Urteil des BVerwG vom 17.04.2003

Verfahrensmangel, Befragung, Hund, Haft

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 212.02 (1 PKH 37.02)
VGH A 13 S 2111/99
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. April 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r , den Richter am Bundesverwal-
tungsgericht H u n d und die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
22. März 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
G r ü n d e :
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Klä-
ger zurückgenommen, so dass hierüber nicht mehr zu entscheiden
ist.
Die ausschließlich auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2
Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie ent-
spricht nicht den Anforderungen an die Darlegung des geltend
gemachten Zulassungsgrundes aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht hätte den in der Be-
rufungsverhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag nicht mit der
gegebenen Begründung zurückweisen dürfen, sondern das bean-
tragte Sachverständigengutachten einholen müssen; dies hätte
sich ihm aufdrängen müssen. Darin liege eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs bzw. ein Verfahrensmangel. Das Berufungsge-
richt sei "bei der Bildung seiner Überzeugungsgewissheit ...
von einem falschen Sachverhalt ausgegangen" bzw. habe "wesent-
liche Bekundungen des Klägers nicht oder nicht richtig berück-
sichtigt" und "Bekundungen unterstellt", "die er so nicht ab-
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gegeben" habe, "zumindest nicht zum entscheidenden Zeitpunkt,
wobei damit auch ein Verfahrensmangel" vorliege. Entgegen der
Darstellung auf S. 15 des Urteils sei der Gefühlsausbruch des
Klägers, als er in Tränen ausgebrochen sei "bei (erstmaliger)
Darlegung von Misshandlungen" erfolgt, so dass es sich dem Se-
nat hätte "aufdrängen müssen, dass hier ernst zu nehmende An-
haltspunkte für eine Traumatisierung" vorlägen, "die eben ge-
rade die Fähigkeit der Schilderung eines in sich stimmigen
Sachverhalts" beeinträchtigten.
Mit diesem Vortrag und den weiteren Ausführungen hierzu in der
Beschwerdebegründung wird weder eine Verletzung des rechtli-
chen Gehörs noch ein sonstiger Verfahrensfehler ordnungsgemäß
bezeichnet. Die Behauptung, der vom Berufungsgericht zugrunde
gelegte Sachverhalt sei "so unrichtig und falsch", ist weder
in sich nachvollziehbar noch geeignet, die Ablehnung des
Hilfsbeweisantrags als gehörsverletzend oder sonst verfahrens-
fehlerhaft erscheinen zu lassen. Entscheidend für die Ableh-
nung des Hilfsbeweisantrags ist nämlich die im angefochtenen
Urteil - unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts - gegebene Begründung, dass sich "der Senat
aufgrund seiner langjährigen asylrechtlichen Praxis" selbst
zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers in der Lage
sehe und "ernst zu nehmende Anhaltspunkte für eine Traumati-
sierung, die seine Fähigkeit zur Schilderung eines in sich
stimmigen Sachverhalts beeinträchtigt haben könnten", für den
Senat nicht zu erkennen seien. Inwiefern diese rechtliche Be-
gründung für die Ablehnung des Beweisantrags und die hierzu
wiedergegebenen tatrichterlichen Eindrücke von der Anhörung
des Klägers in der Berufungsverhandlung das rechtliche Gehör
oder sonstiges Prozessrecht verletzen soll, macht die Be-
schwerde nicht deutlich. In Wahrheit wendet sie sich gegen die
tatrichterliche Bewertung, dass die Schilderung des Verfol-
gungsschicksals durch den Kläger in der Berufungsverhandlung
"eher distanziert" gewirkt und nicht den Eindruck vermittelt
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habe, "dass er von etwas selbst Erlebtem berichtet", dass eine
innere Anteilnahme auch bei der Schilderung der Erlebnisse
während der Haft "nicht zu spüren" gewesen sei und dass
schließlich "dieser Eindruck ... nicht entscheidend dadurch in
Frage gestellt" werde, dass der Kläger gegen Ende der Befra-
gung in der Berufungsverhandlung "in Tränen" ausgebrochen sei.
Soweit die Beschwerde diese tatrichterlichen Feststellungen
als "falsch" bewertet, führt dies nicht auf den behaupteten
Verfahrensmangel. Im Übrigen macht die Beschwerde auch sonst
nicht deutlich, weshalb sich dem Berufungsgericht die begehrte
weitere Aufklärung des Sachverhalts mittels des beantragten
Sachverständigengutachtens - zu dem im Übrigen nicht näher
mitgeteilten Beweisthema - unter diesen Umständen und unter
Berücksichtigung der Grundsätze in der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts (vgl. noch Beschluss vom 18. Juli 2001
- BVerwG 1 B 118.01 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 18
= DVBl 2002, 53) hätte aufdrängen müssen.
Auch der gegen Ende der Beschwerdebegründung ohne nähere Dar-
stellung weiter behauptete "Verfahrensmangel", der darin lie-
gen soll, "dass diese Umstände des schwer traumatisierenden
Ereignisses bzw. einer vorliegenden posttraumatischen Belas-
tungsstörung" im angefochtenen Urteil "auch nicht im Rahmen
des § 53 AuslG in irgendeiner Weise berücksichtigt" worden
seien, enthält keinen schlüssigen Vortrag eines Verfahrens-
rechtsverstoßes. Das ergibt sich schon daraus, dass das Beru-
fungsgericht - entgegen der Unterstellung der Beschwerde - ei-
ne posttraumatische Belastungsstörung gerade nicht festge-
stellt hat.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer
Hund
Beck