Urteil des BVerwG vom 10.07.2002

Hauptsache, Anerkennung, Scheidung

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 155.02
VGH 6 UE 1349/99.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juli 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r , den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil
des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
27. März 2002 aufgehoben, soweit damit die Kla-
ge abgewiesen worden ist.
Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Ver-
handlung und Entscheidung an den Verwaltungsge-
richtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt
der Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwer-
deverfahrens folgt der Kostenentscheidung in
der Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Kläger rügt der
Sache nach zu Recht, dass das Berufungsgericht entscheidungs-
erhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Er-
wägung gezogen hat. Das Berufungsgericht hat damit den An-
spruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt
(§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG und § 108
Abs. 2 VwGO).
Der Kläger hatte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz seines
Prozessbevollmächtigten vom 8. Februar 2002 vorgetragen, seine
Familienangehörigen seien inzwischen als Asylberechtigte aner-
kannt worden. Den daraufhin vom Berufungsgericht beigezogenen
Akten der Beklagten war zu entnehmen, dass u.a. die Ehefrau
des Klägers aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Ent-
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scheidung vom August 2001 als Asylberechtigte anerkannt worden
war. Mit diesem Vorbringen des Klägers und einem sich für ihn
möglicherweise daraus ergebenen Anspruch auf Familienasyl nach
§ 26 AsylVfG hat sich das Berufungsgericht nicht auseinander-
gesetzt. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Fal-
les kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass das Be-
rufungsgericht dieses entscheidungserhebliche Vorbringen des
Klägers in der gebotenen Weise berücksichtigt hat.
Bei dieser Sachlage erübrigt sich eine Prüfung der weiter er-
hobenen Divergenzrüge, die im Übrigen wohl nicht durchgreifen
dürfte, da das Berufungsgericht sich mit Fragen des Familien-
asyls und der Sippenhaft gerade nicht befasst hat.
Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von
der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit, soweit er den An-
spruch auf Anerkennung als Asylberechtigter betrifft, gemäß
§ 133 Abs. 6 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Das Berufungsgericht muss nunmehr prüfen und entscheiden, ob
dem Kläger ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter
nach § 26 Abs. 1 AsylVfG zusteht.
Eckertz-Höfer Richter Beck