Urteil des BVerwG vom 14.03.2017
BVerwG: befehl, wirtschaftlichkeit, soldat, dienstvorschrift, brigade, gehorsam, erfüllung, beurteilungsspielraum, dienstfahrzeug, fax
Rechtsquellen:
GG  Art. 65a
SG
§§ 7, 11 Abs, 1, § 10 Abs. 3 und 4, § 17 Abs. 2 Satz 1
Stichworte:
Befehl;  Wirtschaftlichkeit  und  Sparsamkeit;  Zentrale  Dienstvorschrift;  Entschei-
dungsprärogative; Beurteilungsspielraum.
Leitsatz:
1.  Eine vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) erlassene Zentrale Dienst-
vorschrift (ZDv) ist dann als „Befehl“ anzusehen, wenn die jeweilige in Rede ste-
hende Einzelregelung vom Soldaten ein bestimmtes Verhalten in Gestalt eines zu
vollziehenden konkreten Gebots oder eines zu beachtenden konkreten Verbotes
verlangt.
2.  Die vom BMVg erlassene Reglung, wonach dienstliche Fahrzeuge „grundsätzlich
nur zu dienstlichen Zwecken einzusetzen“ sind, stellt einen „Befehl“ dar.
3.  Die  vom  BMVg  erlassene  Regelung  über  die  Pflicht  zur  Beachtung  der  „Grund-
sätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ ist nicht als „Befehl“ zu qualifizieren.
4.  Zum Inhalt der „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“.
5.  Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Einhaltung der „Grund-
sätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ ist auf die Prüfung beschränkt, ob
die  zuständige  Stelle  den  anzuwendenden  Begriff  oder  den  gesetzlichen  Rah-
men,  in  dem  sie  sich  frei  bewegen  kann,  verkannt  hat,  von  einem  unsichtigen
Sachverhalt  ausgegangen  ist,  sachfremde  Erwägungen  angestellt  oder  gegen
Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 13. September 2005 - BVerwG 2 WD 31.04
I. TDG Nord vom 20.09.2004 - Az.: TDG N 8 VL 2/04 -
Der  Soldat  ist  Berufssoldat  mit  dem  Dienstgrad  eines  Obersten  und  wird  als  Kom-
mandeur einer Brigade verwendet. Durch die Anschuldigungsschrift wird ihm vorge-
worfen, er habe in sechs Fällen bei der Nutzung eines Dienst-Pkw (mit Fahrer) sowie
bei der Inanspruchnahme eines Hubschrauberfluges u.a. wegen Nichtbeachtung der
„Grundsätze  der  Wirtschaftlichkeit  und  Sparsamkeit“  (Nr. 302  Abs. 1  Satz 1
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ZDv 43/2) gegen seine Pflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG), zum Gehorsam (§ 11
Abs. 1  SG),  zur  Beachtung  der  Dienstvorschriften  bei  der  Befehlsgebung  (§ 10
Abs. 4  SG)  sowie  zur  Achtungs-  und  Vertrauenswahrung  (§ 17  Abs. 2  Satz 1  SG)
verstoßen. Das Truppendienstgericht hat den Soldaten in drei Anschuldigungspunk-
ten  ganz  und  in  einem  Anschuldigungspunkt  teilweise  vom  Vorwurf  pflichtwidrigen
Verhaltens freigestellt; im Übrigen hat sie ihn eines Dienstvergehens für schuldig be-
funden  und  gegen  ihn  einen  Verweis  verhängt.  Das  Bundesverwaltungsgericht  hat
die  hiergegen  gerichtete  Berufung  des  Bundeswehrdisziplinaranwalts  zurückgewie-
sen.
