Urteil des BVerwG vom 14.03.2017

BVerwG: gesetzliche vermutung, anschlussberufung, gewässer, grundsteuer, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, rechtliches gehör, öffentliche aufgabe, kommunaler zweckverband, umlegung

Rechtsquellen:
GG
Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2, Art. 28 Abs. 1
VwGO
§ 86 Abs. 1, §§ 124a, 127
GrStG
§ 3
WVG
§ 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2, § 28 Abs. 3
WG LSA a.F.
§ 102 Abs. 1 und 2, § 104 Abs. 3, § 105 Abs. 1, Abs. 2,
Abs. 3 Satz 3, § 106 Abs. 1
WG LSA n.F.
§ 105 Abs. 1a
Stichworte:
Wasserwirtschaft; Gewässerunterhaltung; Gewässerunterhaltungsbeitrag; Um-
lage; Befreiungstatbestand; korporativer Beitrag; Verbandslast; Solidarbeitrag;
Grundsteuer; nichtsteuerliche Abgabe; Vorteilsbegriff; Nutznießer; Äquivalenz-
prinzip; Leistungsproportionalität; Flächenmaßstab; Unterhaltungsverband;
kommunaler Zweckverband; Mitgliedsgemeinde; Finanzierungsverbund; inter-
kommunaler Lastenausgleich; Demokratieprinzip; funktionale Selbstverwaltung;
Daseinsvorsorge; selbständige Berufung; Anschlussberufung; Wahlrecht des
Berufungsbeklagten; Umdeutung eines unzulässigen Rechtsmittels; Aufklä-
rungsrüge; gesetzliche Vermutung; Fiktion; Ablehnung eines Sachverständi-
genbeweises
Leitsätze:
1. Wird vom Berufungsbeklagten eine selbständige Berufung eingelegt, ist da-
durch nicht sein Wahlrecht verbraucht, unter Einhaltung der dafür geltenden
Zulässigkeitsvoraussetzungen Anschlussberufung einzulegen. Dieses Wahl-
recht kann er dadurch ausüben, dass er sinngemäß eine Prozesserklärung ab-
gibt, er halte seine Berufung nunmehr als Anschlussberufung aufrecht. Die Be-
rufung ist sodann in eine Anschlussberufung umzudeuten.
2. Das zweistufige Finanzierungssystem, das in Sachsen-Anhalt für die Kosten
der Gewässerunterhaltung gilt, lässt sich auf der ersten Stufe - nämlich der die
Mitgliedsgemeinden treffenden Verbandsbeiträge - als interkommunaler Las-
tenausgleich beschreiben. Für die korporativen Beiträge (Verbandslasten) ist
das Äquivalenzprinzip kein tauglicher verfassungsrechtlicher Maßstab.
3. Wenn das Finanzierungssystem es auf der zweiten Stufe den Mitgliedsge-
meinden erlaubt, ihre Verbandsbeiträge im Wege einer Umlage nach dem Flä-
chenmaßstab auf die Grundsteuerpflichtigen der im Gemeindegebiet gelege-
nen Flächen abzuwälzen, stellt diese Umlage eine nichtsteuerliche Abgabe und
keine „zweite Grundsteuer“ dar. Die Zweistufigkeit des Finanzierungssystems
führt dazu, dass die Grundsteuerpflichtigen der Umlage den Einwand entge-
genhalten können, die auf der ersten Stufe erfolgte Veranlagung der Mitglieds-
gemeinde sei rechtswidrig, weil die dafür geltenden Maßstäbe verfehlt worden
seien.
4. Die einschlägigen verfassungsrechtlichen Maßstäbe des rechtsstaatlichen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Willkürverbots fordern keine „Leis-
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tungsproportionalität“ dieser Umlage. Es genügt, wenn die Grundsteuerpflichti-
gen mit der Umlage als Nutznießer der Verbandstätigkeit einen Solidarbeitrag
zu erbringen haben, um das Finanzierungssystem der Unterhaltungsverbände
unter weitgehender Schonung steuerlicher Einnahmequellen zu stützen.
5. Aus dem Demokratieprinzip und seinen Anforderungen an die funktionale
Selbstverwaltung lässt sich kein Rechtssatz herleiten, auf dessen Schutz sich
die Grundsteuerpflichtigen mit Erfolg berufen könnten, wenn die Mitgliedsge-
meinden die korporativen Beiträge auf sie umlegen.
Urteil des 9. Senats vom 11. Juli 2007 - BVerwG 9 C 1.07
I. VG Dessau vom 06.07.2004 - Az.: VG 2 A 612/00 DE -
II. OVG Magdeburg vom 15.04.2005 - Az.: OVG 1 L 314/04 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet
BVerwG 9 C 1.07 (10 C 11.05)
am 11. Juli 2007
OVG 1 L 314/04
Hänig
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar, Prof. Dr. Rubel,
Dr. Nolte und Domgörgen
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsge-
richts des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. April 2005 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der
Kläger.
