Urteil des BVerwG vom 12.02.2003

Beweismittel, Verfahrensmangel, Anschlag, Sicherheitszone

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 196.02
VGH 5 UE 2672/99.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Februar 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
8. April 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie bezeichnet den allein von
ihr geltend gemachten Zulassungsgrund des Verstoßes gegen Ver-
fahrensrecht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in der nach § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise.
Die Beschwerde rügt als verfahrensfehlerhaft, das Berufungsge-
richt habe gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts
(§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, indem es lediglich die aktuelle
Entwicklung bis in die zweite Januarhälfte 2002 hinein berück-
sichtigt habe und allgemein zugängliches Pressematerial zur
weiteren Entwicklung bis zur Abfassung des Urteils nicht be-
rücksichtigt habe. Darüber hinaus habe u.a. hinsichtlich einer
Reihe von im Einzelnen bezeichneten Tatsachenkomplexen, auf
die der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24. Oktober 2001
(im Folgenden: Lagebericht) eingehe, weiterer Aufklärungsbe-
darf bestanden. Außerdem fehle es an einer "umfänglichen Aus-
wertung" des eingeführten, verschiedentlich aber nur zitierten
und nicht bewerteten Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom
24. Oktober 2001.
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Hiermit und mit ihrem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde
nicht auf, inwiefern sich dem Berufungsgericht - bezogen auf
die Frage beachtlicher Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer
Rückkehr unter dem Gesichtspunkt einer Gruppenverfolgung schon
aufgrund der tamilischen Volkszugehörigkeit des Klägers (Be-
schwerdebegründung S. 33 f.) - eine ergänzende Beweiserhebung
hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde legt insoweit nicht
dar, inwiefern sich bei Vornahme der von ihr im Einzelnen ge-
rügten Unterlassungen weiterer Aufklärung insgesamt - oder je
einzeln - eine beachtlich wahrscheinliche Gruppenverfolgungs-
gefahr für alle Tamilen (in irgendeiner Region Sri Lankas) er-
geben hätte. Die Rüge einzelner unzureichender Begründungen
der entgegengesetzten tatrichterlichen Würdigungen und die von
der Beschwerde behauptete Möglichkeit, dass das Berufungsge-
richt bei weiterer Aufklärung zu einer anderen Gesamtbewertung
gelangt wäre, reicht für die ordnungsgemäße Darlegung der in-
soweit allein erhobenen Aufklärungsrüge nicht aus. Erst recht
bezeichnet die Beschwerde mit dem gegen die Beweiswürdigung
gerichteten Vorbringen unzureichender Verwertung eines Lagebe-
richts keinen Aufklärungsmangel.
Soweit die Beschwerde darlegt, das Berufungsgericht habe sich
hinsichtlich der Erklärung von Colombo zur Hochsicherheitszone
mit der bloßen Einführung dieses Begriffs begnügt und sei
nicht auf die Auswirkungen dieser Einstufung für tamilische
Rückkehrer eingegangen, trifft dies nicht zu. Das Berufungsge-
richt hat vielmehr - unter Bezugnahme auf die entsprechenden
Darlegungen im Lagebericht - ausgeführt, nach Außerkrafttreten
der Emergency Regulations - ER - habe sich nach den aufgrund
des Prevention of Terrorism Act ergangenen Verordnungen, wel-
che u.a. Colombo zur Sicherheitszone erklärt hätten, nichts
Wesentliches geändert, denn auch vorher seien die de jure be-
stehenden weitergehenden Befugnisse nicht ausgeschöpft worden
(UA S. 48). Mit ihrem Vorbringen, dass nach dem Anschlag vom
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24. Juli 2001 75 Personen längerfristig inhaftiert worden
seien, macht die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 9 f.)
nicht ersichtlich, inwiefern sich dem Berufungsgericht die
Aufklärung der Frage aufdrängen musste, ob die LTTE "bis zu
75 Personen in die Attentatspläne vom 24. Juli 2001 eingeweiht
hat". Auch hinsichtlich der weiteren angesprochenen Tatsachen-
komplexe zeigt die Beschwerde nicht auf, dass das Berufungs-
gericht eine weitere Aufklärung hätte vornehmen müssen (vgl.
zu einer Reihe von Punkten den dem Bevollmächtigten des Klä-
gers und den anderen Beteiligten bekannten Beschluss des Se-
nats vom 21. November 2002 - 1 B 53.02 -). Weitgehend fehlt es
im Übrigen bereits an der Benennung der jeweils in Betracht
kommenden Beweismittel.
Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern sich das Berufungs-
gericht im Einzelnen mit einer Reihe von bezeichneten Quellen
- insbesondere Presseberichten –, von denen nicht mitgeteilt
wird, ob sie in das Verfahren eingeführt waren, hätte in der
Berufungsentscheidung näher befassen und zu denselben Schluss-
folgerungen wie die Beschwerde kommen müssen. Die Beschwerde
erschöpft sich auch hier in Angriffen auf die tatrichterlichen
Erkenntnisse des Berufungsgerichts, ohne einen Verfahrensman-
gel darzulegen.
Die Beschwerde rügt als weiteren Verfahrensfehler (Beschwerde-
begründung S. 35 ff.), dass das Berufungsgericht "von einem
falschen Verständnis von Prozesserklärungen ausgegangen ist,
welches den Berufungsführer, also den Bundesbeauftragten für
Asylangelegenheiten rechtlich zu Lasten des Klägers bevor-
teilt". Dem Berufungsgericht sei es verwehrt gewesen, zum Vor-
liegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG Stellung
zu nehmen. Damit und mit dem weiteren Beschwerdevorbringen
wird ein Verfahrensfehler nicht in der den gesetzlichen Anfor-
derungen entsprechenden Weise bezeichnet. Wegen der Einzel-
heiten wird auf den dem Bevollmächtigten des Klägers und den
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anderen Verfahrensbeteiligten bekannten Beschluss des Senats
vom 30. Januar 2003 - BVerwG 1 B 172.02 - Bezug genommen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5
Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer
Dr. Mallmann
Hun d