Urteil des BVerwG vom 18.09.2002

Rechtliches Gehör, Politische Verfolgung, Rechtsschutzinteresse, Togo

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BESCHLUSS
BVerwG 1 B 103.02
OVG 2 L 118/00
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. September 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Januar 2002 wird
aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht
zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt
der Schlussentscheidung vorbehalten. Die Ent-
scheidung über die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung
in der Hauptsache.
G r ü n d e :
I.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Asyl und Ab-
schiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG als offensichtlich un-
begründet ab und drohte ihm die Abschiebung nach Togo an. Den
hiergegen gerichteten Antrag des Klägers auf Gewährung vorläu-
figen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, § 36 Abs. 3 und 4
AsylVfG hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom
12. November 1999 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat sich
in diesem Beschluss im Einzelnen mit dem Asylvorbringen des
Klägers auseinandergesetzt. Dabei hat es die von ihm behaupte-
te Einreise auf dem Luftweg, die geltend gemachte togoische
Staatsangehörigkeit und sein vorgebrachtes Vorfluchtschicksal
in Togo nicht geglaubt. Auch habe er wegen der Asylantragstel-
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lung und seines Auslandsaufenthaltes im Falle einer Rückkehr
nach Togo keine politische Verfolgung oder Abschiebungshinder-
nisse begründende Gefahren zu befürchten. Mit formularmäßig
vorbereitetem Schreiben vom 20. März 2000 hat das Verwaltungs-
gericht den Kläger im Hauptsacheverfahren aufgefordert, binnen
drei Wochen mitzuteilen, ob er die Klage trotz der Ablehnung
des Eilantrags aufrechterhalten wolle. Zugleich hat es den
Kläger darauf hingewiesen, dass es in diesem Beschluss ernst-
liche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids
verneint habe. Eine Auseinandersetzung mit den Gründen des Be-
schlusses erscheine daher dem Gericht zur weiteren Rechtsver-
folgung im Klageverfahren erforderlich. Für einen derartigen
ergänzenden Sachvortrag werde ebenfalls eine Frist von drei
Wochen gesetzt. Auf diese Aufforderung hat der Kläger nicht
reagiert. Das Verwaltungsgericht hat ihn danach mit Schreiben
vom 8. Mai 2000 nochmals aufgefordert, mitzuteilen, ob das
Verfahren fortgeführt werden solle und zum Beschluss vom
12. November 1999 Stellung zu nehmen. Es hat ihn zugleich auf
§ 81 AsylVfG hingewiesen und über die Frist und die Folgen der
Rücknahmefiktion belehrt. Auch auf diese Betreibensaufforde-
rung hat der Kläger nicht reagiert. Daraufhin hat das Verwal-
tungsgericht das Verfahren eingestellt. Der vom Kläger hierge-
gen gerichtete Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens blieb vor
dem Verwaltungsgericht und dem Berufungsgericht ohne Erfolg.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger das Ziel, dass die
Revision gegen den angegriffenen Beschluss des Oberverwal-
tungsgerichts zugelassen wird.
II.
Die Beschwerde hat mit einer Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2
Nr. 3 VwGO) Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
Oberverwaltungsgericht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 6
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VwGO). Allerdings wurde keine das Revisionsverfahren eröffnen-
de grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO) und keine nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO beachtliche
Divergenz dargelegt.
1. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge ist begründet, weil
das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 81 Satz 1
AsylVfG die Klage als zurückgenommen behandelt und sich des-
halb verfahrensfehlerhaft zur Sache nicht mehr eingelassen
hat. Darin liegt zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO; Art. 103 Abs. 1 GG).
Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit der
Betreibensaufforderung und damit unzutreffend von der gesetz-
lichen Fiktion der Verfahrensbeendigung ausgegangen.
a) § 81 AsylVfG dient der Beschleunigung von Asylverfahren, an
deren Fortführung der Kläger erkennbar kein Interesse mehr hat
(vgl. die Gesetzesbegründung zu § 79 des Gesetzentwurfes in
BTDrucks 12/2062, S. 42). Seine asylrechtliche Klage wird in
diesen Fällen als zurückgenommen behandelt.
Ein erkennbar fehlendes Interesse des Klägers an der Fortfüh-
rung seiner Klage liegt vor, wenn er durch sein Verhalten be-
rechtigte Zweifel an seinem Rechtsschutzbedürfnis erweckt und
diese Zweifel trotz Aufforderung nicht fristgerecht ausräumt.
