Urteil des BVerwG vom 06.07.2005

BVerwG (beschwerde, beschwerde an das bundesverwaltungsgericht, gvg, bundesverwaltungsgericht, klageverfahren, streitgegenstand, charakter, objektiv, verletzung, begründung)

Rechtsquellen:
GVG § 17a Abs. 1 und 4
Stichworte:
Rechtsweg; Vorabentscheidung; Zwischenverfahren; Beschwerde; weitere
Beschwerde; außerordentliche Beschwerde; Eilverfahren; Eilrechtsschutz.
Leitsatz:
Zur Zulässigkeit einer außerordentlichen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
(weiteren) Beschwerde im Rechtswegzwischenstreit in einem gerichtlichen
Eilverfahren.
Beschluss des 3. Senats vom 6. Juli 2005 - BVerwG 3 B 77.05
I. VG Koblenz vom 31.01.2005 - Az.: VG 6 L 2617/04.KO -
II. OVG Rheinland-Pfalz vom 25.05.2005 - Az.: OVG 7 B 10356/05.OVG -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 77.05
OVG 7 B 10356/05.OVG
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juli 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k , L i e b l e r
und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
Die außerordentliche Beschwerde der Antragsgegnerin gegen
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz
vom 25. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens der
außerordentlichen Beschwerde. Die Beigeladene trägt ihre
außergerichtlichen Kosten selbst.
G r ü n d e :
- 3 -
Die außerordentliche Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Eine ordentliche Beschwerde wäre unstatthaft. Gemäß § 152 Abs. 1 VwGO
können Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts nur in den Fällen des § 99
Abs. 2, des § 133 Abs. 1 VwGO und des § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG mit der
Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Keiner dieser
Fälle liegt hier vor, insbesondere auch nicht der Fall des § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG.
Nach dieser Vorschrift ist die (weitere) Beschwerde gegen einen Beschluss des
oberen Landesgerichts zur Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges an den
obersten Gerichtshof des Bundes nur zulässig, wenn sie in dem Beschluss des
oberen Landesgerichts zugelassen worden ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die
(weitere) Beschwerde im vorliegenden Fall jedoch nicht zugelassen. Damit ist der
Zwischenstreit um die Rechtswegfrage beendet. Eine Nichtzulassungsbeschwerde
sieht das Gesetz bewusst nicht vor. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen
bestehen nicht (Beschluss vom 16. März 1994 - BVerwG 4 B 223.93 - Buchholz 300
§ 17a GVG Nr. 9 = NVwZ 1994, 782).
2. Ein Anlass, eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit
zuzulassen, besteht nicht. Es mag dahinstehen, ob eine solche Beschwerde mit der
Rüge, wegen unterlassener Zulassung der (weiteren) Beschwerde sei der
verfassungsrechtliche Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt worden
(Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), in Betracht kommen könnte. Voraussetzung hierfür wäre
jedenfalls eine willkürliche, objektiv unter keinem Gesichtspunkt vertretbare
Verletzung der Zulassungspflicht (vgl. BVerfGE 42, 237 <241> m.w.N.). Dafür fehlt
jeder Anhaltspunkt. Hierfür ist ausschlaggebend, dass die in Rede stehenden
Vorabentscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen
sind. Es ist schon umstritten, ob es mit dem Charakter des gerichtlichen
Eilverfahrens überhaupt vereinbar ist, ein Zwischenverfahren nach § 17a Abs. 3 GVG
und ein auf die Rechtswegfrage beschränktes Beschwerdeverfahren nach § 17a
Abs. 4 GVG durchzuführen (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl. 2000, Rn. 3 zu
§ 41 VwGO m.w.N.). Darüber hinaus besteht keine Einigkeit, ob im gerichtlichen
Eilverfahren eine weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthaft ist.
Dies wird bezweifelt, zum einen weil der Rechtszug im Zwischenverfahren zum
- 4 -
Rechtsweg nicht weiter reichen dürfe als im Eilverfahren selbst (hierzu skeptisch
BGH, Beschluss vom 30. Septem-ber 1999 - V ZB 24/99 - NJW 1999, 3785 = MDR
1999, 1521), zum anderen weil jedenfalls eine weitere Beschwerde mit dem
Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens nicht vereinbar sei (Eyermann/Rennert,
a.a.O.). Das Oberverwaltungsgericht hat die gleichzeitig zu ihm erhobene
Gegenvorstellung mit Beschluss vom 1. Juli 2005 mit der Begründung
zurückgewiesen, wegen der besonderen Eilbedürftigkeit des vorläufigen
Rechtsschutzes könne § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes keine Anwendung finden. Das ist nach dem Bisherigen keinesfalls
willkürlich.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Befürchtung der Antragsgegnerin, die
Rechtswegfrage sei durch die ergangenen Vorabentscheidungen nicht nur für das
gerichtliche Eilverfahren, sondern auch für ein möglicherweise nachfolgendes
Klageverfahren präjudiziert. Diese Sorge ist unbegründet. Nach § 17a Abs. 1 GVG
sind an eine rechtswegbejahende Entscheidung zwar nicht nur andere Gerichte,
sondern auch das Gericht selbst gebunden. Das gilt nur für nachfolgende
Entscheidungen über denselben Streitgegenstand. Das gerichtliche Eilverfahren hat
aber einen anderen Streitgegenstand als das Klageverfahren. Im Klageverfahren
wäre daher über die Frage des zulässigen Rechtswegs erneut zu entscheiden (vgl.
BFH, Urteil vom 13. Februar 1990 - VIII R 188/85 - BFHE 160, 115), gegebenenfalls
wiederum im Rahmen eines Zwischenverfahrens, in dem dann die (weitere)
Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht statthaft wäre und bei grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtswegfrage vom Oberverwaltungsgericht nach § 17a Abs. 4
Satz 5 GVG zugelassen werden müsste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.
van Schewick Lieber Prof. Dr. Rennert