Urteil des BVerwG vom 19.05.2004

BVerwG: aufhebung der sperre, wiedereinsetzung in den vorigen stand, in dubio pro reo, rufnummer, erschwerende umstände, karte, missbrauch, täterschaft, besitz, heimatort

Rechtsquellen:
BBG
§ 54 Sätze 2 und 3, § 55 Satz 2, § 77 Abs. 1 Satz 1
StPO
§ 170 Abs. 2
Stichworte:
Technischer Fernmeldehauptsekretär; Missbrauch eines Diensthandys zu privaten
Zwecken mit einem hohen Gebührenaufkommen; erdrückende Indizienkette; Miss-
brauch durch Dritte auszuschließen; Schweigen des Beamten in der Hauptverhand-
lung; keine durchgreifenden Milderungsgründe ersichtlich; Disziplinarmaß: Entfer-
nung aus dem Dienst.
Urteil des 1. Disziplinarsenats vom 19. Mai 2004 - BVerwG 1 D 17.03
I. BDiG, Kammer I - ... -, vom 12.03.2003 - Az.: BDiG I VL 27/02 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 1 D 17.03
BDiG I VL 27/02
In dem Disziplinarverfahren
g e g e n
den Technischen Fernmeldehauptsekretär ... ,
...,
hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 19. Mai 2004,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesverwaltungsgericht
M a y e r
- 2 -
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r ,
Bundesbahnbetriebsinspektorin S o m m e r r e i ß e r
und Postbetriebsinspektorin M a n d e r y
als ehrenamtliche Richterinnen
sowie
Postoberrätin ... ,
...,
als Vertreterin der Einleitungsbehörde,
Rechtsanwalt ...,
als Verteidiger,
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Berufung des Technischen Fernmeldehauptsekretärs
... gegen das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer I
- .... -, vom 12. März 2003 wird auf seine Kosten zurückgewie-
sen.
G r ü n d e :
I.
1. In dem ordnungsgemäß eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren hat der
Bundesdisziplinaranwalt den Beamten angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen
begangen zu haben, dass er entgegen der dienstlichen Anordnung, dienstliche Mo-
bilfunktelefone nur zu dienstlichen Zwecken zu nutzen,
- 3 -
1. in dem Zeitraum vom 1. Oktober 1997 bis 30. Januar 1998 mit seinem
Diensthandy Privatgespräche zu 0190-Service-Anbietern führte und dadurch
einen Gesamtschaden von insgesamt 23 042,86 DM zum Nachteil seiner
Dienstherrin verursachte,
2. in der Zeit vom 21. bis 27. Juli 1998 mit dem ihm in dieser Zeit anvertrauten
dienstlichen Mobilfunktelefon seines Kollegen B. Privatgespräche zu
0190-Service-Rufnummern tätigte und hierdurch seiner Dienstherrin einen
Schaden von insgesamt 847,72 DM zufügte.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat den Beamten durch Urteil vom 12. März 2003
aus dem Dienst entfernt und ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v.H. seines
erdienten jeweiligen Ruhegehalts auf die Dauer von 12 Monaten bewilligt. Es hat
folgenden Sachverhalt festgestellt und folgende disziplinarrechtliche Würdigung vor-
genommen:
Der Beamte war im Zeitraum Oktober 1997 bis Juli 1998 im Ressort PDM (Produk-
tion von Datenkommunikation und Mehrwertleistung) tätig. Zur Erfüllung dienstlicher
Aufgaben wurde ihm von seinem Dienstvorgesetzten, dem Zeugen S., Anfang Mai
1997 ein Mobil-Telefon mit der D1-Rufnummer ... zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig
wurde er mündlich darüber belehrt, dass das Gerät ausschließlich zu dienstlichen
Zwecken genutzt werden dürfe. Erlaubt seien allerdings im Rahmen von Montage-
aufträgen kurze Anrufe zu Hause. Der Zugang zu dem Mobil-Telefon war durch eine
PIN geschützt. Diese Geheimnummer war nur dem Beamten bekannt. Von Oktober
1997 bis Januar 1998 liefen über dieses Mobil-Telefon Verbindungsentgelte in einer
Gesamthöhe von über 23 000 DM auf, die nur von dem Beamten geführt worden
sein könnten. Während die Gebührenaufkommen für das Dienst-Handy des Beam-
ten in den Monaten Mai bis August 1997 im Durchschnitt ca. 100 DM betrugen, stei-
gerte sich das Gebührenaufkommen im September 1997 auf 553 DM und erreichte
dann im Oktober 1997 4 482,41 DM, im November 1997 9 063,61 DM, im Dezem-
ber 1997 4 395,89 DM und im Januar 1998 schließlich 7 400,95 DM. Während für
die Monate Oktober bis Dezember 1997 keine Einzelverbindungsnachweise mehr
gesichert werden konnten, lag ein solcher Einzelverbindungsnachweis der Deut-
schen Telekom T-Mobil für das Dienst-Handy des Beamten für den Januar 1998 vor.
Daraus war abzulesen, dass vor allem die Rufnummern 0190/..., 0190/... sowie ver-
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einzelt auch die Rufnummern 0190/... und 0190/... angerufen wurden. Zwischen-
durch wurde auch die Mail-Box des Beamten mit der Rufnummer ..., die Dienststelle
des Beamten mit der Rufnummer 069/... oder auch die private Telefonnummer des
Beamten ... angerufen. Bei den fraglichen 0190-Nummern handelte es sich im Falle
der Rufnummer ... um einen Informationsdienst Chat/Dating. Die Rufnummer
0190/... bietet ebenfalls Chat/Dating-Leistungen an. Der Minutenpreis betrug
3,17 DM. Das Mobil-Telefon des Beamten wurde am 2. Februar 1998 gesperrt und
am 20. Februar 1998 wieder entsperrt. Während und nach der Sperrung des Gerä-
tes waren weitere Verbindungsentgelte/Verbindungsdaten nicht angefallen.