A u s   d e n   G r ü n d e n :
…
Die  durch  § 11  Abs. 1  SG  normierte  Verpflichtung  jedes  Soldaten  zum  Gehorsam
beinhaltet  die  Pflicht  zur  Beachtung  und  Vollziehung  der  durch  einen  Vorgesetzten
erteilten  (verbindlichen)  Befehle.  Dabei  wird  der  Begriff  „Befehl“  weder  in  der  Vor-
schrift  noch  sonst  im  Soldatengesetz  näher  bestimmt,  sondern  mit  gleichem  Inhalt
wie in § 2 Nr. 2 WStG vorausgesetzt (stRspr.: vgl. u.a. Beschluss vom 8. November
1990 - BVerwG 1 WB 86.89 - BVerwGE 86, 349 <350> = NZWehrr 1991, 61 = NJW
1990, 1317 = NVwZ 1991, 579  = ZBR 1991, 152 , Urteile vom 22. Juni  
2004  - BVerwG  2 WD  23.03 -  NZWehrr  2005,  83  =  DokBer  2005,  43  und  vom
21. Juni 2005 - BVerwG 2 WD 12.04 -). Als Befehl ist danach eine Anweisung zu ei-
nem bestimmten Verhalten anzusehen, die ein militärischer Vorgesetzter einem Un-
tergebenen schriftlich, mündlich oder in sonstiger Weise mit dem Anspruch auf Ge-
horsam erteilt. Der Befehl kann für den Einzelfall oder auch allgemein (durch Dienst-
vorschriften, Dauerbefehl) gegeben werden. Ob eine vom BMVg als Inhaber der Be-
fehls- und Kommandogewalt nach Art. 65 a GG erlassene Dienstvorschrift einen Be-
fehl  im  dargelegten  Sinn  darstellt,  muss  jeweils  konkret  festgestellt  werden.  Dabei
kommt es darauf an, ob die jeweilige Regelung für den in Rede stehenden Anwen-
dungsbereich  eine  verbindliche  Weisung  an  Untergebene  mit  Gehorsamsanspruch
darstellt  (stRspr.:  vgl.  u.a.  Urteile  vom  17. April  1975  - BVerwG  2 WD  36.74 -,  vom
23. November 1989 - BVerwG 2 WD 50.86 - BVerwGE 86, 218 = NZWehrr 1990, 119
[insoweit nicht veröffentlicht] und vom 2. April 2003 - BVerwG 2 WD 21.02 - Buchholz
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236.1 § 29 SG Nr. 5 = ZBR 2004, 359 = NVwZ 2004, 497 [insoweit nicht veröffent-
licht]). Voraussetzung ist stets, dass die betreffende Einzel-Regelung der Dienstvor-
schrift von Soldaten ein bestimmtes Verhalten in Gestalt eines zu vollziehenden kon-
kreten Gebotes oder eines zu beachtenden konkreten Verbotes verlangt. Der Unter-
gebene muss der in der Dienstvorschrift getroffenen Regelung an Hand ihres objekti-
ven  Erklärungsgehalts  ohne  einen  vernünftigen  Zweifel  entnehmen  können,  wie  er
sich  in  dem  von  der  Regelung  erfassten  Fall  konkret  zu  verhalten  hat. Wird  in  der
Dienstvorschrift  allerdings  ein  Verhalten  für  eine  Situation  oder  Lage  in  der  Weise
gefordert, dass deren Feststellung der Beurteilung oder Wertung dem Untergebenen
selbst  überlassen  wird,  handelt  es  sich  nicht  um  einen  Befehl,  sondern  um  eine
Richtlinie (vgl. dazu auch Scherer/Alff, SG, 7. Aufl. 2003, § 10 Rn. 42). Jedoch liegt
eine Weisung zu einem bestimmten Verhalten mit Anspruch auf Gehorsam und da-
mit ein Befehl dann vor, wenn das geforderte Verhalten zwar hinsichtlich der Art der
Ausführung  dem  Untergebenen  Dispositionsfreiheit  lässt,  jedoch  den  Rahmen  so
eindeutig  bestimmt,  dass  der  durch  den  mit  dem  erteilten  Auftrag  zu  erreichende
Zweck  konkret  festgelegt  ist.  Der  Anspruch  auf  Gehorsam  des  Untergebenen  hin-
sichtlich  des  von  ihm geforderten  Verhaltens  muss dabei  eindeutig  erkennbar  sein.
Der  Untergebene  darf  - gerade  auch  im  Hinblick  auf  die  möglichen  strafrechtlichen
Folgen  des  Ungehorsams  eines  Soldaten  (§§ 19 ff. WStG) -  nicht  im  Unklaren  dar-
über  gelassen  werden,  welches  konkrete  Tun  oder  konkrete  Unterlassen  von  ihm
verlangt wird.
