Urteil des BVerwG vom 07.11.2002

Sri Lanka, Rüge, Erforschung, Aufklärungspflicht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 127.02
VGH 10 UE 2058/01.A
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. November 2002
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r , den Richter am
Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin
am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k
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beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
1. Februar 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde
ist unzulässig. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
und der behauptete Verfahrensmangel werden nicht den
Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend
dargelegt.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klä-
rungsbedürftige R e c h t s frage aufgeworfen wird. Eine sol-
che lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von ihr auf-
geworfene und nahezu ausschließlich mit tatsächlichem Vorbrin-
gen begründete Frage, ob Tamilen bei einer Rückkehr nach
Sri Lanka allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit einer gruppen-
gerichteten Verfolgung ausgesetzt sind und ob ihnen im Süden
und Westen Sri Lankas, insbesondere im Großraum Colombo, eine
inländische Fluchtalternative offen steht, zielt nicht auf eine
Rechtsfrage, sondern betrifft die den Tatsachengerichten vorbe-
haltene Klärung der tatsächlichen politischen Verhältnisse in
Sri Lanka. Die Beschwerde wendet sich insoweit in der Art einer
Berufungsbegründung gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende
Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch das Beru-
fungsgericht. Damit kann sie die Zulassung der Revision nicht
erreichen.
Der als Verfahrensfehler gerügte Verstoß gegen die Aufklärungs-
pflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist gleichfalls nicht ordnungsgemäß
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dargelegt. Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht
habe die im Themenpapier der Schweizerischen Flüchtlingshilfe
vom 31. Mai 1999 geschilderte Situation - u.a. die willkürli-
chen Verhaftungen und Massenfestnahmen von Tamilen auch in
Colombo - als nicht gegeben zurückgewiesen, ohne dies unter He-
ranziehung etwaiger anderer Erkenntnisquellen zu begründen und
ohne überhaupt eine Begründung zu liefern. Deshalb habe sich
das Berufungsgericht seine Überzeugung ohne ausreichende Erfor-
schung des Sachverhalts gebildet. Dieses Vorbringen ergibt kei-
ne ordnungsgemäße Aufklärungsrüge. Hierfür bedarf es der Darle-
gung, hinsichtlich welcher entscheidungserheblichen Umstände
Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche Aufklärungsmaßnahmen
hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen
Feststellungen, die zu einem dem Kläger günstigeren Ergebnis
geführt hätten, voraussichtlich getroffen worden wären; weiter-
hin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren
vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsauf-
klärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt
worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermitt-
lungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten auf-
drängen müssen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW
1997, 3328). Keine dieser Anforderungen erfüllt der Beschwerde-
vortrag, der sich der Sache nach als - dem materiellen Recht
zuzuordnende - Rüge einer fehlerhaften Beweiswürdigung dar-
stellt.
Sollte der Beschwerde zusätzlich eine Divergenzrüge im Sinne
des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu entnehmen sein, so wäre auch
diese Rüge nicht ordnungsgemäß dargelegt. Die Beschwerde bean-
standet, das Berufungsurteil werde hinsichtlich der Frage der
Gruppenverfolgung von Tamilen in Sri Lanka "den höchstrichter-
lichen Maßgaben" wohl insbesondere des Bundesverfassungsge-
richts nicht gerecht. Abgesehen davon, dass die Beschwerde eine
konkrete Entscheidung weder des Bundesverfassungsgerichts noch
des Bundesverwaltungsgerichts anführt, zeigt sie auch nicht,
wie dies erforderlich wäre, einen abstrakten Rechtssatz aus dem
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Berufungsurteil auf, mit dem sich das Berufungsgericht in Wi-
derspruch zu den angesprochenen "höchstrichterlichen" Rechts-
sätzen gesetzt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Eckertz-Höfer Richter Beck