Bei einer Gegenüberstellung der jeweiligen Funkbereiche, in denen Telefonanrufe
von dem Handy des Beamten registriert wurden, und dem Aufenthaltsort laut Perso-
naleinsatzplan des Beamten ergab sich die Deckungsgleichheit zwischen Funkbe-
reich und Aufenthaltsort. So war festzustellen, dass anlässlich einer Dienstreise des
Beamten von seinem Wohnort in G. über P. und D. mit Ankunft am 12. Januar 1998
ab 16.30 Uhr in R. vier Gespräche zwischen 20.28 Uhr und 00.37 Uhr im Funkbe-
reich R. registriert wurden. Die angewählten Rufnummern waren die 0190/...XXX und
0190/...XXX. Nach der Weiterfahrt am 13. Januar 1998 nach S. mit Ankunft dort ab
14.30 Uhr wurden Gespräche im Funkbereich S. ab 14.57 Uhr registriert. Der Beam-
te trat die Rückfahrt (am Folgetag) gegen 13.00 Uhr an und erreichte seinen Hei-
matort G. gegen 16.30 Uhr. Wiederum war festzustellen, dass um 15.56 Uhr und
16.03 Uhr Gespräche im Funkbereich M. anfielen, die dem Aufenthaltsort des Beam-
ten zugewiesen werden konnten.
Anlässlich einer Dienstreise vom 7. Januar 1998 nach K. konnte festgestellt werden,
dass von 06.29 Uhr bis 06.42 Uhr vier Gespräche im Bereich des Funkbereichs G.
geführt wurden. Laut Personaleinsatzplan war der Beamte von 06.30 Uhr bis
09.00 Uhr auf der Fahrt von G. nach K. Er fuhr dann über D. weiter nach W., wo er
gegen 17.45 Uhr ankam. Zwischen 18.25 Uhr und 08.01 Uhr des Folgetages wurden
zehn Gespräche im Funkbereich W. festgestellt. Von 09.00 Uhr bis 13.00 Uhr war
der Beamte in W. tätig und fuhr gegen 13.00 Uhr bis 15.30 Uhr zurück nach G., wo
gegen 16.25 Uhr wieder Anrufe zu 0190-Rufnummern im Funkbereich G. registriert
wurden. Auch konnte festgestellt werden, dass zum Teil der Funkbereich L. aktiviert
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wurde, der auch auf dem Weg des Beamten von seinem Heimatort zur Dienststelle
berührt wurde.
Kurz vor Weihnachten stellte ein Mitarbeiter im Ressort des Beamten fest, dass die
Stimme auf der Mail-Box des Beamten verzerrt geklungen habe, nämlich lallend und
wie unter Alkohol. Bei einem weiteren Anruf sei die Stimme zunächst wieder normal,
kurze Zeit später im Januar 1998 jedoch wieder verzerrt gewesen.
Der Zeuge B., ebenfalls ein Kollege des Beamten, ließ am 10. Juli 1998, an seinem
letzten Arbeitstag vor seinem Erholungsurlaub, sein Mobil-Telefon mit der Nummer
0171/... versehentlich in dem Dienstfahrzeug liegen, das er noch an der Dienststelle
ablieferte. Dieses Mobil-Telefon wurde von dem Zeugen P. am 13. Juli 1998 in die-
sem Fahrzeug gefunden, der es am 20. Juli 1998 dem Beamten übergab. Der Be-
amte hatte sich bereit erklärt, das Mobil-Telefon zu übernehmen, um herauszufin-
den, welchem Kollegen der Dienststelle dieses Mobil-Telefon zuzuordnen sei. Dieses
Mobil-Telefon war nicht durch eine PIN geschützt, sodass es von jedermann in Be-
trieb genommen werden konnte. Am 28. Juli 1998 erhielt der Zeuge B. sein Mo-
bil-Telefon zurück. In der Zwischenzeit waren zwischen dem 21. und dem 27. Juli
1998 14 Gespräche mit 0190-Service-Rufnummern geführt worden mit einem Ge-
samt-Gebührenaufkommen von 847,72 DM. Die angewählte Rufnummer war aus-
schließlich die 0190/...XXX. Zusätzlich wurden drei weitere Gespräche geführt,
zweimal zur Nummer 3XXX und einmal zur 06198/...XXX. Nachdem das Mo-
bil-Telefon am 13. Juli 1998 gefunden worden war, stellte der Zeuge P. fest, dass
der Akku nahezu erschöpft war. Mitten in einem Gesprächsversuch brach die Ver-
bindung ab.
Auch bezüglich dieser Telefonate stimmten die jeweiligen Funkbereiche überein mit
dem Einsatzort des Beamten bzw. nach Dienstschluss mit seinem Heimatort. Nach
Rückgabe des Mobil-Telefons an den Zeugen B. fielen dort keine weiteren Gesprä-
che zu 0190-Rufnummern an.