(1) Nr. 301 Abs. 1 ZDv 43/2
Diese vom BMVg bzw. seinem Vertreter im Amt gemäß Art. 65a GG erlassene Rege-
lung, wonach Dienstfahrzeuge „grundsätzlich nur zu dienstlichen Zwecken einzuset-
zen“ sind, soweit keine der Ausnahmen nach den Nr. 401 bis 437 ZDv 43/2 vorliegt,
stellt einen Befehl im dargelegten Sinne dar. Denn das von dem Untergebenen ge-
forderte Verhalten hinsichtlich des Einsatzes eines Dienstfahrzeuges wird durch den
Rahmen,  der  durch  den  zu  erreichenden  dienstlichen  Zweck  festgelegt  ist,  hinrei-
chend  bestimmt.  Erfolgt  die  Nutzung  des  Dienstfahrzeuges  nicht  zu  einem  dienstli-
chen Zweck, so ist sie unzulässig und damit für den betreffenden Soldaten unmittel-
bar verboten. Ob sie einem dienstlichen Zweck dient, hängt davon ab, ob sie zur Er-
füllung von Aufgaben der Bundeswehr erfolgt, die durch die Verfassung und ergän-
zend  - innerhalb  dieses  verfassungsrechtlichen  Rahmens -  durch  die  hierzu  ergan-
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genen Gesetze und die auf der Grundlage von Art. 65a GG vom Inhaber der Befehls-
und  Kommandogewalt  oder  in  seinem  Auftrag  erlassenen  Dienstvorschriften  und
Weisungen  festgelegt  sind  (stRspr.:  vgl.  zuletzt  Urteil  vom  21. Juni  2005  - BVerwG
2 WD 12.04 - m.w.N.).
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Die  vom  Soldaten  veranlasste  Nutzung  des  Dienstfahrzeugs  diente  einem  solchen
dienstlichen Zweck. … Die Nutzung des Dienstfahrzeugs erfolgte zur Erledigung ei-
nes Dienstgeschäftes in S., also außerhalb des Dienstortes, der sich für den Solda-
ten  zum  damaligen  Zeitpunkt  am  Standort  O.  befand  (vgl.  auch  § 2  Abs. 2  Satz 1
BRKG  damaliger  Fassung).  Eine  spezielle  Genehmigung  einer  solchen  Dienstreise
durch eine andere Stelle war für den Soldaten aufgrund seiner Stellung als BrigKdr
nicht erforderlich. Denn er war befugt, für sich selbst Inlandsdienstreisen anzuordnen
(§ 2 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BRKG damaliger Fassung i.V.m. Nr. 2.2 des Erlasses
BMVg  „Anordnung  von  Dienstreisen“  - S II 4 -  Az 21-01-24/21-03-04 -  vom  29. Mai
1992 ). Voraussetzung dafür war lediglich, dass das betreffen- 
de  Dienstgeschäft  außerhalb  des  Dienstortes  auf  andere Weise,  d.h.  ohne  die  An-
ordnung einer Dienstreise, nicht erledigt werden konnte und dass Ausgabemittel da-
für zur Verfügung standen. Dies war hier der Fall.
… (wird ausgeführt)
Der  Umstand,  dass  der  Soldat  das  Dienstfahrzeug  nicht  an  seinem  Dienstort  O.,
sondern an seinem Wohnort W., wohin er zuvor am Wochenende im Rahmen einer
Familienheimfahrt zurückgekehrt war, bestieg und auch nach dorthin, unmittelbar vor
Beginn  seines  anschließenden  Urlaubs  wieder  zurückkehrte,  ändert  nichts  daran,
dass die Nutzung zur Erledigung des Dienstgeschäftes in S. erfolgte. Wie sich (auch)
aus den dienstreisekostenrechtlichen Vorschriften ergibt, endet eine Dienstreise, die
anlässlich, d.h. im Anschluss an eine Familienheimfahrt am (Familien-)Wohnort be-
ginnt, nach Erledigung des Dienstgeschäftes mit der Rückkehr an den Dienstort oder
mit der Ankunft an der Wohnung (§ 7 Satz 1 BRKG damaliger Fassung).
… (wird ausgeführt)
(2) Nr. 302 Abs. 1 Satz 1 ZDv 43/2
Der Soldat hat mit seinem von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Verhalten auch im
Hinblick  auf die  in  Nr. 302 Abs. 1  Satz 1  ZDv 43/2  vom  BMVg  getroffene  Regelung
nicht gegen seine in § 11 Abs. 1 SG normierte Dienstpflicht verstoßen, seinen Vor-
gesetzten zu gehorchen.