G r ü n d e :
I
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Umlage von Gewäs-
serunterhaltungsbeiträgen durch die beklagte Stadt. Die beigeladenen Unter-
haltungsverbände erheben diese Beiträge als Verbandsbeiträge von der Be-
klagten, die sie auf die grundsteuerpflichtigen Inhaber von Flächen im Ver-
bandsgebiet umlegt.
Der Kläger ist als Forstwirt tätig und bewirtschaftet im Rahmen seines Betriebes
u.a. Waldflächen in der Dübener Heide. Das in Sachsen-Anhalt liegende Wald-
stück, das teilweise in seinem Eigentum steht, teilweise aber angepachtet ist,
erstreckt sich auf einer Hochfläche zwischen Elbe und Mulde. Die Wasser-
scheide zwischen den beiden Flüssen verläuft in diesem Bereich ungefähr von
Nordwesten nach Südosten und bildet die Verbandsgebietsgrenze, die das
Waldstück durchschneidet, wobei sich im Osten das Gebiet des Beigeladenen
zu 1 und im Westen das Gebiet des Beigeladenen zu 2 erstreckt. Nach den von
der Vorinstanz in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen wird
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das Waldstück im nördlichen Bereich auf dem Gebiet des Beigeladenen zu 1
von einem Wasserlauf geschnitten, der zumindest bei Starkregenfällen, die
nicht selten sind, Niederschlagswasser aufnimmt und dieses einem Gewässer
zweiter Ordnung zuleitet.
Die gegen den Kläger in zwei Bescheiden - beide datierend vom 4. Oktober
2000 - für das Veranlagungsjahr 2000 festgesetzte Umlage beläuft sich nach
einer im Widerspruchsverfahren durchgeführten Korrektur auf insgesamt
590,02 DM. Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht die
Bescheide aufgehoben, soweit die Beklagte die ihr gegenüber vom Beigelade-
nen zu 2 festgesetzten Beiträge auf den Kläger umgelegt hat. Im Übrigen ist die
Klage abgewiesen worden.
Gegen dieses Urteil haben der Kläger und der Beigeladene zu 2 die vom Ver-
waltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Entgegen der Rechtsmittelbe-
lehrung hat der Beigeladene zu 2 seine Berufung nicht beim Verwaltungsge-
richt, sondern beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. In einem späteren
Schriftsatz hat er sinngemäß mitgeteilt, er halte seine Berufung als Anschluss-
berufung aufrecht.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, auf
die Anschlussberufung des Beigeladenen zu 2 das Urteil erster Instanz abge-
ändert und die Klage gegen die angefochtenen Bescheide im vollen Umfang
abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die im Was-
sergesetz des Landes Sachsen-Anhalt i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. Ap-
ril 1998 (GVBl. LSA S. 186) - WG LSA a.F. - vorgegebene Verteilungsregelung
lasse eine Bemessung nach einem anderen als dem dort vorgesehenen Flä-
chenmaßstab, insbesondere nach der Nutzungsart der betroffenen Grundstü-
cke, nicht zu. Der Flächenmaßstab verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.
Bei der Umlage von Gewässerunterhaltungsbeiträgen handele es sich um Ver-
bandslasten, die nicht des Nachweises eines äquivalenten Vorteils für den Um-
lagepflichtigen bedürften. Der Gesetzgeber habe sich bei der Bestimmung des
Flächenmaßstabes von der typisierenden und der Lebenserfahrung entspre-
chenden Annahme leiten lassen dürfen, dass sämtliche Flächen im Einzugsge-
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biet von Gewässern allein wegen ihrer Lage im Niederschlagsgebiet zur Ge-
wässerunterhaltung beitrügen. Dem liege die gesetzgeberische Wertung
zugrunde, dass die Gewässerunterhaltung nicht nur den Anliegern oder Ge-
wässereigentümern, sondern allen Grundstücken im Niederschlagsgebiet eines
Gewässers zugute komme. Somit fehle es auch nicht an der für die Zulässigkeit
einer Sonderabgabe erforderlichen Gruppenhomogenität. Wenngleich das Auf-
kommen aus der Umlage gruppennützig zu verwenden sei, bedeute dies nicht,
dass es im spezifischen Interesse eines jeden einzelnen Abgabenpflichtigen
verwendet werden müsse. Vielmehr genüge es, wenn die Verwendung dem
Interesse der Gruppe in der Gesamtheit zugute komme. Besonderen, vom Ge-
setzgeber nicht gewollten Härten sei in einem gesonderten Verfahren durch
Stundung oder Erlass Rechnung zu tragen. Greifbare Anhaltspunkte für eine
erdrosselnde Wirkung der Umlage der Verbandsbeiträge auf die Forstbetriebe
in Sachsen-Anhalt bestünden nicht. Entgegen der Ansicht des Klägers sei auch
ein Verstoß der landesgesetzlichen Regelung gegen das Demokratieprinzip
nicht erkennbar, weil die Unterhaltungsverbände von den Mitgliedsgemeinden
kontrolliert würden. Es sei Sache der Einwohner, in Wahlen für eine Zusam-
mensetzung des Stadtrates zu sorgen, der darauf hinwirke, dass die Gemeinde
ihren Kontrollaufgaben gegenüber den Unterhaltungsverbänden gerecht werde.