Berechtigte Zweifel am Fortbestehen seines Interesses an einer
Sachentscheidung des Gerichts kann der Kläger durch aktives
Handeln begründen, z.B. durch freiwillige Ausreise in sein
Heimatland, durch Untertauchen im Bundesgebiet (vgl. Urteil
vom 6. August 1996 – BVerwG 9 C 169.95 – BVerwGE 101, 323
<327>) oder durch Abbruch des Kontakts zu seinem das Gerichts-
verfahren betreibenden Bevollmächtigten. Derartige Zweifel
können aber auch dann begründet sein, wenn der Kläger prozes-
suale Mitwirkungspflichten nicht erfüllt und damit ein Desin-
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teresse an der weiteren Verfolgung seines Begehrens zeigt (Ur-
teil vom 23. April 1985 - BVerwG 9 C 48.84 - BVerwGE 71, 213,
219; Urteil vom 13. Januar 1987 - BVerwG 9 C 259.86 - NVwZ
1987, 605; zu der § 81 AsylVfG nachgebildeten Vorschrift des
§ 92 Abs. 2 VwGO vgl. Beschluss vom 5. Juli 2000 - BVerwG 8 B
119.00 - NVwZ 2000, 1297; Beschluss vom 12. April 2001
- BVerwG 8 B 2.01 - NVwZ 2001, 918).
Dem Kläger muss zur Wahrung seines verfassungsrechtlichen An-
spruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und
rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) aber Gelegenheit gege-
ben werden, die gegen ihn sprechende widerlegliche Vermutung
auszuräumen. Dem dient die Betreibensaufforderung nach § 81
Satz 1 AsylVfG, die erst ergehen darf, wenn der Kläger - etwa
durch Verstreichenlassen einer gerichtlichen Frist zur Klage-
begründung oder zur individuell konkretisierten Ergänzung sei-
nes Vorbringens - begründete Anhaltspunkte für Zweifel an sei-
nem Rechtsschutzinteresse gegeben hat (vgl. Urteil vom
23. April 1985, a.a.O. S. 218; Beschluss vom 5. Juli 2000,
a.a.O.).
Wegen des Ausnahmecharakters der in § 81 AsylVfG normierten
Klagerücknahmefiktion dürfen die Anforderungen an das Verhal-
ten eines Rechtsschutzsuchenden, mit dem dieser sein fortbe-
stehendes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung
zum Ausdruck bringen muss, nicht überspannt werden (BVerfG,
Kammerbeschluss vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95 - DVBl
1999, 166). Bei Beachtung der in der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe zur Auslegung des
§ 81 AsylVfG steht die Begrenzung des gerichtlichen Rechts-
schutzes im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Garantien
des Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG, Kammer-
beschluss vom 27. Oktober 1998, a.a.O.; Kammerbeschluss vom
19. Mai 1993 - 2 BvR 1972/92 - NVwZ 1994, 62).
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b) Im vorliegenden Fall bestanden zum Zeitpunkt der Betrei-
bensaufforderung - am 8. Mai 2000 - keine hinreichend konkre-
ten Zweifel daran, dass das Rechtsschutzinteresse des Klägers
entfallen war. Der Kläger hatte seine Klage - wenn auch nur
mit wenigen Sätzen - begründet. Sein Prozessbevollmächtigter
hatte in der Anfangsphase des Verfahrens auch durch mehrere
Schriftsätze (vom 16. August 1999, 31. August 1999 und
5. Oktober 1999) deutlich gemacht, dass dem Kläger am Fortgang
des Verfahrens gelegen war, um dem Gericht in einer mündlichen
Verhandlung seine Verfolgungssituation schildern zu können.
Vor diesem konkreten Hintergrund begründete die im Verfahren
des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangene
gerichtliche Entscheidung vom 12. November 1999 zwar einen Um-
stand, der das Gericht zu Nachfragen im Rahmen des Hauptsache-
verfahrens und dazu berechtigte, den Kläger zur Ergänzung sei-
nes Vortrags aufzufordern. Das Gericht durfte damit auch zum
Ausdruck bringen, dass es die Prozessaussichten des Klägers in
der Hauptsache als gering einschätze, wenn er seinen Vortrag
nicht ergänze.
Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses des Klägers
im Sinne des § 81 AsylVfG ergeben sich daraus aber nicht. Sie
wären in dieser Situation und im Hinblick auf die einschnei-
denden Folgen nur begründet gewesen, wenn der Kläger eine un-
ter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 12. November 1999 in-
dividuell gefasste Anfrage des Gerichts zur Ergänzung seines
Vortrags in bestimmten konkret bezeichneten Punkten innerhalb
der gesetzten Frist unbeantwortet gelassen hätte, die für den
Fortgang des Verfahrens aus der Sicht des Gerichts erheblich
waren. Dies war jedoch nicht der Fall. Der Kläger hat ledig-
lich auf ein Formularschreiben des Gerichts nicht reagiert,
das von diesem offenbar regelmäßig im Anschluss an negative
Eilentscheidungen nach § 36 AsylVfG versandt wird. Darin wird
der Kläger zwar darauf hingewiesen, dass eine Auseinanderset-
zung mit den Gründen des Beschlusses zur weiteren Rechtsver-
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folgung im Klageverfahren erforderlich erscheint. Ohne Indivi-
dualisierung und Konkretisierung wird dem Kläger aber nicht
hinreichend deutlich gemacht, dass und warum die Beantwortung
der Anfrage von zentraler Bedeutung für das weitere Schicksal
seines Rechtsschutzbegehrens sein soll. Wegen der weitgehenden
Konsequenzen der in § 81 AsylVfG getroffenen Regelung sind ih-
rer Auslegung und Anwendung verfassungsrechtliche Grenzen ge-
setzt, die den Ausnahmecharakter der Vorschrift zu berücksich-
tigen haben. Dabei dürfen die Anforderungen an die prozessuale
Mitwirkung des Klägers im Verfahren nicht überspannt werden
(BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1993, a.a.O.; Beschluss vom
27. Oktober 1998, a.a.O.). Eine solche Überspannung stellt es
dar, wenn vom Kläger pauschal eine ergänzende Klagebegründung
verlangt wird, weil das Gericht im summarischen Eilverfahren
die Ablehnung des Asylbegehrens als offensichtlich unbegründet
inzident bestätigt hat. Im Hauptsacheverfahren kann der Kläger
eine Überprüfung auch ohne weitere Begründung schon deshalb
erwarten, weil die Gerichte im Hauptsacheverfahren zur erneu-
ten (und typischerweise vertieften) Prüfung des Rechtsschutz-
begehrens ohne Rücksicht auf den Ausgang des Eilverfahrens
verpflichtet sind. Begründete daher die Nichtbeantwortung der
Formularanfrage noch keine berechtigten Zweifel am Rechts-
schutzinteresse des Klägers, so vermochte die Betreibensauf-
forderung vom 8. Mai 2000 auch nicht die Rechtsfolgen des § 81
AsylVfG auszulösen.
Der angefochtene Beschluss beruht auf dem festgestellten Ver-
fahrensverstoß. Ohne Annahme der Voraussetzungen des § 81
AsylVfG hätte das Berufungsgericht nicht feststellen können,
dass die Klage als zurückgenommen gelte.
2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die zur Zu-
lassung der Revision führe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), zeigt
die Beschwerde allerdings nicht auf.
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Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache setzt voraus, dass eine in dem angestrebten Revi-
sionsverfahren klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechts-
frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird (Beschluss
vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 =
Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Eine solche Frage
wirft die Beschwerde nicht auf. Sie hält im Hinblick auf die
Rücknahmefiktion des § 81 AsylVfG für grundsätzlich klärungs-
bedürftig, "ob bei urteilsähnlicher Ausführlichkeit der Be-
gründung einer ablehnenden Eilentscheidung in Asylrechtsstrei-
tigkeiten und bei einem entsprechend auffordernden Hinweis zum
Hauptsacheverfahren eine fehlende Reaktion als Resignation ge-
wertet werden darf und damit berechtigte Zweifel an dem Fort-
bestand des Rechtsschutzinteresses begründet sein können" (Be-
schwerdebegründung S. 6). Damit spricht sie indes lediglich
für die Entscheidung des Einzelfalls bedeutsame Fragen der An-
wendung des § 81 AsylVfG an. Die Voraussetzungen, unter denen
eine asylrechtliche Klage wegen Nichtbetreibens des Verfahrens
nach § 81 AsylVfG als zurückgenommen gilt, insbesondere die
Anforderungen an eine Betreibensaufforderung im Sinne dieser
Vorschrift, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts und des Bundesverfassungsgerichts rechtsgrundsätzlich
geklärt (vgl. dazu die oben unter II. 1 zitierten Entscheidun-
gen). Nach dieser Rechtsprechung darf die gerichtliche Betrei-
