Urteil des BVerwG vom 14.03.2017

BVerwG (bundesrepublik deutschland, verwaltungsgericht, bundesverwaltungsgericht, verhandlung, grundstück, antrag, beiladung, deutschland, sache, behandlung)

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 8 B 96.08
VG 6 K 1539/04 GE
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:
Das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Juni 2008
ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird auf-
gehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Ent-
scheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 40 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Von den Gründen der Klägerin für die Zulassung der Revision nach § 132
Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO hat die Verfahrensrüge Erfolg, die sich auf die Be-
handlung des Verpflichtungsantrages der Klägerin durch das Verwaltungsge-
richt bezieht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klägerin beanstandet zu Recht
eine Verletzung von § 88 VwGO. Danach darf das Gericht nicht über den Kla-
geantrag hinausgehen. Dies hat das Verwaltungsgericht jedoch hinsichtlich die-
ses Verpflichtungsantrages getan.
1. Die Klägerin begehrt ausweislich ihres Klageantrages, dass das streitbefan-
gene Grundstück an sie zurück übertragen wird. Dieser Antrag beinhaltet die
Rechtsbehauptung, dass sie Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes in
Bezug auf dieses Grundstück sei und ihr daher eine Singularrestitution zustehe.
Stattdessen hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Beklagte die
Firma K… J… & Co. in Liquidation als Berechtigte festzustellen und ihr das
streitbefangene Grundstück zurückzuübertragen habe. Für diese Entscheidung
1
2
- 3 -
hätte es jedoch eines Klageantrages bedurft, der die geschädigte Unterneh-
mensträgerin als Restitutionsberechtigten zum Gegenstand hat. Darauf hatte
das Verwaltungsgericht im vorbereitenden Verfahren auch hingewiesen. Die
Klägerin hat indes ausdrücklich in ihrem Schriftsatz vom 17. Dezember 2007
darauf abgehoben, dass allein sie sich und nicht die fragliche Unternehmens-
trägerin als Berechtigte ansehe. Sie hat deshalb auch in der mündlichen Ver-
handlung an ihrem angekündigten Klageantrag festgehalten. Vor diesem Hin-
tergrund verletzt das Verwaltungsgericht die Dispositionsbefugnis der Klägerin,
wenn es einen Berechtigten feststellt, der es nach dem Willen der Klägerin
nicht sein soll. Zwar mag die Rechtsauffassung der Klägerin unzutreffend sein,
dass ihre eigene Berechtigung aus § 3 Abs. 1 Satz 5 VermG folge. Der Anwen-
dungsbereich dieser Norm ist nur erfüllt, wenn entweder ein Unternehmen als
solches geschädigt oder eine Beteiligung an ihm entzogen worden ist (vgl. Be-
schluss vom 5. August 2004 - BVerwG 7 B 9.04 - Buchholz 428 § 3 VermG
Nr. 51). Aber auch bei unzutreffender Rechtsauffassung des Beteiligten bei der
Abfassung des Klageantrages ist das Verwaltungsgericht gehindert, über das
ausdrücklich Gewollte hinauszugehen. Dem Vorsitzenden obliegt es gemäß
§ 86 Abs. 3 VwGO nur, darauf hinzuwirken, dass ein sachdienlicher Antrag ge-
stellt wird.
2. Die Verfahrensrüge wegen Behandlung des Feststellungsantrages der Klä-
gerin ist unbegründet, weil die Klägerin im vorliegenden Verfahren erstinstanz-
lich keinen Feststellungsantrag gestellt hat.
3. Auf die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2
VwGO wegen vermeintlich rechtsgrundsätzlicher Bedeutung der Sache und
Abweichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts kommt es
nicht an, solange der richtige Klageantrag umstritten ist. Das gilt auch für die
weiteren gerügten Verfahrensfehler.
Im erneuten Verfahren wird das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen haben,
dass die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich ist. Als be-
klagte Körperschaft ist die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich mit allen
ihren Behörden am Rechtsstreit beteiligt. Eine gleichzeitige Beiladung ist dane-
3
4
5
- 4 -
ben weder geboten noch gerechtfertigt (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 28. Au-
gust 2002 – BVerwG 9 VR 11.02 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 142 und vom
17. Oktober 1985 –BVerwG 2 C 25.82 – BVerwGE 72, 165 <167 f.>; Urteil vom
25. August 1988 – BVerwG 2 C 62.85 – BVerwGE 80, 127<128> - m.w.N.).
Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 47, 52 GKG.
Gödel
Dr. von Heimburg
Postier
6