Urteil des BVerwG vom 30.10.2006

Widerruf, Konkretisierung, Verfolgter, Subjektiv

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 190.06
OVG 16 A 3818/05.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Oktober 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Prof. Dr. Dörig
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juli 2006 wird
verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt den allein geltend gemachten Zulas-
sungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den
Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar.
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
„ob dem Widerruf Art. 1 C Abs. 5 GFK sowie die Qualifikati-
onsrichtlinie nebst § 73 Abs. 2 a AsylVfG entgegensteht, die
Kläger es daher nicht mehr ablehnen können, den Schutz
des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehö-
rigkeit sie besitzen“ (Beschwerdebegründung S. 1).
Sie vertritt die Auffassung, dass ein Widerruf solange unzulässig ist, als ein
Verfolgter den Schutz des Landes ablehnen kann, dessen Staatsangehörigkeit
er besitzt, insbesondere wenn dort auch die allgemeinen Umstände nicht der-
gestalt sind, dass eine Rückkehr subjektiv zumutbar ist. Des Weiteren ist die
Beschwerde der Auffassung, die Innenministerkonferenz könne keinen hinrei-
chenden Schutz gewährleisten, um die Schutzwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2
AufenthG zu durchbrechen. Ein Beschluss der Innenministerkonferenz gewähre
nicht den gleichen aufenthaltsrechtlichen Schutz wie ein Abschiebungsverbot.
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Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grund-
sätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
So wie die aufgeworfene Frage formuliert ist, bezieht sie sich auf den im vorlie-
genden Verfahren zu entscheidenden Fall („die Kläger es daher nicht mehr ab-
lehnen können …“) und nicht auf eine verallgemeinerungsfähig zu beantwor-
tende Rechtsfrage. Aber selbst wenn die Frage allgemein formuliert wäre, fehlte
es ihr in rechtlicher Hinsicht an der nötigen Konkretisierung. Denn es lässt sich
nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten, ob dem Widerruf
„Art. 1 C Abs. 5 GFK“, „die Qualifikationsrichtlinie“ und „§ 73 Abs. 2 a AsylVfG“
entgegenstehen. Vielmehr hätte es der Formulierung einzelner rechtlicher Fra-
gen bedurft, um deren Klärung ersucht wird. Soweit sich die Beschwerde auf
„die Qualifikationsrichtlinie“ bezieht, hätte des Weiteren mindestens die als ein-
schlägig erachtete Vorschrift der Richtlinie zitiert werden müssen. Im Übrigen
zeigt die Beschwerde aber auch die Entscheidungserheblichkeit der aufgewor-
fenen Fragen für das angestrebte Revisionsverfahren nicht auf. Ferner setzt
sich die Beschwerde nicht mit dem Urteil des Senats vom 1. November 2005
(BVerwG 1 C 21.04 - DVBl 2006, 511) und den dort näher dargelegten Voraus-
setzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG auseinander, obwohl
sich das Berufungsgericht ausdrücklich auf dieses Senatsurteil bezieht (UA
S. 5, 9 ff.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, ob und gegebenenfalls inwiefern
insoweit erneuter oder darüber hinausgehender Klärungsbedarf besteht.
Soweit sich die Beschwerde zusätzlich gegen die Ansicht des Berufungsge-
richts wendet, ein Abschiebungsverbot in verfassungskonformer Anwendung
des § 60 Abs. 7 AufenthG scheide auch mit Rücksicht auf die Erlasslage in
Nordrhein-Westfalen aus, befasst sie sich weder mit der vom Oberverwal-
tungsgericht hierzu angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts (etwa Urteil vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 2.01 - BVerwGE 114,379)
noch setzt sie sich damit auseinander, dass das Berufungsgericht einen An-
spruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG
ausdrücklich auch aus weiteren Gründen verneint hat (UA S. 20/21).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten wer-
den gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 30 RVG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Prof. Dr. Dörig
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