Urteil des BVerwG vom 22.01.2002

Verschulden, Verfahrensmangel, Asylverfahren, Hund

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 11.02
OVG 5 LB 2819/01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Januar 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:
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Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss
des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts
vom 16. Oktober 2001 wird verworfen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwer-
deverfahrens.
G r ü n d e :
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und ei-
nen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte
Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforde-
rungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe
aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Mit dem Vortrag, die damaligen Prozessbevollmächtigten des
Beigeladenen hätten die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene
Berufung nicht "erneut gemäß § 124 a Abs. 3 VwGO" begründen
müssen, obwohl sie bereits in dem Antrag auf Zulassung der Be-
rufung beantragt hätten, die Berufung zuzulassen und unter Ab-
änderung des Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen so-
wie dabei neben den Zulassungsgründen auch die Berufungsgründe
aufgeführt hätten, lässt sich der behauptete Verfahrensmangel
nicht begründen. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem ange-
fochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts § 124 a Abs. 3
Satz 1 VwGO auch in Asylverfahren anzuwenden ist (vgl. das be-
reits vom Oberverwaltungsgericht zitierte Urteil des früher
für das Asylrecht zuständigen 9. Senats vom 30. Juni 1998
- BVerwG 9 C 6.98 - BVerwGE 107, 117, 118 ff.). Das bedeutet,
dass der Rechtsmittelführer nach Zulassung der Berufung in
jedem Fall einen gesonderten Schriftsatz zur Berufungsbegrün-
dung einreichen muss. Dies ist keine bloße Förmelei. Mit der
Einreichung der Berufungsbegründungsschrift soll der Beru-
fungskläger nämlich eindeutig zu erkennen geben, dass er nach
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wie vor die Durchführung eines Berufungsverfahrens erstrebt.
Es genügt deshalb nicht, wenn sich die Begründung und der An-
trag dem Vorbringen im Zulassungsverfahren entnehmen lassen
(a.a.O. S. 121). Der Beigeladene ist auch in dem Berufungszu-
lassungsbechluss vom 16. August 2001 darüber belehrt worden,
dass die Berufung nach § 124 a Abs. 3 VwGO innerhalb eines Mo-
nats nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses zu begründen
ist (vgl. Zulassungsbeschluss S. 5, Gerichtsakten
Blatt 126 ff., 128). Unter diesen Umständen waren die damali-
gen Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen nicht ohne Ver-
schulden im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO verhindert, die Beru-
fungsbegründungsfrist einzuhalten, auch wenn sie eine andere
Rechtsauffassung hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 124 a
Abs. 3 VwGO in Asylverfahren vertreten haben sollten. Insbe-
sondere kann sich die Beschwerde insoweit nicht auf den Be-
schluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 1997
- BVerwG 9 B 690.97 – (DVBl 1997, 1325) berufen; die darin ge-
äußerte Auffassung hatte das Bundesverwaltungsgericht nämlich
bereits in dem Urteil vom 30. Juni 1998 (a.a.O. S. 121) aus-
drücklich aufgegeben. Nur für die Zeit davor hätte ein Ver-
schulden der früheren Prozessbevollmächtigten verneint werden
können (vgl. Beschluss vom 31. August 1999 - BVerwG 9 B
171.99 – Buchholz 310 § 124 a VwGO Nr. 11). Das Verschulden
seiner Prozessbevollmächtigten muss sich der Beigeladene auch
zurechnen lassen (§ 173 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO; vgl. dazu auch
BVerfG, Kammer-Beschluss vom 21. Juni 2000 - 2 BvR 1989.97 -
NVwZ 2000, 907).
Eine Frage von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung im Sinne
des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO stellt sich in diesem Zusammenhang
nicht; dies wird in der Beschwerdebegründung auch nicht - wie
erforderlich - unter Auseinandersetzung mit der hierzu ergan-
genen Rechtsprechung aufgezeigt. Zur Begründung einer Grund-
satzrüge reicht es nicht aus, die Rechtsauffassung des Beru-
fungsgerichts als "geradezu widersinnig" zu bezeichnen.
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Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichts-
kosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F.
(§ 134 BRAGO).
Eckertz-Höfer Hund Richter