsbedarf besteht, wird nicht dargelegt. Dessen hätte es je-
doch bedurft, nachdem der Kläger zwar die speziellen Erteilungsvoraussetzun-
gen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erfüllt, der Erteilung einer Aufent-
haltserlaubnis aus familiären Gründen aber nach den - von der Beschwerde
nicht beanstandeten - Feststellungen des Berufungsgerichts die bestandskräfti-
ge Ausweisung und die daran anknüpfende Titelerteilungssperre des § 11
Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht. In diesen Fällen kommt zwar die Ertei-
lung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5
AufenthG in Betracht und gewährt § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG unter bestimm-
ten Voraussetzungen einen Soll-Anspruch. Dies reicht hier für eine Ausnahme
von der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aber - ungeach-
tet des Vorliegens der speziellen Erteilungsvoraussetzungen des § 25 Abs. 5
AufenthG und der Frage, ob ein Anspruch aufgrund einer Soll-Regelung über-
4
- 4 -
haupt für eine Ausnahme nach § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG genügt - nicht aus.
Denn der Kläger hat nach den - von der Beschwerde nicht beanstandeten -
Feststellungen des Berufungsgerichts aus § 25 Abs. 5 AufenthG schon deshalb
keinen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im
Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG, weil er keinen gültigen Pass besitzt.
Damit erfüllt er nicht die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung des § 5
Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, von der nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in den Fällen
des § 25 Abs. 5 AufenthG nur im Ermessenswege abgesehen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Eckertz-Höfer
Beck
Fricke
5