bensaufforderung gemäß § 81 Abs. 1 AsylVfG aus Gründen des ef-
fektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und auch mit Rück-
sicht auf die Bedeutung des Asylgrundrechts (Art. 16 a Abs. 1
GG) nur ergehen, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt sachlich be-
gründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinte-
resses beim Kläger bestehen, die den späteren Eintritt der
Rücknahmefiktion gerechtfertigt erscheinen lassen (Urteil vom
23. April 1985, a.a.O. S. 218; Beschluss des BVerfG vom
19. Mai 1993, a.a.O.). Woraus sich solche Anhaltspunkte für
die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzinteresses und damit
die Berechtigung zur Betreibungsaufforderung jeweils ergeben,
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hängt von der Verfahrensgestaltung des konkreten Einzelfalls
ab (vgl. Beschluss vom 5. Juli 2000, a.a.O.). Auf solche Um-
stände der konkreten Verfahrensgestaltung im Einzelfall zielt
die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die unbeantwor-
tet gebliebene Aufforderung des Gerichts an den Kläger, sich
in der Klagebegründung mit einem im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes zwischenzeitlich ergangenen, ausführlich be-
gründeten Beschluss des Gerichts zu seinem Asylvorbringen aus-
einanderzusetzen, Zweifel an seinem fortbestehenden Rechts-
schutzinteresse begründen kann. Diese Frage entzieht sich ei-
ner rechtsgrundsätzlichen Klärung und vermag daher nicht zur
Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu führen.
3. Die von der Beschwerde zu der gleichen Frage geltend ge-
machte Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen
Beschlusses von der bereits zitierten Entscheidung des Bundes-
verwaltungsgerichts vom 5. Juli 2000 ist schon nicht den An-
forderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend darge-
tan. Die Beschwerde verkennt zwar nicht, dass das Berufungsge-
richt die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
und des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zur
Anwendung der Rücknahmefiktion ausdrücklich seiner Entschei-
dung zugrunde gelegt hat. Sie vermag aber nicht aufzuzeigen,
dass das Berufungsgericht gleichwohl jedenfalls konkludent ei-
nen von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom
5. Juli 2000 abweichenden abstrakten Rechtssatz zur Anwendung
des § 81 AsylVfG aufgestellt hat, auf dem sein Beschluss be-
ruht. Eine zulassungsfähige Divergenz liegt hier im Übrigen
auch deshalb nicht vor, weil der Beschluss des Bundesverwal-
tungsgerichts vom 5. Juli 2000 zwar zu derselben Rechtsfrage,
aber nicht, wie § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO es voraussetzt (Be-
schluss vom 4. Februar 1999 - BVerwG 6 B 131.98 - NVwZ-RR
1999, 374; Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.), zu dersel-
ben Rechtsvorschrift wie der angefochtene Beschluss ergangen
ist; dort hat das Bundesverwaltungsgericht zu § 92 Abs. 2
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Satz 1 VwGO entschieden, hier das Berufungsgericht zu § 81
AsylVfG.
4. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung wird die Sache
gemäß § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung des angefochtenen Be-
schlusses an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Eckertz-Höfer Hund Prof. Dr. Dörig
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Verwaltungsprozessrecht
Fachpresse:
ja
Asylverfahrensrecht
Rechtsquellen:
AsylVfG § 81 Satz 1
VwGO § 92 Abs. 2 Satz 1
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1
Stichworte:
Fiktive Klagerücknahme; Voraussetzungen für Betreibensauffor-
derung; Fehlen begründeter Zweifel am Fortbestehen des Rechts-
schutzinteresses; formularmäßige Aufforderung zur Ergänzung
des Vortrags im Hauptsacheverfahren nach Bescheidung des
Rechtsschutzbegehrens als offensichtlich unbegründet im Eil-
verfahren.
Leitsatz:
Die nicht näher konkretisierte Aufforderung an den Kläger,
seine Klage unter Auseinandersetzung mit einer ablehnenden
Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren (hier: nach § 80
Abs. 5 VwGO, § 36 AsylVfG) ergänzend zu begründen, vermag die
Rechtsfolge der Rücknahmefiktion nach § 81 AsylVfG nicht aus-
zulösen.
Beschluss des 1. Senats vom 18. September 2002
- BVerwG 1 B 103.02 -
I. VG Schwerin, Beschluss vom 10.07.2000
- Az.: VG 11 A 1916/99 -
II. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.01.2002
- Az.: OVG 2 L 118/00 -