Der Beamte hat bestritten, die fraglichen Anrufe von seinem Dienst-Mobil-Telefon
bzw. von dem Mobil-Telefon des Zeugen B. geführt zu haben. Er hat bestätigt, dass
er bei der Aushändigung des Telefons mündlich darüber belehrt worden ist, dass
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dieses nur dienstlich genutzt werden dürfe, abgesehen von gelegentlichen kurzen
Rückrufen bei einem Montageeinsatz. Die Unterlagen über die PIN habe er vernich-
tet und diese sei nur ihm bekannt gewesen. Nur einmal im Dezember 1997 habe er
einem Kollegen sein Handy unter Mitteilung der PIN ausgeliehen. Er hat ausgeführt,
er könne sich die unter der Rufnummer seines Mobil-Telefons geführten Gespräche
nicht erklären. Er gehe jedoch davon aus, dass es für Spezialisten nicht unmöglich
sei, in fremde Netze missbräuchlich einzudringen. Für das Vorliegen eines Miss-
brauchs spreche unter anderem die von dem Zeugen S. festgestellte verzerrte und
lallend klingende Stimme auf seiner Mail-Box. Auch seine Ehefrau habe dies festge-
stellt, damals habe er sich diesbezüglich keine Gedanken gemacht. Der Beamte hat
zudem eingeräumt, das Mobil-Telefon des Zeugen B. von dem Zeugen P. in Emp-
fang genommen zu haben, um den Berechtigten ausfindig zu machen. Dies sei ihm
nicht gelungen, so dass er das Gerät in seiner Schreibtischschublade verwahrt habe.
Diese sei tagsüber geöffnet gewesen und erst bei Dienstschluss zugeschlossen
worden. Das Dienstzimmer habe er sich mit weiteren vier Kollegen geteilt. Hier sei
ein wechselnder Personenkreis in dem Raum vorhanden gewesen. Er habe das Mo-
bil-Telefon auch nicht benutzen können, da der Akku leer gewesen sei und er es
nicht habe aufladen können. Er habe auch diese Gespräche nicht geführt. Am
21. und 22. Juli 1998 seien die Anrufe vom Funkbereich F. und außerhalb seiner
Arbeitszeit geführt worden, während er bereits zu Hause gewesen sei. Am 23. Juli
1998 sei er zum Zeitpunkt des Anrufs nachweislich mit seiner Ehefrau zu Hause ge-
wesen. Am 24. Juli 1998 habe er bis 14.30 Uhr an seiner Dienststelle gearbeitet und
habe daher nicht die Gespräche im Funkbereich N., H. und L. führen können. Bei
den abendlichen Telefonaten an diesem Tag habe er mit seiner Ehefrau Besuch von
deren Arbeitskollegin gehabt. Am 27. Juli 1998 liege der Zeitpunkt des Anrufs wie-
derum außerhalb der Arbeitszeit, so dass er nicht im Funkbereich anwesend gewe-
sen sei.
Darüber hinaus hat der Beamte darauf hingewiesen, dass auch bei seinem Fest-
netzanschluss an seiner Wohnadresse Telefonate mit 0190-Nummern gebucht wor-
den seien, die weder er noch seine Ehefrau geführt hätten. Hier fielen Gebühren in
Höhe von 7 185,19 DM an, die die Deutsche Telekom AG vor dem Amtsgericht G.
gegen den Beamten und seine Ehefrau mit einer Zivilklage durchsetzte. Mit Urteil
des Amtsgerichts G. vom 11. Mai 2000 - 55 C 1631/99 - wurden der Beamte und
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seine Ehefrau als Gesamtschuldner zur Zahlung von 7 185,19 DM plus 4 % Zinsen
seit dem 6. September 1997 verurteilt. Die von dem Beamten hiergegen eingelegte
Berufung wies das Landgericht H. mit Urteil vom 15. März 2001 zurück - 2 S
197/00 -. Das Landgericht H. hat hierbei ausgeführt, dass zwar nicht der Beweis des
ersten Anscheins für die Deutsche Telekom AG spreche, die Gesamtwürdigung der
festgestellten einzelnen Indizien jedoch die Korrektheit der Gebührenfassung belege.
So hätten die Beklagten unter anderem ein am 6. Juli 1997 um 17.21 Uhr geführtes
Gespräch über eine Minute und 44 Sekunden anerkannt und das um 17.23 Uhr mit
der Service-Nummer 0190 geführte Gespräch bestritten. Ein ähnlich enger zeitlicher
Zusammenhang sei auch am 24. April 1997 um 17.23 Uhr mit einer privaten Num-
mer und um 17.25 Uhr mit einer 0190-Rufnummer feststellbar. Ein weiteres Indiz
seien auch die von dem Beamten von seinem Dienst-Mobil-Telefon aus geführten
Telefonanrufe, wobei es sich um die gleichen Rufnummern handele wie von seinem
Festnetzanschluss aus.
Nach Auffassung der Vorinstanz ist die Einlassung des Beamten nicht geeignet, die
Überzeugung des Gerichts von seiner Täterschaft in erheblichem Maß zu erschüt-
tern. So habe der Beamte selbst ausgeführt, dass er sein Mobil-Telefon weder verlo-
ren noch im Wesentlichen anderweitig verliehen habe. Die von dem Beamten einge-
räumte Übergabe an einen Kollegen im Dezember 1997 sei hier nicht relevant, da
bereits im Oktober und November streitige 0190-Rufnummern angerufen wurden. Es
lägen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Mobil-Telefon des Beamten
von einem Dritten direkt missbräuchlich hätte genutzt werden können.
