Urteil des BVerwG vom 18.03.2009

BVerwG: ivv, gutachter, abschätzung, grundwasser, ausnahme, verfügung, zerstörung, klagebegehren, form, gewässer

BVerwG 9 A 41.07
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 9 A 41.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 18. und 19. Februar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 18. März 2009 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu je einem Drittel.
Gründe
I
1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau
der Bundesautobahn A 44 zwischen Ratingen (Autobahnkreuz Ratingen-Ost A 3/A 44) und
Velbert (B 227). Der geplante Autobahnabschnitt soll eine Lücke zwischen bereits vorhandenen
Teilen der A 44 schließen. Er verbindet das westliche, aus Richtung Düsseldorf bis zum
Autobahnkreuz Ratingen-Ost reichende und dort mit der A 3 verknüpfte Teilstück der A 44 mit
dem östlichen, als Nordumgehung Velbert bezeichneten Teilstück dieser Autobahn, das von der
Anschlussstelle Heiligenhaus-Hetterscheidt im Westen bis zur Anschlussstelle Langenberg im
Osten reicht und in beiden Anschlussstellen mit der in nördlicher Richtung nach Essen
weiterführenden B 227 verknüpft ist. Die geplante Trassenführung entspricht im Wesentlichen
der vom Bundesminister für Verkehr mit Erlassen vom 6. August 1970 und 28. April 1977
bestimmten Linie. Die Trasse mit einem Regelquerschnitt RQ 29,5 durchschneidet eine
flachwellige Kuppenlandschaft, die von Bachtälern mit naturnaher Vegetation durchzogen ist
und im Übrigen vorwiegend landwirtschaftlich genutzt wird. Etwa in der Mitte des
Planungsabschnitts soll sie in der Anschlussstelle Heiligenhaus mit der L 156 verknüpft werden.
Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen weist das Vorhaben als vierstreifige Autobahn in der
Kategorie des vordringlichen Bedarfs aus.
2 Die Kläger sind Eigentümer der in Höhe von Bau-km 22+500 in einem Bachtal gelegenen
Grundstücke Gemarkung Flandersbach, Flur x, Flurstücke y und z mit einer Gesamtfläche von 7
799 m². Die Grundstücke sind mit zwei von den Klägern zu 1 und 2 bzw. dem Kläger zu 3 selbst
genutzten Wohnhäusern bebaut, die südlich der Autobahntrasse liegen. Der Kläger zu 3
unterhält dort auch eine Werkstatt. Die unbebauten Grundstücksflächen werden teils gärtnerisch,
teils zur Tierhaltung genutzt. Teile der Grundstücke sollen mit der Autobahnbrücke
Ganslandsiepen überspannt werden; der Plan sieht vor, dafür Teilflächen von insgesamt 1 767
m² dauerhaft zu belasten und für den Bau eines Brückenpfeilers 43 m² zu erwerben.
3 Auf Antrag des Beklagten vom 28. Februar 2005 leitete die Bezirksregierung Düsseldorf das
Anhörungsverfahren ein und veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher
Bekanntmachung in den Stadtverwaltungen Heiligenhaus, Ratingen, Velbert und Wülfrath vom
4. April bis zum 3. Mai 2005 ausgelegt wurde. Die Kläger erhoben fristgerecht Einwendungen
gegen das Vorhaben, mit denen sie sich gegen die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums,
gegen Beeinträchtigungen durch Lärm und Schadstoffe, gegen Zufahrtserschwernisse während
der Bauphase, gegen befürchtete Funktionsbeeinträchtigungen ihres Trinkwasserbrunnens und
ihrer Kleinkläranlage sowie gegen Gefahren durch Unfälle auf der Brücke wandten. Die Planung
weise eine Vielzahl von Mängeln auf, die u.a. die Verkehrsprognose, die darauf beruhenden
Lärm- und Schadstoffberechnungen und den notwendigen Schutz vor den geltend gemachten
sonstigen Beeinträchtigungen ihrer Belange sowie die Berücksichtigung der Auswirkungen des
Vorhabens auf die Natur, namentlich auch auf geschützte Tierarten, beträfen.
4 Aufgrund von Einwendungen und behördlichen Stellungnahmen kam es zu verschiedenen
Planänderungen, die der Vorhabenträger mit zwei Deckblättern in das Verfahren einbrachte. Sie
betrafen insbesondere die Aktualisierung der Verkehrsprognose, die schalltechnische
Berechnung und darauf basierende Schutzmaßnahmen, die Schadstoffuntersuchung und die
Ergänzung des landschaftspflegerischen Begleitplans um eine Untersuchung zu streng
geschützten Arten und Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie. Die aktualisierte
schalltechnische Berechnung führte - ebenso wie schon deren Ursprungsfassung - die
Wohnhäuser der Kläger nicht als „Gebäude mit Restbetroffenheit“ oberhalb der maßgeblichen
Grenzwerte auf. Während die ursprüngliche Schadstoffuntersuchung für die Bebauung seitlich
der Trasse insgesamt keine Überschreitung der nach der 22. BImSchV maßgeblichen
Grenzwerte durch die untersuchten Schadstoffe ergeben hatte, wies die Deckblattfassung für
einige Immissionspunkte Grenzwertüberschreitungen aus; für das Anwesen der Kläger kam sie
hingegen zu dem Ergebnis, dass die Grenzwerte eingehalten seien. Die Kläger wurden im
Deckblattverfahren nicht beteiligt.
5 Im Erörterungstermin sagte der Vorhabenträger zu, während der Bauphase die
Trinkwasserversorgung des Anwesens durch den auf dem Grundstück befindlichen Brunnen und
die Erreichbarkeit des Grundstücks sicherzustellen. Die Kläger erhielten im Erörterungstermin
ihre Einwendungen aufrecht.
6 Mit Beschluss vom 21. Februar 2007 stellte der Beklagte den Plan für das Vorhaben fest und
erteilte dem Vorhabenträger für die Einleitung des Straßenoberflächenwassers in die in den
Planunterlagen dargestellten Entwässerungsanlagen eine wasserrechtliche Erlaubnis. Der
Planfeststellungsbeschluss enthält zahlreiche Nebenbestimmungen, die u.a. den Naturschutz,
den Schutz des Grundwassers und den Lärmschutz betreffen. Rodungsarbeiten werden zeitlich
reglementiert und außerdem eine qualifizierte ökologische Baubegleitung angeordnet. Soweit
die Trasse das künftige Wasserschutzgebiet der Trinkwassergewinnungsanlage Homberg-
Meiersberg berührt, hat die bauliche Ausgestaltung die Richtlinien über bautechnische
Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten (RiStWag) - Ausgabe 2002 - zu
beachten. Zusätzlich ordnet der Beschluss an, die vom Vorhabenträger auf Brücken beidseitig
geplanten 1,2 m hohen Spritzschutzwände auf den Bauwerken Nr. 3 - 6, darunter der Brücke
über das Homberger Bachtal, in einer Höhe von 3 m auszuführen. Zur Minderung der
Lärmbelastung wird dem Vorhabenträger aufgegeben, einen lärmmindernden
Straßenoberflächenbelag, der einen Korrekturwert DStrO von -2 dB(A) erzielt, zu verwenden und
an Brückenbauwerken lärmmindernde Fahrbahnübergänge anzubringen. Um den Schutz von
Trinkwasserbrunnen sicherzustellen, ordnet der Beschluss über die allgemeine Verpflichtung,
durch Anwendung der erforderlichen Sorgfalt Grundwasserverunreinigungen zu verhüten,
hinaus an, die im Verfahren benannten Brunnenstandorte in den Bauausführungsplänen
darzustellen. Hinsichtlich der Zuwegung zum Anwesen der Kläger nimmt er Bezug auf die
Zusage des Vorhabenträgers im Erörterungstermin. Ferner gibt er dem Vorhabenträger auf, die
Brückenbauwerke gemäß den Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen an Straßen und der
DIN EN 1317 (Rückhaltesysteme an Straßen) zu errichten und dauerhaft zu sichern.
7 Die Einwendungen der Kläger im Übrigen wies der Planfeststellungsbeschluss zurück: Die
Belastung mit Lärm und Schadstoffen sei auf der Grundlage einer tragfähigen Verkehrsprognose
und auch im Übrigen fehlerfrei ermittelt worden. Soweit mancherorts eine Überschreitung der
einschlägigen Grenzwerte für NO2 zu erwarten sei, ergäben sich aus dem Vorhaben keine
Hinderungsgründe, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhaltung zu sichern.
Artenschutzrechtliche Verbote stünden dem Vorhaben mit Rücksicht auf die getroffenen
Schutzvorkehrungen nicht entgegen.
8 Der Planfeststellungsbeschluss wurde öffentlich bekannt gemacht; die Auslegung endete am
11. April 2007.
9 Nach Erhebung der am 11. Mai 2007 bei Gericht eingegangenen Klage hat der
Vorhabenträger die Planunterlagen in artenschutzrechtlicher Hinsicht durch ein drittes Deckblatt
ergänzt, das zusätzliche Vermeidungsmaßnahmen vorsieht und in dem für den Fall, dass
artenschutzrechtliche Verbotstatbestände gegeben sein sollten, für zahlreiche Tierarten
vorsorglich ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme gemäß § 43 Abs. 8 BNatSchG n.F. und -
hilfsweise - einer Befreiung nach § 62 BNatSchG n.F. gestellt wird. Die Kläger haben von der
ihnen eingeräumten Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht.
10 Durch Änderungsbeschluss vom 28. Dezember 2007 hat der Beklagte entschieden, dass „die
Befreiung gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG, Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL in
Verbindung mit § 43 Abs. 8 BNatSchG“ erteilt werde, und die im dritten Deckblatt ergänzend
vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen angeordnet. Zur Begründung seiner Entscheidung hat
er ausgeführt, das Vorhaben verstoße nicht gegen artenschutzrechtliche Verbote; die
Befreiungserteilung erfolge nur vorsorglich für den Fall einer abweichenden Beurteilung.
11 Mit einem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Zweiten Änderungsbeschluss vom
19. Februar 2009 hat der Beklagte auf Antrag des Vorhabenträgers den
Planfeststellungsbeschluss nochmals ergänzt. Gegenstand dieser Ergänzung sind zusätzliche
Schutz- und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen wie die nochmalige Erhöhung der
Schutzwand auf der Autobahnbrücke über das Homberger Bachtal auf 4 m, die Schaffung eines
Ergänzungshabitats und die Anbringung von zwei künstlichen Niströhren für den Steinkauz, die
ausschließen sollen, dass trotz der vorhabenbedingten Beeinträchtigungen von zwei
Steinkauzrevieren die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BNatSchG n.F. bezogen
auf diese Vogelart eingreifen. Außerdem wird vorsorglich eine Ausnahme von diesen Verboten
erteilt. Wegen weiterer Planergänzungen, die der Beklagte durch Protokollerklärungen in der
mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2009 vorgenommen hat, wird auf das
Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
12 Die Kläger haben die Änderungsbeschlüsse und sonstigen Ergänzungen in der mündlichen
Verhandlung vom 19. Februar 2009 in ihr Klagebegehren einbezogen. Zur Begründung ihrer
Klage machen sie im Wesentlichen geltend:
13 Der Planfeststellungsbeschluss leide in mehrfacher Hinsicht an formellen Fehlern. Der
Beklagte habe aufgrund von mehreren Gutachten, die den Klägern nicht bekannt gegeben
worden seien, Änderungen der Planung vorgenommen. Einer Bürgerinitiative sei die Möglichkeit
zu weiteren Äußerungen nach Ende des Erörterungstermins eröffnet worden, ohne dass die
weiteren Betroffenen Gelegenheit gehabt hätten, hierzu noch Stellung zu nehmen. Außerdem sei
die Schadstoffuntersuchung für Laien unverständlich abgefasst.
14 In materiellrechtlicher Hinsicht seien vor allem die lärmtechnische Untersuchung und die
Abschätzung von Luftschadstoffen zu beanstanden. Ihnen liege eine Verkehrsprognose
zugrunde, die methodisch verfehlt sei, von unzutreffenden Daten ausgehe und auf einen zu
nahen Prognosehorizont abstelle. Bei der Entscheidung über das Lärmschutzkonzept sei
versäumt worden, Maßnahmen wie die Verwendung von Flüsterasphalt zu berücksichtigen. Die
Schadstoffuntersuchung sei mittels einer Methode durchgeführt worden, die den örtlichen
Verhältnissen im Trassenbereich nicht gerecht werde. Das Vorsorgeprinzip sei nicht beachtet,
obwohl Grenzwerte teilweise nur knapp eingehalten würden. Absehbare Grenzwertsenkungen
seien nicht berücksichtigt worden. Außerdem sei auch insoweit der Prognosezeitraum zu kurz.
Ferner habe die Untersuchung versäumt, die ab Ende 2012 einzuhaltenden Zielwerte für Arsen,
Cadmium, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in die Beurteilung
einzubeziehen. Ungenügend aufgeklärt und berücksichtigt seien außerdem die Risiken für das
Grundwasser, namentlich auch im Bereich ihres Grundstücks. Ebenso vernachlässige der
Planfeststellungsbeschluss die Auswirkungen des Vorhabens auf die Wasserqualität und die
Fließgeschwindigkeit von Oberflächengewässern. Auswirkungen der Grabungs- und
Fundamentierungsarbeiten auf dem Grundstück der Kläger auf den Grundwasserspiegel seien
vernachlässigt worden. Das Interesse der Kläger und der auf ihren Grundstücken ansässigen
Gewerbebetriebe an einer ungehinderten Zuwegung während der Bauphase sei ebenso
vernachlässigt worden wie der Schutz ihres Anwesens vor den Auswirkungen von Unfällen auf
der Brücke. Eine Gewichtung der Beeinträchtigungen von Tierarten, die ermittelt worden seien,
habe nicht erkennbar stattgefunden.
15 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Februar 2007 in der Gestalt, die er durch
die Erste Änderung vom 28. Dezember 2007, die Zweite Änderung vom 19. Februar 2009 und
die in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2009 zu Protokoll gegebenen Ergänzungen
des Beklagten erhalten hat, aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
äußerst hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, diesen Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche Anordnungen
zum Schutz der Kläger bei Verkehrsunfällen und gegen Lärmeinwirkungen zu ergänzen.
16 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
17 Er trägt zusammengefasst vor: Die Beurteilung von Lärm- und Schadstoffbelastungen basiere
auf einer ordnungsgemäß erstellten Verkehrsprognose und sei auch im Übrigen nicht zu
beanstanden. Auch auf der Grundlage der aktualisierten Verkehrsuntersuchung, die bis 2020
reiche und damit einen hinreichend langen Prognosezeitraum umfasse, seien an den Häusern
der Kläger unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte liegende Beurteilungspegel von maximal 54
dB(A) tags und 48 dB(A) nachts zu erwarten. In die Beurteilung der Luftschadstoffbelastung
seien die Schadstoffe Arsen, Cadmium, Nickel und polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe nicht einzubeziehen gewesen, weil die einschlägige Änderung der 22.
BImSchV erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt sei. Dass die
Immissionsabschätzung auf das Jahr 2013 abstelle, sei nicht zu beanstanden, da ihr vorsorglich
die für 2020 prognostizierten Verkehrszahlen zugrunde gelegt worden seien. Gegen die von den
Klägern darüber hinaus geltend gemachten Beeinträchtigungen ihres Anwesens sei
ausreichende Vorsorge getroffen worden. Die artenschutzrechtliche Beurteilung beachte die
einschlägigen rechtlichen Vorgaben.
II
18 A. Die Klage ist zulässig.
19 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. § 17e Abs. 1 Nr. 5
FStrG zur Entscheidung über diesen Rechtsstreit berufen. Wie der Senat mit Urteil vom 9. Juli
2008 - BVerwG 9 A 14.07 - (BVerwGE 131, 274 ) entschieden hat, begegnet die
gesetzliche Zuständigkeitsregelung keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Anhaltspunkte dafür, dass die Aufnahme des Teilstücks der A 44 zwischen Ratingen (A 3) und
Velbert in Nr. 22 der Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG offensichtlich fehlsam oder evident
unsachlich wäre, sind weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
20 2. Die Klage ist nicht verfristet, obgleich die Kläger die - nicht mit einer
Rechtsbehelfsbelehrung versehene - Erste Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.
Dezember 2007 erst durch die Antragstellung in der mündlichen Verhandlung und damit mehr
als ein Jahr nach Bekanntgabe in ihr Klagebegehren einbezogen haben. Für die Einbeziehung
war die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zu beachten.
21 Die genannte Fristbestimmung soll für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit sorgen;
gleichzeitig dient sie der Gewährleistung eines wirkungsvollen behördlichen und gerichtlichen
Verfahrens (Urteil vom 30. Oktober 1997 - BVerwG 3 C 35.96 - BVerwGE 105, 288 <295> unter
Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81 - BVerfGE 60, 253 <270>). In
Anbetracht dieser Zielsetzungen ist es nicht gerechtfertigt, sie auf die Einbeziehung eines
Änderungsbeschlusses in ein bereits anhängiges Klageverfahren, das sich gegen den
änderungsbetroffenen Planfeststellungsbeschluss richtet, zur Anwendung zu bringen.
