Urteil des BVerwG vom 18.07.2003

Aufenthalt im Ausland, Auskunft, Unhcr, Eritrea

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 164.03
VGH A 9 S 382/00
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Juli 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision
in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
21. Januar 2003 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die ausschließlich auf einen Verfahrensmangel durch Verletzung des rechtlichen Gehörs
(§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) gestützte Beschwerde ist un-
zulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten
Zulassungsgrundes aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde sieht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin, "dass der VGH Baden-
Württemberg den am 21.01.2003 unter Ziff. 2 gestellten Hilfsbeweisantrag, ein Gutachten zu
der Frage, ob die Klagepartei eritreischer Staatsangehöriger ist, einzuholen, mit der Begrün-
dung abgelehnt hat, dass nach der dargestellten Auskunftslage in tatsächlicher Hinsicht so-
wohl die geltende Rechtslage als auch die eritreische Verwaltungspraxis geklärt sei". Die
Ablehnung mit dieser Begründung finde weder im materiellen noch im Verfahrensrecht eine
Stütze, weil "die geltende (eritreische) Rechtslage … eben zumindest nicht in dieser Hinsicht
geklärt , dass Nr. 2 Abs. 5 der eritreischen Staatsangehörigkeitsverordnung nicht an-
zuwenden ist, obwohl für die Klagepartei und alle vergleichbaren Personen in vergleichbaren
Verfahren die Voraussetzungen der Nr. 2 Abs. 5 der Verordnung bezüglich des Personen-
kreises erfüllt sind, denn sie sind durch Geburt Eritreer, haben ihren Aufenthalt im Ausland
und besitzen eine ausländische Staatsangehörigkeit" (Beschwerdebegründung S. 5). Mit den
weiteren Ausführungen hierzu macht die Beschwerde geltend, alle vom Berufungsgericht
beigezogenen und verwerteten Erkenntnismaterialien - mit Ausnahme der Auskünfte des
UNHCR - bezögen sich auf eine faktische Handhabung, ohne dass das aber im Einzelnen
verifiziert worden wäre. Eine eindeutige Auslegung und Handhabung der eritreischen
Staatsangehörigkeitsverordnung Nr. 21/1992 sei in keiner Auskunft enthalten mit Ausnahme
der Auskunft des UNHCR, die bei den im Ausland lebenden äthiopischen Staatsangehörigen
einen Antrag nach Nr. 2 Abs. 5 für erforderlich halte. Alle Auskünfte ließen nicht erkennen,
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dass eine eindeutige unstreitige faktische Handhabung im Sinne der Auskunft des Auswärti-
gen Amtes vom 21. November 2001 seitens der eritreischen Behörden erfolge. Letztendlich
sei "hier der Auskunft des UNHCR und der abweichenden Meinung der Klagepartei nicht
ausreichend Rechnung" getragen worden, insbesondere nicht dem Gesetzeswortlaut der
eritreischen Staatsangehörigkeitsverordnung. Die Bewertung des Berufungsgerichts sei
"nicht haltbar" (Beschwerdebegründung S. 5). Auch habe das Berufungsgericht bei der Ab-
lehnungsbegründung Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht berücksichtigt, nämlich
die Darlegung des Klägers, dass nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes nach der De-
portation und Abschiebung äthiopischer Staatsangehöriger aus Äthiopien, die einen eritrei-
schen Vater und/oder eine eritreische Mutter hätten, zunächst diese in einem "Flüchtlingsla-
ger" von Eritrea aufgenommen würden und einen "Flüchtlingsausweis" erhielten, also in Erit-
rea gerade als äthiopische Flüchtlinge und nicht als eritreische Staatsangehörige behandelt
würden. Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof völlig zu Unrecht festgestellt, dass er
die Rechtsfrage des Staatsangehörigkeitserwerbs selbst entscheiden könne, da nach der
Auskunftslage sowohl die geltende Rechtslage als auch die eritreische Verwaltungspraxis
geklärt sei. Das sei jedoch aufgrund aller beigezogenen Erkenntnismaterialien gerade nicht
der Fall. Wegen des eindeutigen Wortlauts der Verordnung hätte es sich dem Berufungsge-
richt aufdrängen müssen, den Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengut-
achtens für ausländisches Staatsangehörigkeitsrecht des Max-Planck-Instituts einzuholen.
Die Beweisaufnahme hätte ergeben, dass der Kläger ohne förmlichen Antrag auf Erwerb der
eritreischen Staatsangehörigkeit nicht eritreischer Staatsangehöriger sei.
Mit diesem Vortrag wird der behauptete Gehörsverstoß nicht schlüssig dargetan. Die Be-
schwerde wendet sich vielmehr im Gewande der Gehörsrüge gegen die dem Tatsachenge-
richt vorbehaltene Feststellung und Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts,
wozu auch die Frage zählt, ob der Kläger eritreischer Staatsangehöriger geworden ist oder
nicht. Insbesondere zeigt die Beschwerde nicht auf, dass die Ablehnung des Hilfsbeweisan-
trags im Prozessrecht keine Stütze findet. Sie teilt vielmehr selbst mit, dass sich der Verwal-
tungsgerichtshof durch die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismaterialien selbst als
hinreichend sachverständig angesehen hat, um über diese Frage zu entscheiden. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt es im tatrichterlichen Er-
messen des Berufungsgerichts (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO in entsprechender Anwen-
dung), die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens im Blick auf bereits ein-
geführte Erkenntnismittel und eine etwa auch daraus abgeleitete eigene Sachkunde abzu-
lehnen (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 30. Januar 2002 - BVerwG 1 B 326.01 -
m.w.N.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern sich das Berufungsgericht hier prozess-
rechtswidrig verhalten haben sollte. Insbesondere legt sie nicht schlüssig dar, dass sich dem
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Berufungsgericht die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens - etwa im
Hinblick auf überlegene Erkenntnismöglichkeiten des Gutachters - hätte aufdrängen müssen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß
§ 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2
AsylVfG.
Eckertz-Höfer
Hund
Richter