Urteil des BVerwG vom 18.10.2002

Treu Und Glauben, Ermessen, Hauptsache, Widerruf

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 149.02 (1 PKH 30.02)
VGH 23 B 01.31098
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Oktober 2002
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r , den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Den Klägern wird für das Beschwerdeverfahren
Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt
Gottfried Karl, Amalienstraße 6, 96047 Bamberg,
als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
Das Verfahren wird eingestellt.
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts-
hofs vom 21. Februar 2002 und das Urteil des
Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom
5. Juni 2001 sind wirkungslos.
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
21. Februar 2002 wird verworfen.
Die Beklagte und der Beteiligte tragen die Kos-
ten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Die
Kosten des Verfahrens in erster und zweiter In-
stanz trägt die Beklagte.
G r ü n d e :
Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
folgt aus § 166 VwGO i.V.m. den §§ 114, 119 Abs. 1 Satz 2 und
§ 121 Abs. 1 ZPO.
Das Verfahren ist in der Hauptsache durch die übereinstimmen-
den Erklärungen der Kläger und der Beklagten erledigt. Der von
den Klägern erklärte Widerruf ihrer Erledigungserklärung ist
unwirksam. Weder liegt ein Restitutionsgrund im Sinne des
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§ 580 ZPO i.V.m. § 153 VwGO vor noch verbietet es der Grund-
satz von Treu und Glauben, die Kläger an ihrer Erledigungser-
klärung festzuhalten (vgl. zu diesen Voraussetzungen Beschluss
vom 7. August 1998 - BVerwG 4 B 75.98 - Buchholz 310 § 161
VwGO Nr. 115 = NVwZ-RR 1999, 407). Die Kläger konnten und
mussten wissen, dass der Anerkennungsbescheid der Beklagten
vom 17. April 2002 nicht sogleich bestandskräftig werden wür-
de, sondern noch der Anfechtung durch den Beteiligten unter-
lag. Einer Zustimmung des Beteiligten zu den Erledigungserklä-
rungen der Kläger und der Beklagten bedarf es nicht (vgl. auch
Clausing in Schoch u.a., VwGO, § 161 Rn. 16 m.w.N.). Das Ver-
fahren ist daher in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1,
§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustel-
len. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 ZPO sind die Ent-
scheidungen der Vorinstanzen wirkungslos.
Die gleichwohl aufrechterhaltene Beschwerde des Beteiligten
gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsge-
richt ist nach Erledigung der Hauptsache gegenstandslos und
deshalb zu verwerfen. Sie hätte im Übrigen auch in der Sache
keinen Erfolg gehabt (vgl. Beschluss des Senats vom 7. August
2002 - BVerwG 1 B 74.02 -).
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO
nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen
Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Billigem Ermessen ent-
spricht es hier, die Kosten des Verfahrens in erster und zwei-
ter Instanz sowie die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfah-
rens der Beklagten aufzuerlegen, weil sie die Kläger ohne Än-
derung der entscheidungserheblichen Sach- und Rechtslage klag-
los gestellt und sich deshalb aus eigenem Entschluss in die
Rolle der Unterlegenen begeben hat. Die auf die Beschwerde des
Beteiligten entfallende Hälfte der Kosten des Beschwerdever-
fahrens hat dieser gemäß § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen.
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Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erho-
ben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2
AsylVfG.
Eckertz-Höfer Richter Beck