In seiner bisherigen Rechtsprechung ist der erkennende Senat davon ausgegangen,
dass die in Nr. 302 Abs. 1 Satz 1 ZDv 43/2 getroffene Regelung über die Pflicht zur
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Beachtung der „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ rechtlich als Be-
fehl  zu  qualifizieren  ist  (vgl.  u.a.  Urteile  vom  4. Mai  1995  - BVerwG  2 WD  35.94 -
BVerwGE 103, 226 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 3 = NZWehrr 1995, 252 unter Be-
zugnahme u.a. auf die Urteile vom 16. Dezember 1987 - BVerwG 2 WD 22.87 - und
vom  23. November  1989  - BVerwG  2 WD 50.86 -  BVerwGE  86, 218  [insoweit  nicht
veröffentlicht]).  Nach  eingehender  Überprüfung  hält  der  Senat  hieran  jedoch  nicht
mehr  fest.  Die  Regelung  in  Nr. 302  Abs. 1  Satz 1  ZDv 43/2  stellt  keinen  Befehl  im
Sinne des § 11 Abs. 1 SG dar.
Bei den „Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ handelt es sich um ein
allgemeines Rechtsgebot, das alles öffentliche Verwaltungshandeln erfasst und das
in  mehreren  haushaltsrechtlichen  Vorschriften  seinen  Niederschlag  gefunden  hat.
Die  Regelung  in  Nr. 302  Abs. 1  Satz 1  ZDv 43/2  knüpft  an  die  normative  Vorgabe
des § 7 Abs. 1 BHO an, wonach nicht nur bei der Aufstellung, sondern auch bei der
Ausführung des Haushaltsplans die „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsam-
keit“ zu beachten sind (vgl. auch § 6 Abs. 1 HGrG).
Der  „Grundsatz  der  Wirtschaftlichkeit“  ist  als  Oberbegriff  für  die  „Grundsätze“  der
„Sparsamkeit“ und der „Ergiebigkeit“ anzusehen. Die dementsprechende Ausrichtung
des  Handelns  öffentlicher  Stellen  soll  die  bestmögliche  Nutzung  von  Ressourcen
bewirken. Sie fordert, bei allen Maßnahmen einschließlich solcher organisatorischer
und verfahrensmäßiger Art die  günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck
und  den  einzusetzenden  Mitteln  anzustreben  (vgl.  dazu  u.a.  Nr. 1  der  Vorläufigen
Verwaltungsvorschrift - VV - zu § 7 BHO, in : Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 2. Aufl.
(38. Ergänzungslieferung  Oktober  2001),  § 7  BHO  S. 1;  Bormann/Schwanenberg,
Öffentliche Finanzwirtschaft, 2. Aufl. 1992, Rn. 202 f.; Steinfatt/Schuy, Handbuch des
Haushalts-,  Kassen-  und  Rechnungswesens,  Ordner 1,  W 2000,  S. 13).  Die  güns-
tigste  Zweck-Mittel-Relation  besteht  darin,  dass  entweder  ein  bestimmtes  Ergebnis
mit einem möglichst geringen Einsatz von Mitteln („Sparsamkeitsprinzip“) oder dass
mit  einem  bestimmten  Einsatz  von  Mitteln  das  bestmögliche  Ergebnis  („Ergiebig-
keitsprinzip“)  erzielt  wird  (vgl.  Nr. 1  VV  zu  § 7  BHO;  Steinfatt/Schuy,  a.a.O.).  Nach
dem „Grundsatz der Sparsamkeit“ sind die einzusetzenden Mittel auf den zur Erfül-
lung der Aufgabe unbedingt notwendigen Umfang zu beschränken (vgl. Nr. 1 VV zu
§ 7 BHO). Der „Grundsatz der Sparsamkeit“ und damit auch der der „Wirtschaftlich-
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keit“  umfassen  auch das  Gebot,  die Ausgaben  selbst  dann  auf  das  Notwendige  zu
beschränken, wenn die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel an sich einen grö-
ßeren Spielraum zuließen. Entscheidend ist dabei freilich immer auf den zu erfüllen-
den dienstlichen Auftrag abzustellen. Im Dienstreisekostenrecht ist dementsprechend
seit  langem  anerkannt,  dass  der  Sparsamkeitsgrundsatz  verlangt,  eine  Dienstreise
mit dem geringsten Aufwand an Zeit und Kosten durchzuführen, ohne dass dienstli-
che Belange beeinträchtigt werden (vgl. u.a. Urteile vom 3. Februar 1982 - BVerwG
6 C 194.80 - BVerwGE 65, 14 <16, 17> und vom 21. Juni 1989 - BVerwG 6 C 4.87 -
BVerwGE 82, 148 <151>).
