Urteil des BVerwG vom 24.04.2013

BVerwG: erlass, soldat, vertrauensperson, prozessstandschaft, vollzug, beratung, rechtsschutz, gleichbehandlung, behinderung, organisation

BVerwG 1 WDS-VR 7.13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WDS-VR 7.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts
durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 24. April 2013 beschlossen:
Der Antrag, dem Bundesminister der Verteidigung aufzugeben, den Erlass
„Errichtung von Vertrauenspersonenausschüssen in der Übergangsphase“ (BMVg -
FüSK II 4 - Az 15-02-01) vom 30. November 2012 bis zu einer
Hauptsacheentscheidung des Senats außer Vollzug zu setzen, wird abgelehnt.
Gründe
I
1 Der Antragsteller ist Soldatenvertreter im Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der
Verteidigung und als solcher gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG Mitglied des 6.
Gesamtvertrauenspersonenausschusses (GVPA). Er wendet sich gegen den Erlass des
Bundesministeriums der Verteidigung „Errichtung von Vertrauenspersonenausschüssen in der
Übergangsphase“ vom 30. November 2012, mit dem bereits vor einer Novellierung des
Soldatenbeteiligungsgesetzes und der damit angestrebten gesetzlichen Errichtung von
Vertrauenspersonenausschüssen bei den dem Bundesministerium der Verteidigung unmittelbar
nachgeordneten Kommandos der militärischen Organisationsbereiche eine Beteiligung der
Soldatinnen und Soldaten bei Grundsatzregelungen der Inspekteure im personellen, sozialen
und organisatorischen Bereich ermöglicht werden soll.
2 Mit dem „Dresdner Erlass“ vom 21. März 2012 entschied der Bundesminister der Verteidigung,
die Inspekteure der Teilstreitkräfte bzw. der militärischen Organisationsbereiche aus dem
Ministerium auszugliedern und sie ihre Organisationsbereiche als nachgeordnete Dienststellen
führen zu lassen. Vor diesem Hintergrund erließ das Bundesministerium der Verteidigung -
FüSK II 4 - am 30. November 2012 den strittigen Erlass. Dafür war maßgeblich, dass infolge der
Ausgliederung der Inspekteure in den nachgeordneten Bereich eine Beteiligung des GVPA an
einer nicht unwesentlichen Anzahl von Grundsatzentscheidungen im personellen, sozialen und
organisatorischen Bereich nicht mehr stattfinde.
3 In Abschnitt II.1 des Erlasses ist geregelt, dass Mitglieder des GVPA, die nach § 35 Abs. 1 Satz
1 SBG in den GVPA gewählt worden sind, ab 3. Dezember 2012 entsprechend ihrer
Zugehörigkeit zu einer Gruppe des militärischen Organisationsbereichs im GVPA die Funktion
eines Vertrauenspersonenausschusses in der Übergangsphase (Ü-VPA) wahrnehmen. Nach
Abschnitt II.2 erfolgt die Beteiligung bezüglich der Entscheidungen des Inspekteurs für den
jeweiligen militärischen Organisationsbereich analog zu den Beteiligungsrechten des GVPA,
also bei Grundsatzregelungen im personellen, sozialen und organisatorischen Bereich, soweit
diese Soldaten betreffen, sowie bei Grundsatzregelungen, soweit sie einen Regelungsgehalt
betreffen, für den Vertrauenspersonen ein Mitbestimmungsrecht nach dem
Soldatenbeteiligungsgesetz zusteht. In den folgenden Absätzen des Abschnitts II. sind die
Rechte und Pflichten des Ü-VPA im Einzelnen geregelt. Die zum GVPA nach § 35 Abs. 1 Satz 3
SBG hinzutretenden Soldatenvertreter im Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der
Verteidigung werden bei der Errichtung der Ü-VPA nicht berücksichtigt.
4 Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 beantragte der Antragsteller gemäß § 36 Abs. 5 i.V.m.
§ 16 SBG,
1. den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung - FüSK II 4 - Az 15-02-01 vom 30.
November 2012 aufzuheben,
2. dem Bundesminister der Verteidigung zu untersagen, außerhalb der gesetzlichen Grundlagen
des Soldatenbeteiligungsgesetzes „Vertrauenspersonenausschüsse“ in der Weise zu bilden,
dass diese nur mit bestimmten Teilen der Mitglieder des
Gesamtvertrauenspersonenausschusses beim Bundesministerium der Verteidigung besetzt
werden.