Weiteres wichtiges Indiz sei der Umstand, dass die Funkbereiche, die die Telefonate
des Mobiltelefons registrierten, jeweils zu dem Aufenthaltsort des Beamten passten.
Hierbei seien weniger die Telefonate von Interesse, die im Bereich des Wohnortes
bzw. der Dienststelle registriert wurden. Vielmehr seien als schwerwiegendes Indiz
die Anrufe zu werten, die gerade mit den Dienstreisen des Beamten übereinstimm-
ten. So wurden jeweils bei Dienstreisen nach R. und S. entsprechende Kontakte zum
dortigen Funkbereich festgestellt, wie dies auch für eine Dienstreise nach K. und W.
gelte.
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Weiteres Indiz sei der Umstand, dass private Anrufe, die nachweislich dem Beamten
zugeordnet werden könnten, wie etwa zu seiner Mail-Box oder auch zu seinem priva-
ten Festnetzanschluss, in zeitlicher Nähe zu Telefonaten mit 0190-Nummern stattge-
funden hätten. Dies sei zum Beispiel am 7. und 8. Januar 1998 der Fall. Hier hätte
ein unbekannter Täter dem Beamten quasi das Telefon aus der Hand reißen müs-
sen, um sofort danach seine Gespräche zu führen. Solches sei weder vom Beamten
vorgetragen worden noch wäre es in dieser Häufung glaubhaft.
Weiterhin seien während der Sperre des Telefons zwischen dem 2. und 20. Februar
1998 und auch danach keine Gespräche aufgelaufen. Dies könne zwar damit erklärt
werden, dass ein eventueller Missbrauchsversuch ab dem 2. Februar 1998 technisch
nicht möglich gewesen sein könne und ein möglicher Dritter danach weitere Versu-
che aufgegeben habe. Allerdings würde dies einen Missbrauch voraussetzen, ohne
das Mobil-Telefon zu besitzen, wofür in technischer Hinsicht keine Anhaltspunkte
ersichtlich seien. Demnach falle dieses Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung auch
nachteilig für den Beamten aus.
Zudem sei nicht nur das Mobil-Telefon des Beamten betroffen gewesen, sondern
zusätzlich auch der private Festnetzanschluss und das Mobil-Telefon des Zeugen B.
Von beiden weiteren Anschlüssen wurden die gleichen Rufnummern angewählt, wie
dies auch bei dem Mobil-Telefon des Beamten der Fall war, nämlich im Wesentli-
chen die 0190/... oder 0190/... Bezüglich des Mobil-Telefons des Zeugen B. sei es
ein schwerwiegendes Indiz, dass die fraglichen Telefondienste gerade in dem Zeit-
raum der Obhut des Beamten stattfanden. Er erhielt das Mobil-Telefon am 20. Juli
1998 ausgehändigt und gab es am 28. Juli 1998 an den Zeugen B. zurück. Die frag-
lichen Anrufe lagen genau im Zeitraum zwischen dem 21. und dem 27. Juli 1998.
Diese Fülle von aufeinander bezüglichen Indizien und der enge Zusammenhang in
der zeitlichen Abfolge sprächen gegen einen Missbrauch durch einen unbekannten
Dritten. Gerade im Falle des Mobil-Telefons des Zeugen B. stelle sich die Frage, wa-
rum dieser unbekannte Täter seine illegalen Anrufe gerade in der Zeit durchführe, in
der die Obhut über das Mobil-Telefon bei dem Beamten gelegen habe. In der Zeit
des Besitzes durch den Zeugen P. und nach der anschließenden Rückgabe an den
Zeugen B. seien keine kritischen Telefonate mehr geführt worden. Ein unbekannter
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Täter hätte also genau wissen müssen, wann der Beamte das ihm fremde Mo-
bil-Telefon erhalten und wann er es zurückgegeben hatte.
Aber auch für die Art des Missbrauchs gebe es keinerlei Anhaltspunkte, so die Vor-
instanz. Ein technischer Missbrauch wäre zunächst denkbar gewesen durch ein so
genanntes Klonen der SIM-Karte. Hierfür hätte der unbekannte Täter das Mo-
bil-Telefon über einen längeren Zeitraum in der Hand haben müssen. Die Beweis-
aufnahme habe ergeben, dass hierzu ein Besitz über mehrere Stunden mit aufwän-
diger Technik notwendig gewesen wäre, um die entsprechenden Daten herauszufin-
den und anschließend eine neue SIM-Karte herzustellen. Da der Beamte nach sei-
nen eigenen Angaben sein Mobil-Telefon nie weggegeben, verloren oder sonst ver-
misst habe, könne eine solche Missbrauchsvariante ausgeschlossen werden. Auch
die Möglichkeit, dass ein etwaiger Händler bereits vor erstmaliger Abgabe des Mo-
bil-Telefons die SIM-Karte kopiert hatte, könne ausgeschlossen werden, nachdem
die dienstlich in der Dienststelle des Beamten verwendeten Mobil-Telefone direkt
vom Hersteller ausgeliefert wurden, ohne dass ein Händler eingeschaltet gewesen
sei. Dies habe der Vertreter der Einleitungsbehörde, der Zeuge A., in der Hauptver-
handlung erklärt, ohne dass der Beamte dem entgegengetreten sei.