22 Die prozessuale Situation, die Anlass zu der Einbeziehung gibt, ist dadurch bestimmt, dass
der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch
den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmelzen (Urteil vom 23. Januar 1981 -
BVerwG 4 C 68.78 - BVerwGE 61, 307 <309>). Dieser geänderte Plan beruht zwar im
Entstehungsvorgang auf mehreren Beschlüssen; indem der Änderungsbeschluss dem
ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss „anwächst“, kommt es aber inhaltlich zu einer
einheitlichen Planungsentscheidung (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1991 - BVerwG 4 C
25.90 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4 S. 3). Das hat zur Folge, dass sich der
Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung prozessual erledigt und das
Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Will der Betroffene
weiterhin Rechtsschutz gegen die Planung erreichen, bleibt ihm also keine andere Wahl, als
gegen die Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen. Diese Prozesslage
unterscheidet sich im Hinblick auf die Zielsetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO wesentlich
von der Situation vor Klageerhebung. Der von dem Planfeststellungsbeschluss Betroffene hat
mit der Klageerhebung bereits zum Ausdruck gebracht, dass er den Beschluss nicht hinnehmen
will. Solange er auf dessen Änderung nicht mit einer Erledigungserklärung reagiert, ist davon
auszugehen, dass sein vorher dokumentierter Abwehrwille fortbesteht und sich nunmehr gegen
die veränderte Planungsentscheidung richtet, in der der ursprüngliche Beschluss inhaltlich -
wenn auch modifiziert - weiterwirkt (hierzu tendierend bereits Urteil vom 30. Oktober 1997 a.a.O.
S. 296 f.). Eine vergleichbare Unsicherheit, ob der Betroffene den Eintritt der Bestandskraft
aufhalten wird, wie sie vor Klageerhebung besteht und durch § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO zeitlich
begrenzt werden soll, ist hier also nicht gegeben. Deshalb wäre es unbillig, dem Kläger die Last
aufzuerlegen, sein Klagebegehren während des Rechtsstreits ständig unter Kontrolle zu halten
und auf Änderungsbeschlüsse, die unter Umständen nicht einmal etwas an den mit dem
ursprünglichen Beschluss verbundenen Einwirkungen auf seine Rechtssphäre ändern und - wie
hier - mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung versehen sind, bereits vor der Antragstellung in der
mündlichen Verhandlung zu reagieren.
23 Abweichendes mag gelten, wenn nach einer Planänderung die unverändert bleibenden
Regelungsbestandteile des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses und die durch den
Änderungsbeschluss neu hinzutretenden Regelungsbestandteile ausnahmsweise inhaltlich
teilbar sind. Trifft dies - wie hier - nicht zu, so entspricht die Prozesslage derjenigen, in der ein
inhaltlich unteilbarer Verwaltungsakt zunächst teilweise angefochten worden ist und später in
vollem Umfang zum Klagegegenstand gemacht wird. Für die letztgenannte Konstellation ist
anerkannt, dass die Klagefrist für die spätere Einbeziehung der zunächst nicht angefochtenen
Teile des Verwaltungsakts in das Klagebegehren keine Rolle spielt (vgl. VGH Mannheim, Urteil
vom 3. November 1982 - 3 S 1168/82 - VwBlBW 1983, 266 <267 f.>; Meissner, in:
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. 1, Stand Oktober 2008, § 74 Rn. 43; Rennert, in:
Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 74 Rn. 11). Dann ist es konsequent, den Fall einer
Änderung, die zu einer inhaltlich unteilbaren Regelung führt, ebenso zu behandeln.
24 B. Die Klage ist aber nicht begründet.
25 1. Für den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag folgt dies daraus, dass der angegriffene
Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler leidet, der die Kläger in ihren Rechten
verletzt und die Aufhebung des Beschlusses bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt. Das den Klägern als von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung
des Planfeststellungsbeschlusses Betroffenen zustehende Recht, von einer Entziehung oder
Belastung ihres Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit
dient oder nicht gesetzmäßig ist, wird nicht verletzt.
26 a) Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche die Kläger
geltend machen könnten.
27 aa) Es liegt kein Verfahrensfehler darin, dass die Anhörungsbehörde davon abgesehen hat,
nach Ablauf der Einwendungsfrist geänderte Planunterlagen und eingeholte Gutachten
auslegen zu lassen. Soll ein bereits ausgelegter Plan geändert werden, so erübrigt sich
grundsätzlich eine erneute Auslegung; nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG NRW reicht es vielmehr
aus, Behörden und Drittbetroffenen, deren Aufgabenbereich bzw. Belange erstmalig oder stärker
als bisher berührt werden, die Änderung mitzuteilen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die
Planänderungen so weitreichend sind, dass sie im Ergebnis zu einem neuen Vorhaben führen
(vgl. Urteil vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <145>). Diese
Vorgaben sind beachtet worden. Die geänderten Unterlagen - namentlich der
landschaftspflegerische Begleitplan einschließlich des ergänzenden artenschutzrechtlichen
Fachbeitrags sowie die Schadstoffuntersuchung und die schalltechnische Berechnung in den
Deckblattfassungen - beschränkten sich auf Detailänderungen und eine vertiefte Prüfung von
Betroffenheiten, ohne das Gesamtkonzept der Planung zu ändern oder zu grundlegend anderen
Beurteilungsergebnissen zu gelangen. Einer erneuten Planauslegung bedurfte es daher gemäß
§ 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG NRW nicht. Vielmehr reichte es aus, den Betroffenen zu
Planänderungen, die ihre Belange erstmalig oder verstärkt berührten, Gelegenheit zu
Einwendungen zu geben. Da die Deckblattfassungen der schalltechnischen Berechnung und
des Schadstoffgutachtens für sie keine neuen oder verstärkten Betroffenheiten ausweisen und
sich für sie aus den Deckblättern auch sonst keine veränderte Betroffenheit ergibt, brauchten sie
nicht nochmals beteiligt zu werden.
28 Soweit der Beklagte darüber hinaus nachträglich Gutachten eingeholt hat, die nicht
Bestandteile der Deckblätter geworden sind (aktualisierte Verkehrsuntersuchung vom Juni 2006
und hydrogeologisches Gutachten vom Februar 2006), war eine Auslegung ebenfalls nicht
erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen nicht alle
Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung
erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur solche, die - aus der Sicht der potenziell
Betroffenen - erforderlich sind, um den Betroffenen das Interesse an der Erhebung von
Einwendungen bewusst zu machen (vgl. Urteil vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE
98, 339 <344 f.>). Ob Gutachten dazugehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des
Einzelfalls. Das gilt auch für nachträglich eingeholte Gutachten. Anlass, sie auszulegen, besteht
nur, wenn die Behörde erkennt oder erkennen muss, dass ohne diese Unterlagen
Betroffenheiten nicht oder nicht vollständig geltend gemacht werden können. Für beide
genannten Gutachten trifft dies nicht zu. Die Verkehrsuntersuchung aktualisiert lediglich die
früheren Verkehrsprognosen, ohne zu erheblichen Änderungen der Prognoseergebnisse zu
gelangen. Das hydrogeologische Gutachten hat frühere Untersuchungsergebnisse bestätigt und
ergänzt, aber nicht zu einer wesentlich veränderten Einschätzung des hydrogeologischen
Risikopotenzials geführt. Ein weitergehendes Interesse, sich mit Einwendungen gegen das
Vorhaben zu wenden, konnte sich aus beiden Unterlagen für die Kläger nicht ergeben.
29 bb) Mitwirkungsrechte der Kläger an dem durchgeführten Erörterungstermin wurden nicht
dadurch verletzt, dass die Anhörungsbehörde dem Vorhabenträger die Möglichkeit eingeräumt
hat, auf seitens eines Naturschutzvereins und einer Bürgerinitiative im Erörterungstermin
überreichte Ausarbeitungen schriftlich zu antworten, und den betreffenden Einwendern ihrerseits
Gelegenheit zur Erwiderung auf die Stellungnahmen des Vorhabenträgers gegeben hat. Die
Anhörungsbehörde ist gesetzlich nicht verpflichtet, den Erörterungstermin einheitlich unter
gleichzeitiger Anwesenheit aller Einwender abzuhalten (Urteil vom 18. Dezember 1987 -
BVerwG 4 C 9.86 - NVwZ 1988, 527 <530>). Dann kann es auch nicht verfahrensfehlerhaft sein,
die sachliche Auseinandersetzung mit im Erörterungstermin überreichten Eingaben, die erst eine
Sichtung und Prüfung erfordern, zu einem späteren Zeitpunkt mündlich oder - zumal wie hier im
Einvernehmen mit den betreffenden Einwendern - schriftlich nachzuholen, ohne die im Termin
anwesend gewesenen sonstigen Einwender erneut hinzuziehen.
30 cc) Ebenso wenig ist der Vorwurf der Kläger berechtigt, die Schadstoffuntersuchung sei
unverständlich abgefasst. Um ihre Informationsfunktion gegenüber den Betroffenen zu erfüllen,
müssen Planunterlagen so verständlich sein, dass der Betroffene Art und Reichweite der
Auswirkungen des Vorhabens auf seine Belange erkennen kann. Dem werden die
Schadstoffuntersuchungen gerecht. Beiden Fassungen ist unmissverständlich zu entnehmen,
welche Luftschadstoffe untersucht worden sind und zu welchem Ergebnis die Untersuchungen
geführt haben; sowohl aus der zusammenfassenden Darstellung des Gesamtergebnisses der
ursprünglichen Untersuchung (S. 9) als auch aus der in der Deckblattfassung enthaltenen
Zusammenfassung (S. 3) konnten die potenziell Betroffenen entnehmen, ob und ggf. für welche
Stoffe und in welchen Bereichen Grenzwertüberschreitungen zu erwarten sind. Die
Deckblattfassung, die solche Überschreitungen prognostizierte, listete die
Untersuchungsergebnisse für die untersuchten Immissionsorte tabellarisch umfassend auf (vgl.
Tabelle 5.1). Dass Detailangaben etwa über die Untersuchungsmethode oder die
Eingangsdaten sich technischer Fachausdrücke nicht völlig enthielten, war der Sachmaterie
geschuldet und stellt die nötige „Anstoßwirkung“ für die Betroffenen nicht in Frage. Zusätzliche
Erläuterungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen der ermittelten Schadstoffkonzentrationen
waren nach den Vorschriften über die Betroffenenbeteiligung im Planfeststellungsverfahren nicht
geboten, zumal sich aus der Mitteilung der Untersuchungsergebnisse mit Rücksicht auf die
Zielrichtung der für die Prognose herangezogenen Grenzwerte der 22. BImSchV, dem Schutz
der menschlichen Gesundheit zu dienen (vgl. etwa § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1 der 22. BImSchV),
insoweit hinreichende Rückschlüsse ziehen ließen.
31 b) Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen Vorschriften des materiellen
Rechts, die dem Aufhebungs- oder dem hilfsweise gestellten Feststellungsbegehren zum Erfolg
verhelfen könnten.
32 Zur Begründung nimmt der Senat zunächst vollinhaltlich Bezug auf die nachfolgend
wiedergegebenen Ausführungen in seinem Urteil vom selben Tage zum Parallelverfahren
BVerwG 9 A 39.07, in dem er auf gleichgerichtete Rügen der Klägerin jenes Verfahrens den
Planfeststellungsbeschluss einer Überprüfung - auch - in materieller Hinsicht unterzogen hat:
„a) Das planfestgestellte Vorhaben verfügt über die notwendige Planrechtfertigung. Das
Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.
Diese gesetzliche Bedarfsfeststellung, deren sachliche Rechtfertigung auch die Klägerin nicht in
Zweifel gezogen hat, ist für die Planfeststellung verbindlich.
Besondere Umstände, die die Erforderlichkeit des Vorhabens gleichwohl entfallen ließen, sind
zu verneinen. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die mit dem Vorhaben verbundene
Benutzung oberirdischer Gewässer an unüberwindlichen wasserrechtlichen Zulassungshürden
scheitern müsste und sich das Vorhaben aus diesem Grund als nicht realisierbar erweist.
Anhaltspunkte dafür sind weder - wie bereits im Zusammenhang mit den gerügten
Verfahrensfehlern ausgeführt - in den unter Einbindung der Wasserbehörde durchgeführten
fachlichen Prüfungen zutage getreten noch von der Klägerin oder anderen Betroffenen geltend
gemacht worden.
b) Dem Planvorhaben stehen keine artenschutzrechtlichen Verbote entgegen.
aa) Die Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch die
Planfeststellungsbehörde beruht auf einer ordnungsgemäßen Bestandserfassung.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob ein
Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, eine ausreichende Bestandsaufnahme
der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen,
und ihrer Lebensräume voraus (vgl. dazu und zum Folgenden Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9
A 14.07 - BVerwGE 131, 274 m.w.N.). Das verpflichtet die Behörde nicht, ein
lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der
Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im
Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Erforderlich, aber auch
ausreichend ist - auch nach den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts - eine am
Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung.
Die notwendige Bestandsaufnahme wird sich regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen
speisen: Der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und einer Bestandserfassung vor
Ort, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Erst
durch eine aus beiden Quellen gewonnene Gesamtschau kann sich die
Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage
verschaffen.
Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und
dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein oder
Nichtvorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die
Planfeststellungsbehörde daraus entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Diese bedürfen
ebenso wie sonstige Analogieschlüsse der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten
Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und, sofern
der Sachverhalt dadurch angemessen erfasst werden kann, mit Worst-Case-Betrachtungen zu
arbeiten. Da die Bestandserfassung auf ökologische Bewertungen angewiesen ist, für die
normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche
Erkenntnisse und Standards fehlen, steht der Planfeststellungsbehörde insoweit eine
naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu.
(2) Die dem Planfeststellungsbeschluss in seiner aktuellen Fassung zugrunde gelegte
Bestandsaufnahme genügt diesen Anforderungen sowohl im methodischen Ansatz als auch in
der praktischen Durchführung.
Grundlage der Beurteilung waren zum einen aus Anlass des Vorhabens vorgenommene
Untersuchungen vor Ort und zum zweiten ergänzend ausgewertetes Erkenntnismaterial anderen
Ursprungs. Für ein vom Vorhabenträger in Auftrag gegebenes zooökologisches Gutachten des
biologischen Fachbüros Hamann & Schulte aus dem Jahr 1996 fanden zwischen Anfang März
und Mitte Juli 1995 acht Kartierungsexkursionen zu verschiedenen Tageszeiten statt, bei denen
Vögel systematisch erfasst wurden. Amphibien wurden von Anfang März bis Ende Mai 1995
systematisch durch Kontrollen von Laichgewässern ermittelt. Eine zusätzliche abendliche
Begehung diente der Kartierung von Vorkommen nachtaktiver Tiere. Dasselbe Planungsbüro
führte im Auftrag des Vorhabenträgers zur Vorbereitung des dritten Deckblattverfahrens 2006
eine weitere Untersuchung durch, in deren Verlauf zwischen Ende März und Mitte September
2006 bei zwölf Begehungen tagsüber und teilweise bis in die Nacht hinein schwerpunktmäßig
Vögel, Fledermäuse, Amphibien und Reptilien erfasst wurden. Neben diesen Untersuchungen
zur Erfassung des Tierbestandes erfolgten 1995 und aktualisierend 2002
Biotoptypenkartierungen für den landschaftspflegerischen Begleitplan, die zusammen mit den
faunistischen Erhebungen die Basis für eine Analyse faunistischer Funktionsräume bildeten.
Zusätzliches Datenmaterial wurde erschlossen durch Auswertung von Erfassungsarbeiten aus
anderem Anlass (Untersuchungen des IVÖR aus dem Jahr 2000 und der Biologischen Station
Urdenbacher Kämpe von 1998/2000, des Biotop- und Fundortkatasters der LÖBF, des
Fundortkatasters der ULB Mettmann sowie weiterer fachlicher Unterlagen). Diese zweigleisige
Vorgehensweise entspricht den dargestellten rechtlichen Vorgaben und gewährleistet eine
breite Datenbasis für die Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände.
Die umfänglichen Einwände der Klägerin gegen die Aussagekraft der Bestandsaufnahme
greifen demgegenüber nicht durch. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die
folgenden Gesichtspunkte:
Die Kritik der Klägerin am Alter der erhobenen Daten ist überholt durch die vorgenommenen
Aktualisierungen. Zusätzlich zu den erwähnten Nacherhebungen ist der Datenfundus des
landschaftspflegerischen Begleitplans und des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags 2006 im
Rahmen eines Daten-Monitorings auf seine Aktualität hin überprüft worden. Ausweislich des
begründenden Teils der Ersten Änderung des Planfeststellungsbeschlusses ist hierbei und in
der abschließenden Prüfung zahlreichen Hinweisen der Naturschutzbehörden und des
ehrenamtlichen Naturschutzes durch ergänzende Feststellungen und im Wege von
Wahrunterstellungen Rechnung getragen worden. Soweit die Klägerin in diesem
Zusammenhang rügt, mehrere jüngere Erfassungsarbeiten seien unberücksichtigt geblieben, hat
sie versäumt, substanziiert darzulegen, um welche Arbeiten es sich handelt und welche
Erkenntnisse sich aus ihnen ergeben sollen. Ebenso wenig überzeugen die von Klägerseite aus
Messtischblättern mit darin enthaltenen faunistischen Angaben gezogenen Schlüsse, da der
Maßstab der betreffenden Kartenwerke (1:25 000) für sich genommen keine für die
artenschutzrechtliche Beurteilung ausreichende räumliche Zuordnung der aufgeführten
Tiervorkommen zulässt.