Eine Beitragsfreiheit komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn nach den
Umständen des Einzelfalles ausgeschlossen werden könne, dass eine Fläche
Wasser an ein Gewässer zweiter Ordnung abführe. Dies sei hier nicht der Fall.
Der Kläger habe dies im Klageverfahren auch nicht in Abrede gestellt. Aller-
dings habe er geltend gemacht, dass die Wassermengen im Verhältnis zu de-
nen anderer Grundstücksnutzungen äußerst gering seien, so dass der Abfluss
auch durch nicht zu unterhaltende natürliche Bachläufe gesichert sei, und dass
Wasserabfluss sich auf den Zustand des Waldes schädlich auswirke. Die Be-
hauptung, von seinem Waldgebiet fließe überhaupt kein Wasser in ein Gewäs-
ser zweiter Ordnung, habe der Kläger erst aufgestellt, als er darauf aufmerk-
sam gemacht worden sei, dass nach dem Senatsurteil vom 6. Dezember 2001
- 1 L 310/01 - (ZfW 2003, 104 <110>) auch ein geringer Wasserzufluss die Um-
lage der Beiträge rechtfertige. Der Vortrag des Klägers sei somit gesteigert und
deshalb unglaubhaft. Abgesehen davon sei er auch nicht schlüssig, weil das
Waldgebiet nach dem vom Kläger selbst vorgelegten Kartenmaterial von einem
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Gewässer geschnitten werde. Aus diesem Grunde habe der Senat ungeachtet
des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags kei-
nen Anlass gehabt, von Amts wegen durch Einholung eines Sachverständigen-
gutachtens Beweis darüber zu erheben, ob aus dessen Wald Wasser abfließe.
Die Anschlussberufung sei zulässig und begründet. Die Grundlage für die Be-
anstandung seitens des Verwaltungsgerichts sei entfallen, weil der Beigeladene
zu 2 mit einer rückwirkend in Kraft getretenen Neufassung der Hauptsatzung
die Hebung von Erschwernisbeiträgen nicht mehr vorsehe. Ein etwaiger Unter-
haltungsmehraufwand sei im Übrigen mit den von der Stadt Dessau in Höhe
von 30 000 DM getragenen Mehrkosten als abgegolten anzusehen.
Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt der Kläger die Verletzung formellen
und materiellen Rechts. Er ist der Ansicht, die Anschlussberufung des Beigela-
denen zu 2 sei unzulässig gewesen. Ein Verfahrensfehler sei es ferner, dass
sein Beweisantrag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens festzu-
stellen, dass aus seinen Waldflächen kein oberflächlicher Wasserabfluss in
Gewässer stattfinde, die in der Unterhaltungslast der Beigeladenen stünden,
vom Oberverwaltungsgericht abgelehnt worden sei. Die Einholung eines Gut-
achtens hätte sich auch zur Frage der Erdrosselungswirkung der Umlage auf-
drängen müssen. Im Zusammenhang mit dem Problem der Erschwernisbeiträ-
ge seien an seine Darlegungslast übertriebene Anforderungen gestellt worden,
so dass er sich in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt sehe. Mit Blick
auf die Anforderungen, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts zur Geltung des Demokratieprinzips im Bereich der funktionalen Selbst-
verwaltung entwickelt worden seien, könnten die Überlegungen nicht überzeu-
gen, die vom Oberverwaltungsgericht zur demokratischen Legitimation der Un-
terhaltungsverbände in Sachsen-Anhalt angestellt worden seien. Es fehle ins-
besondere an organisatorischen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die
effektiv einer Quersubventionierung derjenigen Gruppen entgegenwirkten, die
in den Gremien der Unterhaltungsverbände vertreten seien und sich mit ihren
Belangen unkontrolliert zu Lasten der gegenläufigen Interessen der Forstwirte
durchsetzen könnten. Wenn die Vorinstanz den Flächenmaßstab als Bemes-
sungsgrundlage billige, wirke sich die Umlage der Gewässerunterhaltungsbei-
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träge für ihn als „Regensteuer“ aus; diese belaste ihn wie eine „zweite
Grundsteuer“ und sei mithin unzulässig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sach-
sen-Anhalt vom 15. April 2005, das Urteil des Verwaltungs-
gerichts Dessau vom 6. Juli 2004, soweit es die Klage ab-
gewiesen hat, und die Bescheide der Beklagten vom 4. Ok-
tober 2000 - 27 00000 0/00 und 10 02444 0/00 - in der
Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. November
2000 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil und
treten dem Vorbringen des Klägers entgegen. Sie beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Der Vertreter des Bundesinteresses verneint unter Hinweis auf die Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts und des dort für die funktionale Selbst-
verwaltung entwickelten Anforderungsprofils einen Verstoß des § 106 Abs. 1
WG LSA a.F. sowie der Umlagesatzung der Beklagten gegen das Demokratie-
prinzip. Angesichts eines hohen Grades an sachlich-inhaltlicher Legitimation
der Handlungsbefugnisse - einschließlich ausdifferenzierter Kontroll- und Auf-
sichtsmöglichkeiten - erscheine es bei einer bilanzierenden Betrachtungsweise
unschädlich, wenn die personelle Legitimationskette von den durch die Umlage
betroffenen Eigentümern zu den Unterhaltungsverbänden im Land Sachsen-
Anhalt weniger ausgereift sei.