Selbst wenn unterstellt würde, dass die SIM-Karte des Mobil-Telefons des Beamten
kopiert worden wäre, so hätte der unbekannte Täter darüber hinaus gewusst haben
müssen, wann genau der Beamte auf Dienstreise sei. Er hätte für diesen Fall sich
ebenso wie der Beamte in den entsprechenden Funkbereich begeben müssen, da
eindeutig feststehe, dass bei Verwendung einer kopierten SIM-Karte und bei Ein-
wählversuchen eines damit ausgestatteten Mobil-Telefons der Funkbereich den An-
ruf registriere, in dessen Zuständigkeitsbereich sich das Mobil-Telefon befinde. Der
unbekannte Täter hätte also mit dem Beamten mitreisen müssen, um die fraglichen
Gespräche, die im Funkbereich etwa am Standort S. oder W. registriert worden sei-
en, zu erklären. Auch hierfür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Eine solche Erklärung
sei vielmehr objektiv höchst unwahrscheinlich.
Als Missbrauchsmöglichkeit käme somit höchstens in Betracht, dass sich ein unbe-
kannter Täter über ein eigenes Mobil-Telefon oder direkt über das Netz der Deut-
schen Telekom AG quasi auf die Rufnummer des Beamten "aufgeschaltet" hätte.
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Abgesehen davon, dass es hierzu keinerlei Erfahrungswerte oder bisherige Vor-
kommnisse gegeben habe, spreche hiergegen, dass dieser unbekannte Täter zu-
sätzlich auch den Funkbereich hätte generieren müssen, in dem sich angeblich das
Mobil-Telefon und der Beamte befunden hätten. Der unbekannte Täter hätte also
wiederum genau wissen müssen, dass sich der Beamte auf Dienstreise etwa in W.
befand. Er hätte nunmehr die Registrierung im Funkbereich und alle weiteren An-
meldungsdaten generieren müssen. Der hierfür erforderliche technische Aufwand
und die Machbarkeit einer solch weitgehenden Manipulation im Telefonnetz der
Deutschen Telekom AG könne unter Zugrundelegung vernünftiger Maßstäbe ausge-
schlossen werden. Dies gelte umso mehr, als der Aufenthaltsort des Beamten über
sein Handy nicht ermittelt werden könne, wenn er dies ausgeschaltet mit sich führe,
so wie er dies für die Abende seiner Dienstreisen angegeben habe.
Aber selbst wenn eine solche technische Manipulation unterstellt werden könnte, so
könnte hieraus immer noch nicht erklärt werden, warum gleich drei dem Beamten
zugängliche Telefonanschlüsse einer solchen missbräuchlichen Verwendung unter-
zogen worden sein sollten. Es stelle eine solche Häufung von "Zufällen" dar, dass
zuerst der Festnetzanschluss des Beamten, später sein eigenes Mobil-Telefon und
schließlich das zufällig von seinem Kollegen erhaltene dienstliche Mobil-Telefon je-
weils den gleichen Manipulationen eines unbekannten Dritten unterzogen worden
sein sollten, dass dies insgesamt bei vernünftiger Würdigung als unglaubhaft zu be-
zeichnen sei. Dies gelte gerade in Bezug auf das Mobil-Telefon des Zeugen B., das
dem Beamten lediglich für eine Woche zur Verfügung gestanden habe. Genau in
dieser Woche seien die Anrufe geführt worden. Dies habe ein unbekannter Täter
nicht wissen können.
Auch das von dem Beamten angesprochene negative Indiz des Anrufs vom
16. Januar 1998 um 13.36 Uhr spreche nicht dagegen. Zwar sei der Beamte laut
Personaleinsatzplan bis 13.30 Uhr im Dienst gewesen und hätte bis 13.36 Uhr von
seiner Dienststelle aus den Funkbereich M. nicht erreichen können. Allerdings sei
der Aufenthaltszeitpunkt des Beamten in der Dienststelle bis 13.30 Uhr nicht tech-
nisch beweissicher festgestellt worden. Vielmehr beruhten diese Angaben auf eige-
nen Vermerken des Beamten und seien nicht objektivierbar. Es könne also durchaus
sein, dass der Beamte bereits früher die Dienststelle verlassen habe. Auch sei der
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Funkbereich der Funkstation M. sehr groß, so dass der Beamte relativ früh in diesen
Funkbereich hineingekommen sein könne.
Auch der Umstand, dass der Beamte spätestens seit dem 23. Januar 1998 Kenntnis
von den auffälligen Gebührenständen seines Mobil-Telefons hatte und dennoch wei-
tere Gespräche anfielen, spreche nicht entscheidend für den Beamten. Zwar wäre
eine einleuchtende Erklärung, dass ein ertappter Täter mit seinem weiteren Verhal-
ten aufhöre. Andererseits wäre gerade das Aufhören auch ein Indiz dafür gewesen,
dass er tatsächlich selbst der Täter gewesen sei.
Auch der Umstand, dass die privaten Verhältnisse des Beamten geordnet seien, ins-
besondere keine Streitigkeiten oder Zerrüttungen in seiner Ehe bekannt seien, spre-
che nicht entscheidend gegen eine Täterschaft des Beamten. Auch in intakten Ehen
sei es nicht ausgeschlossen, dass sich der eine oder andere Ehepartner anderweitig
zerstreue, indem er etwa wie hier Dating- oder Chat-Dienste anrufe und hier Flirt-
Gespräche oder ähnliche Gespräche führe. Dem Gericht sei bekannt, dass auch ein
solches Verhalten wie hier durchaus bis hin zu suchtähnlichen Zuständen führen
könne. Möglicherweise habe sich dem Beamten eine Möglichkeit der Freizeitgestal-
tung geboten, die zu beenden er trotz der hohen Preise psychisch nicht in der Lage
gewesen sei. Nachdem dies über den privaten Anschluss nicht mehr ohne Auffällig-
keit gegenüber der Ehefrau möglich gewesen sei, sei er dann auf das dienstliche
Mobil-Telefon ausgewichen, das nicht mehr der Kontrolle seiner Ehefrau unterlegen
habe.