5 Zur Begründung führte er insbesondere aus:
Er sei ein nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG gewähltes Mitglied des 6. GVPA. Dieses Gremium sei
bis zur Ausgliederung der Inspekteure aus dem Bundesministerium der Verteidigung auch - im
Wege von Gruppenangelegenheiten der einzelnen Organisationsbereiche (Gruppen nach § 35
SBG) - an Grundsatzregelungen der Inspekteure beteiligt worden. An der Wahrnehmung dieser
Beteiligungsrechte habe er, der Antragsteller, in Angelegenheiten seiner Gruppe teilgenommen.
Entsprechend der Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats sei eine unterschiedliche
Behandlung von Mitgliedern des GVPA im Soldatenbeteiligungsgesetz nicht vorgesehen. Es
gebe keine unterschiedlichen Klassen von Mitgliedern des GVPA. Vielmehr seien alle Mitglieder
des GVPA seitens des Dienstherrn gleich zu behandeln. Daher sei es dem Bundesministerium
der Verteidigung verwehrt, ohne gesetzliche Grundlage im Soldatenbeteiligungsgesetz
unterschiedliche Arten von Mitgliedschaften im GVPA auf dem Erlasswege einzuführen. Die mit
dem angefochtenen Erlass eingeführten Beteiligungsmaßnahmen beträfen in aller Regel in
gleicher Weise seine Wählerschaft, nämlich die Soldaten, die in den jeweiligen
Organisationsbereichen Vertretungen nach § 49 SBG wählten. Maßnahmen, welche allein die in
§ 2 Abs. 1 SBG genannten Wahlbereiche beträfen, seien in den bisherigen 20 Jahren der
Tätigkeit des GVPA unbekannt geblieben. Einem - noch dazu außergesetzlichen - Gremium,
welches ausschließlich mittelbar für die Wahlbereiche nach § 2 Abs. 1 SBG demokratisch
legitimiert sei, könnten daher keine Befugnisse in Angelegenheiten zugewiesen werden, die in
gleicher Weise die Soldaten der Wahlbereiche nach § 49 SBG beträfen, es sei denn, für diese
werde eine gesonderte inhaltsgleiche Beteiligung durch ein weiteres Gremium vorgesehen. Dies
sei jedoch nicht der Fall. Soweit der Gesetzgeber diese Beteiligungsfälle regele, werde er
selbstverständlich die Wahl der Ausgestaltung haben. Ohne gesetzliche Grundlage sei es
jedoch nicht möglich, außergesetzliche Ausschüsse unter Einführung gesetzlich nicht
vorgesehener Unterscheidungen innerhalb des GVPA einzuführen. Der angegriffene Erlass sei
daher evident willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG und verletze ihn, den Antragsteller, in
seinen Mitgliedsrechten.
Der angegriffene Erlass verletze ihn auch in seinen Rechten als Soldat, indem einem gesetzlich
nicht vorgesehenen Gremium in ihn betreffenden Angelegenheiten Beteiligungsrechte
zugeschrieben würden.
Darüber hinaus erzeuge der Erlass die Gefahr, dass seinem zuständigen örtlichen Personalrat
die Ausübung der Befugnisse der Vertrauensperson nach § 52 Abs. 1 SBG mit der Begründung
verweigert werde, es sei bereits ein „Gremium“ durch den Inspekteur beteiligt worden, nämlich
der strittige „Vertrauenspersonenausschuss“. Der Erlass sei daher auch insoweit rechtswidrig
und aufzuheben, weil er die Handhabe schaffen solle, die Tätigkeit der nach dem
Soldatenbeteiligungsgesetz legitimierten Vertretungen durch die Befassung außergesetzlicher
Organe zu behindern und zu beeinträchtigen. Dies verletze ihn in seinen Rechten als Soldat,
weil dazu auch sein Recht gehöre, dass in beteiligungsfähigen Angelegenheiten die durch ihn
legitimierte zuständige Vertretung beteiligt werde.
6 Zugleich erklärte der Antragsteller, er wünsche die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes,
weil die in unzulässiger Weise geformten Ausschüsse schon während des laufenden Verfahrens
Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte in ihn betreffenden Angelegenheiten ausüben würden.
7 Der Antragsteller beantragt,
dem Bundesminister der Verteidigung aufzugeben, den Erlass BMVg - FüSK II 4 - Az 15-02-01
vom 30. November 2012 bis zu einer Hauptsacheentscheidung des Senats außer Vollzug zu
setzen.
