Urteil des BVerwG vom 14.08.2002

Politische Verfolgung, Drohende Gefahr, Staatliche Verfolgung, Wahrscheinlichkeit

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 207.02 (1 PKH 39.02)
OVG 1 Bf 486/98.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. August 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r , die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k und den Richter am Bundesver-
waltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Pro-
zesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Hambur-
gischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Februar
2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
G r ü n d e :
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzuleh-
nen, da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166
VwGO, § 114 ZPO).
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Der allein geltend
gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht in einer den
Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise
dargetan.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klä-
rungsbedürftige R e c h t s frage aufgeworfen wird. Eine
solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von ihr
aufgeworfenen Fragen,
"ob und ggf. unter welchen Umständen und Voraussetzungen
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einem iranischen Staatsangehörigen bei einer Rückkehr in
den Iran politische Verfolgung asylrelevanter Intensität
und Intention deshalb drohen würde, weil er sein Heimatland
als Minderjähriger verlassen hat, im Bundesgebiet vom Islam
zum Christentum konvertiert ist und im Bundesgebiet über
zahlreiche Jahre hinweg die Kirche besucht und kirchliche,
teilweise auch missionarische Aktivitäten entfaltet hat und
nach wie vor entfaltet,"
und
"ob dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran nicht auch
bereits deshalb mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politi-
sche Verfolgung asylrelevanter Intensität und Intention
drohen würde, weil er sich lebensbedrohlichen Übergriffen
fanatischer Muslime ausgesetzt sehen könnte, vor denen ihn
der iranische Staat nicht beschützen würde",
zielen nicht auf Rechtsfragen. Sie betreffen vielmehr die
Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im
Iran, die nach der Prozessordnung den Tatsachengerichten vor-
behalten ist. Tatsachenfragen können in Asylrechtsstreitigkei-
ten wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1
AsylVfG zwar zur Zulassung der Berufung führen (vgl. Urteil
vom 31. Juli 1984 - BVerwG 9 C 46.84 - BVerwGE 70, 24 zu § 32
Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG a.F.), können aber nicht die Zulassung
der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründen. Diese
dient auch in asylrechtlichen Streitigkeiten nur der Klärung
von Rechtsfragen, weil dem Revisionsgericht eine eigene Tatsa-
chenfeststellung grundsätzlich verwehrt ist (vgl. § 137 Abs. 2
VwGO).
Soweit
die Beschwerde im Rahmen ihrer Ausführungen zur Grund-
satzbedeutung bemängelt, das Berufungsgericht habe die Aus-
kunfts- und Erkenntnislage sowie die besondere persönliche Si-
tuation des Klägers ihrer Ansicht nach unzureichend gewürdigt
und sich auch nicht mit der Frage der mittelbaren staatlichen
Verfolgung durch fanatische Moslems auseinander gesetzt, ist
damit ein allenfalls noch in Betracht kommender Revisionszu-
lassungsgrund wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2
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Nr. 3 VwGO ebenfalls nicht dargetan. Denn etwaige Mängel bei
der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts sind regelmä-
ßig - und so auch hier - dem materiellen Recht und nicht dem
Verfahrensrecht zuzurechnen (Beschluss vom 2. November 1995
- BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 = DVBl
1996, 108). Sie sind deshalb nicht geeignet, einen Verfahrens-
mangel zu belegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht, wenn
auch knapp, so doch erkennbar auch die religiös bedingte mit-
telbare staatliche Verfolgung in den Blick genommen und inso-
weit ebenfalls eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dro-
hende Gefahr für den Kläger verneint (vgl. UA S. 22 oben).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Beck Prof. Dr. Dörig