Urteil des BVerwG vom 14.03.2017

BVerwG: örtliche zuständigkeit, vorwirkung, verwaltungsverfahren, aufsichtsbehörde, kausalzusammenhang, kritik, mangel, verwaltungsreform, anfang, einberufung

Rechtsquellen:
VwVfG
§§ 3, 46, 75 Abs. 1, Abs. 1a, § 78
VwGO
§ 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2
NStrG
§ 38 Abs. 5
NVwVfG § 5
Stichworte:
Straßenrechtliche Planfeststellung; Planfeststellungsbehörde; örtliche Zustän-
digkeit; Zuständigkeitskonzentration; Zuständigkeitsbestimmung; Landesstraße;
Kreisstraße; kreisüberschreitendes Vorhaben; Kreisgrenze; Aufsichtsbehörde;
Rügebefugnis; nicht enteignungsrechtlich Betroffener; mittelbar Betroffener;
Drittschutz; Landesrecht; Landesorganisationsrecht; abschließende Regelung;
Bundesrecht; Analogie; Verwaltungsverfahren; ergänzendes Verfahren; Verfah-
rensfehler; Formfehler; Heilung; Unbeachtlichkeit; Planungsermessen; Ent-
scheidungsspielraum; Entscheidungsalternative; konkrete Möglichkeit.
Leitsätze:
1. Die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde für den Bau von Straßen, die
keine Bundesfernstraßen sind, richtet sich nach Landesrecht (Landesorganisa-
tionsrecht). Ist nach der revisionsrechtlich bindenden Auslegung des Landes-
rechts (hier: § 38 Abs. 5 NStrG) die tätig gewordene Planfeststellungsbehörde
örtlich nicht zuständig und die landesrechtliche Regelung abschließend, kann
dieses Ergebnis bundesrechtlich nicht in Frage gestellt werden.
2. Das ergänzende Verfahren nach § 75 Abs. 1a VwVfG ist nicht anwendbar
bei Verfahrens- und Formfehlern, die in §§ 45, 46 VwVfG abschließend gere-
gelt sind (wie Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 C 1.06 - BVerwGE 128,
76 <79>). Eine Behebung des Mangels der örtlichen Zuständigkeit durch eine
(unmittelbare oder auch nur ergänzende) Anwendung von § 75 Abs. 1a VwVfG
ist danach ausgeschlossen.
3. Zur - hier irrevisibles Landesrecht betreffenden - Frage, ob auch ein von der
Planfeststellung nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Betroffener die
fehlende örtliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde rügen kann.
Beschluss des 9. Senats vom 6. Mai 2008 - BVerwG 9 B 64.07
I. VG Lüneburg vom 22.03.2006 - Az.: VG 5 A 309/05 -
II. OVG Lüneburg vom 06.06.2007 - Az.: OVG 7 LC 98/06 –
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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 B 64.07
OVG 7 LC 98/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Mai 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 6. Juni 2007 wird zurückgewie-
sen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 45 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Soweit die Beschwerde eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des an-
gefochtenen Urteils zu dem von ihr angeführten Urteil des Bundesverwaltungs-
gerichts vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - (BVerwGE 100, 238) rügt
(Beschwerdebegründung S. 2 oben, S. 16 f.), genügt sie nicht den Darlegungs-
anforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Denn sie benennt in diesem Zu-
sammenhang weder einen inhaltlich bestimmten, das angefochtene Urteil tra-
genden abstrakten Rechtssatz noch stellt sie diesem einen in der angeführten
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts enthaltenen ebensolchen
Rechtssatz gegenüber, von dem die Vorinstanz abgewichen wäre (zu diesem
Erfordernis vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -
Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Die bloße auszugsweise wört-
liche Wiedergabe von Passagen aus den beiden Urteilen und die von der Be-
schwerde daran geübte Kritik reichen dafür nicht. Dasselbe gilt für den an an-
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derer Stelle (Beschwerdebegründung S. 18 oben) eher beiläufig erhobenen
Einwand, das Berufungsurteil weiche ab von dem Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 C 1.06 - (BVerwGE 128, 76).