8 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
9 Er hält den Antrag für unzulässig, weil dem Antragsteller hinsichtlich seiner Anträge im
Hauptsacheverfahren die erforderliche Antragsbefugnis fehle. Dies folge bereits aus § 1 Abs. 4
WBO, weil sich der Antragsteller gemeinsam mit sechs weiteren Soldaten in wortgleichen
Schriftsätzen gegen denselben Anlass wende und dabei als beteiligungsrechtliches Einzelorgan
des 6. GVPA auftrete. Die Absicht dieser Soldaten, gemeinsam auf den Bundesminister der
Verteidigung einzuwirken, sei unverkennbar. Rechte des Antragstellers seien durch den
strittigen Erlass nicht berührt. Das Soldatenbeteiligungsgesetz sehe keine Bildung von
soldatischen Beteiligungsgremien auf der Ebene der Kommandos der militärischen
Organisationsbereiche vor, wie sie durch den angegriffenen Erlass erfolgt sei. Auf dieser Ebene
gebe es auch keine gesetzliche Lücke, die es zu schließen gelte. Die Beteiligung eines
soldatischen Beteiligungsgremiums zu Grundsatzangelegenheiten, soweit diese Soldaten
beträfen, habe bislang auf dieser Ebene nicht stattgefunden. Vielmehr handele es sich bei dem
strittigen Erlass um eine freiwillige Beteiligungserweiterung des Bundesministeriums der
Verteidigung, aus der der Antragsteller keine gesetzlichen Ansprüche geltend machen könne.
Dies werde in dem strittigen Erlass im Abschnitt II.3 deutlich zum Ausdruck gebracht.
Außerdem übten die Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse keine gesetzlichen
Beteiligungsrechte aus, die dem Antragsteller zustünden. Nach der Ausgliederung der
Inspekteure aus dem Bundesministerium der Verteidigung in den nachgeordneten Bereich seien
deren Grundsatzentscheidungen nicht mehr einer Beteiligung des GVPA zugänglich, weil es
sich nicht mehr um Regelungen des Ministeriums im Sinne des § 37 Abs. 1 SBG handele. Der
Versuch des Antragstellers, mit der Antragsbegründung die Rechte der örtlichen Personalräte
als Prozessstandschafter wahrzunehmen, entbehre einer verfahrensrechtlichen oder
materiellrechtlichen Grundlage.
In der Sache sei an der Rechtmäßigkeit des strittigen Erlasses nicht zu zweifeln. Zwar gebe es
unstreitig keine unterschiedlichen Arten von Mitgliedschaften im GVPA. Der Antragsteller
verkenne jedoch, dass es sich vorliegend nicht um die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten
durch den GVPA, sondern um neue Aufgaben für einen Teil der Mitglieder des Gremiums zur
Wahrnehmung außerhalb des GVPA handele, die in keinem Zusammenhang mit den in §§ 35 ff.
SBG geregelten Aufgaben stünden. Materielle Überschneidungen von Beteiligungsrechten des
für den Antragsteller zuständigen örtlichen Personalrats sowie der Übergangs-
Vertrauenspersonenausschüsse und der ab 1. April 2013 bei den Kommandos der militärischen
Organisationsbereiche zu bildenden Bezirkspersonalräte könnten nicht entstehen, weil es sich
um voneinander unabhängige beteiligungsrechtliche Regelungskreise handele.
10 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug
genommen. Die Verfahrensakten des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - .../12 und .../12
sowie die Gerichtsakte BVerwG 1 WB 17.13 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
11 Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
12 1. Der Antragsteller hat den richtigen Rechtsweg beschritten.
13 Für den gerichtlichen Rechtsschutz der Vertrauensperson ist nach erfolglos durchgeführtem
Beschwerdeverfahren gemäß § 16 SBG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO der Rechtsweg zu den
Wehrdienstgerichten eröffnet, wenn die Vertrauensperson geltend macht, sie sei in der
Ausübung der ihr nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz eingeräumten Befugnisse behindert
oder wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt worden (stRspr seit dem Beschluss vom 10. November
1993 - BVerwG 1 WB 85.92 - BVerwGE 103, 43 <45> = NZWehrr 1994, 70; ebenso Beschluss
vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 - BVerwGE 115, 223 <225 ff.> = Buchholz 252 § 52
SBG Nr. 2). Dasselbe gilt gemäß § 36 Abs. 5 SBG für die Mitglieder des
Gesamtvertrauenspersonenausschusses, wie hier den Antragsteller (vgl. dazu Beschluss vom
17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 17.08 - Buchholz 449.7 § 36 SBG Nr. 1 Rn. 24 m.w.N.). Mit
seinem Vortrag, das Bundesministerium der Verteidigung habe mit dem strittigen Erlass seinen
Anspruch auf Gleichbehandlung als Mitglied des GVPA verletzt, macht der Antragsteller
sinngemäß eine Behinderung in der Ausübung seiner Befugnisse als Mitglied des
Gesamtvertrauenspersonenausschusses geltend. Soweit er sich außerdem auf die mögliche
Verletzung von Beteiligungsrechten des für ihn zuständigen örtlichen Personalrats und auf die
Verletzung seiner eigenen Rechte als Soldat im Hinblick auf die mögliche Beteiligung falscher
Beteiligungsorgane bezieht, ist auch insoweit gemäß § 17 Abs. 1 WBO i.V.m. § 35 SG und § 16
SBG der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.