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die
Berufung des Klägers ohne Verstoß gegen Bundesrecht zurückgewiesen. Die
von der Revision erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Das gilt
auch für die Rüge, die Anschlussberufung des Beigeladenen zu 2 sei unzuläs-
sig gewesen.
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1. Die Vorinstanz hat die Anschlussberufung ohne Rechtsfehler als zulässig
angesehen, obwohl der Beigeladene zu 2 ursprünglich eine selbständige Beru-
fung eingelegt hatte. Wenn - wie hier - im erstinstanzlichen Urteil die Berufung
zugelassen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) und vom Prozessgegner einge-
legt worden ist, hat der Berufungsbeklagte unter Wahrung der dafür vorge-
schriebenen Formen und Fristen die freie Wahl, ob er Rechtsschutz im Wege
der selbständigen Berufung oder im Wege der Anschlussberufung anstrebt (zu
den parallelen Vorschriften der ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2003
- V ZB 71/02 - NJW 2003, 2388). Dieses Wahlrecht kann der Berufungsbeklag-
te auch dadurch ausüben, dass er eine Prozesserklärung abgibt, er halte seine
ursprünglich selbständige Berufung nunmehr als Anschlussberufung aufrecht.
Wird vom Berufungsbeklagten eine selbständige Berufung eingelegt, ist dieses
Rechtsmittel vom Schicksal der gegnerischen Berufung unabhängig, während
eine Anschlussberufung als vom Hauptrechtsmittel abhängiger Rechtsbehelf
seine Wirkung verliert, wenn der Gegner seine Berufung zurücknimmt (vgl.
§ 127 Abs. 5 VwGO). Die Anschlussberufung stellt sich damit letztlich als eine
Antragstellung innerhalb einer fremden Berufung dar (vgl. Beschluss vom
6. Juni 1997 - BVerwG 4 B 167.96 - Buchholz 310 § 127 VwGO Nr. 9 S. 5
m.w.N.), wobei eigenständige Fristen zur Einlegung (§ 127 Abs. 2 Satz 2
VwGO) und zur Begründung (§ 127 Abs. 3 Satz 1 VwGO) laufen. Solange die-
se Fristen nicht verstrichen sind, besteht das genannte Wahlrecht des Beru-
fungsbeklagten auch dann fort, wenn er bereits eine selbständige Berufung
eingelegt hat. Aus der Regelung des § 127 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach die
Anschließung auch statthaft ist, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung
verzichtet hat, ist nicht etwa der Umkehrschluss zu ziehen, dass mit Einlegung
der selbständigen Berufung das Wahlrecht bereits verbraucht wäre.
Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass Hauptberufung und Anschließung nicht
nebeneinander zulässig sein können. Zumindest dann, wenn die selbständige
Berufung - wie hier - beim dafür unzuständigen Oberverwaltungsgericht einge-
legt worden ist (vgl. § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), muss ein Verzicht auf dieses
Rechtsmittel aber nicht in einer Rücknahmeerklärung des Berufungsbeklagten
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Ausdruck finden (vgl. § 126 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Vielmehr ist es in diesem
Fall ausreichend, wenn die Anschließung innerhalb der dafür maßgeblichen
Frist gegenüber dem insoweit zuständigen Oberverwaltungsgericht (vgl. § 127
Abs. 1 Satz 2 VwGO) erklärt wird. Der damit nach außen erkennbar gewordene
Anschließungswille umfasst im Zweifel das Einverständnis des Berufungsbe-
klagten, dass zugleich seine zuvor anhängig gemachte Hauptberufung in eine
unselbständige Anschlussberufung umgedeutet wird. Der Beigeladene zu 2 hat
in seinem Schriftsatz vom 17. November 2004 dieses Einverständnis hinrei-
chend deutlich zum Ausdruck gebracht, indem er - auf den richterlichen Hin-
weis vom 14. September 2004 Bezug nehmend - seine Berufung „wegen eines
Verstoßes gegen § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig“ bezeichnet hat.
Damit hat der Beigeladene zu 2 deutlich gemacht, seine unzulässige Berufung
als zulässige Anschlussberufung „retten“ zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai
1987 - IVb ZR 51/86 - BGHZ 100, 383 <387>).
2. Mit seiner Aufklärungsrüge, zu dem Wasserabfluss aus dem von ihm bewirt-
schafteten Wald habe ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müs-
sen, bleibt der Kläger erfolglos. Dem Oberverwaltungsgericht musste sich dies-
bezüglich eine weitere Sachaufklärung nicht aufdrängen.
