Urteil des BVerwG vom 30.05.2002

Politische Verfolgung, Staatenlosigkeit, Sachverhaltsfeststellung, Libanon

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 13.02 (1 PKH 3.02)
OVG 2 L 2847/98
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Mai 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M a l l m a n n und R i c h t e r sowie die
Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:
Der Antrag der Beigeladenen, ihr Prozesskos-
tenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt
beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss
des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts
vom 12. Oktober 2001 wird verworfen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Der Beigeladenen kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht
bewilligt werden, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bie-
tet aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg
(§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachte grundsätz-
liche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist
nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Beschwerde hält sinngemäß die Frage für grundsätzlich be-
deutsam, ob die Weigerung von Syrien, Kurden, die 1962 ausge-
bürgert worden sind, und ihre Nachfahren wieder einreisen zu
lassen, auf asylerheblichen Gründen beruht. Die Beschwerde
meint, das Berufungsgericht habe den Zusammenhang zwischen
Ausbürgerung und Verweigerung der Wiedereinreise nicht hinrei-
chend berücksichtigt. Damit bezeichnet die Beschwerde keine
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klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen
Rechts. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
ist bereits rechtsgrundsätzlich geklärt, unter welchen Voraus-
setzungen die Weigerung, Staatenlose wieder einreisen zu las-
sen, politische Verfolgung darstellt (vgl. insbesondere Urteil
vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - Buchholz 402.25 § 1
AsylVfG Nr. 181; InfAuslR 1996, 225; NVwZ-RR 1996, 471). Von
dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht ausgegangen.
Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, dass in diesem
Zusammenhang anlässlich des Falles der Beigeladenen ein wei-
tergehender höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht. Sie
wendet sich mit ihrem Vorbringen in Wahrheit gegen die ihrer
Ansicht nach unzureichende Feststellung und Würdigung der tat-
sächlichen Verhältnisse durch das Berufungsgericht, das auf-
grund der beigezogenen Erkenntnismittel eine Asylerheblichkeit
der Einreiseverweigerung gegenüber der Beigeladenen verneint
hat (BA S. 8). Ob und inwieweit dabei, wie die Beschwerde
meint, auch die Gründe für die Staatenlosigkeit der Beigelade-
nen, die auf Ereignisse im Jahre 1962 zurückgeht, eine Rolle
spielen, ist keine vom Revisionsgericht zu klärende grundsätz-
liche Rechtsfrage, sondern eine Frage der dem Tatrichter vor-
behaltenen Sachverhaltsfeststellung und –würdigung. Der Hin-
weis der Beschwerde, der Sachverhalt, der der oben erwähnten
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegen
habe, sei "völlig anders" gewesen, trifft im Übrigen nicht zu.
Auch in dem genannten Verfahren lebten die Betroffenen bereits
im Herkunftsland (Libanon) als Staatenlose und sind nicht erst
während des Aufenthalts in Deutschland ausgebürgert worden
(vgl. allerdings den anders liegenden Sachverhalt im Urteil
vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 3.95 - Buchholz a.a.O.
Nr. 180; DVBl 1996, 205; NVwZ-RR 1996, 602). Soweit die Be-
schwerde Feststellungen in einer Berufungsentscheidung an-
spricht (Beschwerdebegründung S. 3 3. Absatz), bezieht sie
sich nicht auf die im vorliegenden Verfahren angefochtene Ent-
scheidung des Berufungsgerichts, sondern offenbar auf das Ur-
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teil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom
27. Juni 2001 - A 3 S 461/98 -, das Gegenstand des Beschwerde-
verfahrens BVerwG 1 B 404.01 ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Dr. Mallmann Richter Beck