14 2. Für die Entscheidung ist das Bundesverwaltungsgericht sachlich zuständig.
15 Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist ein Erlass des
Bundesministeriums der Verteidigung. Eine Maßnahme des Bundesministers der Verteidigung
im Sinne von § 21 Abs. 1 WBO liegt auch dann vor, wenn er unter der Bezeichnung
„Bundesministerium der Verteidigung“ - hier: FüSK II 4 - als oberste Dienstbehörde handelt
(stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 25
Buchholz 449.7 § 36 SBG Nr. 1> m.w.N.).
16 3. Der Antrag hat keinen Erfolg, weil dem Antragsteller keine Antragsbefugnis zusteht.
17 a) Das folgt allerdings nicht aus der Vorschrift des § 1 Abs. 4 WBO, der gemeinschaftliche
Beschwerden für unzulässig erklärt. Bei dem Antragsbegehren des Antragstellers handelt es
sich nicht um eine gemeinschaftliche Beschwerde. Dafür wäre Voraussetzung, dass sein
Rechtsbehelf so verstanden werden müsste, dass er ihn zugleich im Namen der weiteren sechs
Soldatenvertreter im Hauptpersonalrat im Bundesministerium der Verteidigung stellt, die
ebenfalls den strittigen Erlass mit einem Hauptsacheantrag und mit einem Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angefochten haben, die inhaltlich den Anträgen des
Antragstellers entsprechen. Aus den gesamten Umständen ergibt sich indessen, dass der
Antragsteller für sich in seiner Person das vorliegende Verfahren führen will und nicht zugleich
auch für mehrere Kameraden, die sich durch denselben Beschwerdeanlass unrichtig behandelt
fühlen (vgl. zu diesem Abgrenzungskriterium im Einzelnen: Beschluss vom 28. August 2012 -
BVerwG 1 WB 52.11 - Rn. 22).
18 b) Der Antragsteller hat für das Verfahren jedoch keine Antragsbefugnis als Mitglied des 6.
GVPA gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG.
19 Er wünscht nicht als gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG zum GVPA hinzutretendes Mitglied seine
Aufnahme in einen der Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse auf der Basis einer
Gleichstellung mit den GVPA-Mitgliedern nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SBG. Vielmehr wendet er sich
mit seinen Sachanträgen im Hauptsacheverfahren gegen die Entscheidung des
Bundesministeriums der Verteidigung, im Erlasswege ohne gesetzliche Grundlage ein neues
Beteiligungsgremium für Grundsatzregelungen auf der Ebene der dem Ministerium unmittelbar
nachgeordneten Kommandos der fünf militärischen Organisationsbereiche zu bilden, in dem nur
die Mitglieder des GVPA nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SBG, nicht aber die Soldatenvertreter im
Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Verteidigung Mitglieder sind. Auf ein in diesem
Sinne geltend gemachtes Abwehrrecht als Mitglied des GVPA gegen die Schaffung zusätzlicher
Beteiligungsgremien kann sich der Antragsteller nicht berufen.
20 Als Mitglied des GVPA verfügt der Antragsteller - entsprechend den Regelungen in Kapitel 3
Abschnitt 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes - über Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte, die
allerdings nicht ihm allein, sondern nur dem GVPA als Gremium zustehen. Eventuelle
Verletzungen dieser Beteiligungsrechte können deshalb nur durch den GVPA selbst, vertreten
durch seinen Sprecher, gegebenenfalls gemeinsam mit dem jeweiligen Bereichssprecher (§ 40
Abs. 2 Satz 2 und 3 SBG), im Wehrbeschwerdeverfahren geltend gemacht werden; eine
Geltendmachung dieser Rechte des Gremiums durch einzelne Mitglieder des GVPA ist
ausgeschlossen (vgl. im Einzelnen: Beschluss vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 30 m.w.N.
).