Die Vorinstanz hat sich in Anwendung und Auslegung von Landesrecht - somit
für das Revisionsgericht grundsätzlich nicht nachprüfbar (§ 137 Abs. 1 VwGO) -
dafür entschieden, den Flächenmaßstab als bindende Vorgabe für den Sat-
zungsgeber einzustufen. Wenn es um die Umlegung der Verbandsbeiträge auf
die Grundsteuerpflichtigen geht, ist die Wahl eines nutzungsbezogenen Maß-
stabs nicht vorgesehen und damit ausgeschlossen (UA S. 8). Darüber hinaus
ist dem angefochtenen Urteil (UA S. 9 f.) zu entnehmen, dass dem Flächen-
maßstab die Wertung des Landesgesetzgebers zugrunde liegt, dass die Ge-
wässerunterhaltung allenGrundstücken im Niederschlagsgebiet eines Gewäs-
sers zugute kommt (UA S. 9) und der Flächenmaßstab somit ungeachtet des
Einzelfalles auf allen Flächen zur Anwendung kommen soll, von denen Nieder-
schlag den Gewässern zweiter Ordnung zugeleitet wird. Insbesondere sollen
also auch Waldflächen nach dem Flächenmaßstab veranlagt werden, so dass
es ohne Belang ist, ob sie weniger Wasser als etwa landwirtschaftlich genutzte
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Flächen abgeben. Nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers gehen Nie-
derschläge unabhängig von Bodenbeschaffenheit und Kulturzustand gleichmä-
ßig auf die Grundstücke nieder, so dass unter gemeingewöhnlichen Umständen
damit gerechnet werden darf, dass das Niederschlagswasser den Gewässern
zugeführt wird, zu denen das Niederschlagsgebiet nach Gefälle und sonstigen
das Abflussverhalten beeinflussenden Faktoren entwässert (UA S. 12). Der
Flächenmaßstab basiert somit auf der Vermutung, dass ein Grundstück schon
wegen seiner Lage in diesem Niederschlagsgebiet notwendig Zubringer zu den
zu unterhaltenden Gewässern ist. Was die Geltung des Flächenmaßstabs als
für die Umlage angeht, lässt nach Ansicht der Vorin-
stanz diese gesetzliche Vermutung Ausnahmen nicht zu (UA S. 10).
Auf Einwände gegen diese materiellrechtliche Position kann der Kläger seine
Aufklärungsrüge nicht mit Erfolg stützen. Die Frage, ob das vorinstanzliche Ver-
fahren an einem Mangel leidet, beurteilt sich nämlich nach dem materiellrechtli-
chen Standpunkt der Tatsacheninstanz, selbst wenn dieser Standpunkt Beden-
ken unterliegen sollte (vgl. z.B. Urteil vom 1. Dezember 2005 - BVerwG 10 C
4.04 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 100 S. 33 Rn. 19 m.w.N.). Die
grundsätzliche Kritik, mit der sich der Kläger gegen den Flächenmaßstab wen-
det, ist in diesem Zusammenhang somit unbeachtlich.
In den Blick zu nehmen ist danach nur die weitere Aussage des angefochtenen
Urteils, dass die §§ 106 Abs. 1 Satz 2, 105 Abs. 2 Satz 3 WG LSA a.F. einen
Befreiungstatbestand enthalten, dessen Voraussetzungen dann vorliegen,
„wenn nach den Umständen des Einzelfalles ausgeschlossen werden kann,
dass eine Fläche Wasser an ein Gewässer zweiter Ordnung abführt“ (UA
S. 12). Der Kontext der weiteren Begründung weist darauf hin, dass die Vorin-
stanz die erwähnte Vermutung im Zusammenhang mit dem Befreiungstatbe-
stand - wenn auch in sehr engen Grenzen - als widerleglich betrachtet, also
insoweit auf der Ebene des räumlichen des Abgabentat-
bestandes eine Ausnahme anerkennt. Die Vorinstanz betont zwar zunächst,
dass der Abgabentatbestand räumlich an das Niederschlagsgebiet und nicht an
das Einzugsgebiet anknüpft. Dann wird von ihr aber eingeräumt, dass es Aus-
nahmefälle geben kann, in denen Flächen zwar im Niederschlagsgebiet liegen,
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aber dennoch kein Niederschlagswasser an Gewässer zweiter Ordnung abfüh-
ren. Letztlich liegt in den Aussagen zu dem Befreiungstatbestand das Einges-
tändnis der Vorinstanz, dass der Unterschied zwischen Niederschlagsgebiet
und Einzugsgebiet in atypisch gelagerten Fällen durchaus rechtlich relevant
werden kann, weil die genannten Befreiungsvoraussetzungen der Entstehung
einer Abgabenpflicht entgegenstehen können. Die Vorinstanz schließt sich in-
soweit der von ihr an dieser Stelle zitierten Kommentierung (Haupt/Reffken/
Rhode, Niedersächsisches Wassergesetz, § 101 Rn. 7) zum gleichlautenden
§ 101 Abs. 3 Satz 5 des Niedersächsischen Wassergesetzes an.
