Urteil des BVerwG vom 23.08.2007

BVerwG: gebühr, rechtfertigung, versuch, rüge, abgabe, aufwand, friedhof, schutzfunktion, kritik

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 BN 1.07
OVG 7 C 10027/07
In der Normenkontrollsache
hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. August 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und Prof. Dr. Rubel
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsge-
richts Rheinland-Pfalz vom 5. April 2007 wird zurückge-
wiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdever-
fahren wird auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt
nicht die grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, die ihr
von der Beschwerde beigemessen wird (1.). Auch der geltend gemachte Zulas-
sungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor (2.).
1. Die Beschwerde hält zunächst die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
„ob die konkrete gesetzliche Ausgestaltung einer Gebühr
für eine Berechtigungskarte für einen Steinmetzen auf ei-
nem Friedhof arbeiten zu können mit der Begrenzungs-
und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfas-
sung kollidiert (BVerfGE 93, 319, 343 f.; 97, 332, 343).“
Zu klären sei in diesem Zusammenhang insbesondere,
„ob es eine besondere sachliche Rechtfertigung für die
Gebühr gibt.“
Anders ausgedrückt sei die Frage entscheidungserheblich und - sinngemäß
verstanden - auch klärungsbedürftig,
„ob die Gebühr für eine Berechtigungskarte sich danach
bemessen darf, welcher Aufwand für die Prüfung entsteht,
welchen Umsatz ein Steinmetz auf Friedhöfen erzielt, über
wie viele Friedhöfe oder Friedhofsflächen ein Fried-
hofsträger verfügt, ob der Steinmetz nur örtlich oder auch
überregional tätig ist.“
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Diese Fragestellungen rechtfertigen nicht die begehrte Zulassung der Revision
unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes wäre es erfor-
derlich, dass die Beschwerde eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte
und für die angestrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des
revisiblen Rechts formuliert und außerdem angibt, worin die allgemeine, über
den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Sache bestehen soll (vgl. z.B.
Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14). Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des
angefochtenen Urteils reichen ebenso wenig aus, um diese Voraussetzung zu
erfüllen, wie der bloße Hinweis darauf, der streitige Sachverhalt und damit zu-
sammenhängende Rechtsfragen seien bisher nicht Gegenstand der höchstrich-
terlichen Rechtsprechung geworden.
Dies muss sich die Beschwerde entgegenhalten lassen, wenn sie im Zusam-
menhang mit den von ihr aufgeworfenen Fragen nach Art einer Rechtsmittel-
schrift an der Rechtsanwendung der Vorinstanz in verschiedener Hinsicht Kritik
übt. So reicht es insbesondere nicht aus, wenn unter Hinweis auf Rechtssätze,
die das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zu den nichtsteu-
erlichen Abgaben aufgestellt hat, um die insoweit geltenden verfassungsrechtli-
chen Belastungsgrenzen näher zu bestimmen, von der Beschwerde beanstan-
det wird, die Vorinstanz habe diese Rechtssätze auf den konkreten Fall fehler-
haft angewandt. Damit werden von ihr zwar Verstöße gegen Bundesrecht ge-
rügt. Es fehlt aber an einer Darlegung (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den bundesrechtlichen
Normen bisher keine Aussagen zu entnehmen sind, die eine bundesrechtskon-
forme Auslegung und Anwendung des hier einschlägigen Landesrechts ge-
währleisten, so dass insoweit - trotz der dieser Rechtsprechung zu entnehmen-
den Rechtssätze - noch grundsätzlich bedeutsame Fragen verbleiben, die in
einem Revisionsverfahren zu klären sind (vgl. z.B. Beschluss vom 23. März
1992 - BVerwG 5 B 174.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 306).
Einen dahingehenden Klärungsbedarf vermag die Beschwerde auch nicht da-
durch aufzuzeigen, dass sie die vom Bundesverfassungsgericht zu den bun-
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desrechtlichen Maßstabsnormen entwickelten Rechtssätze mit speziellen Fra-
gen verknüpft, die sich aus der Anwendung des irrevisiblen Landesrechts auf
den konkreten Sachverhalt ergeben. So ist die Frage, ob für die streitige Ge-
bühr auch der Höhe nach die „die besondere sachliche Rechtfertigung“ in den
mit dieser Abgabe legitim verfolgten Zwecken findet (vgl. BVerfG, Urteil vom
19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108, 1 <17 f.>), nur zu beantworten,
indem die Rechtsgrundlagen überprüft werden, die von der Vorinstanz zutref-
fend ausschließlich dem Landesrecht entnommen worden sind. Fehl geht in
diesem Zusammenhang ebenso der Versuch der Beschwerde, verschiedene
Tatsachenfragen zu angeblichen „Veränderungen der Bestattungskultur“ auf-
zuwerfen, zu denen die Vorinstanz keine Feststellungen getroffen hat. Sind Tat-
sachen, die vorliegen müssten, damit eine mit der Nichtzulassungsbeschwerde
angesprochene Frage sich in einem Revisionsverfahren stellen könnte, von der
Vorinstanz nicht festgestellt worden, kann die Revision im Hinblick auf diese
Fragen nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden (stRspr,
vgl. z.B. Beschluss vom 5. September 1996 - BVerwG 9 B 387.96 - Buchholz
310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12 S. 19 f.). Diesen Einwand muss sich die
Beschwerde jedenfalls dann entgegenhalten lassen, wenn - wie hier - eine ent-
sprechende Sachaufklärung in der Vorinstanz von der im Termin zur mündli-
chen Verhandlung rechtskundig vertretenen Partei nicht ordnungsmäßig bean-
tragt wurde (vgl. Beschluss vom 17. März 2000 - BVerwG 8 B 287.99 -
Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 14 S. 20).
2. Die Rüge der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift nicht durch, weil
sie sich ebenfalls darauf beschränkt, eine fehlerhafte oder unterbliebene An-
wendung von Rechtssätzen geltend zu machen. Dies reicht für die Darlegung
einer Divergenz ebenso wenig aus wie für die Erhebung einer zulässigen
Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfest-
setzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dr. Storost Vallendar Prof. Dr. Rubel
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