Unberechtigt ist ferner der Vorwurf, die Ermittlungen reichten nach Art und Umfang nicht aus, um
die für die artenschutzrechtliche Beurteilung maßgeblichen Tierarten, ihre Verbreitung und ihre
geschützten Lebensstätten zu erfassen.
Ihren ursprünglichen Einwand, es seien nicht alle berücksichtigungsbedürftigen Arten bei der
Bestandsaufnahme in den Blick genommen worden, hat die Klägerin nach Aktualisierung des
Datenmaterials nicht aufrecht erhalten. In der Ausarbeitung des Klägers des Parallelverfahrens
BVerwG 9 A 38.07, die sie zum Gegenstand ihres eigenen Vortrags gemacht hat, heißt es
ausdrücklich, alle planungsrelevanten Arten seien in die Prüfung einbezogen worden.
Bezogen auf Methodik und Intensität der Erfassung von Fledermausarten hat die Klägerseite
unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der RegioConsult Verkehrs- und
Umweltmanagement Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR (nachfolgend RegioConsult) vom
November 2007 vor allem kritisiert, die bloße Detektorerfassung habe nicht ausgereicht, um das
ganze Spektrum der vorkommenden Arten und ihre Quartiere zu erfassen; aussagekräftig sei erst
eine Kombination dieser Erfassungsmethode mit Netzfängen und anschließender
Telemetrierung sowie Baumhöhlenkartierungen in den Rodungsbereichen. Diese Kritik vermag
schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sie erklärtermaßen von dem unzutreffenden rechtlichen
Ansatz ausgeht, der Ermittlungsumfang im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung habe
den gleichen Anforderungen zu genügen, wie sie für den Habitatschutz gelten; deshalb seien
prinzipiell alle nach dem Stand der Wissenschaft verfügbaren Erkenntnismittel auszuschöpfen.
Nach der Senatsrechtsprechung können die zum Habitatschutz entwickelten Grundsätze auf den
allgemeinen Artenschutz wegen der Unterschiede beider Schutzregime gerade nicht ohne
Abstriche übertragen werden (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 55 ff.). Die Erläuterungen
des Beklagten in der Begründung der Ersten Änderung des Planfeststellungsbeschlusses
belegen vielmehr plausibel die Aussagekraft der bei den Begehungen mit Hilfe von
Detektorerfassungen und Sichtbeobachtungen gewonnenen Ergebnisse. Danach ermöglicht es
auch die Detektorerfassung, Fledermäuse der nach den naturräumlichen Verhältnissen in
Betracht kommenden Arten einschließlich baumbewohnender Arten zu orten und nach
Artzugehörigkeit zu identifizieren. Dass dies bei manchen Arten schlechter gelingt als bei
anderen, stellt die Methode bei daran angepasstem Untersuchungsaufwand nicht in Frage.
Dieser Aufwand war mit immerhin acht bis in die Nachtstunden reichenden Begehungen
beträchtlich; dass er hinter dem fachlich gebotenen Maß zurückgeblieben wäre, ist der
Stellungnahme von RegioConsult nicht zu entnehmen. Entsprechendes gilt für die Art der
Durchführung, bei der darauf geachtet worden ist, dass sowohl Sichtbeobachtungen als auch
Detektorerfassungen entlang von als Leitlinien geeigneten Vegetationsstrukturen und an
ausgewählten Punkten, an denen Fledermäuse zu erwarten waren (Gewässer, höhlenreiche
Baumbestände), erfolgt sind. Dass die Zwillingsarten Kleine und Große Bartfledermaus mit der
Detektortechnik nicht eindeutig unterschieden werden können, ist zu vernachlässigen, weil bis
auf eine nicht den eigentlichen Untersuchungsraum betreffende Ausnahme keine Nachweise
vorliegen, die ein Vorkommen dieser Zwillingsarten als möglich erscheinen lassen. Unter diesen
Umständen brauchte sich der Beklagte nicht veranlasst zu sehen, zusätzlich zur
Detektorerfassung die wesentlich aufwendigere und für die Tiere belastende Methode des
Netzfanges mit anschließender Telemetrierung einzusetzen.
Defizitär sind auch nicht die Feststellungen zu Fledermausquartieren. Bei den durchgeführten
Begehungen ist ausweislich der Ausführungen in der Begründung der Ersten Änderung des
Planfeststellungsbeschlusses gezielt nach Fledermausquartieren gesucht worden. Dass dabei
nur Balzquartiere, aber keine Wochenstuben oder Winterquartiere entdeckt wurden, lässt nicht
den Schluss auf eine zu geringe Untersuchungstiefe zu. Konkrete Hinweise, die auf derartige
Quartiere in den vorgesehenen Rodungsbereichen hindeuten würden und deshalb Anlass zu
vertieften Kontrollen hätten geben müssen, sind weder von Klägerseite gegeben worden noch
bei der ergänzenden Auswertung anderer Quellen zutage getreten. Insbesondere war der
Beklagte ohne solche Hinweise nach dem Maßstab praktischer Vernunft nicht gehalten, mittels
Videotechnik Baumhöhlen in den Rodungsbereichen auf Fledermausbesatz hin zu untersuchen
oder mittels Telemetrierung Quartiersuche zu betreiben. Das gilt auch für Tagesquartiere, die -
wie vom Beklagten unbestritten vorgetragen - einem ständigen Wechsel unterliegen, so dass
einschlägige Untersuchungsergebnisse bloße Momentaufnahmen ohne längerfristige
Aussagekraft darstellen würden.
Ebenso wenig greifen die Einwände der Klägerin gegen die Erfassung der Avifauna durch. Im
Rahmen der 2006 vom Büro Hamann & Schulte durchgeführten Untersuchung ist mit zwölf -
auch - der Ermittlung des Vogelbestandes dienenden Begehungen, von denen acht bis zum
Einbruch völliger Dunkelheit dauerten, ein Untersuchungsaufwand getrieben worden, den auch
die Klägerin nicht als fachlich unzureichend rügt. Die Entscheidung, mit der Untersuchung erst
gegen Ende des Monats März zu beginnen, hat der Beklagte mit Hinweis auf die lange
Winterperiode im Untersuchungsjahr schlüssig gerechtfertigt, ohne dass dem von Klägerseite
etwas entgegengesetzt worden wäre. Ablauf und Ergebnisse der Untersuchung sind jedenfalls
in den Grundzügen dem darüber gefertigten Erläuterungsbericht zu entnehmen und damit
ausreichend dokumentiert. Dass der Bericht nicht mit weitergehenden Detailangaben über jede
Einzelbeobachtung befrachtet worden ist, gibt keinen Anlass zu Beanstandungen, zumal die
betreffenden Daten nach den Angaben in der Ersten Änderung des
Planfeststellungsbeschlusses in digitaler Form gespeichert sind. Soweit der Beklagte dem
Einwand von RegioConsult, eine Brutvogelrevierkartierung wäre unabdingbar gewesen, mit der
Behauptung begegnet ist, eine solche habe stattgefunden, lässt sich dies anhand der
Planungsunterlagen und sonstigen dem Gericht zugänglich gemachten Materialien allerdings
nicht nachvollziehen. Daraus folgt aber kein Ermittlungsdefizit, da nicht festgestellt werden kann,
dass die äußerst aufwendige Erfassungsmethode flächendeckender Revierkartierung einem
allgemein anerkannten Ermittlungsstandard entspricht. Das von RegioConsult als alleiniger
Beleg genannte Werk (Südbeck u.a., Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel
Deutschlands, 2005, S. 40 ff.) lässt einen solchen Schluss nicht zu (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 -
BVerwG 9 A 14.07 - NuR 2009, 112 ).
bb) Auf der Grundlage der hiernach nicht zu beanstandenden Bestandsaufnahme hat der
Beklagte zu Recht Verstöße des Vorhabens gegen artenschutzrechtliche Verbote verneint.
(1) Maßgeblich für die artenschutzrechtliche Prüfung der Verbotstatbestände ist § 42 BNatSchG
in der Fassung, die er durch Art. 1 Nr. 7 des Ersten Gesetzes zur Änderung des
Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) mit Wirkung vom 18.
Dezember 2007 (Art. 3) erhalten hat. Obgleich der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss
unter der Geltung des § 42 BNatSchG a.F. ergangen ist, findet die Neufassung Anwendung,
denn der Beklagte hat seine artenschutzrechtliche Prüfung in der Ersten Änderung des
Planfeststellungsbeschlusses vom 28. Dezember 2007 nicht nur bezogen auf die vorsorgliche
Erteilung einer Ausnahme bzw. Befreiung, sondern ausweislich der Begründung des
Änderungsbeschlusses auch bezogen auf das Eingreifen der Verbote aktualisiert.
(2) Das Vorhaben verletzt nicht die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F.
Diese Vorschrift verbietet, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen,
sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu
entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Die genannten Verbotstatbestände sind
individuenbezogen. Für das Tötungsverbot bedeutet dies aber nicht, dass absehbare
Einzelverluste durch den Straßenverkehr notwendig den Verbotstatbestand verwirklichen. Da
die Schädigung einzelner Tiere der besonders geschützten Arten durch Kollisionen mit
Kraftfahrzeugen die nahezu unvermeidliche Konsequenz jedes Straßenneu- oder -ausbaus ist,
würden Straßenbauvorhaben anderenfalls stets gegen das Tötungsverbot verstoßen und
könnten nur im Wege der Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG n.F. unter den dafür geltenden
engen Voraussetzungen zugelassen werden. Zur Vermeidung dieses ebenso
unverhältnismäßigen wie sachwidrigen Ergebnisses ist § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. dahin
auszulegen, dass das Tötungsverbot Tierverluste allein dann erfasst, wenn sich das
Kollisionsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten in signifikanter Weise erhöht (Urteile vom
12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 und vom 9. Juli 2008 a.a.O.
Rn. 91; vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks 16/5100 S. 11 ).
Davon kann nur ausgegangen werden, sofern es erstens um Tiere solcher Arten geht, die
aufgrund ihrer Verhaltensweisen gerade im Bereich des Vorhabens ungewöhnlich stark von den
Risiken des dadurch verursachten Straßenverkehrs betroffen sind, und zweitens diese
besonderen Risiken durch die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens einschließlich der
geplanten Vermeidungs- oder Minderungsmaßnahmen sich nicht beherrschen lassen.
Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Beklagten, das Vorhaben stehe mit § 42 Abs. 1
Nr. 1 BNatSchG n.F. in Einklang, nicht zu beanstanden.
Der Planfeststellungsbeschluss geht in seiner geänderten Fassung vom Verlust einzelner Tiere
durch Kollision mit Kraftfahrzeugen beim Betrieb der Autobahn aus, verneint aber ein
besonderes Kollisionsrisiko. Für Amphibien überzeugt diese Beurteilung schon deshalb, weil in
den durchgeführten Untersuchungen keine ausgeprägten Wanderkorridore besonders
geschützter Amphibienarten festgestellt und die nach ihrer Biotopstruktur als Wanderkorridore
geeigneten Bachtäler von der Trasse überbrückt werden. Für Exemplare von Fledermaus- und
tieffliegenden Vogelarten stellt der Beklagte besondere Risiken durch den Straßenverkehr nicht
generell in Frage, sieht diese Risiken, gestützt auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter,
aber durch die bauliche Ausgestaltung des Vorhabens und flankierende
Vermeidungsmaßnahmen (Führung der Autobahn im Einschnitt bzw. zwischen Verwallungen
sowie Überbrückung der Bachtäler, Aufwuchs auf den Außenböschungen,
Fledermausschutzzäune sowie Schutzwände auf den Autobahnbrücken) auf ein unbedenkliches
Maß eingeschränkt. Diese Beurteilung leuchtet zunächst insoweit ein, als es um Flüge zur
Querung der Trasse geht. Soweit die Trasse im Einschnitt und zwischen Verwallungen verläuft,
ergibt sich durchgängig eine Höhendifferenz zwischen Fahrbahn und Böschungsoberkante von
mindestens 3 m. Nimmt man den Aufwuchs auf den Außenböschungen hinzu, so wird deutlich,
dass die querenden Tiere in erheblicher Höhe in die Trasse einfliegen, wodurch sich das
Kollisionsrisiko stark verringert. Im Bereich der von der Trasse überbrückten Täler ist das Risiko
sogar doppelt reduziert, nämlich zum einen durch die Querungsmöglichkeit unterhalb der
Brücken, zum anderen durch die auf den Brücken vorgesehenen 3 m hohen Schutzwände. Für
Fledermäuse kommt hinzu, dass im Bereich der einzigen Leitstruktur (am Nottbergweg) in der
Ersten Änderung des Planfeststellungsbeschlusses beiderseits der Trasse
Fledermausschutzzäune angeordnet worden sind, um ein direktes Einfliegen in die Trasse zu
verhindern.
Die Einwände der Klägerseite gegen die Wirksamkeit der getroffenen Schutzvorkehrungen
können nicht überzeugen. Warum die Schutzwände auf den Brücken zu niedrig und teilweise
falsch platziert sein sollen, ist nicht nachvollziehbar begründet worden. Die Behauptung, die
Fledermausschutzzäune seien mit 3 m um 1 bis 1,5 m zu niedrig, um effektiven Schutz zu bieten,
verkennt, dass die geplante Höhe der Zäune 4 m beträgt. Allerdings gibt der Klägervortrag
Anlass zu prüfen, ob neben schlichten Überflügen zur Trassenquerung für Fledermäuse und
Raubvögel Flugbewegungen von größerem Umfang im Straßenraum zur Jagd auf Mäuse bzw.
Insekten in Rechnung zu stellen sind, die naturgemäß bis auf das Fahrbahnniveau hinabreichen.
Ein gesteigertes Risiko, auf diese Weise zu Schaden zu kommen, leitet die Klägerseite gestützt
auf die Einschätzung ihrer Fachgutachter daraus ab, dass die Fahrbahnränder und
Innenböschungen infolge regelmäßiger Mahd ein bevorzugtes Jagdrevier für Raubvögel bildeten
und die sich im Sonnenlicht erwärmende Fahrbahn Insekten und folgeweise auch jagende
Fledermäuse anlocke. Dieser Argumentation ist der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. W. indes
in der mündlichen Verhandlung mit Sachargumenten entgegengetreten. Er hat hierzu
hingewiesen auf die hohe Belastung des betroffenen Raums durch Verkehrslärm, der sich
zwischen den Straßenböschungen fange, und die durch den Verkehr hervorgerufenen
Luftwirbel, die eine Aufheizung der Fahrbahn verhinderten. Dass diese Erwägungen fachlich
unvertretbar wären und der Beklagte, indem er sie sich zu eigen gemacht hat, seinen
Beurteilungsspielraum überschritten hätte, lässt sich nicht feststellen; seine Schlussfolgerung,
auch unter dem genannten Gesichtspunkt bestehe kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko, hält
daher gerichtlicher Kontrolle stand.
Unter den Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. fallende baubedingte Schädigungen
sind ebenfalls nicht zu erwarten. Gewässer mit Nachweisen von Vorkommen besonders
geschützter Amphibienarten oder auch nur mit einer als Laichgewässer dieser Arten geeigneten
Habitatstruktur werden durch den Bau der Autobahn weder ganz noch teilweise zerstört; Verluste
von Laich, Larven oder adulten Tieren dieser Arten sind danach auszuschließen. Die Tötung
oder Verletzung von Exemplaren besonders geschützter Fledermaus- und Vogelarten sowie die
Zerstörung oder Beschädigung ihrer Entwicklungsformen wird wirksam verhindert durch die
zeitliche Beschränkung der Baufeldräumung. Offenlandbereiche dürfen nur in der Zeit zwischen
dem 1. Oktober und 28. Februar geräumt werden, so dass die Brutzeit von Vögeln
ausgeklammert bleibt. Die Rodung von Gehölzen und Einzelbäumen ist sogar auf die erste
Oktoberhälfte und damit auf einen Zeitraum beschränkt, in dem die Vogelbrut in Nisthöhlen und
Horsten abgeschlossen und der Bezug von Winterquartieren durch Fledermäuse noch nicht zu
erwarten ist. Soweit dennoch Höhlen in zu rodenden Bäumen belegt sein sollten, was für die
Nutzung durch Fledermäuse als Tagesquartiere in Betracht zu ziehen sein könnte, ist nach der
nicht substanziiert in Zweifel gezogenen fachlichen Einschätzung des Beklagten verlässlich zu
erwarten, dass die Tiere durch den Lärm der Rodungsarbeiten vergrämt werden.
Ob Exemplare des zu den besonders geschützten Arten zählenden Edelkrebses, dessen
Vorkommen in der Anger zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist, durch die Einleitung
von Straßenoberflächenwasser in deren Zuflüsse geschädigt werden können, ist eine die
wasserrechtliche Erlaubnis betreffende Frage, auf die es für die artenschutzrechtliche
Beurteilung der Planfeststellung nicht ankommt.
(3) Das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot ist gleichfalls nicht verletzt.