Die danach zur Entscheidung anstehende Frage, ob das vom Kläger bewirt-
schaftete Waldstück überhaupt Niederschlagswasser an die von den Beigela-
denen unterhaltenen Gewässer zweiter Ordnung abgibt, durfte die Vorinstanz
ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beantworten. Es stellte keinen Ver-
stoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO dar, wenn die Vorinstanz es sich zugetraut hat,
den streitigen Sachverhalt nach Lage der Dinge in eigener Sachkompetenz be-
urteilen zu können.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das
Tatsachengericht grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu entschei-
den, ob es sich selbst die für die Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts
erforderliche Sachkunde zutraut. Dieses Ermessen überschreitet das Gericht
erst dann, wenn es sich eine ihm nicht zur Verfügung stehende Sachkunde zu-
schreibt und sich nicht mehr in den Lebens- und Erkenntnisbereichen bewegt,
die den ihm angehörenden Richtern allgemein zugänglich sind (vgl. Urteile vom
10. November 1983 - BVerwG 3 C 56.82 - BVerwGE 68, 177 <182 f.> und vom
6. November 1986 - BVerwG 3 C 27.85 - BVerwGE 75, 119 <126 f.>; Be-
schluss vom 28. August 1995 - BVerwG 3 B 5.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1
VwGO Nr. 270 S. 16). Diese Grenze ihres Ermessens hat die Vorinstanz hier
beachtet. Nach ihrer für die Beurteilung des Verfahrens maßgeblichen mate-
riellrechtlichen Auffassung knüpft der Befreiungstatbestand an die - wenn auch
widerlegliche - Vermutung an, dass Niederschlagswasser sich seitlich der Was-
serscheide mit dem Geländeprofil abwärts bewegt und so Vorfluter erreicht, die
das Wasser auch über größere Entfernungen den zu unterhaltenden Gewäs-
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sern zuführen. Der Kläger hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass bezüg-
lich seiner Waldflächen topographische oder sonstige Besonderheiten zu be-
achten wären, die es rechtfertigen könnten, hier nicht von dieser Vermutung
auszugehen. Mit seiner bloßen Behauptung, ein solcher Abfluss finde nicht
statt, hat der Kläger somit keine Frage aufgeworfen, deren Beantwortung be-
sondere hydrologische Sachkunde erfordert hätte.
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Dies übersieht die Revision, wenn sie der Vorinstanz in diesem Zusammen-
hang vorwirft, mit einer unzulässigen Unterstellung entscheidungserheblicher
Tatsachen zu operieren (vgl. dazu z.B. Beschluss vom 4. Dezember 1998
- BVerwG 8 B 184.98 - NVwZ-RR 1999, 336), weil der Beweisantrag unter Hin-
weis auf bloße Wahrscheinlichkeiten abgelehnt worden sei. Denn die Geltung
der angesprochenen gesetzlichen Vermutung erlaubt es der Tatsacheninstanz
durchaus, bei ihrer Sachverhaltswürdigung auf den typischen Geschehensab-
lauf abzustellen, solange konkrete Anhaltspunkte für eine abweichende Fall-
gestaltung nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich sind.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger die Behauptung, sein Wald
gebe überhaupt kein Wasser ab, aufgestellt hat, obwohl ein von ihm selbst vor-
gelegter Kartenausschnitt (Anlage K 26 zum Schriftsatz vom 27. Januar 2003)
im nördlichen Bereich seiner in Rede stehenden Waldfläche ein Gewässer aus-
weist, das außerhalb in Vorfluter im Verbandsgebiet des Beigeladenen zu 1
mündet. Es handelt sich dabei um einen Ausschnitt aus der „Topographischen
Karte 4241 Kemberg“ des Landesamts für Landesvermessung und Datenver-
arbeitung Sachsen-Anhalt. Wie der Beigeladene zu 1 in seinem Schriftsatz vom
11. März 2004 vorgetragen hat, hat das erwähnte Gewässer, das der Karten-
ausschnitt zeigt, eine Verbindung mit dem „Kemberger Flieth“. Gegenteiliges
hat der Kläger im Übrigen auch mit seiner Revision nicht vorgetragen. Nach
Aktenlage war somit die Annahme der Vorinstanz naheliegend, der Kläger habe
sein Vorbringen im Verlauf des Klageverfahrens in einer Weise gesteigert, die
es unglaubhaft erscheinen lasse. Zumindest muss sich der Kläger entgegenhal-
ten lassen, seinen Beweisantrag „ins Blaue hinein“ gestellt zu haben, obwohl er
als Besitzer der in Rede stehenden Flächen ohne Schwierigkeiten in der Lage
gewesen wäre, nähere Angaben zu dem erwähnten Sachverhalt zu machen
(vgl. etwa Beschluss vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310
§ 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266 S. 10).
