Urteil des BVerwG vom 12.02.2004

Rechtliches Gehör, Kosovo, Arbeitslosigkeit, Hund

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 180.03
VGH 7 UE 369/01.A
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Februar 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsge-
richtshofs vom 24. April 2003 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die auf alle Zulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO) gestützte Be-
schwerde ist unzulässig. Sie entspricht schon nicht den Anforderungen an die Darle-
gung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt
voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige R e c h t s frage auf-
geworfen wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von ihr
aufgeworfene Frage, "ob im Hinblick auf den weitgehenden Rückzug internationaler
Hilfsorganisationen aus dem Kosovo derzeit für Rückkehrer ohne Unterkunft und
persönliche Bindungen oder Verwandtschaft noch die Möglichkeit besteht, ihr Exis-
tenzminimum zu sichern", zielt nicht auf eine Rechtsfrage, sondern betrifft die den
Tatsachengerichten vorbehaltene Klärung der Verhältnisse im Kosovo.
Auch die Divergenzrüge entspricht nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen.
Die Beschwerde macht insoweit geltend, die angefochtene Entscheidung weiche von
der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Anforderun-
gen an eine inländische Fluchtalternative ab. Vorliegend bestehe am Ort der inländi-
schen Fluchtalternative die Möglichkeit der Existenzsicherung gerade nicht. Entge-
gen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts prüfe das Berufungsgericht
nicht mehr die "Rechtsbeeinträchtigungen am Fluchtort" und weiche damit von der
vorgenannten Rechtsprechung ab.
Damit ist eine die Revision eröffnende Divergenz weder formell ordnungsgemäß (un-
ter Anführung einer bestimmten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts) noch
schlüssig dargetan. Eine derartige Divergenz setzt voraus, dass das Berufungsge-
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richt in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung
derselben Rechtsvorschrift eine andere Auffassung vertreten hat als eines der in
§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte. Eine derartige rechtssatzmäßige Ab-
weichung zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie berücksichtigt nicht, dass das Beru-
fungsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich von den nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden Anforderungen an
eine inländische Fluchtalternative ausgegangen ist (BA S. 12 f.). Darüber hinaus hat
das Berufungsgericht angenommen, dass die Existenzgrundlage des Klägers bei
einer Rückkehr in den Kosovo - insoweit bestehe Identität von Herkunfts- und Zu-
fluchtsort - gesichert sei und ihm auch keine sonstigen erheblichen Nachteile und
Gefahren drohten (BA S. 18 ff.)
Die Beschwerde rügt schließlich als Verfahrensmangel, die angegriffene Entschei-
dung verletze den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG). Sie macht geltend, die Tatsache, die der Kläger durch "Beweisurkunde nach-
gewiesen" habe, dass er im Falle seiner Rückkehr ohne Unterkunft sei, bleibe in dem
angefochtenen Beschluss ohne entsprechende Würdigung und Verarbeitung. Damit
wird eine Gehörsverletzung nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde beachtet
nicht, dass aus der Nichterwähnung von Tatsachen in den Entscheidungsgründen
regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Umstände geschlossen werden kann, dass
das Gericht diese Tatsache nicht berücksichtigt hat. Solche besonderen Umstände
zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie übersieht, dass das Berufungsgericht den wohl in
Bezug genommenen Vortrag im Tatbestand (BA S. 5) ausdrücklich erwähnt hat. Sie
setzt sich auch nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht ausgeführt hat,
zurückkehrende Kosovo-Albaner müssten auf Dauer nicht mit völlig unzureichenden
Wohnverhältnissen oder mit Arbeitslosigkeit rechnen, auch wenn im Verlauf der Ko-
sovo-Krise zahlreiche Häuser beschädigt oder völlig zerstört worden seien (BA
S. 19 f.).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Hund