(a) § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. verbietet es, Fortpflanzungs- und Ruhestätten wild lebender
Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu
zerstören. Erfolgt der Zugriff im Zuge eines nach § 19 BNatSchG zulässigen Eingriffs in Natur
und Landschaft, der auch in einem unter dem Blickwinkel der Eingriffsregelung unbedenklichen
Straßenbauvorhaben bestehen kann, so findet gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG n.F. eine
ergänzende Regelung Anwendung. Dann scheidet, soweit Tierarten nach Anhang IVa der
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume
sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL)
oder europäische Vogelarten betroffen sind, ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 3 und
im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen auch gegen das Verbot
des Abs. 1 Nr. 1 aus, soweit die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder
Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird (§ 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG
n.F.). Um dies zu gewährleisten, können nach Abs. 5 Satz 3 auch vorgezogene
Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 5 Satz 1
BNatSchG n.F. hat die Verbotsprüfung demnach zweistufig zu erfolgen: Auf der ersten Stufe
stellt sich die Frage, ob auf eine geschützte Lebensstätte mit einer der genannten
Tathandlungen eingewirkt wird. Trifft dies zu, so sind auf der zweiten Stufe die Konsequenzen in
den Blick zu nehmen, die damit für die von der betroffenen Lebensstätte für die sie nutzenden
Tiere erfüllte Funktion verbunden sind.
Der Schutz des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots wird nach der Rechtsprechung des
Senats zu § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a.F. (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 222) nicht
dem Lebensraum der geschützten Arten insgesamt, sondern nur selektiv den ausdrücklich
bezeichneten Lebensstätten zuteil, die durch bestimmte Funktionen für die jeweilige Art geprägt
sind. An der damit verbundenen engen räumlichen Begrenzung des Begriffs der Lebensstätte
hat sich durch die Neuregelung nichts geändert. Dies folgt zum einen aus der scharfen
systematischen Trennung zwischen der Teilregelung des Beschädigungs- und
Zerstörungstatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F., der die eingriffsbetroffenen
Lebensstätten nennt, und der ergänzenden Regelung in § 42 Abs. 5 BNatSchG n.F., die im
Rahmen einer funktionalen Betrachtung den räumlichen Zusammenhang einbezieht (vgl.
Gellermann, NuR 2007, 783 <786>). Dasselbe folgt zum anderen daraus, dass es § 42 Abs. 1
Nr. 3 BNatSchG n.F. auch verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere
der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, und damit dem Wortlaut nach
eine enge Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nahe legt, die jeden einer
solchen Entnahme zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung oder Ruhe dienenden Gegenstand -
wie einzelne Nester oder Höhlenbäume - einschließt. In zeitlicher Hinsicht betrifft die
Verbotsnorm primär die Phase aktueller Nutzung der Lebensstätte. Unter Berücksichtigung des
verfolgten Zwecks der Regelung, die Funktion der Lebensstätte für die geschützte Art zu sichern,
ist dieser Schutz aber auszudehnen auf Abwesenheitszeiten der sie nutzenden Tiere einer Art,
sofern nach den Lebensgewohnheiten der Art eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung zu
erwarten ist.
Wie bereits erwähnt, liegt der Ergänzung des Verbotstatbestandes in § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3
BNatSchG n.F. eine funktionsbezogene Zielrichtung zugrunde; die Regelung richtet sich darauf,
die von Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten erfüllte ökologische Funktion aufrechtzuerhalten (vgl.
die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks 16/5100 S. 12 ). Hingegen trifft es
jedenfalls für die Eingrenzung des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nicht zu, dass sie
den Individuenbezug des Verbotstatbestandes durch einen bloßen Populationsbezug ersetzt (in
diesem Sinne aber Gellermann, NuR 2009, 85 <89>). Der in Abs. 5 Satz 2 vorausgesetzte volle
Funktionserhalt ist nämlich nicht schon dann gegeben, wenn der Eingriff keine messbaren
Auswirkungen auf die Reproduktionsbedingungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten der lokalen
Population als ganzer hat, sondern erst dann, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten
betroffenen Exemplare einer Art die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig
erhalten bleibt, also z.B. dem in einem Brutrevier ansässigen Vogelpaar weitere geeignete
Nistplätze in seinem Revier zur Verfügung stehen oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne
zeitlichen Bruch bereitgestellt werden.
(b) Gegen kritische Stimmen in der Literatur (vgl. Gellermann, NuR 2007, 783 <788>; derselbe,
NuR 2009, 85 <89>; Möckel, ZUR 2008, 57 >62 f.>) ist an der im Urteil vom 9. Juli 2008 (a.a.O.
Rn. 98) vertretenen Auffassung festzuhalten, dass die Neufassung des Beschädigungs- und
Zerstörungsverbots jedenfalls in wesentlichen Anwendungsbereichen mit Gemeinschaftsrecht in
Einklang steht. Ob es Fallgestaltungen gibt, in denen das nationale Recht und das
Gemeinschaftsrecht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, braucht hier nicht abschließend
entschieden zu werden, da dies für den Streitfall nicht zutrifft.
Was zunächst die Anwendung der Neuregelung auf Arten des Anhangs IVa FFH-RL anbelangt,
ist zu beachten, dass der Gesetzgeber sich mit der funktionsbezogenen Regelung des § 42 Abs.
5 Satz 2 und 3 BNatSchG n.F. an Überlegungen der Europäischen Kommission in ihrem
Leitfaden zum Artenschutz (endgültige Fassung, Februar 2007, S. 43 ff. unter II. 3.4. b und d)
angelehnt hat (vgl. die Gesetzesbegründung a.a.O. S. 11 f.). Nach dem Leitfaden der
Kommission, deren Verständnis des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL wegen ihrer Stellung als
Hüterin des Gemeinschaftsrechts (Art. 211 EG) besonderes Gewicht für dessen Auslegung
zukommt, besteht das eigentliche Ziel dieser Bestimmung darin, die ökologische Funktionalität
von Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu sichern (II. Rn. 53). Dementsprechend befürwortet die
Kommission eine eher weite Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- und Ruhestätte, wobei
artspezifischen Ansprüchen und Verhaltensweisen Rechnung zu tragen ist. Danach ist die
Gesamtheit mehrerer im Dienst der betreffenden Funktion stehender Plätze, sofern diese im
räumlichen Zusammenhang einen Verbund bilden, als geschützte Lebensstätte zu begreifen
(vgl. II. Rn. 62 f.). Das hat zur Folge, dass Flexibilität bei der Beurteilung von Eingriffen
gewonnen wird und funktionserhaltende Maßnahmen berücksichtigt werden können (vgl. II. Rn.
62). Dieses Normverständnis kann nach Auffassung des Senats bei einer den Sinn und Zweck
der Richtlinie beachtenden Auslegung keinen Zweifeln unterliegen. Da die Habitatrichtlinie nicht
eigenständig umschreibt, was als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte anzusehen ist, handelt es
sich in Anbetracht der nach dem Richtlinienzweck gebotenen funktionsbezogenen
Betrachtungsweise um eine in erster Linie naturschutzfachliche Frage, die je nach den
Verhaltensweisen der verschiedenen Arten unterschiedlich beantwortet werden kann. Dieser
Verweisung des Gemeinschaftsrechts auf naturschutzfachliche Begriffe trägt die deutsche
Regelung der Sache nach jedenfalls dann uneingeschränkt Rechnung, wenn es bei einer Tierart
um den Schutz eines von ihr als ‚Ruhestätte im weiteren Sinne’ genutzten funktionalen
Verbundkomplexes von ‚Ruhestätten im engeren Sinne’ - hier z.B. im ständigen Wechsel
genutzter Tagesquartiere von Fledermäusen - geht.
Ein formaler Unterschied besteht zwar darin, dass funktionale Erwägungen bei der Anwendung
der gemeinschaftsrechtlichen Regelung schon bei der Subsumtion unter den Begriff der
Fortpflanzungs- oder Ruhestätte zum Tragen kommen, während sie nach deutschem
Artenschutzrecht erst auf der zweiten, durch § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG n.F.
gesteuerten Prüfungsstufe Bedeutung gewinnen. Für das Schutzziel des Funktionserhalts spielt
das aber keine Rolle. Der Senat hat keinen Zweifel, dass es dem nationalen Gesetzgeber mit
Rücksicht auf den Spielraum, den gemeinschaftsrechtliche Richtlinien ihm bei der Wahl von
Form und Mitteln zur Zielerreichung belassen und belassen müssen, frei stand, den
gemeinschaftsrechtlich geforderten Schutzstandard auf dem gewählten Weg zu erreichen. Auch
die Berücksichtigung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen ist in diesem Zusammenhang
gemeinschaftsrechtskonform, weil solche Maßnahmen - nicht weniger als
Vermeidungsmaßnahmen - die ununterbrochene Funktionserfüllung gewährleisten müssen und
sich damit in der Terminologie der Kommission gleichfalls als funktionserhaltende Maßnahmen
darstellen.
Jedenfalls bezogen auf Fallgestaltungen, über die hier zu entscheiden ist, steht auch Art. 5
Buchst. b der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der
wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL) der Eingrenzung
des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach Maßgabe des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3
BNatSchG n.F. nicht entgegen. Die Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder
Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr
Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3
BNatSchG n.F. (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166
zu § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt
und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst
der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Der Regelungszweck, den für den
Brutvorgang benötigten Ablageplatz der Eier zu schützen, mag dafür sprechen, den Schutz der
Regelung für Vogelarten, die von ihnen gebaute Nester regelmäßig wiederverwenden oder ohne
eigenen Nestbau geeignete Baumhöhlen, Felsvorsprünge oder ähnliche spezifische Strukturen
regelmäßig wiederkehrend als Brutplatz nutzen, in funktionaler Betrachtung über den Normtext
hinaus auf die aktuell nicht genutzten Nester bzw. sogar die das Nest ersetzenden Strukturen
auszudehnen. Gründe des Funktionsschutzes können dies aber allenfalls dann rechtfertigen,
wenn die konkret betroffenen Vögel artbedingt auf die Wiederverwendung des Nestes bzw. der
Baumhöhle oder der sonstigen nestersetzenden Struktur angewiesen sind. An einem
Angewiesensein in diesem Sinne fehlt es unzweifelhaft, falls sie auf - natürlich vorhandenen
oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können. Aufgrund dessen steht es im Einklang
mit Art. 5 Buchst. b VRL, § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG n.F. auf aktuell nicht besetzte
Fortpflanzungsstätten von Exemplaren europäischer Vogelarten anzuwenden. Bezogen auf
Ruhestätten im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. kann sich ein Widerspruch zu Art. 5
Buchst. b VRL schon deshalb nicht ergeben, weil der Begriff der Ruhestätte in der
Verbotsregelung der Vogelschutzrichtlinie keine Entsprechung findet.
(c) Diesen Vorgaben des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots wird das Vorhaben gerecht.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten streng geschützter Amphibienarten sind trotz darauf gerichteter
Erhebungen im Trassenbereich nicht festgestellt worden. Soweit einzelne Flächen als
Landlebensräume - eingeschränkt - geeignet sein könnten, enthalten sie allenfalls potenzielle
Lebensstätten, die dem Schutz des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. nicht unterfallen (vgl. Urteile
vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 222 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 100).
Bezogen auf Fledermäuse sind bei der durchgeführten Bestandsaufnahme Wochenstuben,
Balzquartiere und örtlich tradierte Winterquartiere nicht aufgefunden worden. Der von
Klägerseite gegebene Hinweis, im Trassenbereich seien Wochenstuben bekannt, ist
unsubstanziiert geblieben. Da der Umfang der Bestandsaufnahme nicht zu beanstanden ist,
brauchte eine Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten insoweit
nicht in Betracht gezogen zu werden. Hingegen fallen dem Vorhaben Höhlenbäume zum Opfer,
für die der Beklagte in Rechnung stellt, dass sie Exemplaren einiger Fledermausarten im
Wechsel mit anderen Höhlenbäumen als Tagesquartiere dienen. Werden sie gefällt, so liegt
hierin unabhängig davon, ob sie unmittelbar vorher aktuell belegt gewesen sind, in Anbetracht
ihrer in ständigem Wechsel wiederkehrenden Nutzung die Zerstörung von Ruhestätten i.S.v. §
42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. Nach § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F. kommt das
Zerstörungsverbot gleichwohl nicht zum Tragen. Den Feststellungen des vom Beklagten
beauftragten Instituts für Landschaftsentwicklung und Stadtplanung (ILS) zufolge sind im
räumlichen Zusammenhang der Rodungsflächen genügend weitere Quartierbäume vorhanden;
es besteht also bisher ein Überangebot an Quartieren mit der Folge, dass der Eingriff funktional
nicht ins Gewicht fällt. Der Senat sieht keinen Grund, warum diese naturschutzfachliche
Einschätzung nicht zumindest vertretbar sein sollte.
Eine Zerstörung von Fortpflanzungsstätten europäischer Vogelarten macht die Klägerseite für
vier Arten geltend, nämlich den Kiebitz, den Neuntöter, die Schafstelze und den Steinkauz.
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die im Planfeststellungsbeschluss getroffenen
zeitlichen Vorgaben für die Rodung von Gehölzen und Einzelbäumen sowie das Freimachen
des Baufeldes im offenen Landschaftsbereich den Zugriff auf aktuell belegte Nistplätze
ausschließen. Da die drei erstgenannten Arten ihre Nester in jeder Brutsaison neu bauen,
könnte das Vorhaben bezogen auf sie den Zerstörungstatbestand nur verwirklichen, wenn für sie
jeweils in mindestens einem regelmäßig belegten Brutrevier alle als Standort von Nestern
geeigneten Brutplätze verloren gingen. Dafür haben sich weder bei den Erhebungen des
Beklagten Anhaltspunkte ergeben noch ist dem Vortrag der Klägerseite dafür etwas zu
entnehmen.
Hingegen muss für den Steinkauz vom Verlust einer Fortpflanzungsstätte ausgegangen werden.
Nach den von der Klägerin im Anhörungsverfahren gemachten und im Klageverfahren weiter
vertieften Angaben befinden sich im Homberger Bachtal im Bereich ihrer Hofstelle und südlich
davon zwei regelmäßig genutzte Brutreviere des Steinkauzes. Dem ist der Beklagte nicht
entgegengetreten; die Feststellungen seiner Gutachter zu dortigen der Revierabgrenzung
dienenden Aktivitäten von Steinkäuzen untermauern vielmehr zusätzlich die Behauptung der
Klägerin. Allerdings geht nur die Fortpflanzungsstätte des nördlichen Brutreviers verloren,
während diejenige des südlichen Reviers erhalten bleibt.
Da der zum südlichen Revier gehörige Brutplatz nicht durch Rodungsarbeiten betroffen ist,
kämen als schädigender Eingriff allenfalls seine Funktion beeinträchtigende mittelbare
Einwirkungen durch Lärm oder andere Störeffekte in Betracht. Ungeachtet der Frage, ob und
inwieweit solche mittelbaren Einwirkungen aufgrund funktionaler Erwägungen den Zerstörungs-
oder Beschädigungstatbestand erfüllen können, scheidet hier eine Zerstörung oder
Beschädigung der Fortpflanzungsstätte des südlichen Reviers aus. Die Klägerseite verweist
zwar auf eine Untersuchung ‚Vögel und Verkehrslärm’ des Kieler Instituts für
Landschaftsökologie vom November 2007, die für den Steinkauz eine Effektdistanz von 400 m
zum Straßenrand nennt. Damit ist eine Obergrenze bezeichnet, bis zu der negative
Auswirkungen des Straßenverkehrs auf die räumliche Verteilung der Vögel einer Art nicht
ausgeschlossen werden können (ebd. S. 61, 226 f.). Für den Steinkauz, der nicht zu den
besonders lärmempfindlichen Vogelarten zählt, hängt das Maß der Beeinträchtigung offenbar
nicht allein vom Faktor Lärm, sondern maßgeblich auch von optischen Störreizen ab.
Abgesehen davon, dass die Eignung der innerhalb der Effektdistanzen liegenden Habitatflächen
als Lebensraum keineswegs aufgehoben ist, sondern lediglich - mit zunehmendem Abstand von
der Trasse weniger - herabgesetzt sein kann, ist hier aber zu berücksichtigen, dass die
Kernhabitate des Steinkauzes einschließlich der Fortpflanzungsstätte des südlichen Reviers im
Tal und damit weit unterhalb der Autobahn liegen. Schon das mildert die Beeinträchtigungen
durch Lärm- und Lichtreize stark ab. Wesentlich verstärkt wird dieser Abschirmeffekt noch durch
die getroffene Anordnung 4 m hoher blickdichter Schutzwände an den Brückenrändern, die
östlich und westlich auf den seitlichen Verwallungen mit 1 m Höhe auf langer Distanz
weitergeführt werden. Die fachliche Einschätzung des Beklagten, dass die Störwirkungen
dadurch im südlichen Brutrevier weitgehend abgefangen werden und deshalb keine
Funktionseinbuße der dortigen Fortpflanzungsstätte eintritt, erscheint schlüssig und wird von
seiner Einschätzungsprärogative gedeckt.
Anders ist die Sachlage im nördlichen Brutrevier. Nach den auch vom Beklagten nicht in Abrede
gestellten Angaben der Klägerin gehört zu diesem Revier ein als Brutplatz genutzter
Höhlenbaum, der der geplanten Autobahnbrücke weichen soll. In Anbetracht der Standorttreue
des Steinkauzes, der angestammte Bruthöhlen regelmäßig wieder nutzt, erfüllt die Rodung
dieses Baumes die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F.