Das  Sparsamkeitsgebot  gilt  freilich  nicht unbeschränkt.  Bei  seiner  Anwendung  sind
u.  a. die  Fürsorgepflichten  der  Vorgesetzten  (§ 10 Abs. 3  SG) und  des  Dienstherrn
(§ 31 SG) zu beachten. Danach ist es unzulässig, den Dienstreisenden im Interesse
der  Einsparung  von  Reisekosten  finanziellen  und  persönlichen  Belastungen  auszu-
setzen, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erzielenden Kostener-
sparnis  stehen  (vgl.  zur  Rechtslage  im  Beamtenrecht  u.a.  Urteile  vom  3. Februar
1982  - BVerwG  6 C  194.80 -  a.a.O.  und  vom  21. Juni  1989  - BVerwG  6 C  4.87 -
a.a.O.).
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einer Maßnahme ist fer-
ner zu beachten, dass den zum Einsatz von Haushaltsmitteln entscheidungsbefugten
Stellen insoweit sachnotwendig ein gewisser Entscheidungsspielraum zukommt (vgl.
dazu u.a. BSG, Urteile vom 26. August 1983 - 8 RK 29.82 - BSGE 55, 277 und vom
29. Februar  1994  - 8 RK  27.82 -  BSGE  56,  197;  Bormann/Schwanenberg,  a.a.O.,
Rn. 201). Dies ergibt sich unmittelbar aus dem sachlichen Gehalt dieser „Grundsät-
ze“.  Denn  die  Bestimmung  der  „günstigsten“  Relation  zwischen  dem  verfolgten
Zweck  und  den  einzusetzenden  Mitteln  („Wirtschaftlichkeitsgrundsatz“)  sowie  die
Konkretisierung des Gebotes, ein bestimmtes Ergebnis mit einem „möglichst“ gerin-
gen  Einsatz  von  Mitteln  zu  erzielen,  enthalten  notwendigerweise  Zweckmäßigkeits-
erwägungen und andere fachspezifische Wertungselemente. Dabei sind unterschied-
liche  Entscheidungsparameter  zu  berücksichtigen  und  unterschiedliche  Belange  in
die  insoweit  zu  treffenden  Bewertungsentscheidungen  einzustellen  sowie  in  ihrem
Gewicht und ihrer Priorität gegebenenfalls jeweils gegeneinander abzuwägen. Nicht
selten sind diese gegenläufig. Vorteilen z.B. im Hinblick auf den für die Erfüllung ei-
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nes  dienstlichen  Auftrages  erforderlichen  (geringeren)  Zeitaufwand  können  im  Ein-
zelfall  Kosten-Nachteile  entgegenstehen.  Dies  kann  aber  auch  umgekehrt  der  Fall
sein. Im militärischen Bereich kann es der zu erfüllende dienstliche Auftrag nach den
konkreten Umständen des Einzelfalles mitunter gerade nahe legen, auf die kosten-
günstigste  oder  eine  kostengünstigere  Entscheidungsvariante  zu  verzichten,  wenn
seine Realisierung innerhalb des gegebenen Rahmens anderenfalls nicht in der zur
Verfügung  stehenden  Zeit  oder  nicht  in  der  gebotenen  Intensität  oder  mit  der  not-
wendigen Nachhaltigkeit erreicht werden kann. Was jeweils als „günstigste“ Relation
zwischen  dem  verfolgten  Zweck  und  den  einzusetzenden  Mitteln  („Wirtschaftlich-
keitsgrundsatz“) anzusehen ist und wie dem Gebot, ein bestimmtes Ergebnis mit ei-
nem „möglichst“ geringen Einsatz von Mitteln zu erzielen („Sparsamkeitsgrundsatz“),
am  besten  Rechnung  getragen  werden  kann,  muss  im  militärischen  Bereich  schon
