Urteil des BVerwG vom 24.02.2004

Duldung, Rechtsverordnung, Vietnam, Ermächtigung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 187.03
OVG 17 A 3163/01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2003 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeu-
tung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die behauptete Divergenz
(§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt
voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts
aufgeworfen wird. Solch eine Frage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die
Beschwerde wirft die Frage auf, ob eine asylverfahrensrechtliche - landesinterne -
Zuweisung von Ausländern (an eine Kommune) zulässig ist, obwohl die Asylanträge
der Ausländer im Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung bereits unanfechtbar
abgelehnt waren "und der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen zudem von
der ihm in § 50 Abs. 2 … AsylVfG … eröffneten Ermächtigung, durch
Rechtsverordnung die Verteilung dieses Personenkreises zu regeln, keinen Ge-
brauch gemacht hat". Diese Frage und auch das weitere Beschwerdevorbringen zie-
len nicht auf eine Frage des revisiblen Rechts. Die Beschwerde bezieht sich zwar auf
bundesrechtliche Vorschriften in § 50 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 1 Satz 2 AsylVfG. Ihre
Auffassung, dass das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft sei, stützt sie aber nicht auf
Fragen, die mit der Auslegung dieser Vorschriften zusammenhängen, sondern da-
rauf, dass das Berufungsgericht zu Unrecht vom asylverfahrensabhängigen Charak-
ter der maßgeblichen Duldungserteilung ausgegangen sei und die Bestimmungen
des nordrhein-westfälischen Landesrechts, insbesondere der Durchführungsverord-
nung zum Asylverfahrensgesetz und des Flüchtlingsaufnahmegesetzes, nicht beach-
tet habe. Die Beschwerde macht in diesem Zusammenhang ferner geltend, das Vor-
gehen der Beklagten - die Zuweisung von Asylbewerbern nach bestandskräftiger
Ablehnung ihrer Asylanträge - könne nur in einer (in Nordrhein-Westfalen für diesen
Personenkreis bisher fehlenden) landesrechtlichen Rechtsverordnung gemäß § 50
Abs. 2 AsylVfG eine Stütze finden. All dies sind landesrechtliche Aspekte, die keinen
grundsätzlichen Klärungsbedarf des revisiblen Rechts aufzeigen.
Auch die Divergenzrüge ist nicht ordnungsgemäß dargelegt. Die Beschwerde bean-
standet, das Berufungsgericht sei hinsichtlich der Voraussetzungen für die Erteilung
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einer Duldung von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Sep-
tember 1997 - BVerwG 1 C 3.97 - (BVerwGE 105, 232 = Buchholz 402.240 § 55
AuslG Nr. 2) abgewichen. Die Beschwerde macht jedoch nicht, wie dies für eine ord-
nungsgemäße Divergenzrüge erforderlich wäre, ersichtlich, dass das Berufungsge-
richt einen inhaltlich bestimmten, die Berufungsentscheidung tragenden abstrakten
Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem in der Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen
Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Be-
schluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26). Die vom Berufungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht ent-
schiedenen Fälle sind im Übrigen nicht vergleichbar. Im Falle der Klägerin geht es
darum, ob die Beklagte nach bestandskräftiger Ablehnung der Asylanträge noch eine
asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung zu Lasten der Klägerin treffen
durfte. Im ausländerrechtlichen Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts war da-
gegen zu entscheiden, ob die Beklagte dem Kläger, einem vietnamesischen Staats-
angehörigen, eine Duldung unter Hinweis darauf vorenthalten durfte, der Kläger
könne freiwillig nach Vietnam ausreisen. Aus der Tatsache, dass in dieser Entschei-
dung nicht zwischen einer asylabhängigen oder asylunabhängigen Duldung differen-
ziert wurde, folgt entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht, dass eine solche Un-
terscheidung in anderem rechtlichen Zusammenhang nicht zulässig wäre (vgl. etwa
Urteile vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 2.01 - BVerwGE 114, 379 <385>).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Richter Beck