Letztlich seien Spekulationen über die Motivation des Beamten nicht entscheidungs-
erheblich, sondern versuchten nur die Verhaltensweise des Beamten mit einer mög-
lichen Erklärung zu unterlegen. Vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Beamten
schwiegen in diesem Fall jedoch, da die Gesamtumstände (drei betroffene Telefon-
anschlüsse, Übereinstimmung von Aufenthaltsort und Funkbereich, zeitliche Nähe
von privaten und Telefondienst-Gesprächen, kein denkbarer technischer Miss-
brauch) vernünftigerweise keinen anderen Schluss zuließen, als den, dass der Be-
amte die ihm vorgehaltenen Telefonanrufe selbst geführt habe.
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Das Bundesdisziplinargericht hat die Handlungsweise des Beamten als vorsätzlichen
Verstoß gegen die ihm obliegenden Pflichten zur uneigennützigen Verwaltung seines
Amtes, zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten sowie zur Beachtung
dienstlicher Anordnungen (§ 54 Sätze 2 und 3 BBG, § 55 Satz 2 BBG) und als inner-
dienstliches Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG gewertet, das so
schwer wiege, dass seinem Dienstherrn seine Weiterbeschäftigung nicht weiter zu-
gemutet werden könne. Das Vertrauensverhältnis sei zerstört. Auch wenn es für
Fehlverhalten der vorliegenden Art keine Regelmaßnahme gebe, machten erschwe-
rende Umstände, wie die lange Laufzeit des pflichtwidrigen Verhaltens und der ver-
ursachte hohe Schaden von nahezu 24 000 DM die Entfernung des Beamten aus
dem Dienst unausweichlich.
3. Gegen dieses Urteil hat der Beamte Berufung eingelegt und beantragt, ihn freizu-
sprechen, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils auf eine mildere
Maßnahme zu erkennen. Die Berufung wird im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Vorinstanz habe es unterlassen, den Sachverhalt umfassend aufzuklären, insbe-
sondere, ob Dritte die in Frage stehenden Gespräche zu seinen Lasten geführt ha-
ben könnten, ohne dass er hieran mitgewirkt habe. Selbst wenn er die ihm vorgewor-
fene Tat begangen hätte, wäre die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht ange-
messen.
II.
Die nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige Berufung des Beamten
ist zurückzuweisen.
Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, das heißt auch nach In-Kraft-
Treten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensre-
geln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Über-
gangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002,
1515).
- 13 -
1. Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt, da der Beamte bestreitet, das ihm
vorgeworfene Dienstvergehen begangen zu haben. Der Senat hat daher den
Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarisch zu würdigen.
2. Der Senat kommt nach erneuter Überprüfung des dem Beamten vorgeworfenen
Sachverhalts zu den gleichen Feststellungen wie das Bundesdisziplinargericht. Den
äußeren Geschehensablauf hat der Beamte ohnehin nicht bestritten. Die Vorinstanz
hat eine umfängliche und sorgfältige Beweiswürdigung vorgenommen, die keine
Fehler erkennen lässt. Zur Überzeugung des Senats steht ebenfalls mit einer an Si-
cherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, das heißt mit einer Gewissheit, die vernünf-
tige Zweifel ausschließt, fest, dass der Beamte im Anschuldigungspunkt 1 die Privat-
gespräche zu 0190-Service-Anbietern mit seinem Diensthandy und im Anschuldi-
gungspunkt 2 gleichartige Gespräche vom dienstlichen Mobilfunktelefon seines Kol-
legen B. geführt und hierdurch einen Gesamtschaden in Höhe von knapp 23 900 DM
zum Nachteil seines Dienstherrn verursacht hat. Der Senat gründet seine Überzeu-
gung auf folgende nahezu erdrückende Indizien:
- Nur dem Beamten war die PIN-Nummer seines Dienst-Handys bekannt;
- Deckungsgleichheit zwischen Funkbereich der geführten Telefongesprä-
che und Aufenthaltsort des Beamten, insbesondere auch während seiner
Dienstreisen;
- der Beamte hat die gleichen 0190-Rufnummern zeitlich zuvor auch von
seinem privaten Festnetzanschluss angewählt und wurde zivilrechtlich in
zwei Instanzen rechtskräftig zur Bezahlung verurteilt;
- dem Beamten zuzuordnende private Anrufe haben zeitlich unmittelbar
nach den angewählten 0190-Nummern stattgefunden;
- auch in der Zeit, in der der Beamte das Mobil-Telefon seines Kollegen B.
in Besitz hatte - 20. bis 28. Juli 1998 - wurden dieselben 0190-Nummern
angewählt;
- das Gebührenaufkommen für das Dienst-Handy des Beamten betrug bis
August 1997 monatlich im Durchschnitt 100 DM, danach bis zu mehreren
Tausend DM.