Die getroffenen Vermeidungs- und (vorgezogenen) Ausgleichsmaßnahmen führen jedoch dazu,
dass das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot gemäß § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG
n.F. dennoch nicht eingreift. Die Zweite Änderung des Planfeststellungsbeschlusses sieht vor,
als Ersatz für die bisherige Nistmöglichkeit eine künstliche Niströhre im Homberger Bachtal im
Bereich der Maßnahmenfläche A 12.1 und damit in nahem räumlichen Zusammenhang mit dem
verloren gehenden Brutbaum sowie zwei weitere künstliche Niströhren im Bereich der zusätzlich
zu schaffenden Ausgleichsfläche A 9.21 zu installieren. Flankierend ordnet die Zweite Änderung
an, das nördliche Brutrevier des Steinkauzes durch Pflanzung von zehn hochstämmigen
Obstbäumen im Bachtal aufzuwerten und durch die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme A 9.21
unmittelbar an das Bachtal angrenzend um eine kurzrasige Grünlandfläche von 5 ha zu
ergänzen. Steinkäuze nehmen künstliche Niströhren grundsätzlich gut an. Werden die Röhren
rechtzeitig, in räumlicher Nähe zum fortfallenden Brutplatz und unter auch im Übrigen
geeigneten Habitatbedingungen bereitgestellt, kann deswegen davon ausgegangen werden,
dass sie die Funktion als Fortpflanzungsstätte ohne zeitlichen Bruch übernehmen.
Diese Voraussetzungen sind jedenfalls für die Niströhre erfüllt, die im Homberger Bachtal
angebracht werden soll. Wann die Installation zu erfolgen hat, ist zwar nicht ausdrücklich
bestimmt. Aus dem Regelungszusammenhang mit der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme A
9.21, die mindestens ein Jahr vor Baufeldräumung ins Werk zu setzen ist, folgt aber, dass auch
die Niströhren mit entsprechendem zeitlichen Vorlauf zur Verfügung gestellt werden müssen.
Der Standort der im Bachtal vorgesehenen Röhre befindet sich innerhalb des vorhandenen
Brutreviers mit seinen gewachsenen Habitatstrukturen und steht damit in enger räumlicher
Beziehung zu dem wegfallenden Brutbaum. Seine Eignung wird auch nicht durch die Nähe zur
Autobahn in Frage gestellt. Für ihn gilt in gleicher Weise wie für das südliche Brutrevier, dass
Störreize des Autobahnbetriebs wegen der Höhendifferenz zwischen Trasse und Nisthöhle
sowie der geplanten blickdichten Schutzwand dort und auf den umgebenden Flächen nicht bzw.
nur sehr eingeschränkt wirksam werden können. Vermag demnach die Niströhre im Homberger
Bachtal die Funktion der bisher als Fortpflanzungsstätte genutzten Baumhöhle ohne zeitliche
Lücke zu übernehmen, so kann letztlich offen bleiben, ob die beiden weiteren Niströhren, die auf
der ausschließlich aus kurzrasigem Grünland ohne zusätzliche Vegetationselemente
bestehenden Ausgleichsfläche A 9.21 installiert werden sollen, dazu ebenfalls in der Lage
wären und ob etwaige Defizite der Funktionserfüllung zumindest im Rahmen des vorgesehenen
Monitorings rechtzeitig behoben werden könnten.
Die nach § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F. gebotene Funktionserhaltung scheitert auch nicht
daran, dass das Brutrevier als Ganzes durch Flächenverluste, Baulärm, Veränderung der
Gebietskulisse durch das Brückenbauwerk usw. entwertet würde. Ob und inwieweit derartige
mittelbar auf die Funktionserfüllung von Fortpflanzungsstätten einwirkende Beeinträchtigungen
den Beschädigungs- oder Zerstörungstatbestand verwirklichen können, bedarf auch in diesem
Zusammenhang keiner Klärung; denn der Beklagte hat in der Zweiten Änderung des
Planfeststellungsbeschlusses über die bereits angesprochene Anordnung von Schutzwänden
und von Anpflanzungen im Homberger Bachtal hinaus mit der vorgezogenen
Ausgleichsmaßnahme A 9.21 Vorkehrungen getroffen, von deren Eignung zur Stabilisierung des
nördlichen Brutreviers er ausgehen durfte. Diese Maßnahme richtet sich darauf, ein
großflächiges Areal den Habitatansprüchen des Steinkauzes entsprechend umzugestalten. Dem
dient namentlich der auf die Jagdgewohnheiten dieser Eulenart ausgerichtete kurzrasige
Bewuchs. Der Großteil der Fläche liegt so weit von der geplanten A 44 und der bestehenden A 3
entfernt, dass Lärm- und Lichtreize beider Autobahnen trotz des hier vom Talgrund aus deutlich
ansteigenden Geländes nicht bzw. nur in sehr abgeschwächter Form wirksam werden können.
Dass der Abstand zum Himmelbachtal zu gering wäre, um die nötige Fluchtdistanz zum dort
ansässigen Waldkauz zu wahren, ist von Klägerseite nur pauschal behauptet, aber nicht
ausreichend belegt worden. Soweit die Kuppenlage einer Fläche die Habitateignung für den
Steinkauz mindert, trifft dies nur für einen eher geringen Teil der großzügig bemessenen
Ausgleichsfläche zu. Sollte die als reines Grünland vorgesehene Fläche wegen Fehlens von
Gehölzen, die sich zur Deckung und als Ansitzwarten eignen, defizitär sein, stellt dies einen
Mangel dar, dem durch schlichte Planergänzung abgeholfen werden könnte mit der Folge, dass
er dem von der Klägerin verfolgten Anfechtungs- und Feststellungsbegehren in entsprechender
Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG nicht zum Erfolg verhelfen kann (vgl. Urteil
vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 130).
Unbeachtlich ist schließlich auch der Umstand, dass der Vorhabenträger möglicherweise erst im
Jahr 2011 auf die bis dahin verpachtete Fläche zugreifen kann. Die Gefahr einer verspäteten
Realisierung der Ausgleichsmaßnahme ist damit nicht verbunden, weil der
Planfeststellungsbeschluss i.d.F. der Zweiten Änderung ausdrücklich einen einjährigen Vorlauf
der Maßnahme vor der Baufeldräumung vorschreibt, der Beginn der Realisierung des
Vorhabens also ggf. entsprechend hinausgeschoben werden muss.
(4) Schließlich ist auch ein Verstoß gegen das Störungsverbot zu verneinen. § 42 Abs. 1 Nr. 2
BNatSchG n.F. verbietet es, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der
europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs-
und Wanderungszeiten erheblich zu stören; erheblich ist eine Störung nach der Definition des
Halbsatzes 2 der Vorschrift, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen
Population einer Art verschlechtert. Die darin zum Ausdruck kommende populationsbezogene
Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle steht mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL und Art. 5
Buchst. d VRL im Einklang, die beide einen art- bzw. populationsbezogenen Schutzansatz
verfolgen (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 a.a.O. Rn. 44, vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 237 und
vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 104). Gestützt auf die Feststellungen seiner Gutachter, deren
Ergebnisse in der Ergänzenden Prüfung des ILS vom Dezember 2007 zusammengefasst sind,
hat der Beklagte erhebliche Störungen im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F. für die
geprüften Artengruppen verneint. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Da für streng geschützte Amphibienarten im Trassenbereich keine zur Fortpflanzung geeigneten
Gewässer vorhanden sind, könnten sie allenfalls während der Überwinterungszeiten durch
Immissionen und während der Wanderungszeiten durch Zerschneidungswirkungen der Trasse
störend betroffen sein. Unter beiden Gesichtspunkten scheidet aber eine erhebliche Störung aus,
weil die in Rede stehenden Arten nach den nicht bestrittenen Angaben des ILS auch während
der Ruhezeiten wenig anfällig für verkehrsbedingte Störungen sind und als Wanderkorridore im
Wesentlichen nur die von Zerschneidungswirkungen verschonten Bachtäler in Betracht
kommen. Daher bedarf es hier auch keiner Auseinandersetzung mit der in der Literatur
geäußerten Kritik (vgl. Gellermann, NuR 2009, 85 <87>) an der im Urteil vom 9. Juli 2008 (a.a.O.
Rn. 105) vertretenen Auffassung, dass auch Trennwirkungen unter den Störungstatbestand
fallen können.
Bezogen auf die festgestellten oder als vorkommend unterstellten Fledermausarten hat der
Beklagte für den Arterhalt besonders kritische Störungen in den Wochenstuben und
Winterquartieren ausgeschlossen, weil solche im Bereich der Trasse nicht nachgewiesen seien
und als Winterquartiere potenziell nutzbare Gehölze überdies vor ihrem möglichen Bezug
gerodet würden. Dagegen ist mit Rücksicht auf den ausreichenden Umfang der
Bestandsaufnahme nichts zu erinnern. Dass Störwirkungen, die vor allem während der Bauzeit
an Tagesquartieren und in Jagdhabitaten auftreten könnten, die Erheblichkeitsschwelle nicht
überschreiten, ist mit dem Hinweis auf die enge räumliche und zeitliche Begrenzung solcher
Effekte sowie vorhandene Ausweichhabitate schlüssig begründet worden. Da die
Biotopstrukturen des Untersuchungsraums im Zuge der Bestandserfassung für den
landschaftspflegerischen Begleitplan ermittelt worden sind, verfügte der Beklagte auch über die
nötige Erkenntnisbasis, um Ausweichmöglichkeiten fachgerecht beurteilen zu können.
Für Störungen europäischer Vogelarten, die im Einzugsbereich der Trasse vorkommen, gilt
Ähnliches. Störeffekte durch Lärm und andere Reize sind zwar weder in der Bau- noch in der
Betriebsphase auszuschließen. Baubedingte Störungen betreffen aber nur einen sehr
begrenzten Zeitraum, so dass mit ihnen verbundene Verdrängungswirkungen nur temporärer Art
sind und sich deshalb nicht nachhaltig auf die Habitatbedingungen der betroffenen Arten
auswirken. Verkehrslärm und sonstige Störeffekte des Straßenbetriebs werden - wie schon zum
Beschädigungs- und Zerstörungsverbot ausgeführt - durch die Führung der Autobahn im
Einschnitt bzw. über seitlich mit Schutzwänden abgeschirmte Brücken deutlich abgemildert. Das
trifft vor allem für die Bachtäler mit ihrer ausgeprägten Strukturvielfalt zu. Nimmt man hinzu, dass
nach den von Seiten des Beklagten getroffenen Feststellungen Ausweichhabitate mit jeweils
geeigneten Strukturen sowohl in den Tälern als auch in den umgebenden großflächigen
Offenlandbereichen zur Verfügung stehen, so ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken
gegen die Prognose des Beklagten, dass sich durch die Störungen der Erhaltungszustand der
lokalen Populationen der betroffenen Vogelarten nicht verschlechtern wird. Auch für den
Steinkauz gelten insoweit keine nachteiligen Besonderheiten. Im Gegenteil sind die für diese Art
im Homberger Bachtal und nordöstlich daran anschließend vorgesehenen Schutz- und
Ausgleichsmaßnahmen geeignet, die dort vorhandenen Steinkauzreviere trotz der eintretenden
Störungen zu stabilisieren und dadurch Verschlechterungen des Erhaltungszustandes der
lokalen Population zu verhindern.
...
d) Die Planfeststellung gewährleistet, dass das Vorhaben trotz der unter Teilstücken der Trasse
verlaufenden Massenkalkzüge und des damit verbundenen Verkarstungsrisikos den
Erfordernissen der Standsicherheit von Straßenbauwerken und des Grundwasserschutzes
entspricht.
Bei der Standsicherheit von Straßenbauwerken und dem Grundwasserschutz handelt es sich
nicht um bloße abwägungserhebliche Belange. Der Rechtsordnung sind mit dem Erfordernis der
Standsicherheit und dem Verbot von Grundwasserbeeinträchtigungen vielmehr zwingende
Rechtssätze zu entnehmen, die der planerischen Abwägung Schranken setzen.
Das Erfordernis der Standsicherheit ergibt sich aus § 4 Satz 1 FStrG. Nach dieser Bestimmung
haben die Träger der Straßenbaulast dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen
der Sicherheit und Ordnung genügen. Dass dies insbesondere auch für die Standsicherheit gilt,
bedarf keiner weiteren Begründung. Ein allgemeines Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung
ist zwar weder im Wasserhaushaltsgesetz noch im Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen
ausdrücklich normiert, ist aber § 34 WHG zu entnehmen. Die Vorschrift befasst sich mit der
Reinhaltung des Grundwassers unter zwei speziellen Aspekten. Abs. 1 regelt die Einleitung von
Stoffen in das Grundwasser, also die zielgerichtete Zuführung solcher Stoffe, und bestimmt, dass
dafür eine Erlaubnis nur erteilt werden darf, wenn eine schädliche Verunreinigung des
Grundwassers nicht zu besorgen ist. Abs. 2 trifft eine entsprechende Regelung für die Lagerung
und Ablagerung von Stoffen und die Beförderung von Flüssigkeiten und Gasen. Beide
Regelungen stellen Ausprägungen eines allgemeinen Rechtsgedankens dar, der auch beim
Einwirken auf das Grundwasser in sonstiger Weise Geltung beansprucht und gebietet, den
Schutz des Grundwassers vor Verunreinigungen zu gewährleisten (vgl. Urteile vom 16.
November 1973 - BVerwG 4 C 44.69 - Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 3 S. 8 f. und vom 12.
September 1980 - BVerwG 4 C 89.77 - Buchholz 445.4 § 31 WHG Nr. 5 S. 15; OVG Lüneburg,
Beschluss vom 7. März 1997 - 7 M 3628/96 - ZfW 1998, 505).
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben ist der Planfeststellungsbeschluss nicht zu
beanstanden.
aa) Es lässt sich nicht feststellen, dass der behördlichen Beurteilung unzutreffende Annahmen
über das mit dem Vorhaben verbundene Risikopotenzial für die Standsicherheit der
Straßenanlage und das Grundwasser zugrunde liegen. Die planfestgestellte Trasse verläuft in
ihrem westlichen Teil über Massenkalkzüge, die wegen der in ihnen ablaufenden
Verkarstungsprozesse Risiken für die Standsicherheit und das Grundwasser bergen; für das
Grundwasser kommt erschwerend hinzu, dass die Kalkzüge zum direkten Einzugsgebiet des
Wasserwerks Homberg-Meiersberg gehören, dessen geplante Schutzzone II die Trasse quert.
Ein im Auftrag des Vorhabenträgers gefertigtes Streckengutachten der ICG Leonhardt-Veith
GmbH & Co. KG vom 16. Februar 2006 (nachfolgend: Streckengutachten) stellt die geologischen
und hydrogeologischen Verhältnisse auf der Grundlage einer Auswertung anderweitig
vorgenommener Bohrungen dar; es zieht daraus Schlüsse für das Risiko von Bodensenkungen
und Erdfällen und gibt Empfehlungen für das weitere Vorgehen.
Die darin getroffenen Feststellungen werden durch die Angriffe in den von der Klägerseite
vorgelegten Gegengutachten nicht erschüttert. Dem Einwand, die Kalkzüge reichten ausweislich
der Bohrungen weiter nach Norden als in der Planung angenommen und gefährdeten deshalb
die Trasse auf einem zusätzlichen Teilstück, ist die ICG überzeugend entgegengetreten. Unter
Hinweis auf die Verkippung der ursprünglich horizontalen Kalkzüge nach Norden hat sie
plausibel begründet, warum auch die Bohrungen nördlich des im Streckengutachten
angegebenen Grenzbereichs, der die sog. Ausbisszone des nördlichsten Kalkzuges betrifft, noch
Kalk zu Tage gefördert haben. Da der Kalk - von unbeachtlichen Einsprengseln in den
Deckschichten abgesehen - dort erst in großer Tiefe angetroffen wird, leuchtet es ein, dass er
insoweit keinen Risikofaktor darstellt. Überzeugt haben den Senat auch die Ausführungen der
ICG zu den geologischen Konsequenzen der Verkarstungsprozesse im Kalkgestein. Weil der
Kalk von Deckschichten überlagert ist, die gemäß ihrer Konsistenz in entstehende Hohlräume
kontinuierlich nachsacken (sog. Subrosion), lässt sich fachlich nachvollziehen, dass die
Verkarstung nicht zu plötzlichen Erdfällen, sondern zu Schwunddolinen führt, die an der
Erdoberfläche in Gestalt von Senken in Erscheinung treten. Dass neben den im
Übersichtslageplan 3 zum Streckengutachten eingetragenen Dolinen, bei denen es sich nach
ihrer Erscheinung um solche Schwunddolinen handeln soll, auch sog. Einsturzdolinen im
Trassenumfeld festgestellt worden sind, die für ein berücksichtigungsbedürftiges Erdfallrisiko
sprächen, haben die Gutachter der Klägerseite nicht belegt.
