Urteil des BVerwG vom 27.10.2006

Klagebegehren, Hund, Unterlassen, Widerruf

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 153.06
VGH 23 B 06.30095
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Oktober 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund und Richter
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Baye-
rischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 2006, soweit
es den Hilfsantrag zu Nr. 2 des Widerrufsbescheids be-
trifft, aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit zur erneu-
ten Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungs-
gerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt insoweit der
Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der
Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist begründet. Sie rügt zu Recht als Verfahrensmangel (§ 132
Abs. 2 Nr. 3 VwGO), dass das Berufungsgericht über den von ihm und vom
Verwaltungsgericht ausdrücklich dem Klagebegehren entnommenen Hilfsan-
trag des Klägers, die in Nr. 2 des angefochtenen Widerrufsbescheids vom
8. Dezember 2004 enthaltene negative Feststellung des Vorliegens der Vor-
aussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG (jetzt Ab-
schiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG) aufzuheben, nicht
entschieden hat. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung verweist der Se-
nat den Rechtsstreit zur Entscheidung über diesen Hilfsantrag an das Beru-
fungsgericht zurück (§ 133 Abs. 6 VwGO). Hingegen ist die von der Beschwer-
de nicht angegriffene Entscheidung über den Hauptantrag - betreffend den
Widerruf der Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG in
Nr. 1 des Bescheids - rechtskräftig geworden.
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Das Berufungsgericht ist rechtsirrig davon ausgegangen, der Rechtsstreit sei
mit dem Hilfsantrag noch in der ersten Instanz anhängig und nicht zum Ge-
genstand des Berufungsverfahrens geworden (UA S. 4 und 11). Das Beru-
fungsgericht hätte, da es abweichend vom Verwaltungsgericht den Hauptan-
trag auf Aufhebung des Widerrufsbescheids abgewiesen hat, über den Hilfsan-
trag zu § 53 AuslG bzw. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entscheiden müssen (zum
Anfallen des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz auf das Rechtsmittel des
unterlegenen Beklagten oder Beteiligten vgl. schon Urteil vom 15. April 1997
- BVerwG 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 und etwa Beschluss vom 20. Sep-
tember 2004 - BVerwG 1 B 27.04 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 81
m.w.N.). Das Unterlassen der begehrten Entscheidung über den in der Beru-
fungsinstanz angefallenen Hilfsantrag verletzt den Anspruch des Klägers auf
vollständige Entscheidung über sein Klagebegehren aus § 88 i.V.m. § 125 Abs.
1 VwGO.
Zur Förderung des weiteren Verfahrens bemerkt der Senat, dass der dem Be-
gehren des Klägers durch Auslegung zu entnehmende Hilfsantrag entgegen
der Auffassung der Vorinstanzen sachdienlich darauf gerichtet ist, die Beklagte
(unter Aufhebung von Nr. 2 des Widerrufsbescheids) zu verpflichten festzustel-
len, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vor-
liegt.
Eckertz-Höfer Hund Richter
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