3. Die weitere Aufklärungsrüge, mit der die Revision geltend macht, die Vorin-
stanz habe durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Frage
nachgehen müssen, ob die Umlage für den Kläger erdrosselnde Wirkung habe,
geht fehl. Die Revision übersieht, dass der materiellrechtliche Standpunkt der
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Tatsacheninstanz hierauf nicht abhebt. Wie die in diesem Zusammenhang an-
geführten Entscheidungszitate (BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1995 - 2 BvL
37/91 - BVerfGE 93, 121 <138>; BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1995 - BVerwG
1 C 32.92 - BVerwGE 98, 280 <293>) erhellen, hat die Vorinstanz bei der Prü-
fung, ob eine Abgabe im Ergebnis zu einer schrittweisen Konfiskation führt, die
verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre, eine typisierende Betrachtung vor-
ausgesetzt. Nur zur Ertragslage der Forstbetriebe in Sachsen-Anhalt äußert
sich die Vorinstanz dementsprechend in Würdigung des Klagevortrags (UA
S. 11). Aus dieser Sicht war es nicht entscheidungserheblich, welche Belas-
tungswirkung die Umlage speziell für den klägerischen Forstbetrieb haben wür-
de.
4. Auch die Rüge, die Würdigung des klägerischen Vortrags zur Frage der Er-
schwernisbeiträge sei als Verletzung des rechtlichen Gehörs zu werten, greift
nicht durch, weil die Revision im Gewande einer Verfahrensrüge lediglich ver-
sucht, den materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz anzugreifen.
Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Kläger der Einwand, die Umlage
der Gewässerunterhaltungsbeiträge hätte sich der Höhe nach verringert, wenn
die Beigeladenen als Satzungsgeber von der Befugnis zur Erhebung von Er-
schwernisbeiträgen Gebrauch gemacht hätten, mit dem Hinweis abgeschnitten
wird, das mit dieser Entscheidung ausgeübte Ermessen könne - welche Gründe
auch immer den Satzungsgeber zu dieser Entscheidung bewogen haben mö-
gen - die Wirksamkeit der Umlagesatzung nicht berühren (UA S. 8, 14).
5. Ebenso zu Unrecht rügt die Revision eine Verletzung des materiellen Bun-
desrechts.
a) Im Ergebnis stimmt der erkennende Senat mit der Vorinstanz darin überein,
dass aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 GG) sich kein
durchgreifender Einwand gegen die streitige Umlage herleiten lässt.
Den vom Kläger geäußerten Zweifeln an der demokratischen Legitimation der
Unterhaltungsverbände in Sachsen-Anhalt tritt die Vorinstanz mit der Erwägung
entgegen, die Umlage der Verbandsbeiträge könne nicht gegen Art. 20 Abs. 2
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GG verstoßen, weil die Einwohner der Gemeinde in Wahlen Einfluss auf die
Zusammensetzung des Stadtrates nehmen könnten, der seinerseits darauf hin-
wirken könne, dass die Gemeinde ihren Kontrollaufgaben gegenüber den Un-
terhaltungsverbänden größeres Gewicht beimesse (UA S. 11). Mit dieser Ar-
gumentation lenkt die Vorinstanz das Augenmerk mit Recht darauf, dass die
angefochtenen Abgabenbescheide nicht von den beigeladenen Unterhaltungs-
verbänden, sondern von einer Kommune erlassen worden sind, an deren de-
mokratischer Legitimation keine Zweifel bestehen. Diese Erwägung besagt
aber nichts zur Frage des demokratischen Legitimationsniveaus der Unterhal-
tungsverbände in Sachsen-Anhalt. Insoweit ist entscheidend, dass aus dem
Demokratieprinzip und seinen Anforderungen an die funktionale Selbstverwal-
tung sich kein Rechtssatz herleiten lässt, auf dessen Schutz sich der Kläger mit
Erfolg berufen könnte.
Die im Jahre 2000 in Sachsen-Anhalt geltende Regelung der Gewässerunter-
haltung bestimmte, dass Mitglieder der Unterhaltungsverbände nur die Ge-
meinden und die unmittelbaren Besitzer von Flächen waren, die der Grundsteu-
erpflicht nicht unterlagen (§ 104 Abs. 3 WG LSA a.F.). Die Grundsteuerpflichti-
gen hafteten den Gemeinden zwar für die - nach näherer Maßgabe einer Sat-
zung zu erhebende - Umlage der Unterhaltungsbeiträge (§ 106 Abs. 1 Satz 1
WG LSA a.F.), waren aber von einer Mitgliedschaft in den Unterhaltungsver-
bänden zwingend ausgeschlossen (§ 105 Abs. 3 Satz 3 WG LSA a.F.). Durch
das Vierte Gesetz zur Änderung des Wassergesetzes für das Land Sachsen-
Anhalt vom 15. April 2005 (GVBl. LSA S. 208) hat zwar die Vorschrift des § 104
Abs. 3 Nr. 2 WG LSA mit Wirkung vom 22. April 2005 eine neue Fassung er-
halten, die zwischenzeitlich in das Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt
in der Neufassung der Bekanntmachung vom 12. April 2006 (GVBl. LSA
S. 248) - WG LSA n.F. - Eingang gefunden hat. Neben den Gemeinden sind
als Verbandsmitglieder die Eigentümer oder, falls diese nicht zu ermitteln sind,
die unmittelbaren Besitzer von Flächen aufgeführt, die der Grundsteuerpflicht
nicht unterliegen. Daran, dass die Grundsteuerpflichtigen, auf die die Unterhal-
tungsbeiträge umgelegt werden dürfen, nicht zum Kreis der Verbandsmitglieder
zählen, hat sich jedoch nichts geändert.