Falls damit ebenfalls eine Divergenzrüge erhoben werden sollte, fehlt es auch
insoweit an der erforderlichen Gegenüberstellung entgegenstehender Rechts-
sätze.
2. Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten
Fragen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führen nicht zur Zulassung der Revision.
a) Die Frage,
„ob ein nicht enteignungsrechtlich Betroffener Mängel in
der Zuständigkeit einer Planfeststellungsbehörde rügen
kann“,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn sie betrifft im Streitfall irrevi-
sibles Landesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Mit dem streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss hat der beklagte
Landkreis ein die Kreisgrenze überschreitendes Straßenbauvorhaben zugelas-
sen (Elbbrücke Neu Darchau/Darchau), wobei die eine Teilstrecke auf dem
Kreisgebiet des Beklagten als Kreisstraße eingestuft ist, die andere Teilstrecke
auf dem Gebiet des Nachbarkreises als Landesstraße. Nach der in dem ange-
fochtenen Urteil im Einzelnen begründeten Auslegung des Niedersächsischen
Straßengesetzes (NStrG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der
Verwaltungsmodernisierung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirt-
schaft, Arbeit und Verkehr - Verwaltungsmodernisierungsgesetz - vom 5. No-
vember 2004 (GVBl S. 406) durch das Berufungsgericht ist der Beklagte für die
Planfeststellung des Vorhabens lediglich zuständig, soweit es sich auf das ei-
gene Kreisgebiet erstreckt (§ 38 Abs. 5 Satz 1 NStrG). Dagegen sei er örtlich
unzuständig, soweit es über die Kreisgrenze hinaus reicht. In der hier gegebe-
nen Konstellation des Aneinanderstoßens von Straßen unterschiedlicher Kate-
gorien greife die Regelung über eine kreisübergreifende Zuständigkeit eines
der beteiligten Landkreise (§ 38 Abs. 5 Satz 2 NStrG) nicht. Die Möglichkeit
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einer Zuständigkeitsbestimmung durch die Aufsichtsbehörde (§ 5 Abs. 2
NVwVfG) sei ebenfalls nicht eröffnet.
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass auch von der enteig-
nungsrechtlichen Vorwirkung der Planfeststellung nicht betroffene Kläger
- soweit sie wie hier von dem Vorhaben (wegen dessen Lärmwirkungen) in ih-
ren Rechten betroffen sind - die Einhaltung derjenigen Vorschriften zur gericht-
lichen Prüfung stellen können, die den rechtlichen Rahmen des Planfeststel-
lungsverfahrens bilden, namentlich die der sachlichen und örtlichen Zuständig-
keit der Planfeststellungsbehörde (UA S. 16 Mitte). Ob eine Norm - auch eine
solche betreffend das Verwaltungsverfahren - einem Betroffenen eine subjekti-
ve Rechtsposition einräumt, mithin drittschützenden Charakter hat, ist nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch Auslegung
der betreffenden Norm zu ermitteln, namentlich ob sie auch dem Schutz des
Betroffenen zu dienen bestimmt ist (vgl. Urteil vom 15. Januar 1982 - BVerwG
4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 <331 f.>). Wenn das Oberverwaltungsgericht der
hier in Rede stehenden Zuständigkeitsregelung des niedersächsischen Lan-
desstraßenrechts eine solche drittschützende Wirkung beimisst, ist dies gemäß
§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO einer revisionsgerichtlichen Überprüfung grundsätz-
lich entzogen. Der Umstand, dass das Berufungsgericht seine Auffassung nicht
näher begründet hat und dass - bezogen auf die Ebene des revisiblen Rechts -
das Bundesverwaltungsgericht sich bislang noch nicht zur Aufhebung eines
Planfeststellungsbeschlusses allein wegen des Mangels der örtlichen Zustän-
digkeit der Planfeststellungsbehörde geäußert hat, vermag an der fehlenden
Revisibilität der entscheidungstragenden Norm in ihrer Auslegung durch das
Berufungsgericht nichts zu ändern. Rechtssätze des Bundesrechts, denen die-
se Auslegung widersprechen könnte, sind weder dargetan noch sonst ersicht-
lich.
