Urteil des BVerwG vom 18.03.2004

Wiederaufleben, Beweisantrag, Irak, Verfahrensmangel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 172.03 (1 PKH 52.03)
VGH 6 UE 1791/98.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. März 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M a l l m a n n und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen
und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 26. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die
beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf
Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde des Klägers legt den allein geltend gemachten Verfahrensmangel
(§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers
(Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO genügenden Weise dar und war deshalb zurückzuweisen.
Die Beschwerde rügt als Verfahrensmangel, dass das Berufungsgericht einem in der
mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu Unrecht nicht nachgegangen
sei. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung beantragt, eine Auskunft des
Auswärtigen Amtes zum Beweis dafür einzuholen, dass "sich die Gruppenverfol-
gungslage der Kurden in der Türkei aufgrund der Vorbereitungen eines Krieges ge-
gen den Irak in jüngster Zeit erheblich verschlechtert hat und dass bekannte kurdi-
sche Oppositionelle nunmehr verschärften Verfolgungsmaßnahmen unter Missach-
tung der Menschenrechte durch die türkischen Behörden landesweit ausgesetzt sei-
en" (Beschwerdebegründung S. 2).
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Die Beschwerde zeigt einen Gehörsverstoß nicht schlüssig auf. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das Tatsachengericht Be-
weisanträge als unzulässig ablehnen, wenn für den Wahrheitsgehalt der unter Be-
weis gestellten Tatsachen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht,
die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegrif-
fen" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen je-
doch fehlen (vgl. Beschluss vom 30. Januar 2002 - BVerwG 1 B 326.01 - Buchholz
310 § 98 VwGO Nr. 69 m.w.N.). Hier hat das Berufungsgericht den Beweisantrag mit
folgender Begründung abgelehnt: Aus den allgemein bekannten Kriegsvorbereitun-
gen, die auch in der Türkei stattfänden, ließen sich auch ansatzweise keine Schluss-
folgerungen ziehen, die auf ein Wiederaufleben der Gruppenverfolgung der Kurden in
der Türkei hindeuteten. Das Gleiche gelte für oppositionelle Kurden, die sich in einer
hervorgehobenen Position politisch betätigten. Aus den vom Kläger vorgebrachten
Maßnahmen gegenüber dem Kurdenführer Öcalan ergäben sich keine verallgemei-
nerungsfähigen Anhaltspunkte, weil es sich bei Öcalan um eine in außerordentlicher
Weise aus dem Kreis sonstiger kurdischer Oppositioneller hervorstechende Person
handele. Bei der vom Kläger beantragten Beweiserhebung handele es sich der Sa-
che nach um einen so genannten Ausforschungsbeweis (Verhandlungsniederschrift
vom 26. Februar 2003, S. 4). Die Beschwerde setzt sich mit dieser Begründung des
Berufungsgerichts zur Ablehnung des Beweisantrages nicht - wie nach § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO geboten - auseinander. Sie geht insbesondere nicht auf die Erwägung
ein, aus den allgemein bekannten Kriegsvorbereitungen gegen den Irak ließen sich
keine Schlussfolgerungen ziehen, die auf ein Wiederaufleben der Gruppenverfolgung
der Kurden in der Türkei hindeuteten. Der ohne Bezug zur Ablehnung des Beweisan-
trages erfolgte Hinweis der Beschwerdebegründung auf eine "erhöhte Angst und
Wachsamkeit wegen befürchteter Gründung eines Kurdenstaates" lässt nicht erken-
nen, wieso sich daraus die vom Berufungsgericht verneinte asylrelevante Gruppen-
verfolgung von Kurden in der Türkei ergeben soll.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden ge-
mäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Prof. Dr. Dörig