Soweit klägerseitig behauptet wird, die Deckschichten über den Massenkalkzügen und dem
Grundwasser seien nicht ausreichend untersucht worden, wird dies durch das
Streckengutachten widerlegt. Dort finden sich auf der Grundlage der ausgewerteten
Bohrergebnisse Aussagen sowohl zur Zusammensetzung und Mächtigkeit der Deckschichten
über dem Massenkalk in den einzelnen Teilabschnitten der A 44 als auch zur
Grundwasserüberdeckung (vgl. insoweit speziell Tabelle 4 auf S. 54).
bb) Ausgehend von diesen tatsächlichen Feststellungen hält das planfestgestellte
Schutzkonzept zur Gewährleistung der Standsicherheit der Straßenanlage und zur Vermeidung
von Gefährdungen des Grundwassers durch verunreinigtes Straßenoberflächenwasser
rechtlicher Überprüfung stand. Die Nebenbestimmung 5.1.2 zum Planfeststellungsbeschluss
verpflichtet den Vorhabenträger, in den Grenzen der festzusetzenden Wasserschutzzone II die
Vorgaben der für den Bundesfernstraßenbau eingeführten Richtlinien für bautechnische
Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten - RiStWag in ihrer aktuellen Fassung zu
beachten. Da die Schutzzone gerade die für die Trinkwassergewinnung wichtigen
Massenkalkzüge schützen soll, ist gewährleistet, dass die Vorgaben dieser Richtlinien im
kritischen Bereich der Kalkzüge zur Anwendung kommen. Sie enthalten die im Interesse des
Grundwasserschutzes nach dem Stand der Technik gebotenen Anforderungen an
Baugrunderkundung, Baustoffe, Entwässerungsmaßnahmen und Dichtungssysteme. Zusammen
mit den Festsetzungen über die Verlegung von Dichtungsbahnen und die Anbringung von
Spritzwänden auf den Autobahnbrücken stellen sie sicher, dass die Straßenentwässerung ein
geschlossenes System bildet. Dessen Funktionsfähigkeit hängt allerdings ebenso wie diejenige
der Straßenanlage als solcher von der Stabilität des Untergrundes ab. Insoweit sind jedoch
keine Defizite des Schutzkonzepts feststellbar.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt es keinen Mangel dar, dass eine
Detailuntersuchung der Trasse auf vorhandene Hohlräume im Karst, die zur Destabilisierung
des Baugrundes führen und so die Standfestigkeit des Straßenkörpers, der Randbereiche oder
gar der Brücken gefährden könnten, als Grundlage der Zulassung unterblieben ist. Der Beklagte
hält es für ausreichend, entsprechende Bohrungen und sonstige Erkundungen in der Phase der
Ausführungsplanung vorzunehmen. Dem ist beizupflichten. Die Planfeststellungsbehörde hat
sich zwar Gewissheit darüber zu verschaffen, dass eine durch das Vorhaben aufgeworfene
tatsächliche Problematik bei der Ausführung des Planfeststellungsbeschlusses beherrschbar ist
und dass das hierfür notwendige Instrumentarium bereitsteht. Die Praxis, die Bauausführung aus
der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung auszuklammern, ist aber nicht zu beanstanden,
soweit der Stand der Technik für die zu bewältigenden Probleme geeignete Lösungen zur
Verfügung stellt und die Beachtung der entsprechenden technischen Vorgaben gewährleistet ist.
Insoweit braucht im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft und entschieden zu werden, ob die
Ausführungsplanung des Vorhabenträgers tatsächlich diesen Vorgaben genügt. Vielmehr reicht
es aus, dem Vorhabenträger aufzugeben, vor Baubeginn seine Ausführungsplanung der
Planfeststellungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen (vgl. Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG
11 A 5.96 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 44 S. 25 f.). Demgemäß können fachliche
Detailuntersuchungen, die der Problemlösung dienen, und darauf aufbauende
Schutzvorkehrungen der Ausführungsplanung überlassen werden, wenn gewährleistet ist, dass
das Problem sich lösen lässt und die Ausführungsplanung der Planfeststellungsbehörde zur
Billigung unterbreitet wird.
Diesen Grundsätzen wird das Vorgehen des Beklagten gerecht. Nach seinen Erläuterungen in
der mündlichen Verhandlung, die er durch Vorlage der von der Forschungsgesellschaft für
Straßen- und Verkehrswesen e.V. herausgegebenen Hinweise zur Anwendung geotechnischer
und geophysikalischer Messverfahren im Straßenbau (H GeoMess), Ausgabe 2007, untermauert
hat, stehen geeignete Methoden zur Identifizierung von Hohlräumen in Gestalt von Bohrungen,
seismischen Messungen usw. zur Verfügung. Ebenso sind Methoden verfügbar, um im Falle
festgestellter Hohlräume den Baugrund zu stabilisieren. Das hat der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung ebenfalls fachlich nachvollziehbar erläutert, ohne dass die Klägerin dem
substanziiert entgegengetreten wäre. Auch der Geologische Dienst des Landes Nordrhein-
Westfalen geht in seiner Stellungnahme vom 4. Mai 2005 von der Möglichkeit aus, die Trasse
über unterirdischen Hohlräumen durch bauliche Maßnahmen zu sichern.
Dass die Ausführungsplanung tatsächlich die zur ergänzenden Risikoermittlung und zur
Risikobeherrschung notwendigen Maßnahmen vorsieht, wird durch die der Planergänzung
dienende diesbezügliche Protokollerklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom
19. Februar 2009 sichergestellt. Danach sind die geprüften Ausführungsunterlagen der
Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn vorzulegen. Das dient ausweislich der Erläuterungen
des Beklagten dazu, ihm eine eigene Prüfung der Ausführungsplanung und Entscheidung über
ihre Freigabe zu ermöglichen.
Die Klägerin wendet hiergegen ein, die Vorgehensweise des Beklagten sei unzulässig, weil
Ungewissheit bestehe, ob sich die Problemlösung der Ausführungsplanung im Rahmen der
festgestellten Planung halte; mit seiner Protokollerklärung behalte sich der Beklagte Änderungen
des Planvorhabens vor, ohne dass die Voraussetzungen für einen Entscheidungsvorbehalt
gegeben seien. Dieser Einwand greift nicht durch. Die Gutachter des Beklagten haben in der
Verhandlung detailliert und überzeugend ausgeführt, es sei praktisch ausgeschlossen, dass
technische Lösungen zur Bewältigung von Verkarstungserscheinungen im Baugrund
Planänderungen erforderten. Weder sei wegen derartiger Probleme eine Verlegung der Trasse
noch auch nur die Verlegung einzelner Brückenpfeiler in Betracht zu ziehen. Bestehen mithin
keine vernünftigen Zweifel an der Realisierbarkeit des Vorhabens in der planfestgestellten Form,
so kann auch der Protokollerklärung vom 19. Februar 2009 nicht der Wille entnommen werden,
die Entscheidung über den Autobahnbau in einer den planfestgestellten Unterlagen gemäßen
oder von ihnen abweichenden Form offenzuhalten. Im Gegenteil geht es mit der Erklärung im
Wesentlichen darum, der Planfeststellungsbehörde vor der Bauausführung eine abschließende
Prüfung und Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob die Ausführungsplanung technisch
geeignet ist und sich im Rahmen der Planfeststellung hält oder ob sie geändert werden muss,
um sie den Vorgaben der Planfeststellung anzupassen. Der ergänzend formulierte Vorbehalt
einer Planänderung bezieht sich lediglich auf einen nach ingenieurwissenschaftlicher
Einschätzung nicht absehbaren Eventualfall, für den der Beklagte in der Planfeststellung keine
Vorsorge zu treffen brauchte. Die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wird
deshalb von diesem Vorbehalt nicht berührt.
Eine rechtserhebliche Schutzlücke verbleibt schließlich auch nicht im Hinblick auf das von der
Klägerin geltend gemachte Risiko künftig durch Verkarstungsprozesse entstehender Hohlräume
im Untergrund der Trasse. Die ICG-Gutachter weisen die theoretisch denkbare Möglichkeit
künftiger Hohlraumbildung dem Bereich des Restrisikos zu und erläutern diese Beurteilung
schlüssig mit dem Hinweis, dass Verkarstungsprozesse im Kalk unterhalb von Deckschichten,
wie sie hier vorhanden sind, in geologischen Zeiträumen ablaufen. Selbst wenn diese Aussage
für Störzonen, in denen säurehaltiges Oberflächenwasser in den Kalk eintritt, zu relativieren sein
sollte, wie der von Klägerseite eingeschaltete Sachverständige für Bodenschutz Dr. B. fordert,
stellt das die Plausibilität der von den Gutachtern des Beklagten vorgenommenen
Risikoeinschätzung nicht in Frage; denn durch den Bau der Autobahn wird der Baugrund
versiegelt mit der Folge, dass das Oberflächenwasser nicht von oben in die Kalkschichten
einsickern kann. Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu: Künftige Verkarstungsprozesse
können nach den - wie schon ausgeführt - nicht zu beanstandenden Feststellungen des
Beklagten aller Voraussicht nach nicht zu Erdfällen, sondern lediglich zu nach und nach
eintretenden Senkungen führen. Bei den Streckenkontrollen der Straßenwacht, die ausweislich
der Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in kurzen zeitlichen Abständen
stattfinden, lassen sich solche Senkungen im Bereich der Fahrbahnen und der Fahrbahnränder
erkennen und beherrschen. Ähnliches gilt für die Autobahnbrücken, die regelmäßig auf ihre
Standsicherheit hin überprüft werden.
cc) Die von Klägerseite in der mündlichen Verhandlung gesondert angesprochene Gefahr einer
Grundwasserverunreinigung durch Luftschadstoffeinträge in den Boden ist ebenfalls zu
verneinen. Die an die Trasse angrenzenden nicht versiegelten Flächen unterliegen zwar
verkehrsbedingten Einträgen von Luftschadstoffen in den Boden (PFB S. 69). Nach den
Angaben im Planfeststellungsbeschluss, der sich hierzu auf Forschungsergebnisse zur
Schadstoffbelastung von Böden neben Straßen stützt, sind schädliche Bodenveränderungen
aber allenfalls unmittelbar neben dem Fahrbahnrand anzutreffen (PFB S. 80). Ein
Schadstofftransport von dort in die grundwasserführenden Kalkschichten mit ihrer grundsätzlich
hohen Wasserwegsamkeit wird schon durch die über dem Kalk liegenden mächtigen
Deckschichten, die als Barriere für versickerndes Wasser wirken, weitgehend ausgeschlossen.
Einen zusätzlichen, auch in Störungszonen wirksamen Schutz gewährleisten - wie bereits
vorstehend zu den Risiken schadstoffbelasteten Straßenoberflächenwassers ausgeführt - die für
die Randbereiche der Straße im Einklang mit den Vorgaben der RiStWag getroffenen
Schutzvorkehrungen, die eine Verbringung von Schadstoffen in den Untergrund mit
hinreichender Sicherheit ausschließen.
e) Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem Abwägungsmangel, der offensichtlich
und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung
behoben werden kann (§ 17 Satz 2, § 17e Abs. 6 FStrG).
aa) Es lässt sich nicht feststellen, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Ermittlung und
Bewertung der Belange des Lärmschutzes der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und der
Klägerin im Besonderen Fehler unterlaufen sind, auf die das Anfechtungs- oder zumindest das
hilfsweise verfolgte Feststellungsbegehren gestützt werden könnte. Die Klägerin wendet gegen
die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange
im Wesentlichen ein, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich
zu erwartende Verkehrsbelastung der A 44 weit unterschätzt worden sei. Träfe dieser Einwand
zu, so wäre die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass davon die konzeptionelle
Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird. Abwägungsdefiziten
aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose könnte deshalb nicht durch eine Planergänzung
um Schutzauflagen abgeholfen werden. Die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung der A 44
ist jedoch nicht zu beanstanden.
Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich
daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf
unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet
worden ist (vgl. Urteile vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 1.97 - BVerwGE 107, 313 <326>
m.w.N. und vom 24. November 2004 - BVerwG 9 A 42.03 - juris Rn. 41; Beschluss vom 2.
Oktober 2002 - BVerwG 9 VR 11.02 - juris Rn. 14). Unter jedem dieser Gesichtspunkte übt die
Klägerin Kritik an der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Verkehrsuntersuchung der
Ingenieurgruppe IVV Aachen vom Dezember 2002 sowie den Ergänzungen dieser
Untersuchung vom August 2004 und Juli 2006. Ihre Einwände greifen jedoch nicht durch.
(1) Die von der Klägerin unter Berufung auf RegioConsult erhobene Rüge, es sei nicht
nachvollziehbar, welcher Prognosemethode sich die Verkehrsuntersuchung bedient habe und
ob die Methode fachgerecht angewandt worden sei, wird den Erläuterungen seitens der IVV
nicht gerecht. Der Ergebnisbericht der Verkehrsuntersuchung stellt das methodische Vorgehen
nachvollziehbar dar. Es richtete sich darauf, die künftige Verkehrsbelastung mithilfe von
Verkehrsberechnungen zu ermitteln, bei denen die Verkehrsabläufe für verschiedene
Netzzustände im Rechner simuliert wurden. In das Modell eingespeist wurden Strukturdaten und
Verkehrsnachfragedaten für Ist- und Prognose-Zustände. Das daraus resultierende
Verkehrsaufkommen für die jeweiligen Quell-Ziel-Beziehungen wurde sodann auf die
verschiedenen Verkehrsträger aufgeteilt und der Straßenverkehrsanteil anschließend auf das
Straßennetz der unterschiedlichen Netzfälle umgelegt. Danach besteht kein Zweifel, dass es
sich bei der Verkehrsuntersuchung um eine Modellprognose handelt, die insbesondere auch für
Straßenneubauten zu den anerkannten Prognoseverfahren gehört (vgl. Nr. 1.2.2.2 des Anhangs
zu den Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q 96).
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind neben der Grunduntersuchung von 2002 auch die
Ergänzungen 2004 und 2006 keine Trend-, sondern Modellprognosen, so dass die Frage, ob
nach Lage des Falles insoweit auch Trendprognosen genügt hätten, dahingestellt bleiben kann
(zur Fortschreibung von Modellprognosen mittels bloßer Trendprognosen vgl. Urteil vom 19.
März 2003 - BVerwG 9 A 33.02 - juris Rn. 28). In beiden Ergänzungsuntersuchungen wurden die
Prognoseergebnisse von 2002 nicht einfach nach Maßgabe eines allgemeinen Trends
hochgerechnet, sondern das Modell als solches aktualisiert. Hinsichtlich der Ergänzung 2004
betrafen die Änderungen das Prognoseverkehrsnetz (Ergebnisbericht 2004 S. 2 f.), hinsichtlich
der Ergänzung 2006 beziehen sie sich mit Rücksicht auf den veränderten Prognosehorizont
(2020) auf die die Verkehrsnachfrage bestimmenden Grundlagendaten (Ergebnisbericht 2006 S.
2 und 4).
Die Erläuterungen in den Ergebnisberichten der Untersuchungen und die ergänzenden
Ausführungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung belegen zudem,
dass die Durchführung der Prognose methodengerecht erfolgt ist. Dem Vorwurf von
RegioConsult, bezogen auf den Regionalverkehr seien die Verkehrsbeziehungen nur grob
abgeschätzt und damit nicht ausreichend ermittelt worden, ist die IVV ausdrücklich
entgegengetreten. Ausweislich ihrer Erläuterungen hat sie sich - anders als für den Fernverkehr -
insoweit nicht darauf beschränkt, Verkehrsbeziehungen zwischen Kreisregionen in den Blick zu
nehmen, sondern stattdessen für den engeren Untersuchungsraum die Verkehrsbeziehungen
zwischen den kleinteilig gebildeten Verkehrszellen der Landesverkehrsplanung mit ihren jeweils
mehreren Einspeisungspunkten berücksichtigt. Befriedigend erläutert hat der Ergebnisbericht
darüber hinaus auch, wie das entwickelte Prognosemodell anhand eines Abgleichs zwischen
der Analysematrix für das Jahr 2000 mit den Ergebnissen der Straßenverkehrszählung 2000
geeicht worden ist. Den von Klägerseite unter Berufung auf RegioConsult geäußerten
Bedenken, dabei könnte es zu einer Überanpassung an die Zählergebnisse gekommen sein, ist
die IVV überzeugend mit der Erwägung entgegengetreten, es handele sich um einen iterativen
Prozess, in dem fachlich anerkannte Grenzen zulässiger Anpassung beachtet worden seien.
(2) Mängel der Verkehrsuntersuchung lassen sich auch nicht unter dem Aspekt der in das
Prognosemodell eingespeisten Grundlagendaten zur Verkehrsnachfrage und zu den
Verkehrsbeziehungen feststellen. Die IVV hat sich zur Verkehrsnachfrage auf Strukturdaten aus
der 10. koordinierten Bevölkerungsprognose des Landesamtes für Datenverarbeitung und
Statistik Nordrhein-Westfalen für 2020 und der Bedarfsplanprognose des Bundesministeriums
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie zu den Verkehrsbeziehungen auf Daten
der Bundesverkehrswegeplanung und der Landesverkehrswegeplanung gestützt. Das Büro
RegioConsult hält demgegenüber den Rückgriff auf die Daten der
Bundesraumordnungsprognose 2020 der Bundesanstalt für Bauwesen und Raumordnung
(BBR) sowie die Verkehrsmatrizes der Integrierten Gesamtverkehrsplanung Nordrhein-Westfalen
(IGVP) für vorzugswürdig. Dass die BBR-Prognose und die IGVP zu Ergebnissen gelangen, die
von den durch die IVV zugrunde gelegten bzw. ermittelten Daten abweichen, stellt die Validität
letzterer nicht in Frage. Angesichts des prognostischen Charakters der Untersuchungen und der
Spielräume bei der Wahl des methodischen Ansatzes sind völlig deckungsgleiche
Untersuchungsergebnisse nicht zu erwarten. Dass die von der IVV ausgewerteten
Untersuchungen ihrerseits methodisch fehlerhaft konzipiert seien oder auf einer unzutreffenden
Datenbasis beruhten, hat die Klägerin nicht dargetan.
