Urteil des BVerwG vom 18.10.2006

Schutz des Lebens, Genfer Flüchtlingskonvention, Hund, Sicherheit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 174.06
OVG 16 A 4051/05.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Oktober 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Hund
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Juli 2006 wird
verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird nicht den Anforderungen des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage
aufgeworfen wird. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbe-
dürftig,
ob die Wegfall-der-Umstände-Klausel in Art. 1 C Nr. 5 des
Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
(Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -) erst dann eingreift,
wenn über den Wegfall der ursprünglich die Verfolgung
begründenden Umstände hinaus im Staat, dessen
Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, grundlegende,
stabile und dauerhafte Änderungen stattgefunden haben,
aufgrund derer dort die psychische Sicherheit des Betrof-
fenen im Rahmen einer staatlichen Friedensordnung
grundsätzlich gewährleistet ist.
Die Beschwerde macht geltend, die Frage, wann eine entscheidungserhebliche
Änderung der politischen Verhältnisse im Herkunftsstaat im Sinne des § 73
Abs. 1 Satz 1 AsylVfG angenommen werden könnte, sei in Übereinstimmung
mit der sog. Wegfall-der-Umstände-Klausel in Art. 1 C Nr. 5 GFK zu beurteilen.
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Darüber hinaus wendet sich die Beschwerde in der Art einer Berufungsbegrün-
dung gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende rechtliche Würdigung in dem
angegriffenen Berufungsurteil. Sie macht u.a. geltend, die aufgeworfene Frage
sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu bejahen. Da der Begriff
„Schutz des Lebens“ in Art. 1 C Nr. 5 GFK über den Schutz vor erneuter politi-
scher Verfolgung hinausgehe, umfasse er den Schutz vor Gefahren, die ein
Staat grundsätzlich zu gewährleisten habe. Mit diesem und ihrem weiteren Vor-
bringen zeigt die Beschwerde die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fra-
ge nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ent-
sprechend auf. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Senats die Asyl-
und Flüchtlingsanerkennung insbesondere zu widerrufen, wenn sich die zum
Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich
und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des
Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maß-
geblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Si-
cherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung
droht. Unter „Schutz“ ist nach Wortlaut und Zusammenhang der Wegfall-der-
Umstände-Klausel ausschließlich der Schutz vor erneuter Verfolgung zu ver-
stehen (Urteile vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124,
276 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 15 = DVBl 2006, 511 und vom 18. Juli
2006 - BVerwG 1 C 15.05 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssamm-
lung des Bundesverwaltungsgerichts vorgesehen). Damit setzt sich die Be-
schwerde nicht wie erforderlich auseinander. Sie macht einen weiter gehenden
Klärungsbedarf nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten wer-
den gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 30 Satz 1 RVG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Hund
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