Urteil des BVerwG vom 26.02.2007

Irak, Widerruf, Rüge, Erforschung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 B 12.07
OVG 1 LB 92/05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Februar 2007
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-
Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom
13. November 2006 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Zulassungs-
gründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrens-
mangels nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ent-
sprechenden Weise dar.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage rechtfertigt nicht die Zulassung
der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeut-
sam, ob eine Flüchtlingsanerkennung widerrufen werden kann, wenn zwar ein
Machtwechsel stattgefunden hat, aber noch völlig offen ist, ob die neuen
Machthaber sich gefestigt an der Macht halten können. Das Berufungsgericht
ist aufgrund seiner tatrichterlichen Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass
der Kläger vor einem Wiederaufleben der Verfolgung durch das frühere Regime
im Irak sowie einer gleichartigen Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm auch
keine Verfolgung aus anderen Gründen droht. Das Berufungsgericht hat die
Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG für den Widerruf einer Flücht-
lingsanerkennung in Übereinstimmung und in ausdrücklicher Anlehnung an die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beurteilt (vgl. insbesondere
Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 =
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Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 15; vgl. inzwischen ferner Urteil vom 18. Juli
2006 - BVerwG 1 C 15.05 - InfAuslR 2007, 33; zur Veröffentlichung in der Ent-
scheidungssammlung BVerwGE vorgesehen). Die Beschwerde macht nicht
ersichtlich, dass es anlässlich des Falles des Klägers einen weitergehenden
höchstrichterlichen Klärungsbedarf zu einer konkreten Rechtsfrage geben
könnte. Vor allem verkennt die Beschwerde, dass nach der angeführten Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts beim Widerruf der Asyl- und Flücht-
lingsanerkennung gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht zu prüfen ist, ob dem Aus-
länder wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsstaat eine Rückkehr unzumut-
bar ist. Auf derart allgemeine Gefahren bezieht die Beschwerde sich allerdings,
wenn sie davon spricht, die Situation im Irak sei „nicht mehr kontrollierbar“ bzw.
die Lage im Irak sei nicht „sicher“.
Unschlüssig ist auch die Rüge unzureichender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1
VwGO, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Beschwerde beanstandet, das Beru-
fungsgericht habe „sich nicht umfassend mit der Situation im Irak auseinander-
gesetzt“. Hätte das Berufungsgericht eine umfassende Aufklärung betrieben,
wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass im Irak eine unkontrollierbare Situa-
tion herrsche und niemand vorhersehen könne, inwieweit hier individuelle Ver-
folgungsgefahren bestünden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts ist ein Aufklärungsmangel nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn im Einzelnen angegeben wird,
inwiefern sich der Vorinstanz - nach deren materiell-rechtlicher Auffassung -
eine weitere Erforschung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen, welche
Beweis- und Erkenntnismittel ggf. in Frage gekommen wären, welches Ergebnis
die unterbliebene Aufklärung im Einzelnen gehabt hätte und inwiefern dieses
Ergebnis zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen
können. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung schon im
Hinblick darauf nicht, dass sie sich im Wesentlichen auf allgemeine Gefahren
im Irak bezieht, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
und auch nach der Entscheidung des Berufungsgerichts beim Widerruf einer
Flüchtlingsanerkennung unbeachtlich sind.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30
RVG.
Eckertz-Höfer Richter Beck
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