Für die Daten der Bedarfsplanprognose bzw. der Bundesverkehrswegeplanung kommt hinzu,
dass das BMVBS deren Verwendung - wie seitens des Beklagten in der mündlichen
Verhandlung erläutert - einheitlich für alle Fernstraßenplanungen vorgegeben hat. Diese
Planungsvorgabe entspringt dem Bedürfnis, für Fernstraßenplanungen eine konsistente
Datenbasis zugrunde zu legen. Methodisch wäre es problematisch, dieses einheitliche
Vorgehen für einzelne Projekte zu durchbrechen und mit abweichenden Daten zu arbeiten.
Deshalb erweist sich die Vorgabe jedenfalls so lange als sachgerecht, wie die vorgegebene
Datenbasis nicht offenkundig durch neuere Erkenntnisse überholt ist. Dass dies zuträfe, ist nicht
ersichtlich und kann insbesondere nicht aus den Angaben von RegioConsult zu eklatant von
den IVV-Daten abweichenden jüngeren Untersuchungsergebnissen der IGVP geschlossen
werden. Diese Angaben beruhen nämlich weitgehend auf Fehldeutungen. Während
RegioConsult behauptet hat, für die Ortsdurchfahrt Homberg der L 422 stehe im Analyse-Nullfall
einem von der IGVP genannten DTV-Wert von 26 000 ein von der IVV verwendeter Wert von 9
000 gegenüber, hat die IVV nach eigenen Angaben einen Wert von 24 000 Kfz/h zugrunde
gelegt. Für die Ortsdurchfahrt Heiligenhaus der B 227 steht IGVP-Werten von 26 000 bzw. 27
000 ein IVV-Wert nicht von 15 000, sondern im Hinblick auf die dortige Verkehrsführung über
gegenläufige Einbahnstraßen von 30 000 (2 x 15 000) gegenüber. Eine deutliche Abweichung
ergibt sich allein für den bereits realisierten Abschnitt der A 44 im Raum Velbert. Wegen der
guten Übereinstimmung der von der IVV errechneten Werte mit korrespondierenden Werten der
durchgeführten Verkehrszählung wird die Validität der IVV-Werte aber auch durch diese
Abweichung nicht erschüttert.
(3) Der Prognose fehlt es auch nicht an einer überzeugenden Begründung der gewonnenen
Ergebnisse, wonach die A 44 im Planfall 2020 mit bis ca. 40 000 Kfz/Werktag belastet sein wird.
Die Klägerin wendet zwar ein, mit Rücksicht auf die der Autobahnverbindung A 44/A 535
zukommende Überlauffunktion für die im Breitscheider Kreuz überlastete Verbindung A 3/A 52
bleibe die IVV eine nachvollziehbare Erklärung schuldig, warum in der Ergänzung 2004 ihrer
Verkehrsuntersuchung die Neuaufnahme der A 535 in das Prognosenetz nicht mit einer
deutlicheren Mehrbelastung der A 44 zu Buche schlage. Diese vermeintliche Unstimmigkeit hat
der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. Bol. in der mündlichen Verhandlung aber schlüssig
aufgelöst. Nach seinen Erläuterungen ist die Fahrt über die A 44 und die A 535 für die meisten in
Betracht kommenden Verkehrsbeziehungen mit einem Umweg von mehreren Kilometern
verbunden. Da das Breitscheider Kreuz - wie in der IVV-Prognose seinen Angaben zufolge
bereits berücksichtigt - leistungsfähig ausgebaut werden soll, wird die neue Verbindung über die
A 44/A 535 für die bestehende Verbindung A 3/A 52 nur vergleichsweise selten als Bypass
fungieren. Angesichts dessen sieht der Senat keinen Anlass, die Verkehrsprognose wegen
mangelnder Nachvollziehbarkeit der Prognoseergebnisse zu beanstanden. Soweit
RegioConsult ferner geltend macht, aus der Fernverkehrsmatrix des Bundes ergäben sich
höhere Lkw- und Pkw-Belastungen der A 44, ist die IVV dem in ihrer Stellungnahme vom Juli
2007 plausibel entgegengetreten (S. 14 ff.). Die darauf erfolgte Erwiderung von RegioConsult
zeigt keine Unstimmigkeiten in dieser Argumentation auf, die die Überzeugungskraft der IVV-
Prognose erschüttern würden.
Hält die Verkehrsprognose demzufolge gerichtlicher Überprüfung stand, so ist auch die darauf
aufbauende Lärmprognose nicht zu beanstanden mit der Folge, dass der Beklagte die
Lärmbelastung der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und diejenige der Klägerin im
Besonderen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt hat. Mängel, die
auf das Planungskonzept durchschlagen könnten, sind mithin unter diesem Gesichtspunkt zu
verneinen.
bb) Das Vorhaben wirft keine Probleme für die Luftqualität auf, die im angefochtenen
Planfeststellungsbeschluss hätten bewältigt werden müssen.
(1) Die Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der
Luft (22. BImSchV) stellt keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des
Vorhabens dar. Rechtlicher Maßstab zur Beurteilung der mit dem Vorhaben verbundenen
Beeinträchtigungen der Luftqualität ist vielmehr das planungsrechtliche Abwägungsgebot.
Die Grenzwerte, die die Verordnung für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide,
Partikel, Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft festlegt, stehen in engem Zusammenhang
mit dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 11 der 22. BImSchV). Mit diesem
System hat der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber in Umsetzung der Vorgaben
gemeinschaftsrechtlicher Luftqualitätsrichtlinien einen abgestuften Regelungsmechanismus
vorgesehen, der Grenzwertüberschreitungen immissionsquellenunabhängig begegnen soll. Die
durch das Gemeinschaftsrecht gewährte Freiheit, zwischen den zur Einhaltung der Grenzwerte
geeigneten Mitteln zu wählen, wird durch die Regelungen des
Bundesimmissionsschutzgesetzes und der 22. BImSchV jedoch nicht beschränkt. Sie schließt
grundsätzlich eine Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde aus, die Einhaltung der
Grenzwerte vorhabenbezogen zu garantieren (Urteil vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 -
BVerwGE 121, 57 <61> und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23
<28>).
Das planungsrechtliche Abwägungsgebot erfordert aber, die Auswirkungen des Vorhabens auf
die Luftqualität in der Planfeststellung zu berücksichtigen. Der Vorhabenträger ist grundsätzlich
gehalten, die durch die Planungsentscheidung geschaffenen Konflikte zu bewältigen. Die
Konfliktbewältigung kann allerdings auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die
endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlichen
Regelungen beruhenden Verfahren überlässt. Das Gebot der Konfliktbewältigung als
Ausformung des Abwägungsgebots ist erst verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das
Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt,
die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion
des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die
von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die
maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber
davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung
sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere
Umstände vorliegen, wie sie zum Beispiel an zentralen Verkehrsknotenpunkten gegeben sein
können (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. m.w.N.).
(2) Diesen Grundsätzen wird der Planfeststellungsbeschluss gerecht.
Die planfestgestellte Schadstoffuntersuchung durch das Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co.
KG vom Juli 2006 hat sich auf eine Abschätzung der vor allem durch den Straßenverkehr
erzeugten Schadstoffe Stickstoffdioxid, Benzol und Feinstaubpartikel PM10 beschränkt. Dem
liegt die Erwägung zugrunde, für die Schadstoffbelastung mit Blei, Schwefeldioxid und
Kohlenmonoxid seien die Beiträge des Straßenverkehrs von untergeordneter Bedeutung.
Dagegen sind Einwände nicht zu erheben und auch von der Klägerin nicht geltend gemacht
worden.
Während die Untersuchung für Benzol und Partikel keine Grenzwertüberschreitungen ergeben
hat, gelangt sie für Stickstoffdioxid zu dem Ergebnis, an einer geringen Zahl der in Trassennähe
gelegenen Wohnhäuser, insbesondere im Querungsbereich A 44/L 156, könne es zu
Grenzwertüberschreitungen kommen. Diese bewegen sich der Untersuchung zufolge jedoch in
engen Grenzen; der Jahresmittelwert von 40 µg pro m³ wird um bis zu 6 µg pro m³, die Grenze 18
zulässiger Überschreitungen des Kurzzeitwertes von 200 µg pro m³ im Kalenderjahr um bis zu
achtmal überschritten. Die Überschreitungen sind vornehmlich auf die Vorbelastung
zurückzuführen, die die Untersuchung mit 29 µg pro m³ beziffert. Auf dieser Grundlage besteht
kein Handlungsbedarf, dem bereits in der Planfeststellung Rechnung getragen werden müsste.
Die Zusatzbelastung bleibt weit hinter den Grenzwerten zurück und erfordert deshalb für sich
genommen keine Problemlösung durch den Planfeststellungsbeschluss. Besondere örtliche
Verhältnisse, die die Eignung von Maßnahmen der Luftreinhalteplanung zur Bewältigung der
Gesamtbelastung ausschließen und daher ebenfalls eine Problemlösung schon in der
Planfeststellung hätten gebieten können, sind im Anhörungsverfahren nicht hervorgetreten.
Die Einwände der Klägerin gegen die Ermittlung der dem Vorhaben zuzurechnenden
Schadstoffkonzentrationen und damit gegen die Grundlage dieser Beurteilung greifen nicht
durch:
(a) Die Klägerin rügt in erster Linie, das verwendete Prognoseverfahren nach dem Merkblatt über
Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung (MLuS 02) in der
Fassung von 2005 erbringe keine aussagekräftigen Ergebnisse, weil mehrere Bedingungen für
die Anwendung dieses Verfahrens nicht erfüllt seien. Dem ist nicht zu folgen. Bei dem Verfahren
handelt es sich um eine unter Federführung der Forschungsgesellschaft für Straßen- und
Verkehrswesen e.V. erarbeitete und 2005 weiterentwickelte Methode, deren Anwendung auf die
Bundesfernstraßen vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen mit Erlass
vom 12. April 2005 ausdrücklich empfohlen worden ist. Es kann deshalb davon ausgegangen
werden, dass das Verfahren dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Allerdings ermöglicht
es keine exakte Berechnung der Schadstoffkonzentrationen, sondern lediglich deren
Abschätzung (vgl. Nr. 1.3 Abs. 3 MLuS 02). Um die für die Planfeststellung maßgebliche Frage
zu beantworten, ob eine Problemlösung der Luftreinhalteplanung überlassen werden darf, reicht
eine solche Abschätzung aber aus.
Die Voraussetzungen für die Anwendung des Prognoseverfahrens waren hier erfüllt. Anders als
die Klägerin meint, hängt die Anwendung nicht von einer geländegleichen Führung der Straße,
sondern davon ab, dass Trogtiefen und Dammhöhen unter 15 m verbleiben (Nr. 1.3 Abs. 1
Spiegelstrich 3 MLuS 02). Für das Planvorhaben trifft dies zu. Soweit die Klägerin darauf
hinweist, dass das Abschätzungsmodell bei häufigen Schwachwindlagen und/oder im Bereich
von relevanten Kaltluftabflüssen und -seen unanwendbar bzw. seine Anwendung problematisch
ist (Nr. 1.3 Abs. 2 Spiegelstrich 2 MLuS 02), sind diese negativen Anwendungsbedingungen
nicht gegeben. Dem Vortrag der Klägerin, nach Beobachtungen des Ministeriums für Umwelt
und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW im Rahmen der
Luftreinhalteplanung (Sektor 4) seien bezogen auf den maßgeblichen Trassenraum für über 40
% eines Jahres Schwachwindlagen mit Geschwindigkeiten von 0 bis 2 m/s zu prognostizieren,
ist der Beklagte entgegengetreten; die Luftreinhalteplanung verfüge nicht über Winddaten für den
Raum Velbert/Heiligenhaus, sondern nur für Düsseldorf, Essen, Neuss und Reisholz, wobei die
Spannbreite der Schwachwindhäufigkeiten von 17,3 bis 34,4 % reiche. Diesen substanziierten
Ausführungen hat die Klägerin nicht mehr widersprochen. Es fehlen deshalb Anhaltspunkte,
dass die Windverhältnisse im Trassenbereich in ungewöhnlichem Maße durch
Schwachwindlagen geprägt sind, zumal die Trasse ganz überwiegend in Kuppenlage verläuft.
Kaltluftströmungen sind - wie der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. Dr. Bö. in der mündlichen
Verhandlung erläutert hat - in den Bachtälern zu erwarten. Da die Autobahn die Täler im oberen
Bereich der Talschultern und damit oberhalb dieser Strömungen quert, überzeugt den Senat die
Annahme, die Kaltluftabflüsse seien für die Schadstoffausbreitung nicht relevant.
Von Klägerseite wird ferner eingewandt, zumindest für die Autobahnbrücken sei eine
Abschätzung anhand des Modells nach MLuS 02 verfehlt, weil ihre Umströmung zu gänzlich
anderen Belastungen in der näheren Umgebung führe als im übrigen Trassenverlauf. Auch in
dieser Hinsicht hält der Senat jedoch die Argumentation des Gutachterbüros Lohmeyer für
überzeugend. Danach ermöglicht das verwandte Prognosemodell zwar keine gesonderte
Berücksichtigung von Brückenlagen. Da bei freier Anströmung der Brücken Luftschadstoffe
intensiver verdünnt und abtransportiert werden als bei einer Straßenführung im Gelände,
leuchtet es aber ein, dass die Abschätzung nach MLuS 02 insoweit auf der sicheren Seite liegt.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Merkblatt gehe selbst von der Unanwendbarkeit
des Prognosemodells in engen und tief eingeschnittenen Tälern aus (Nr. 1.3 Abs. 2
Spiegelstrich 1). Diese negative Anwendungsbedingung ist im Streitfall nicht einschlägig. Selbst
das Angerbachtal, das von der Autobahnbrücke in einer Länge von 391 m und einer lichten
Höhe von 30 m über Talgrund überspannt werden soll, lässt sich schwerlich als ‚eng und tief
eingeschnitten’ bezeichnen. Für die anderen Täler gilt dies erst recht. Unabhängig davon kommt
die erwähnte Ausnahmeregelung - wie der Gutachter Dr. Bö. in der mündlichen Verhandlung
einleuchtend erläutert hat - mit Rücksicht auf ihre Zielrichtung, Geländeformationen mit
besonders eingeschränkten Möglichkeiten der Schadstoffabfuhr zu erfassen, auch deshalb nicht
zum Tragen, weil die Autobahn dort nicht im Talgrund verläuft, sondern das Tal nahezu an der
Spitze der seitlichen Hänge überbrückt. Es liegt auf der Hand, dass die auf der Autobahn
emittierten Schadstoffe unter diesen Umständen mit dem Luftstrom abtransportiert werden, ohne
dass sich die - tiefer liegenden - Talflanken als erhebliche Hindernisse erweisen könnten.
Diese Beurteilung wird nicht durch den von Klägerseite gegebenen Hinweis auf den Bau der A
72 im Bereich des Lochmühlentals in Frage gestellt, für den das Büro Lohmeyer trotz mit der
Angertalbrücke vergleichbarer Höhen- und Längenmaße der dortigen Autobahnbrücke eine
Abschätzung anhand des Verfahrens nach MLuS 02 für unzureichend gehalten habe. Die
Anwendbarkeit des Ausbreitungsmodells hängt nach Nr. 1.3 MLuS 02 von zahlreichen
Bedingungen ab; vergleichbare Brückenmaße lassen daher für sich genommen keine
Analogieschlüsse zur Frage der Anwendbarkeit des Modells zu. Dass die Verhältnisse im
Lochmühlental auch im Hinblick auf die weiteren Anwendungsbedingungen mit der hier
vorliegenden Situation vergleichbar sind, ist nicht belegt. Im Gegenteil hat der Gutachter des
Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf Nr. 1.3 Abs. 2 Spiegelstrich 2 MLuS
02 betont, ein wesentlicher Unterschied liege darin, dass die Lochmühlentalbrücke einen
konzentrierten Kaltluftstrom quere, während das von der A 44 gequerte Gelände von mehreren
Tälern durchschnitten sei, deren Kaltluftströme sich zum einen nicht akkumulierten und zum
anderen von der in Kuppenlage verlaufenden Trasse unberührt blieben.
