Urteil des BVerwG vom 03.12.2008

BVerwG: anspruch auf rechtliches gehör, gerichtshof der europäischen gemeinschaften, rüge, verfahrensmangel, beweisantrag, konkretisierung, kritik, willkür, ergänzung, ausweisung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 B 35.08
VGH 8 A 04.40023
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Prof. Dr. Korbmacher
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
28. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die
Kläger zu 2, 3, 4, 9, 12 und 13 je 1/9, die Kläger zu 5, 6, 7,
8, 10 und 11 je 1/18 jeweils als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 45 000 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Zulas-
sungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
1. Die gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe hinsichtlich mehrerer von den
Klägern in der Vorinstanz formulierter europarechtlicher Fragen keine Vorab-
entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nach
Art. 234 EG eingeholt, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen sei, greift schon
deswegen nicht durch, weil die Beschwerde nicht darlegt, welche Verfahrens-
vorschrift sie insoweit als verletzt ansieht. Sie lässt mithin die nach § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO gebotene substantiierte rechtliche Würdigung des geltend ge-
machten Verfahrensverstoßes vermissen (vgl. hierzu Beschlüsse vom hierzu
19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26 S. 14 f. und vom 17. Juli 2008 - BVerwG 9 B 15.08 - juris Rn. 7). Ein Ver-
fahrensverstoß ist dem Vorbringen aber auch in der Sache nicht zu entnehmen,
weil die von den Klägern formulierten Fragen nicht vorlagefähig waren und zu-
dem auch bei vorlagefähigen Fragestellungen keine Vorlagepflicht des Verwal-
tungsgerichtshofs bestanden hätte.
Im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG entscheidet der Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften allein über die Auslegung des dort genann-
ten Gemeinschaftsrechts und die Gültigkeit von Handlungen der Gemein-
schaftsorgane. Es ist dagegen nicht Sache des Gerichtshofs, über die An-
wendbarkeit nationaler Vorschriften zu befinden und zu entscheiden, ob deren
Auslegung durch das nationale Gericht richtig ist (stRspr; EuGH, Urteil vom
2. Juni 2005 - Rs. C-136/03 - Slg. 2005, I-04759 Rn. 46). Hierauf war aber so-
wohl die Frage nach der Übereinstimmung des Bundesverkehrswegeplans aus
dem Jahr 2003 mit Vorschriften der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie
gerichtet als auch die Frage, ob allein die Einstufung eines Straßenbauprojekts
in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans unter Berücksich-
tung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie das Tatbestandsmerkmal
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der überwiegenden Gemeinwohlbelange des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BNatSchG (a.F.) indizieren.
Auch bei einer vorlagefähigen Fragestellung hätte keine Vorlagepflicht der Vor-
instanz bestanden. Diese besteht nach Art. 234 Abs. 3 EG nur, wenn die Ent-
scheidung des einzelstaatlichen Gerichts selbst nicht mehr mit einem Rechts-
mittel des innerstaatlichen Rechts angegriffen werden kann. Da die Nichtzulas-
sungsbeschwerde jedenfalls hinsichtlich der Einhaltung revisiblen Rechts ein
Rechtsmittel im Sinne der genannten Bestimmung ist (stRspr; vgl. Beschlüsse
vom 3. März 2000 - BVerwG 2 B 6.00 - Buchholz 239.1 § 19 BeamtVG Nr. 1
und vom 23. August 1995 - BVerwG 1 B 46.95 - Buchholz 451.20 § 33a GewO
Nr. 8 S. 3) und das Gemeinschaftsrecht zum revisiblen Recht im Sinne des
§ 137 Abs. 1 VwGO gehört, stellt das angefochtene Urteil keine letztinstanzli-
che Entscheidung dar. Der von der Beschwerde zum Beleg für ihre gegenteilige
Ansicht zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember
2004 - BVerwG 10 B 21.04 - (KStZ 2005, 113 = Buchholz 401.65 Hundesteuer
Nr. 8 S. 20 f.), enthält keine andere Aussage, sondern bestätigt die ständige
Rechtsprechung ausdrücklich und unter Hinweis auch auf Rechtsprechung an-
derer oberster Bundesgerichte und des Europäischen Gerichtshofs.