21 Die mittelbaren und unmittelbaren Rechte der einzelnen Mitglieder des GVPA sind sämtlich
dadurch gekennzeichnet, dass sie sich auf die Wahrnehmung der Mitglieds-Befugnisse im
GVPA beziehen. Der mitgliedsbezogene Gleichbehandlungsanspruch des Antragstellers kann
sich deshalb nur auf die Rechte im GVPA beziehen. Diese Rechte werden durch den
angefochtenen Erlass jedoch inhaltlich weder verkürzt noch überhaupt tangiert. Der GVPA mit
seinen Mitgliedern nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SBG stellt weiterhin das
Beteiligungsorgan der Soldaten auf der höchsten, zentralen Ebene der Bundeswehr dar.
22 Die Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse sind demgegenüber völlig neue
Beteiligungsgremien, die unabhängig vom GVPA bestehen; ihnen werden in Abschnitt II des
Erlasses eigenständige Rechte eingeräumt. Der strittige Erlass berührt mithin nicht die Rechte
der GVPA-Mitglieder in ihrem Gremium, sondern lediglich Beteiligungsinhalte, weil durch die
Ausgliederung der Inspekteure aus dem Bundesministerium der Verteidigung deren
Grundsatzregelungen nicht mehr solche des Bundesministeriums der Verteidigung sind. Die
Entscheidung zur Ausgliederung der Inspekteure aus dem Ministerium ist eine
Organisationsentscheidung des Bundesministers der Verteidigung im Dresdner Erlass.
23 Da das Personalvertretungsrecht (und damit auch das Soldatenvertretungsrecht) ein
Organisationsfolgerecht darstellt, richten sich die Mitwirkungs-, Mitglieds- und Beteiligungsrechte
der jeweils betroffenen Vertretungsorgane nach der von der Dienststelle vorgegebenen
Organisation (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Februar 2000 - 4 B 10148/00 - PersR
2000, 171 = juris Rn. 15; vgl. auch Beschluss vom 4. Februar 2010 - BVerwG 6 PB 38.09 -
Buchholz 250 § 14 BPersVG Nr. 6 Rn. 7). Ein individuelles Recht des einzelnen Mitglieds des
GVPA darauf, dass die innere Struktur des Bundesministeriums der Verteidigung organisatorisch
unverändert bleibt, existiert nicht. Ebenso wenig gibt es für das einzelne Mitglied des GVPA ein
individuelles Schutz- oder Abwehrrecht (oder eine entsprechende Befugnis im Sinne des § 16
SBG) dagegen, dass außerhalb des GVPA neue Beteiligungsorgane etabliert werden.
24 c) Eine Antragsbefugnis steht dem Antragsteller auch nicht zur Wahrnehmung von Rechten
für andere Gremien, hier für den für ihn zuständigen örtlichen Personalrat, zu.
25 Eine Wahrnehmung der Rechte des örtlichen Personalrats durch Dritte im Sinne einer
Prozessstandschaft ist weder nach der Wehrbeschwerdeordnung noch nach dem
Soldatenbeteiligungsgesetz zulässig. Vielmehr kann sich der Antragsteller im Rahmen des § 16
SBG nur auf „seine“ Befugnisse und auf die ihm als Mitglied des GVPA zustehenden Rechte
berufen. Sollte der für den Antragsteller zuständige örtliche Personalrat durch Entscheidungen
der Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse in seinen Rechten verletzt werden, bliebe es
ihm unbenommen, sich dagegen im Rahmen des § 16 SBG i.V.m. § 17 Abs. 1 WBO selbst zu
wehren.
26 Nach diesen Kriterien kommt auch die Annahme einer Prozessstandschaft für einen der neu
zu wählenden Bezirkspersonalräte bei den Kommandos der militärischen Organisationsbereiche
für den Antragsteller nicht in Betracht.
27 d) Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, er könne persönlich „als Soldat“ in
seinen Rechten verletzt sein, wenn die Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse eine
Entscheidung träfen, die sich auf Entscheidungen oder Maßnahmen auswirken könnten, die ihn
individuell in seinen Rechten verletzten, ist seine Antragsbefugnis ebenfalls nicht ersichtlich.
Außerdem fehlt ihm insoweit für den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das
erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
vorbeugenden Rechtsschutzes unmittelbar gegen Entscheidungen der Übergangs-
Vertrauenspersonenausschüsse nicht vorliegen, weil diese Entscheidungen in der Regel einer
Umsetzung im Ermessenswege bedürfen, ist der Antragsteller vorrangig gehalten, gegen eine
Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO, die auf eine Entscheidung gestützt ist, an der ein
Übergangs-Vertrauenspersonenausschuss mitgewirkt hat, die Rechtsbehelfe nach der
Wehrbeschwerdeordnung zu ergreifen.
Dr. von Heimburg
Dr. Frentz
Dr. Langer