Allerdings entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts, dass Vorschriften über das Verwaltungsverfahren, zu denen im weiteren
Sinne auch Zuständigkeitsregelungen zu zählen sind, nicht um ihrer selbst Wil-
len drittschützend sind, sondern nur im Hinblick auf eine dem Verfahrensrecht
zugrunde liegende materiellrechtliche Rechtsposition des Betroffenen (vgl. die
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Nachweise bei Schütz, in: Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts, 2004,
Rn. 866). Ein nicht von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfest-
stellungsbeschlusses Betroffener hat lediglich einen Anspruch auf gerechte
Abwägung seiner eigenen Belange mit den für das Vorhaben streitenden Be-
langen (vgl. Urteil vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48,
56 <66>, stRspr). Dieser Anspruch auf gerechte Abwägung, der sich aus dem
Wesen einer rechtsstaatlichen Planung ergibt und dementsprechend allgemein
gilt, mag wegen des jeder Planungsbefugnis innewohnenden Gestaltungsspiel-
raums und ihres (auch) voluntativen Charakters untrennbar damit verbunden
sein, dass die Planungsentscheidung von dem nach der Rechtsordnung hierfür
zuständigen Hoheitsträger getroffen wird (vgl. Urteil vom 14. Februar 1975
a.a.O. S. 59). Erforderlich ist aber weiter, dass der gerügte Verfahrensfehler die
Sachentscheidung beeinflusst haben kann. Der danach erforderliche Kausalzu-
sammenhang besteht nur dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalles
nicht nur die abstrakte, sondern die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Pla-
nungsentscheidung ohne den Verfahrensfehler anders, d.h. für den Kläger
günstiger ausgefallen wäre (vgl. Urteile vom 30. Mai 1984 - BVerwG 4 C 58.81 -
BVerwGE 69, 256 <270> und vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 -
BVerwGE 75, 214 <228>). Dem entsprechend bestimmt § 46 VwVfG, dass eine
Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nur dann unbeacht-
lich ist, wenn offensichtlich ist, dass sie die Entscheidung in der Sache nicht
beeinflusst hat. Letzteres hat das Berufungsgericht geprüft und eine Unbeacht-
lichkeit des Zuständigkeitsmangels im konkreten Fall verneint (dazu nachfol-
gend unter 2 c). Insoweit zeigt die von der Beschwerde geübte Kritik an der
Entscheidung des Berufungsgerichts keinen höchstrichterlichen Klärungsbedarf
auf.
b) Die Beschwerde formuliert sieben weitere, hier im Einzelnen nicht aufzulis-
tende und als klärungsbedürftig bezeichnete Fragen zu § 75 VwVfG, § 5
NVwVfG (der im Wesentlichen § 78 VwVfG entspricht) sowie § 3 VwVfG und
begründet diese näher (Beschwerdebegründung S. 2, Spiegelanstriche 3 bis 8;
S. 7 bis 14). Ob auch die zu § 5 NVwVfG aufgeworfenen Fragen trotz der be-
stehenden Unterschiede im Wortlaut zu § 78 VwVfG gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2
VwGO revisibles Recht betreffen, kann dahingestellt bleiben. Sämtliche Fragen
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zu den genannten Vorschriften können nicht zur Zulassung der Revision füh-
ren, weil sie nicht entscheidungserheblich sind. Denn das Berufungsgericht hat
angenommen, dass eine kreisübergreifende Zuständigkeit oder Zuständigkeits-
konzentration des Beklagten aus den angeführten Vorschriften nicht hergeleitet
werden könne, weil § 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 NStrG eine abschließende Rege-
lung darstellten, die gegenüber allgemeineren, älteren und subsidiären Vor-
schriften - wie den genannten - vorrangig sei und deren Anwendung ausschlie-
ße (UA S. 18, S. 22 unten, S. 23 oben, S. 29 oben). Diese ebenfalls aus der
Auslegung des Landesrechts hergeleitete Nichtanwendbarkeit der in Rede ste-
henden Vorschriften ist für das Revisionsgericht bindend, jedenfalls soweit kei-
ne dem revisiblen Recht zuzuordnenden Rügen gerade gegen die dem Landes-
recht beigemessene Ausschlusswirkung erhoben werden. Daran fehlt es hier.