- 14 -
Der Senat hat von sich aus auch keine Veranlassung gesehen, diesen feststehen-
den Sachverhalt einer weiteren Aufklärung zu unterziehen, etwa durch Einholung
eines weiteren Sachverständigengutachtens. Der sachverständige Zeuge Dipl.-Ing.
der Nachrichtentechnik B. hat im Untersuchungsverfahren glaubhaft und nachvoll-
ziehbar ausgeführt, dass ein Missbrauch durch Dritte ausgeschlossen ist, wenn die
PIN-Nummer anderen nicht bekannt geworden ist und die Karte nicht ausgetauscht
wird, andererseits aber der Aufenthaltsort des Anrufers mit dem entsprechenden
Funkbereich übereinstimmt. Auch bei einer geklonten Karte, wenn es sie gäbe, wür-
de immer der Funkbereich angezeigt, von dem aus das Gespräch geführt wurde. Der
unbekannte Dritte hätte den genauen Dienst- und Einsatzplan des Beamten kennen
müssen, um ausgerechnet dort missbräuchlich Gespräche zu führen. Da der Beamte
alle gegen ihn sprechenden Indiztatsachen auch nicht ansatzweise widerlegt hat,
wäre eine weitere theoretische Missbrauchsmöglichkeit über den Kenntnisstand des
Sachverständigen B. hinaus kein Anlass, ein Sachverständigengutachten einzuho-
len. Sie wäre für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung. Bei der Behaup-
tung, Dritte hätten zu Lasten des Beamten Gespräche geführt, handelt es sich um
eine Indiztatsache. Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen,
wenn sie trotz Sachzusammenhangs im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung
nicht beeinflussen könnten, weil sie nur mögliche, jedoch nicht zwingende Schlüsse
zulassen und das Gericht den möglichen Schluss nicht ziehen will (Meyer-Goßner,
StPO, 47. Aufl. 2004 Rn. 56 zu § 244 m.w.N.). So liegt es im vorliegenden Fall.
Selbst wenn ein weiterer Sachverständiger eine weitere theoretische Möglichkeit
aufzeigen würde, würde der Senat mit Blick auf die genannten, gegen den Beamten
sprechenden Indizien den Schluss nicht ziehen wollen, dass die auf dem Privatan-
schluss des Beamten, auf seinem Diensthandy und auf dem Handy des Kollegen B.
mit den genannten 0190-Nummern geführten Telefongespräche von einem unbe-
kannten Dritten geführt worden sind.
Das danach feststehende Fehlverhalten des Beamten ist unter dem disziplinarrecht-
lichen Gesichtspunkt des betrügerischen Verhaltens zum Nachteil des Dienstherrn
zu bewerten. Dem steht die ohnehin nicht bindende Rechtsauffassung der Staats-
anwaltschaft bei dem Landgericht F., die das strafrechtliche Ermittlungsverfahren
gegen den Beamten gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat, nicht entgegen. Zur
Begründung hat die Staatsanwaltschaft ausgeführt, hinsichtlich des Betrugsvorwurfs
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lasse sich aufgrund des Abstreitens der Telefonate nicht mit der zur Erhebung der
öffentlichen Klage erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass der Beamte, der sich
zur Sache nicht eingelassen habe, die Telefonate ausschließlich zu dem Zweck
bestritten hat, etwaige von ihm befürchtete Disziplinarmaßnahmen oder gar ein dro-
hendes Strafverfahren von sich abzuwenden, und damit nicht in der zur Verwirkli-
chung eines Betrugs nach § 263 StGB erforderlichen Absicht gehandelt hat, sich
einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Diese Rechtsauffassung be-
ruht auf einer unzureichenden Beweiswürdigung. Lässt sich unter Ausschluss ver-
nünftiger Zweifel nachweisen, dass der Beamte die Telefongespräche geführt hat, so
wollte er sich auch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen, indem er die
Kosten seiner privaten und teuren Telefongespräche seinem Dienstherrn aufbürden
wollte.
In dem betrügerischen Verhalten des Beamten liegt ein vorsätzlicher Verstoß gegen
die Pflichten zur uneigennützigen Amtsführung, zu achtungs- und vertrauenswürdi-
gem Verhalten sowie zur Beachtung dienstlicher Anordnungen (§ 54 Sätze 2 und 3,
§ 55 Satz 2 BBG), der als innerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1
Satz 1 BBG zu würdigen ist und disziplinar sehr schwer wiegt.
Die Verwaltung ist bei ihren Entscheidungen im personellen und fürsorgerischen Be-
reich auf die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit ihrer Bediensteten angewiesen. Wie je-
des andere personalintensive Unternehmen kann auch die Deutsche Telekom AG
nicht jeden ihrer Bediensteten sorgfältig überwachen und muss schon aus Gründen
der Sparsamkeit bestrebt sein, bei der Betreuung ihrer Bediensteten den personellen
und materiellen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Ein Beamter, der sich als
unehrlich und unzuverlässig erweist, verletzt daher eine grundlegende sich aus dem
Dienst- und gegenseitigen Treueverhältnis (§ 2 Abs. 1 BBG) ergebende Pflicht.
Schädigt er seinen Dienstherrn um des eigenen Vorteils willen in betrügerischer
Weise, belastet er das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Vertrau-
ensverhältnis regelmäßig derart nachhaltig, dass es nahe liegt, ihn aus dem Dienst
zu entfernen.