b) Die Rüge, die Vorinstanz habe gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen, weil sie
den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Vernehmung
des Dr. S. zur Eignung der Ausgleichsfläche N 4 als Nahrungshabitat des
Fischadlers nur durch einen Gerichtsbeschluss in der mündlichen Verhandlung
habe ablehnen dürfen, greift nicht durch. Der behauptete Verfahrensmangel
kann nicht festgestellt werden. Die Sitzungsniederschrift, in die ein Beweisan-
trag als wesentlicher Vorgang der Verhandlung aufzunehmen ist (§ 160 Abs. 2
ZPO i.V.m. § 105 VwGO), enthält keinen Hinweis auf einen förmlichen Beweis-
antrag der Kläger. Dass die Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift im
Rahmen der ausführlichen Erörterungen über die Eignung des Weihers N 4 als
geeignetes Nahrungshabitat für den Fischadler auf die Erhebungen des Adler-
experten Dr. S. verwiesen und diesen als Zeugen „für die Annahme des Wei-
hers N 4 als Nahrungsfläche“ benannt haben, ersetzt nicht die Stellung eines
förmlichen Beweisantrags zu diesem Thema, sondern ist lediglich als Beweis-
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anregung zu verstehen. Die Vorinstanz hat auch nicht ihre Pflicht verletzt, die-
ser Beweisanregung und den weiteren schriftsätzlich formulierten Beweisanre-
gungen der Kläger im Rahmen der von Amts wegen vorzunehmenden Sach-
verhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) nachzugehen. Eine solche Pflicht be-
steht nur hinsichtlich der Tatsachen, auf die es für das Gericht entscheidungs-
erheblich ankommt. Daran fehlt es hier. Die Eignung des Weihers als Nah-
rungshabitat für Seeadler war für die Vorinstanz bei ihrer Entscheidung nicht
erheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausweislich der Urteilsbegründung
die Eignung des Weihers N 4 als Nahrungsfläche des Seeadlers wegen der in
diesem Bereich vorgesehenen Maßnahmen G 1 und L 3, die sich als Überflug-
hilfen auch zugunsten des Fischadlers auswirkten und bis zur Inbetriebnahme
der Straße wirksam sein müssten, vielmehr ausdrücklich offen gelassen. Diese
Würdigung der tatsächlichen Umstände, die revisionsrechtlich ohnehin nur bei
aktenwidrigen, gegen Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver
Willkür geprägten Schlussfolgerungen einen Verfahrensmangel begründen
könnte (stRspr; vgl. Beschluss vom 22. Mai 2008 - BVerwG 9 B 34.07 - juris
Rn. 22 m.w.N.), greift die Beschwerde nicht mit Zulassungsgründen an.
c) Als weiteren Verfahrensmangel macht die Beschwerde geltend, die Vorin-
stanz habe die Kläger in ihrem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG) verletzt, weil sie einen wesentlichen Teil des Klagevortrags übergangen
habe. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich dieser Verfahrensfehler je-
doch nicht.
aa) Die Beschwerde vermisst in den Entscheidungsgründen des angegriffenen
Urteils eine ausreichende Berücksichtigung des Vortrags der Kläger, dass das
im 2. Ergänzenden Planfeststellungsbeschluss (2. EPFB) vorgesehene Monito-
ring hinsichtlich des „Ziegenmelkers“ sowohl dem Grunde als auch dem Um-
fang nach völlig unzureichend sei und es an der vom Bundesverwaltungsgericht
geforderten Konkretisierung fehle. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt
vom Gericht, den Sachvortrag der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen
und in Erwägung zu ziehen (vgl. z.B. Urteile vom 1. Dezember 2005 - BVerwG
10 C 4.04 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 100 S. 34 und vom
20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267
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S. 22). Dies ist durch die Vorinstanz in Bezug auf das Monitoring geschehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in den Entscheidungsgründen (Rz. 75,
UA S. 22 oben) mit den im 2. EPFB vorgesehenen Monitoringmaßnahmen so-
wie dem Vorbringen der Kläger auseinandergesetzt und ist unter Berücksichti-
gung der von der Beschwerde zitierten Rechtsprechung des erkennenden Se-
nats zu dem Ergebnis gekommen, dass das vorgesehene Monitoring entgegen
der Auffassung der Kläger geeignet sei, zur Sicherung des Erhaltungszustands
der lokalen Population beizutragen. Die dortigen Ausführungen zur Abfrage der
im Zuge des Monitorings zu treffenden Maßnahmen lassen insbesondere er-
kennen, dass sich das Gericht mit dem Einwand des Klägers auseinanderge-
setzt hat, dem Monitoring fehle es an der gebotenen Konkretisierung. Die Be-
schwerde bezeichnet im Übrigen nicht im Einzelnen den Vortrag, der von der
Vorinstanz übergangen worden sein soll, sondern beschränkt sich auf den pau-
schalen Hinweis, das Vorbringen der Kläger sei nicht berücksichtigt worden. Sie
übt im Gewand der Gehörsrüge in Wirklichkeit Kritik an der materiellrechtlichen
Auffassung der Vorinstanz. Damit kann ein Verfahrensfehler aber nicht darge-
legt werden.