Die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde für den Bau von Straßen, die
keine Bundesfernstraßen sind, richtet sich nach Landesrecht (Landesorganisa-
tionsrecht). Beruht - nach der Auslegung des insoweit abschließenden Landes-
rechts durch das Oberverwaltungsgericht - der von ihm im Streitfall angenom-
mene Zuständigkeitsmangel des Beklagten darauf, dass der Landesgesetzge-
ber im Zuge einer Anfang 2005 in Kraft getretenen Verwaltungsreform für die
hier gegebene Fallkonstellation keine behördliche Zuständigkeitskonzentration
vorgesehen hat und auch eine Zuständigkeitsbestimmung bzw. Aufgabenüber-
tragung durch die Aufsichtsbehörde nicht eröffnet ist (UA S. 17 f.), kann dieses
Ergebnis bundesrechtlich nicht in Frage gestellt werden und der Zuständig-
keitsmangel nicht durch eine (ergänzende) Anwendung des Verwaltungsverfah-
rensrechts des Bundes behoben werden.
c) Auch die weitere als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
„ob eine fehlende örtliche Zuständigkeit bei Planfeststel-
lungsbeschlüssen stets zu einem nach § 46 VwVfG be-
achtlichen Verfahrensfehler führt, weil nicht ausgeschlos-
sen werden kann, dass der Zuständigkeitsmangel die Ent-
scheidung in der Sache beeinflusst hat, oder ob auch bei
Planungsentscheidungen eine Unbeachtlichkeit von Zu-
ständigkeitsfehlern nach § 46 VwVfG möglich ist“,
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rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Zwar betrifft sie revisibles Recht
(vgl. § 38 Abs. 4 NStrG, § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG, § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO).
Doch kann sie auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens anhand des
Gesetzes und aufgrund des allgemeinen Meinungsstandes in Rechtsprechung
und Literatur beantwortet werden. Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass bei
Ermessens-, Beurteilungs- und Planungsentscheidungen - eben wegen des
ihnen immanenten Entscheidungsspielraums - die von § 46 VwVfG vorausge-
setzte Alternativlosigkeit der Sachentscheidung in der Regel nicht gegeben ist
(vgl. statt vieler Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 46 Rn. 32 m.w.N.).
Dies bedeutet indes nicht, dass - wie es die Beschwerde mit ihrer Fragestellung
suggeriert - ein Mangel der örtlichen Zuständigkeit bei Planungsentscheidungen
„stets“ die Beachtlichkeit des Fehlers zur Folge hat. Vielmehr ist im Einzelfall zu
prüfen, ob die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler
die Entscheidung anders ausgefallen wäre. In diesem Sinne hat auch das Bun-
desverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung eine Fehlerunbeachtlich-
keit gemäß § 46 VwVfG auch bei Planungsentscheidungen geprüft und mehr-
fach verschiedene Verfahrensfehler in Planfeststellungsverfahren für unbeacht-
lich gehalten (vgl. etwa Urteile vom 5. Dezember 1986 a.a.O. und vom
25. Januar 1996 a.a.O. S. 252 m.w.N.), freilich - soweit ersichtlich - bislang
noch nicht bei einem Mangel der örtlichen Zuständigkeit (vgl. aber das Urteil
vom 22. Februar 1985 - BVerwG 8 C 25.84 - BVerwGE 71, 63 <65> zur Be-
achtlichkeit des Mangels der örtlichen Zuständigkeit bei der Ermessensent-
scheidung über die Einberufung eines Wehrpflichtigen). Dies allein rechtfertigt
indes nicht die Zulassung der Revision, weil sich die Gleichsetzung der örtli-
chen Zuständigkeit mit den in § 46 VwVfG genannten Verfahrens- und Form-
vorschriften eindeutig aus dem Gesetz ergibt (vgl. auch Kopp/Ramsauer, a.a.O.