im  Hinblick  auf  die  dafür  erforderlichen  spezifischen  Fachkenntnisse  von  den  zur
Entscheidung  berufenen  Stellen  - innerhalb  ihres  jeweiligen  Zuständigkeitsberei-
ches - beurteilt und verantwortet werden. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Wehr-
dienstgerichte,  ihre  Vorstellungen  über  die  Organisation,  den  Ablauf  des  Dienstbe-
triebes sowie die bestmögliche und kostengünstigste Erfüllung dienstlicher Aufgaben
und Aufträge an die Stelle derjenigen der dazu berufenen Organe und Amtsträger zu
stellen.  Diesen  kommt  insoweit  eine  Entscheidungsprärogative  mit  einem  entspre-
chenden  Beurteilungsspielraum  zu.  Die  gerichtliche  Rechtmäßigkeitskontrolle  hin-
sichtlich der Einhaltung der „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ hat
sich  angesichts  dessen  - wie  auch  sonst  bei  exekutiven  Beurteilungsspielräumen -
auf die Prüfung zu beschränken, ob die zuständige Stelle den anzuwendenden Beg-
riff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat,
von  einem  unrichtigen  Sachverhalt  ausgegangen  ist,  einschlägige  allgemeingültige
Wertmaßstäbe  nicht  beachtet,  sachfremde Erwägungen  angestellt  oder  gegen  Ver-
fahrensvorschriften verstoßen hat.
Zuständige  Stelle  für  die  Anordnung  der  Dienstreise  war  im  vorliegenden  Fall  der
Soldat in seiner Funktion als Brigadekommandeur. Nach Nr. 4 i.V.m. Nr. 2.2 des Er-
lasses  BMVg  „Anordnung  von  Dienstreisen“  vom  29. Mai  1992  (a.a.O.)  dürfen  u.a.
BrigKdr  „eigene  Dienstreisen  in  dem  jeweiligen  Rahmen  ausführen“.  Was  zum  „je-
weiligen  Rahmen“  insoweit  gehört,  wird  weder  im  genannten  Erlass  noch  - so  das
Ergebnis der Beweisaufnahme des Senats - in anderen Regelungen näher bestimmt.
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Daraus  ergibt  sich,  dass  einem  BrigKdr  durch  den  genannten  Erlass  insoweit  ein
Entscheidungsspielraum  hinsichtlich  der  Beurteilung  der  Notwendigkeit,  des  Zeit-
punktes, der Art und des Umfangs einer von ihm für erforderlich gehaltenen Inlands-
dienstreise  zugestanden  wird.  Solange  der  BMVg  oder  andere  vorgesetzte  Stellen
diesen  Spielraum  nicht  näher  eingegrenzt  haben,  ist  nicht  konkret  festgelegt,  wel-
ches  konkrete  (dienstliche)  Tun  oder  Unterlassen  eines  BrigKdr  hinsichtlich  der
„Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ bei der Anordnung von Inlands-
dienstreisen  verlangt  wird.  Dies  schließt  es  aus,  die  in  Nr. 302  Abs. 1  Satz 1
ZDv 43/2  aufgegebene  Ausrichtung an  den „Grundsätzen  der Wirtschaftlichkeit  und
Sparsamkeit“ als Befehl im dargelegten Sinne zu qualifizieren. Denn diese Grundsät-
ze  belassen  dem  BrigKdr  insoweit  einen  nicht  unerheblichen  eigenen  Dispositions-
spielraum. Sie fordern kein hinreichend konkret bestimmtes Verhalten hinsichtlich der
Notwendigkeit einer bestimmten Inlandsdienstreise, ihres Zeitpunktes, ihrer Art sowie
der Erforderlichkeit des Einsatzes eines Dienstfahrzeuges im Einzelfall.