Der Senat vertritt allerdings in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein
Betrug gegenüber dem Dienstherrn grundsätzlich ein geringeres disziplinares Ge-
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wicht hat als z.B. der Zugriff des Beamten auf ihm dienstlich anvertrautes oder ihm
zugängliches Geld oder Gut. In den Fällen von Betrugshandlungen, die sich auf den
innerdienstlichen Bereich beschränken, richtet sich deshalb die Disziplinarmaßnah-
me nach den besonderen Umständen des Einzelfalles. Eine vollständige Zerstörung
des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beamten, die seine Entfer-
nung aus dem Dienst erforderlich macht, hat der Senat dann angenommen, wenn
entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist (z.B. besondere kriminelle
Tatintensität, erhebliche eigennützige Motive, missbräuchliche Ausnutzung der
dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener spezieller Kenntnisse), wenn neben
der Betrugshandlung eine weitere Verfehlung mit erheblichem disziplinaren Eigen-
gewicht einhergeht (z.B. Urkundenfälschung, Vorteilsannahme) oder wenn es sich
um einen Wiederholungsfall handelt und durchgreifende Milderungsgründe im Ein-
zelfall fehlen (stRspr, z.B. Urteile vom 23. Juni 1993 - BVerwG 1 D 21.92 - und
28. November 2000 - BVerwG 1 D 62.99 -).
Hier sind erhebliche Erschwerungsgründe gegeben, die eine Entfernung des Beam-
ten aus dem Dienst unumgänglich machen. Zu seinen Lasten ist der hohe Schaden
von fast 24 000 DM zu berücksichtigen, den er seinem Dienstherrn durch sein
pflichtwidriges Verhalten zugefügt hat. Erschwerend sind die Dauer und Häufigkeit
seines Fehlverhaltens zu werten. Er hat in einem Zeitraum von vier Monaten nahezu
ständig Privatgespräche zu 0190-Service-Anbietern mit seinem Diensthandy geführt.
Nachdem sein Handy gesperrt worden war und er nach Aufhebung der Sperre zu-
nächst keine derartigen Gespräche mehr geführt hat, ist er rückfällig geworden, als
er im Juli 1998 für eine Woche in den Besitz des dienstlichen Mobilfunktelefons ei-
nes Kollegen gelangte und diesen hierdurch zwangsläufig in den Verdacht brachte,
diese Gespräche geführt zu haben. Der Beamte hat zumindest die Zeit nach Aufhe-
bung der Sperre letztlich nicht genutzt, sich über sein Fehlverhalten Gedanken zu
machen und von erneuten Pflichtverstößen abzusehen.
Demgegenüber liegen keine Milderungsgründe vor, die ein Absehen von der Ver-
hängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten. Es ist anzuerkennen, dass
der Beamte ein guter Mitarbeiter mit sehr guten technischen Fähigkeiten ist. Dies
kann jedoch die Schwere seines Fehlverhaltens nicht aufwiegen. Der Senat verkennt
nicht, dass die Deutsche Telekom AG den Beamten nach wie vor als Mitarbeiter
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schätzt und auf ihn nicht verzichten möchte, weil sie das Vertrauensverhältnis noch
nicht als endgültig zerstört ansieht. Eine solche Beurteilung kommt indes allein den
Disziplinargerichten zu, die die Schwere der Schuld nach dem Gewicht des Dienst-
vergehens zu beurteilen und im Einzelfall zu entscheiden haben, ob ein endgültiger
Vertrauensverlust eingetreten ist (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 14. Mai 1997
- BVerwG 1 D 51.96 -). Da der Beamte - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - in
der Hauptverhandlung zu den Vorwürfen geschwiegen hat, ist es auch dem Senat
verwehrt, etwaige andere positive Umstände, die sein Verhalten in einem milderen
Licht erscheinen lassen könnten, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Zwar brau-
chen die Voraussetzungen eines Milderungsgrundes im Einzelfall nicht positiv fest-
gestellt zu werden. Vielmehr sind sie zugunsten des Beamten nach dem Grundsatz
"in dubio pro reo" anzunehmen, wenn nur hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte
hierfür vorliegen (stRspr, vgl. Urteil vom 21. Juni 2000 - BVerwG 1 D 49.99 -). An
solchen hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für einen Milderungsgrund fehlt
es jedoch hier. Dies ist die Konsequenz aus dem Schweigen des Beamten, auf die
dieser in der Hauptverhandlung auch hingewiesen worden ist.
3. Mit dem vom Bundesdisziplinargericht bewilligten Unterhaltsbeitrag hat es sein
Bewenden. Weist der Beamte nach, dass er sich während des gesamten Bewilli-
gungszeitraumes nachdrücklich, aber letztlich erfolglos um eine andere Erwerbstä-
tigkeit bemüht hat, so kann ihm auf seinen Antrag gemäß § 110 Abs. 2 BDO bei
Fortbestehen der Bedürftigkeit ein Unterhaltsbeitrag neu bewilligt werden. Auch nach
In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes richtet sich die Neubewilligung nach
altem Recht, wenn - wie hier - die Erstbewilligung auf § 77 BDO beruht (Beschluss
vom 15. Januar 2002 - BVerwG 1 DB 34.01 - DÖD 2002, 97 = ZBR 2002, 436). Der
Senat macht vorsorglich darauf aufmerksam, dass sich die Bemühungen um einen
neuen Arbeitsplatz nicht auf die Meldung beim Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) als
arbeitssuchend beschränken dürfen. Der Beamte ist gehalten, sich fortwährend z.B.
auf Arbeitsplatzangebote in den Tageszeitungen oder im Internet zu bewerben und
auch selbst, beispielsweise durch eigene Stellengesuche initiativ zu werden. Der
Nachweis dieser - letztlich erfolglosen - Bemühungen ist auch Voraussetzung einer
etwaigen Weiterbewilligung durch das zuständige Verwaltungsgericht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO.
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Mayer
Heeren
Müller