Rn. 22 m.w.N.).
Die danach gebotene Prüfung hat das Berufungsgericht unternommen und ist
zu dem Ergebnis gelangt, dass mit Blick auf die Vielzahl der im konkreten Fall
in Betracht kommenden Trassenvarianten nicht mit der erforderlichen Gewiss-
heit angenommen werden könne, dass der benachbarte Landkreis eine identi-
sche oder jedenfalls im Wesentlichen gleiche Planungsentscheidung getroffen
hätte. Ob die Überlegungen, die das Berufungsgericht insoweit angestellt hat,
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den Schluss auf die Rechtsfolge des § 46 VwVfG bereits tragen oder ob noch
stärker (genauer) auf den Kausalzusammenhang mit der Betroffenheit der Klä-
ger abzustellen gewesen wäre, ist eine Frage der Rechtsanwendung im Ein-
zelfall. Mit der oben wiedergegebenen Frage zeigt die Beschwerde jedenfalls
keinen weitergehenden revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf auf.
d) Eine Zulassung der Revision zur Klärung der Frage,
„ob das ergänzende Verfahren nach § 75 Abs. 1a VwVfG
auch dann durchgeführt werden kann, wenn der Zustän-
digkeitsmangel nach § 46 VwVfG nur deshalb beachtlich
ist, weil Abwägungserfordernisse die Anwendung dieser
Vorschrift ausschließen“,
kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Frage betrifft revisibles Recht (§ 1 Abs. 1
Satz 1 NVwVfG, § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), doch ist sie in der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt: Danach stellt § 75
Abs. 1a VwVfG eine Ausprägung des Grundsatzes der Planerhaltung dar. Zwar
handelt es sich bei diesem um ein offenes Prinzip, das der Weiterentwicklung
durch die Rechtsprechung grundsätzlich zugänglich ist. Das ist jedoch dann
ausgeschlossen, wenn einer der Planerhaltung dienenden Vorschrift der ge-
setzgeberische Wille zu entnehmen ist, einen Komplex abschließend zu regeln
und Mängel bestimmter Art von einer solchen Heilungsmöglichkeit auszuneh-
men. Dies hat der Gesetzgeber bei der Einfügung von § 75 Abs. 1a VwVfG in
der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht, als er auf eine Regelung der
Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften (zu denen auch Zuständig-
keitsregelungen gehören) in Anlehnung an § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG a.F.
(nunmehr § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG n.F.) verzichtete, weil dafür im Hinblick auf
die §§ 45 und 46 VwVfG kein Bedarf bestehe (vgl. BTDrucks 13/3995 S. 10).
Danach ist eine (unmittelbare oder auch nur ergänzende) Anwendung von § 75
Abs. 1a VwVfG zur Behebung eines Mangels der örtlichen Zuständigkeit aus-
geschlossen (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. S. 79 Rn. 12). Dass der Zu-
ständigkeitsmangel, wie die Beschwerde geltend macht, hier deshalb beacht-
lich ist, weil er von Einfluss auf die Abwägungsentscheidung gewesen sein
kann, zeigt keinen weitergehenden höchstrichterlichen Klärungsbedarf auf.
Denn dass § 46 VwVfG auch auf Planungsentscheidungen anwendbar ist, de-
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ren Wesen gerade in der Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten
Belange liegt, ist allseits anerkannt (s.o. unter 2 c).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des
Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Dr. Storost Domgörgen Buchberger
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