bb) Der Vorwurf der Beschwerde, die Vorinstanz habe den Vortrag der Kläger
unberücksichtigt gelassen, bezüglich der Libellen und Amphibien hätten über-
haupt keine Ermittlungen und Untersuchungen vor Ort stattgefunden, trifft
ebenfalls nicht zu. Auch insoweit kritisiert die Beschwerde im Gewand der Ge-
hörsrüge die Tatsachenwürdigung der Vorinstanz. Der Verwaltungsgerichtshof
hat mit den Beteiligten und dem vom Beklagten mit der Erfassung der speziel-
len artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) beauftragten Dr. S. in der mündlichen
Verhandlung vom 19. Dezember 2007 die Frage des Vorkommens von Libellen
des Anhangs IV der FFH-RL im Planfeststellungsabschnitt erörtert und dabei
ausdrücklich die Rüge der Kläger im Protokoll aufgenommen, die Libellen seien
nicht untersucht worden (Protokollabschrift S. 7). Dr. S. hat auf diese Rüge hin
einen Untersuchungsbedarf mit dem Hinweis darauf verneint, Libellenarten des
Anhangs IV der FFH-RL könnten im Bereich des Planfeststellungsabschnitts
nicht vorkommen, sodass insoweit kein Untersuchungsbedarf bestanden habe.
Auf den weiteren Vorhalt der Klägerseite, dass nach dem Gutachten von Dr. V.
durch die Bibertätigkeit optimale Lebensräume für verschiedene Arten ein-
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schließlich der Libellen bestünden, hat der Mitarbeiter von Dr. S. erwidert, dass
die angestellten Untersuchungen sich nach den biologischen Eigenarten der
jeweiligen Tier- und Pflanzenarten richteten. Diesen Ausführungen hat sich der
Verwaltungsgerichthof angeschlossen. Soweit die Beschwerde dies angesichts
der Feststellungen über den für Amphibien optimierten Lebensraum als verfehlt
und widersprüchlich ansieht, wiederholt sie lediglich ihre bereits in der mündli-
chen Verhandlung geäußerte Ansicht, ohne darzutun, welchen konkreten As-
pekt ihres Vortrags der Verwaltungsgerichtshof nicht zur Kenntnis genommen
haben soll.
cc) Die Vorinstanz hat ferner den Vortrag der Kläger zu den Tagfaltern des An-
hangs IV der FFH-RL zur Kenntnis genommen und inhaltlich gewürdigt, sodass
auch insoweit keine Gehörsverletzung vorliegt. Soweit die Beschwerde in die-
sem Zusammenhang mit dem Hinweis auf die unterbliebene Einholung eines
Sachverständigengutachtens zum Vorkommen der Futterpflanze des Wiesen-
knopf-Ameisenbläulings sowie zum Vorkommen von Entwicklungsstadien und
Lebensstätten dieser Falterart einen Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO)
rügen sollte, wäre auch diese Rüge unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof
hat seinem Urteil (Rz. 86) die Aussage des Dr. S. in der mündlichen Verhand-
lung vom 19. Dezember 2007 zugrunde gelegt, wonach bei zwei Begehungen
im Bereich des Brandlgrabens die Futterpflanze des Wiesenknopf-
Ameisenbläulings nachgewiesen worden sei, nicht aber die Schmetterlingsart
selbst. Falls diese dort doch vorkommen sollte, habe die Planfeststellungsbe-
hörde beanstandungsfrei die Auffassung vertreten, die im Bereich der Kreu-
zung der Plantrasse mit dem Brandlgraben vorgesehene Überbrückung biete
für die genannte Tagfalterart ausreichende Möglichkeiten für Durchflüge.
