Urteil des BVerwG vom 17.12.2012

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BVerwG 3 B 40.12
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 40.12
VG Düsseldorf - 04.04.2011 - AZ: VG 6 K 4164/10
OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 14.03.2012 - AZ: OVG 8 A 918/11
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Dezember 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil
des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2012
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 895,62 €
festgesetzt.
Gründe
1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
2 Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Im Dezember 2009
hatte der Fahrer des auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeuges die zulässige
Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 50 km/h überschritten. Den Zeugenfragebogen sandte
die Klägerin unter Hinweis auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht ohne Angabe des damaligen
Fahrzeugführers zurück. Im Rahmen von Ermittlungen unter der Halteranschrift traf ein
Außendienstmitarbeiter der Beklagten die Klägerin nicht an; nach den Angaben von Nachbarn
handele es sich bei dem Fahrzeugführer nicht um die Klägerin oder ihren Ehemann. Die
Bußgeldstelle bat daraufhin die Beklagte um Ergänzung bzw. Überprüfung der persönlichen
Daten der Klägerin sowie um Mitteilung der Personalien des Sohns oder der Söhne; die
Beklagte wies in ihrem Antwortschreiben darauf hin, dass ein Sohn „nicht zu erkennen“ sei. Im
Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Fahrtenbuchauflage berief sich die Klägerin erneut
auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Mit Bescheid vom 26. Mai 2010 ordnete die Beklagte
gegenüber der Klägerin die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von 12 Monaten an. Ihrer
hiergegen gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Der angefochtene
Bescheid sei ermessensfehlerhaft; die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass die Erteilung
einer einfachen Melderegisterauskunft erkennbar ein untaugliches Auskunftsmittel gewesen sei.
Das Oberverwaltungsgericht hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Ein
für das negative Ermittlungsergebnis ursächlicher Ermittlungsfehler habe nicht vorgelegen. Es
könne offenbleiben, ob die Meldebehörde die Anfrage der Bußgeldstelle möglicherweise
missverständlich oder fehlerhaft beantwortet habe. Die Bußgeldstelle habe spätestens mit den
Ermittlungen unter der Halteradresse alles Erforderliche getan, um den Fahrer zu ermitteln.
Mangels Mitwirkung der Klägerin sei die Behörde zu weiteren Ermittlungen nicht verpflichtet
gewesen, so dass es auf die Verständlichkeit der Melderegisterauskunft nicht ankomme.
3 Die Klägerin sieht Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung darin,
ob im Fall fehlender Mitwirkung des (sich auf sein Aussageverweigerungsrecht berufenden)
Fahrzeughalters ein Ermittlungsdefizit (nämlich das bloße Ersuchen um eine einfache
Melderegisterauskunft, die stets nur minderjährige Kinder des Fahrzeughalters erfasst und
demzufolge nicht zu zielführenden weiteren Erkenntnissen führen kann) überhaupt die
Tatbestandsvoraussetzung für eine Fahrtenbuchauflage, nämlich dass die Ermittlung des
Fahrzeugführers nicht möglich gewesen ist, zu bejahen ist
und ob
ein solches - offensichtliches - Ermittlungsdefizit in Fällen irrelevant und unbeachtlich ist, in
denen der Fahrzeughalter an der Feststellung des Fahrzeugführers keinerlei
Mitwirkungshandlung zeigt, oder ob auch in solchen Fällen ein derartiges offensichtliches
Ermittlungsdefizit die Annahme ausschließt, die Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht
möglich gewesen.
4 Diese Fragen führen nicht auf eine Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil
sie sich im erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden. Das Berufungsgericht geht
zutreffend davon aus, dass die Behörde der ihr im Rahmen von § 31a Abs. 1 StVZO obliegenden
Ermittlungspflicht unter den hier gegebenen Umständen mit den Ermittlungen unter der
Halteradresse genügt hatte.
5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht
auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Kley
Liebler
Buchheister