Urteil des BVerwG vom 05.01.2007

Familie, Blutrache, Hund, Anwendungsbereich

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 131.06
OVG 1 LB 22/05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Januar 2007
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund und Richter
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen
Oberverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2006 wird ver-
worfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die ausschließlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht
den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrun-
des aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht
Schutz des Klägers aus § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG mit der Begrün-
dung abgelehnt habe, eine Verfolgung durch Privatpersonen wegen Blutrache
sei nicht als Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne dieser Bestim-
mung anzusehen. Diese Auslegung widerspreche dem Wortlaut der Bestim-
mung, welcher die vom Berufungsgericht gemachten Einschränkungen nicht
entnommen werden könnten, und entspreche auch nicht dem Willen des Ge-
setzgebers. Dies gelte auch, soweit das Oberverwaltungsgericht die Familie
des Klägers nicht als soziale Gruppe im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG
ansehe. Grundsätzlich bedeutsam seien deshalb die Fragen, ob Blutrache
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ausübende Privatpersonen nichtstaatliche Akteure im Sinne von § 60 Abs. 1
Satz 4 Buchst. c AufenthG sein können und ob die Familie eine soziale Gruppe
im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG sein kann.
Abgesehen davon, dass in der Rechtsprechung des beschließenden Senats
inzwischen geklärt ist, dass nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1
Satz 4 Buchst. c AufenthG auch Einzelpersonen sein können (vgl. Urteil vom
18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - , AuAS 2006, 246, zur Veröffentli-
chung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen), teilt die Be-
schwerde nicht mit, dass das Berufungsgericht sowohl seine nicht abschlie-
ßende Auffassung zum Begriff des nichtstaatlichen Akteurs (UA S. 7/8 unter a)
als auch seine Ansicht dazu, dass die Familie des Klägers nicht als eine soziale
Gruppe im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG anzusehen ist bzw. eine innerhalb
einer Familie drohende Blutrache jedenfalls nicht im Anwendungsbereich eines
von § 60 Abs. 1 AufenthG geschützten Rechtsguts liege (UA S. 8/9 unter b),
seine Entscheidung ausdrücklich und „unabhängig“ hiervon darauf gestützt hat,
dass der Kläger der geltend gemachten privaten Verfolgung „auch durch die
Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach § 60 Abs. 1
Satz 4 Buchst. c AufenthG - hinreichend sicher - entkommen“ könne (UA S. 9
unter c).
Unter diesen Umständen ist der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund
schon nicht ordnungsgemäß dargetan und liegt auch nicht vor. Wird ein Urteil
von mehreren selbständigen rechtlichen Erwägungen getragen, so muss gegen
jede von ihnen ein durchgreifender Zulassungsgrund geltend gemacht werden
und vorliegen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten wer-
den gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 30 RVG.
Eckertz-Höfer Hund Richter
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