Urteil des BVerwG vom 27.10.2006

Hund, Klagebegehren, Unterlassen, Verfahrensmangel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 152.06
VGH 23 B 06.30244 u.a.
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Oktober 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund und Richter
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin (früher Klägerin zu 1)
wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 4. Juli 2006, soweit es sie und die Verpflichtung der
Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots
nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG betrifft, aufgehoben
und der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurück-
verwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt insoweit der
Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der
Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist begründet. Sie rügt zu Recht als Verfahrensmangel (§ 132
Abs. 2 Nr. 3 VwGO), dass das Berufungsgericht über den beim Verwaltungsge-
richt gestellten Hilfsantrag der Klägerin, die Beklagte zu verpflichten festzustel-
len, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen,
nicht entschieden hat. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung verweist der
Senat den Rechtsstreit zur Entscheidung über diesen Hilfsantrag an das Beru-
fungsgericht zurück (§ 133 Abs. 6 VwGO). Hingegen ist die von der Beschwer-
de nicht angegriffene Entscheidung über ihre weiteren Anträge - betreffend die
Aufhebung des Widerrufs der Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 51
Abs. 1 AuslG in Nr. 1 und des Nichtvorliegens der Voraussetzungen eines Ab-
schiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG in Nr. 2 des Bescheids - rechts-
kräftig geworden.
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Das Berufungsgericht ist rechtsirrig davon ausgegangen, der Rechtsstreit sei
hinsichtlich des Hilfsantrags noch in der ersten Instanz anhängig und nicht zum
Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (UA S. 5 und 11). Das Beru-
fungsgericht hätte, da es abweichend vom Verwaltungsgericht den Hauptantrag
auf Aufhebung des Widerrufsbescheids abgewiesen hat, über den Hilfsantrag
zu § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG entscheiden müssen (zum Anfallen des
Hilfsantrags in der Berufungsinstanz auf das Rechtsmittel des unterlegenen
Beklagten oder Beteiligten hin vgl. schon Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG
9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 und etwa Beschluss vom 20. September 2004
- BVerwG 1 B 27.04 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 81 m.w.N.). Das Unter-
lassen der begehrten Entscheidung über den in der Berufungsinstanz angefal-
lenen Hilfsantrag verletzt den Anspruch der Klägerin auf vollständige Entschei-
dung über ihr Klagebegehren aus § 88 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO.
Eckertz-Höfer Hund Richter
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