Da  in  der  Anschuldigungsschrift  - neben  den  Regelungen  in  Nr. 301  Abs. 1  und
Nr. 302 Abs. 1 Satz 1 ZDv 43/2 - kein anderer Befehl konkret bezeichnet worden ist
(vgl. zur Notwendigkeit u.a. Urteile vom 19. Juli 1995 - BVerwG 2 WD 9.95 - BVerw-
GE  103,  265  =  Buchholz  236.1  § 7  SG  Nr. 4  =  NZWehrr  1996,  164  =  NVwZ-RR
1996, 213 [insoweit nicht veröffentlicht] und vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 -
BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31
= NVwZ-RR 2004, 46 m.w.N.), gegen den der Soldat verstoßen haben soll, scheidet
mithin hinsichtlich des von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Verhaltens des Solda-
ten ein Verstoß gegen die in § 11 Abs. 1 SG normierte Dienstpflicht insgesamt aus.
bb) Kein Verstoß gegen § 10 Abs. 4 SG
Auch  wenn  die  in  Nr. 302  Abs. 1  Satz 1  ZDv 43/2  vorgeschriebene  Beachtung  der
„Grundsätze  der  Wirtschaftlichkeit  und  Sparsamkeit“  keinen  Befehl  im  dargelegten
Sinne  darstellt,  begrenzt  sie  als  Dienstvorschrift  die  Befehlsbefugnis  eines  Vorge-
setzten und ist von diesem zu beachten. Denn dieser darf nach § 10 Abs. 4 SG Be-
fehle  u.a.  nur  unter  Beachtung  der  Dienstvorschriften  erteilen.  Ihr  Regelungsgehalt
ist  im  Einzelfall  zu  ermitteln.  Die  Befehlsgewalt  des  Vorgesetzten  wird  dadurch  so-
wohl der Zuständigkeit als auch dem Inhalt nach beschränkt. Einen Verstoß des Sol-
daten gegen die genannte Regelung hat der Senat jedoch nicht feststellen können.
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Dem  Soldaten  hat  nicht  widerlegt  werden  können,  dass  er  seine  Entscheidungen
hinsichtlich der Anordnung der Dienstreise mit dem Dienstfahrzeug nach Sonthofen
(und  zurück)  in  Übereinstimmung  mit  den  „Grundsätzen  der  Wirtschaftlichkeit  und
Sparsamkeit“ getroffen hat.
Da dem Soldaten in seiner dienstlichen Stellung als BrigKdr durch Nr. 4 i.V.m. Nr. 2.2
des  Erlasses  BMVg  „Anordnung  von  Dienstreisen“  vom  29. Mai  1992  (a.a.O.)  die
Einschätzungsprärogative (mit Beurteilungsspielraum) hinsichtlich der Notwendigkeit,
des  Zeitpunktes,  der  Art  und  des  Umfangs  seiner  Inlandsdienstreisen  eingeräumt
war, ist vorliegend allein zu prüfen, ob er bei der Erteilung seiner Weisungen aus An-
lass  der  in  Rede  stehenden  Dienstreise  mit  dem  Dienstfahrzeug  nach  S.  (und  zu-
rück) den rechtlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen konnte, verkannt hat, von
einem  unrichtigen  Sachverhalt  ausgegangen  ist,  einschlägige  allgemeingültige
Wertmaßstäbe  nicht  beachtet,  sachfremde Erwägungen  angestellt  oder  gegen  Ver-
fahrensvorschriften  verstoßen  hat.  Eine  solche  Überschreitung  des  Beurteilungs-
spielraumes des Soldaten hat der Senat nicht feststellen können.
… (wird ausgeführt)
Der vom Soldaten veranlasste Flug mit dem Hubschrauber von R. nach B., um dort
ein zirka 20- bis 25-minütiges Gespräch mit dem Chefredakteur der von der „Unter-
offizier-Kameradschaft im Bundesministerium der Verteidigung e.V. Bonn“ herausge-
gebenen Zeitschrift „Hardthöhenkurier“ wegen eines Artikels über die Brigade zu füh-
ren, verstieß zwar nicht gegen Nr. 301 Abs. 1 ZDv 43/2. Denn er diente - im Rahmen
der „Außendarstellung“ des vom Soldaten geführten Verbandes - einem dienstlichen
Zweck.