(b) Entgegen der Auffassung der Klägerin beruht die Schadstoffprognose nicht auf fehlerhaften
oder fehlenden Eingabedaten. Wie sich schon aus den Ausführungen zur Validität der
Verkehrsprognose ergibt, ist es nicht zu beanstanden, dass der Abschätzung der
Schadstoffbelastung die in der IVV-Verkehrsuntersuchung ermittelten Prognosewerte zugrunde
gelegt worden sind. Unberechtigt ist auch die von Klägerseite unter Berufung auf eine
Stellungnahme von RegioConsult erhobene Rüge, die Aktualisierung der Verkehrsprognose im
Jahr 2006 sei bei der Schadstoffabschätzung unberücksichtigt geblieben. Diese Rüge verkennt,
dass die zu den ursprünglichen Planunterlagen gehörende Schadstoffprognose (Anlage 10)
durch eine Deckblattfassung (Anlage 10b) ersetzt worden ist; letztere legt den veränderten
Prognosehorizont 2020 und die dafür prognostizierten Verkehrsbelastungswerte zugrunde. Für
die Behauptung, dass dem mit der Prognose betrauten Gutachterbüro insoweit Fehler bei der
Umrechnung von DTVw- in DTV-Werte unterlaufen wären, fehlt es an jedem schlüssigen
Anhaltspunkt.
Ebenso wenig sind die in die Berechnung eingespeisten Werte für Schadstoffvorbelastungen zu
beanstanden. Da zum eigentlichen Trassenbereich Werte nicht zur Verfügung standen, war es
sachgerecht, Rückschlüsse aus an nahegelegenen Messstationen über Jahre hin erhobenen
Daten zu ziehen; angesichts dieser verfügbaren Daten wäre es unverhältnismäßig gewesen, die
Durchführung eines jahrelangen Messprogramms an Ort und Stelle vom Vorhabenträger zu
fordern. Warum in der Schadstoffuntersuchung von den Daten der Jahre 2001 bis 2005
diejenigen der Stationen Hattingen und Ratingen herangezogen und aus ihnen ein Mittelwert
gebildet worden ist, hat der Gutachter Dr. Bö. in der mündlichen Verhandlung schlüssig
begründet. Maßgeblich war ein Vergleich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in
Topographie, Klima und prägender Siedlungsstruktur, der eine Belastungssituation zwischen
derjenigen dieser Messstationen erwarten ließ. Die von Klägerseite erhobene Forderung, statt
dessen auf die Werte der etwas trassennäher gelegenen Station Essen-Schuir zurückzugreifen,
erscheint verfehlt, da sie in einem großstädtischen Ballungsraum liegt, in dem erfahrungsgemäß
deutlich höhere Vorbelastungswerte zu erwarten sind als in dem am Rand kleiner bzw. mittlerer
Städte gelegenen Trassenbereich.
Bereits in der Schadstoffuntersuchung selbst hat das Gutachterbüro Lohmeyer die zugrunde
gelegten Annahmen zur Windgeschwindigkeit schlüssig begründet. Da die Trasse in reliefiertem
Gelände und damit nicht immer in Kuppenlage verläuft, lag es nahe, einen Mittelwert (3,2 m/s)
aus den Werten von Messstationen im Umkreis zu bilden, die einerseits in Tallage (2,4 m/s),
andererseits in Kuppenlage bzw. in ebenem Gelände (3,9 m/s) liegen. Angesichts des
einheitlichen Windregimes, dem die gesamte Region - von solchen Lagebesonderheiten
abgesehen - unterliegt, begegnet dieses Vorgehen keinen Bedenken. Der Hinweis der
Klägerseite auf temporäre Schwachwindlagen steht der Mittelung nicht entgegen, weil
Schwachwindphasen in die kontinuierlichen Messungen eingehen. Dass die Windrichtung nicht
berücksichtigt worden ist, entspricht dem auf eine vereinfachte Abschätzung gerichteten
Prognosemodell nach MLuS 02. Ungenauigkeiten, die sich daraus und ebenso aus der
Nichtberücksichtigung weiterer Einflussfaktoren wie einer möglichen Barrierewirkung oder
Erwärmung der Trasse ergeben, sind mit Rücksicht auf die nach den Erläuterungen des
Gutachters des Beklagten in dem Modell enthaltenen ‚Sicherheitsreserven’ tolerabel. Dass
Lärmschutzanlagen in der Prognose eine Minderungsfunktion zugewiesen worden ist, entspricht
Nr. 3.5 des Merkblatts. Der von Klägerseite unternommene Versuch, unter Berufung auf eine
wissenschaftliche Studie (Esser/Hasselko, Ausbreitung von Luftschadstoffen ohne bzw. mit
Lärmschutzwand, 2000) die Berechtigung dieses Abschlags in Zweifel zu ziehen, kann keinen
Erfolg haben. Nach den schriftsätzlichen Erläuterungen des Beklagten hat die genannte Studie
im Gegenteil selbst aus Messdaten die Minderungsfunktion abgeleitet, die sodann nach
Überprüfung durch den Arbeitskreis Luftverunreinigungen an Straßen der
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. in die MLuS 02 integriert worden
ist. Dem ist die Klägerseite nicht mehr mit Sachgründen entgegengetreten.
(c) Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte aus der Schadstoffprognose
unzutreffende Schlüsse gezogen hat. Der Behauptung von RegioConsult, bei der Anwendung
des Verfahrens komme es nach eigenen Angaben des Büros Lohmeyer zu Abweichungen der
Rechenergebnisse von entsprechenden Messwerten um +/- 20 %, hat der Gutachter des
Beklagten in der mündlichen Verhandlung mit der Erklärung widersprochen, solche
Abweichungen seien von Seiten seines Büros für die überarbeitete Fassung des Verfahrens aus
dem Jahr 2005 weder behauptet noch ermittelt worden. Einer Unterschätzung der
Schadstoffbelastung werde im Rahmen des Verfahrens nach dem Merkblatt durch konservative
Annahmen entgegengewirkt. Für den Vorwurf einer möglichen Unterschätzung des
Belastungsmaßes fehlt es mithin an einem tragfähigen Anhaltspunkt. Unzutreffend ist schließlich
auch der Einwand, die mit dem Verfahren nach MLuS 02 errechneten Jahresmittelwerte ließen
sich nur einer gesamten Fläche zuordnen und erlaubten deshalb keine Rückschlüsse auf die
Belastung am Standort einzelner Gebäude. Das Prognosemodell erlaubt die
Immissionsbestimmung für ‚beliebige Immissionsorte’ in Abhängigkeit des Abstandes vom
Fahrbahnrand (Nr. 3.2.2 MLuS 02). Ein derartiger Immissionsort kann auch ein Gebäude sein.
Da nach allem die Schadstoffprognose mit Hilfe einer anerkannten Methode und deren
Vorgaben entsprechend durchgeführt worden ist, sieht der Senat keinen Anlass, die
prognostizierten Ergebnisse in Frage zu stellen und hierzu weitere Sachaufklärung zu betreiben.
Dies gilt umso mehr, als auch das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen mit seiner fachlichen
Stellungnahme vom 22. Oktober 2006 keine Einwände gegen die Anwendung des
Prognosemodells im Streitfall erhoben hat. Das Amt hat hierzu ausdrücklich betont, die mit dem
Verfahren verbundenen Unsicherheiten der Abschätzung seien durch konservative Ansätze
aufgefangen worden. Dass mit einem aufwendigeren Verfahren exaktere Ergebnisse erzielt
werden könnten, begründet keine rechtlichen Bedenken gegen die Prognose, zumal diese
zunächst nur zur Beurteilung der Frage diente, ob die Bewältigung der Schadstoffproblematik
der Luftreinhalteplanung überlassen werden durfte.“
33 Diesen Ausführungen, die für das Begehren der Kläger entsprechend gelten, ist im Hinblick
auf die Besonderheiten des Streitfalls und der von den Klägern erhobenen Rügen noch
Folgendes hinzufügen:
34 aa) Die Behauptung der Kläger, der lärmtechnischen Untersuchung liege eine
Verkehrsprognose für einen zu kurzen Zeitraum von nur zehn Jahren zugrunde, trifft nicht zu. Sie
verkennt, dass der Vorhabenträger die aktualisierte, auf den Prognosehorizont 2020 abstellende
Verkehrsprognose zur Grundlage der lärmtechnischen Berechnung in ihrer Deckblattfassung
gemacht hat. Dieser Prognosezeitraum entspricht üblichen Gepflogenheiten der
Verkehrsprognosetechnik und begegnet auch im Hinblick darauf, dass im Rahmen der
Bundesverkehrswegeplanung eine weiter ausgreifende, auf den Prognosehorizont 2025
ausgerichtete Verflechtungsprognose erst Ende 2007 vorgelegt worden ist, keinen Bedenken.
35 bb) Ähnliches trifft für die vorgenommene Schadstoffabschätzung zu. Bezugspunkt der
Untersuchung in ihrer Deckblattfassung ist zwar grundsätzlich das Jahr 2013, was seine
Rechtfertigung darin findet, dass nach den nicht bestrittenen Angaben des Beklagten in der
Klageerwiderung die seinerzeit aktuelle Datenbasis für eine Prognose des Schadstoffausstoßes
nur bis zu diesem Jahr reichte. Bezogen auf die Verkehrsbelastung sind aber die in der
aktualisierten Verkehrsprognose gewonnenen Erkenntnisse über Steigerungen bis 2020 in die
Deckblattfassung der Schadstoffuntersuchung einbezogen worden. Dieses Vorgehen ist umso
weniger zu beanstanden, als mit Rücksicht auf die weitere Modernisierung des
Fahrzeugbestandes für die Zeit nach 2013 eher von einem verringerten Schadstoffausstoß der
Fahrzeuge auszugehen ist.
36 Ein Abwägungsfehler wird auch nicht mit der Rüge aufgezeigt, der Beklagte habe bei seiner
grenzwertbezogenen Beurteilung der Luftschadstoffkonzentrationen das Vorsorgeprinzip
missachtet. Wie sich aus den zitierten Ausführungen im Urteil zum Verfahren BVerwG 9 A 39.07
ergibt, ist es mit dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot grundsätzlich vereinbar, die
Bewältigung der Luftschadstoffproblematik dem normativ hierfür vorgesehenen Verfahren der
Luftreinhalteplanung zu überlassen. Wenn dies für den Fall von Grenzwertüberschreitungen
zutrifft, so muss die Planfeststellungsbehörde erst recht befugt sein, (Gesamt-)Belastungen
unterhalb der Grenzwerte ohne nähere Prüfung in ihrer Planungsentscheidung hinzunehmen.
37 Ferner kann nicht dem Einwand der Kläger gefolgt werden, die Schadstoffuntersuchung hätte
auch die Luftschadstoffe Arsen, Cadmium, Nickel und polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe einbeziehen müssen. Die einschlägige Regelung im Zweiten Teil der 22.
BImSchV ist erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in Kraft getreten. Auch die
zugrunde liegende Richtlinie 2004/107/EG vom 15. Dezember 2004 (ABl EG L 23 S. 3) konnte
für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde noch keine unmittelbare Wirkung entfalten,
obwohl die nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie bis zum 15. Februar 2007 reichende
Umsetzungsfrist bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bereits abgelaufen war. Für eine
Direktwirkung der Richtlinie fehlt es nämlich an dem Erfordernis hinreichender inhaltlicher
Bestimmtheit (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Januar 1982 - Rs. C-8.81 - Slg. 1982, 53 Rn. 25).
Die in der Richtlinie enthaltenen Zielwerte für die genannten Stoffe gewinnen ihre Aussagekraft
erst in Verbindung mit dem der Ermittlung der Schadstoffbelastung zugrunde zu legenden
Referenzverfahren. Die Richtlinie verzichtet in ihrem Anhang V mit Rücksicht auf noch laufende
Normungsarbeiten auf die Festlegung einer bestimmten Referenzmethode mit der Folge, dass
den Mitgliedstaaten die Methodenwahl überlassen bleibt.
38 Auch das gemeinschaftsrechtliche Verbot, die Richtlinienziele zu unterlaufen und vollendete
Tatsachen zu schaffen, die die Erfüllung der durch die Richtlinie begründeten Pflichten
unmöglich machen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - Rs. C-129/96 - Slg. 1997, I-7411
Rn. 45), machte es nicht notwendig, die in Rede stehenden Luftschadstoffe in die Untersuchung
einzubeziehen. Die Richtlinie 2004/107/EG enthält keine Grenzwerte, sondern bloße Zielwerte,
die gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie ab dem 31. Dezember 2012 nicht überschritten werden
sollen. Als Zielwert definiert Art. 2 Buchst. a der Richtlinie die nach Möglichkeit in einem
bestimmten Zeitraum zu erreichende Immissionskonzentration, die mit dem Ziel festgelegt wird,
die schädlichen Einflüsse auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt zu
vermeiden, zu verhindern oder zu verringern. Die Bindungswirkung von Zielwerten ist demnach
gegenüber derjenigen von Grenzwerten deutlich relativiert. Nimmt man hinzu, dass Art. 3 der
Richtlinie das staatliche Vorgehen zur Einhaltung der Zielwerte von einer vorherigen
gebietsbezogenen Erhebung der bestehenden Schadstoffbelastungen abhängig macht, so kann
keine Rede davon sein, dass der Verzicht auf die Untersuchung der vorgenannten Schadstoffe
in dem bei Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar vor dem Abschluss stehenden
Planfeststellungsverfahren das Richtlinienziel unterlief.
39 cc) Die Kläger rügen außerdem, der Planfeststellungsbeschluss treffe keine ausreichende
Vorsorge zum Schutz ihrer Trinkwassergewinnungsanlage und zur Aufrechterhaltung ihrer
Grundstückszuwegung während der Bauphase. Abgesehen davon, dass in dieser Hinsicht
bestehenden Defiziten der Planung durch Planergänzung abgeholfen werden könnte und
deshalb unter diesen Gesichtspunkten weder die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses
noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit in Betracht kommt, sind
die betreffenden Einwände auch in der Sache nicht berechtigt. Zum Schutz vor
Grundwasserverunreinigungen gibt der Planfeststellungsbeschluss dem Vorhabenträger
ausdrücklich auf, bei der Bauausführung die erforderliche Sorgfalt anzuwenden und die
einschlägigen gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Bestimmungen einzuhalten (Nr. 5.1.1).
Diese allgemeine Schutzauflage wird flankiert durch die Anordnung von Informationspflichten
gegenüber den Wasserbehörden vor Baubeginn (Nr. 5.1.1) und die Anordnung,
Brunnenstandorte in den Bauausführungsplänen darzustellen (Nr. 5.1.4). Damit bietet der
Planfeststellungsbeschluss die hinreichende Gewähr, dass Kontaminationen der
Brunnenanlage unterbleiben. Eine gesicherte Zuwegung zum Anwesen der Kläger hat der
Vorhabenträger bereits im Erörterungstermin zugesagt. Durch Bezugnahme im
Planfeststellungsbeschluss (unter B. 5.3.16.8) hat die Planfeststellungsbehörde die
Verantwortung für die Einhaltung dieser Zusage übernommen.
40 2. Der zweite Hilfsantrag, das Gericht möge den Beklagten verpflichten, den
Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche Anordnungen zum Schutz der Kläger bei
Verkehrsunfällen und gegen Lärmeinwirkungen zu ergänzen, ist gleichfalls unbegründet. Die
Versagung weitergehender Maßnahmen zur Absturzsicherung auf der benachbarten Brücke
über den Ganslandsiepen und zum Schutz des Anwesens der Kläger vor
Lärmbeeinträchtigungen verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
41 a) Durch Planergänzung in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte verbindlich
festgelegt, dass die an der Brücke anzubringenden Sicherungen den Sicherheitsstandard der
Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS - Entwurf
Stand Mai 2007) für die darin bezeichnete Aufhaltestufe H4B gewährleisten. Es handelt sich
dabei um die höchste Aufhaltestufe (vgl. Tabelle 5 unter Nr. 3.5.1.1 der Richtlinien); sie soll zur
Anwendung kommen auf Autobahnen mit einer zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h und
mehr an Gefahrenstellen der höchsten Gefährdungsstufe (vgl. Nr. 3.3 der Richtlinien:
Gefährdungsstufe 1: schutzbedürftige Bereiche mit besonderer Gefährdung Dritter, z.B.
explosionsgefährdete Chemieanlagen, intensiv genutzte Aufenthaltsbereiche, nebenliegende
Schnellbahnstrecken mit zugelassen Geschwindigkeiten über 160 km/h, einsturzgefährdete
Bauwerke). Da die Gefährdungssituation auf dem Grundstück der Kläger hinter diesen
Einsatzbedingungen zurückbleibt, erhalten sie mithin nach dem Maßstab der Richtlinien einen
sogar überobligatorischen Schutz. Soweit dennoch ein Restrisiko verbleibt (vgl. Anhang 3
Tabellen A1 und A2), ist dessen Hinnahme zumutbar und begründet deshalb gemäß § 74 Abs. 2
VwVfG keinen weitergehenden Schutzanspruch.
42 b) Ein Anspruch auf Schallschutz nach § 41 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 der 16. BImSchV
steht den Klägern ebenfalls nicht zu. Die nach § 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 der 16.
BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwerte von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts werden
eingehalten. Die ermittelten Pegel durften der Beurteilung zugrunde gelegt werden. Die
Lärmprognose beruht - wie ausgeführt - auf ordnungsgemäß prognostizierten
Verkehrsbelastungszahlen und begegnet auch sonst keinen durchgreifenden Bedenken.
43 C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1
ZPO.
Dr. Storost
Dr. Nolte
Domgörgen
Buchberger
Dr. Christ