dd) Auch mit der Kritik an den Urteilsausführungen zum Schwarzstorch zeigt
die Beschwerde einen Gehörsverstoß des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf
(§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Vorwurf, der Verwaltungsgerichtshof habe
das Vorbringen zum Schwarzstorch nicht berücksichtigt, geht fehl. Dass der
Verwaltungsgerichtshof den Vortrag der Klägerseite zur Kenntnis genommen
und gewürdigt hat, ergibt sich aus dem Urteilstatbestand und aus der ausführli-
chen Beschäftigung mit dem Vorbringen der Kläger in Rz. 91 der Urteilsbe-
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gründung. Das Urteil geht auf die von der Klägerseite angezweifelte Wirksam-
keit der Überflughilfen und die Problematik des „Abtauchens“ des Schwarzstor-
ches ein, beschäftigt sich mit der Behauptung der Kläger, dem Schwarzstorch
gehe ein horstnahes Nahrungshabitat verloren, setzt sich mit dem behaupteten
Vorkommen eines weiteren Schwarzstorchpaares auseinander und geht
schließlich auch auf das Kollisionsrisiko für den Schwarzstorch am Brandlgra-
ben ein. Dass es insbesondere die letztgenannte Frage anders beurteilt als die
Kläger, ist keine Frage des rechtlichen Gehörs, sondern der inhaltlichen Rich-
tigkeit der Entscheidung. Insoweit hat die Beschwerde auch nicht dargetan,
dass die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, ein Schwarzstorch könne im
Notfall die Brücke über den Brandlgraben unterfliegen, gegen die Denkgesetze
verstoßen würde oder sonst eine von objektiver Willkür geprägte Schlussfolge-
rung darstellt, die einen Verfahrensmangel begründen könnte (stRspr; vgl. Be-
schluss vom 22. Mai 2008 - BVerwG 9 B 34.07 - a.a.O.).
2. Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten
Fragen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führen nicht zur Zulassung der Revision.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung würde voraussetzen,
dass für die Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, jedoch fallübergreifen-
de Rechtsfrage revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren noch ausstehende
höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhal-
tung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Wei-
terentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober
1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> und vom 20. Februar 2002
- BVerwG 9 B 63.01 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 32 S. 2). Daran fehlt es
hier.
a) Die Frage, ob die Präklusionswirkung von § 17a FStrG i.V.m. Art. 73 Abs. 4
Satz 3 BayVwVfG auch dann eintritt, wenn erst im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren Ergänzungen des Planfeststellungsbeschlusses erfolgen und sich
aufgrund der Ergänzungen neue Sachverhalte ergeben, die neue Einwendun-
gen gegen den Planfeststellungsbeschluss und dessen Ergänzungen begrün-
den können, ist schon nicht entscheidungserheblich und ihre Klärung damit im
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Revisionsverfahren nicht zu erwarten. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Ein-
wand der Kläger, es hätte eine Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie
durchgeführt werden müssen, weil die geplante Ortsumgehung in unmittelbarer
Nähe des FFH-Gebietes „Haidenaabaue“ liege, nicht nur als präkludiert ange-
sehen, sondern darüber hinaus mit der selbständig tragenden Begründung zu-
rückgewiesen, die Plantrasse verlaufe ca. 250 m nördlich des gemeldeten FFH-
Gebietes und Anhaltspunkte für konkrete Auswirkungen der Trasse auf das
FFH-Gebiet hätten die Kläger nicht dargetan. Bei einer solchen alternativen
Begründung kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder
der Begründungen ein Revisionsgrund geltend gemacht wird und vorliegt
(stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 17. Juli 2008 - BVerwG 9 B 15.08 - juris
Rn. 18). Daran fehlt es hier.
Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage, ob die
Präklusionswirkung von § 17e Abs. 5 FStrG auch dann eintritt, wenn erst im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren und nach Ablauf der Klagebegründungsfrist
eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt und sich aufgrund der
Ergänzung neue Sachverhalte ergeben, die neue Einwendungen begründen
können. Denn auch hinsichtlich der betreffenden Behauptung der Kläger, die
Plantrasse selbst liege in einem potentiellen FFH-Gebiet bzw. einem faktischen
Vogelschutzgebiet, hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen der Kläger
nicht nur als präkludiert angesehen, sondern auch mit der Begründung zurück-
gewiesen, es liege kein Tatsachenvortrag vor, der angesichts des Standes des
FFH-Meldeverfahrens für Deutschland bei der Europäischen Kommission bzw.
der Nichterwähnung des Gebietes in der IBA-Liste dafür spräche, dass das
Gebiet die erforderliche Wertigkeit hätte. Diese Ausführungen stehen in Über-
einstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Ur-
teil vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - BVerwGE 117, 149 <155 f.>
und Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - juris Rn. 16 und 22)
und werden von der Beschwerde nicht mit Zulassungsgründen angegriffen. Die
Beschwerde beschränkt sich vielmehr darauf, die Feststellung des Verwal-
tungsgerichtshofs, es liege kein ausreichender Tatsachenvortrag vor, unter
Hinweis auf ihr Vorbringen in der Vorinstanz als falsch zu rügen.
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b) Hinsichtlich der weiteren von der Beschwerde formulierten Frage, ob allein
schon eine Einstufung eines Straßenbauvorhabens in den vordringlichen Be-
darf des Bundesverkehrswegeplans das Vorliegen von überwiegenden Grün-
den des Gemeinwohls im Sinne von § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG indi-
ziert, fehlt es ebenfalls am grundsätzlichen Klärungsbedarf. Abgesehen davon,
dass durch das Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873, ber. 2008 I
S. 47) § 62 BNatSchG mit Wirkung zum 18. Dezember 2007 eine völlige Neu-
fassung erfahren hat und es sich daher bei der von der Beschwerde zitierten
Fassung um auslaufendes Recht handelt, dem trotz weiterhin anhängiger Fälle
regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (stRspr; vgl. Beschluss
vom 24. Oktober 2007 - BVerwG 9 B 31.07 - juris Rn 4 f.), ist die gestellte Fra-
ge durch die Rechtsprechung bereits geklärt. Der Senat hat wiederholt zu der
Problematik Stellung genommen, welche Bedeutung der Ausweisung eines
Straßenbauvorhabens im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen im Rahmen der
hier in Rede stehenden Abwägung zukommt, und den besonderen Stellenwert
der gesetzlichen Bedarfsfeststellung betont (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG
9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 <180>; zum europäischen Gebietsschutz eben-
so Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <63>).
Einen Bedarf für eine neue Klärung legt die Beschwerde mit dem Hinweis, dass
der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehe, die Ausweisung eines Straßen-
bauvorhabens im vordringlichen Bedarf würde überwiegende Gründe des Ge-
meinwohls indizieren, während das Bundesverwaltungsgericht dies „wohl“ an-
ders beurteile und eine Prüfung der Frage des Gemeinwohls und die Abwä-
gung der einzelnen Gesichtspunkte nicht für überflüssig erachte, nicht dar.
Ebenso wenig kann die in diesem Zusammenhang eher beiläufig erhobene Di-
vergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) Erfolg haben. Sie erfüllt schon nicht
die Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines sol-
chen Zulassungsgrundes stellt. Denn eine Divergenz ist nur dann hinreichend
bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochte-
ne Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorin-
stanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestell-
ten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden
Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Da-
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gegen genügt es nicht, eine bloß fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung
derartiger Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts aufzuzeigen (stRspr;
vgl. etwa Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310
§ 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Soweit die Beschwerde versucht, eine Di-
vergenz daraus herzuleiten, dass die Vorinstanz den abstrakten Rechtssatz
aufgestellt habe, dass allein die Aufnahme eines Vorhabens in den vordringli-
chen Bedarf die überwiegenden Gründe im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BNatSchG „indiziere“, muss dies schon deswegen ohne Erfolg bleiben, weil der
Verwaltungsgerichtshof eine solche Formulierung nicht benutzt hat. Er hat
vielmehr in der genannten Passage des Urteils ausdrücklich und ausschließlich
auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
Bezug genommen und unter wörtlicher Wiedergabe der Formulierungen des
Bundesverwaltungsgerichts ein Überwiegen der Gründe des Allgemeinwohls
bejaht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO i.V.m. § 100
Abs. 1 und 2 ZPO; die Festsetzung des Streitwerts auf § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1
und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 72 Nr. 1 Halbsatz 2 GKG.
Dr. Storost
Dr. Nolte
Prof. Dr. Korbmacher
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