Dieses angeschuldigte Verhalten richtete sich jedoch entgegen Nr. 302 Abs. 1 Satz 1
ZDv 43/2 nicht nach den „Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“. Der
Soldat  hat  insoweit  den  rechtlichen  Rahmen  verkannt,  in  dem  er  sich  in Wahrneh-
mung  seiner  Entscheidungsprärogative  (mit  Beurteilungsspielraum)  frei  bewegen
konnte. Gerade im Hinblick auf die mit der Nutzung eines Luftfahrzeuges verbunde-
nen hohen  Kosten  oblag  es  dem  Soldaten, sorgfältig  zu  prüfen, ob  der Anlass  des
geplanten  Gesprächs  mit  dem  Chefredakteur  des  (bundeswehrinternen)  „Hardthö-
henkuriers“ ihre Auslösung rechtfertigte oder ob kostengünstigere Alternativen in Be-
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tracht  kamen.  Nach  den  vom  Senat  in  der  Berufungshauptverhandlung  getroffenen
Feststellungen hat der Soldat eine solche Prüfung unterlassen und Alternativen zum
Hubschrauberflug von vornherein verworfen. Insbesondere wäre in Betracht gekom-
men,  die  notwendige  Abstimmung  über  den  Inhalt  des  für  den  „Hardthöhenkurier“
geplanten Artikels über die Brigade telefonisch durchzuführen. Soweit dabei schriftli-
che  Unterlagen  herangezogen  und  ausgetauscht  werden  mussten,  lag  es  auf  der
Hand, hierfür die vorhandenen Fax-Möglichkeiten zu nutzen. Es ist gerichtsbekannt,
dass  auch  sonst die Klärung  von  Fragen  der  inhaltlichen  oder formalen Gestaltung
von  Zeitschriftenartikeln  bei  lebensnaher  Betrachtung  in  aller  Regel  keine  persönli-
che Anreise eines Autors in die Räume der Redaktion oder an den Aufenthaltsort des
Chefredakteurs  erfordert.  Es  ist  nicht  ersichtlich,  warum  dies  im  Falle  der  bundes-
wehrinternen Zeitschrift der Unteroffizierkameradschaft des Bundesverteidigungsmi-
nisteriums  grundsätzlich  anders  sein  sollte.  Der  Soldat  hat  in  der  Berufungshaupt-
verhandlung auch auf  wiederholtes und nachdrückliches Befragen nicht darzulegen
vermocht, aus welchem Grund eine Kommunikation per Telefon und/oder Fax nicht
ausgereicht  hätte.  Die  von  ihm  angeführten,  allerdings  nicht  näher  konkretisierten
Kommunikationsprobleme  zwischen  dem  zuständigen  Presseoffizier  seines  Stabes
und dem Chefredakteur des „Hardthöhenkuriers“ geben zu einer gegenteiligen Beur-
teilung keine Veranlassung. Der Soldat hätte sich, sobald ihm solche Kommunikati-
onsprobleme  tatsächlich  bekannt  geworden  sein  sollten,  darum  bemühen  können
und müssen,  sich  diese  vom  Presseoffizier  seines  Stabes  vortragen  zu  lassen und
anschließend hierzu die Sicht des Chefredakteurs einholen können, um die erforder-
liche  Klärung  sachgerecht  herbeizuführen.  Sofern  für  ihn,  wie  er  in  der  Berufungs-
hauptverhandlung vorgetragen hat, damals ungewiss war, ob der Chefredakteur den
damals in der Brigade noch zu erstellenden Artikel über die Brigade auch tatsächlich
zeitnah  abdrucken  würde,  hätte  der  Soldat,  wenn  er  auf  eine  telefonische  Zusage
nicht vertraut hätte, auf einer ausdrücklichen schriftlichen Zusage bestehen können,
die ihm per Fax hätte übermittelt werden können. Andere nachvollziehbare Gründe
für den Transport des Soldaten mit dem Hubschrauber von R. nach B. sind nicht er-
kennbar.
Abgesehen davon ist außerdem nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Soldat die
Reise  nach  B.  von  R.  aus  nicht  mit  seinem  dort  befindlichen  Dienstfahrzeug  (mit
Kraftfahrer) antrat, das ohnehin von R. nach O. zurückgeführt werden musste.
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… (wird ausgeführt)
Das hinsichtlich des von R. nach B. erfolgten Hubschrauberfluges (Anschuldigungs-
punkt 5)  festgestellte  Dienstvergehen  des  Soldaten  in  der  fahrlässigen  Begehungs-
form  erfordert  keine  gerichtliche  Disziplinarmaßnahme.  Die  von  der  Truppendienst-
kammer  vorgenommene  Verhängung  eines  Verweises  erweist  sich  deshalb  im  Er-
gebnis als angemessen und ausreichend.
… (wird aufgeführt)
Prof. Dr. Widmaier                                  Dr. Frentz                                 Dr. Deiseroth
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