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Das zweistufige Finanzierungssystem, das danach in Sachsen-Anhalt für die
Kosten der Gewässerunterhaltung gilt, lässt sich auf der ersten Stufe - nämlich
der die Mitgliedsgemeinden treffenden Verbandsbeiträge - als interkommunaler
Lastenausgleich beschreiben. Die Gemeinden sind Zwangsmitglieder des Ver-
bandes, der auf ihrem jeweiligen Gemeindegebiet die hoheitliche Aufgabe der
Gewässerunterhaltung hinsichtlich der Gewässer zweiter Ordnung wahrnimmt.
Es handelt sich dabei um eine Angelegenheit der wasserwirtschaftlichen Da-
seinsvorsorge, die zwar im örtlichen Wirkungskreis der Gemeinden wurzelt, die
ohne eine Form der interkommunalen Zusammenarbeit verwaltungstechnisch
aber nicht effektiv zu bewältigen wäre. Durch die Mitgliedschaft in dem Unter-
haltungsverband wird diese Zusammenarbeit erzwungen mit der weiteren Fol-
ge, dass ein Finanzierungsverbund der Mitgliedsgemeinden entsteht. Dieser
soll die Selbstfinanzierung des Zwangsverbandes gewährleisten und beruht auf
dem Gedanken des Ausgleichs der bestimmungsgemäßen Aufwendungen
durch eine Umlage auf die Mitgliedsgemeinden. Gleichgültig, ob man in diesem
Zusammenhang von einem korporativen Beitrag oder einer Verbandslast
spricht, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass
es sich um eine Umlage handelt, für die das Äquivalenzprinzip keinen taugli-
chen verfassungsrechtlichen Maßstab darstellt, weil umlagepflichtige und um-
lageberechtigte Körperschaft einander nicht gegenüberstehen wie abgaben-
pflichtige Bürger und Staat (vgl. Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 -
BVerfGE 83, 363 <392 f.). Die hier gesetzlich angeordnete Anwendung des
Flächenmaßstabs (§ 105 Abs. 2 Satz 1 WG LSA a.F.) begegnet somit auf der
ersten Stufe des Finanzierungssystems keinen Bedenken. Denn es fehlt jeder
Anhaltspunkt dafür, dass eine Umlegung nach diesem Maßstab eine Gemeinde
gegenüber den anderen Gemeinden offenkundig sachunangemessen und da-
mit unverhältnismäßig benachteiligt (vgl. dazu Beschlüsse vom 21. Oktober
1987 - BVerwG 7 B 64.87 - Buchholz 401.64 § 3 AbwAG Nr. 1 S. 3 und vom
27. Juni 2005 - BVerwG 10 B 72.04 - Buchholz 445.1 Allg. Wasserrecht Nr. 9
S. 14 f. m.w.N.). Eine Modifikation des Flächenmaßstabs, wie sie gemäß § 3
Abs. 2 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Wassergesetzes für das Land
Sachsen-Anhalt spätestens am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll (§ 105 Abs. 2
Satz 2 WG LSA n.F.), ist insoweit bundesrechtlich nicht vorgegeben.
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Aus dem Demokratieprinzip lässt sich nicht die Forderung ableiten, dass
Grundsteuerpflichtigen ein Zugang zur Mitgliedschaft oder eine sonstige orga-
nisatorische Teilhabe in den Unterhaltungsverbänden eröffnet wird, weil sie auf
der zweiten Stufe des Finanzierungssystems - im Rahmen der Refinanzierung
der Verbandsbeiträge - den Gemeinden als Abgabenschuldner haften. Die Bin-
nenorganisation und die Aufgabenstellung der Unterhaltungsverbände erlauben
es, diese Körperschaften vorwiegend dem Typus des kommunalen Zweckver-
bandes zuzuordnen. Die Mitgliedschaft der Besitzer nicht grundsteuerpflichtiger
Flächen, die neben die Mitgliedschaft der Gemeinden tritt, stellt die demokrati-
sche Legitimation der Unterhaltungsverbände nicht in Frage. Wenn im Bereich
nichtkommunaler Selbstverwaltung, die vom Bundesverfassungsgericht als
funktionale Selbstverwaltung bezeichnet wird (vgl. Beschluss vom 5. Dezember
2002 - 2 BvL 5, 6/98 - BVerfGE 107, 59 <89>), Defizite der demokratischen
Legitimation zu beobachten sind, lässt sich dieser Befund nicht unbesehen auf
kommunale Zweckverbände übertragen, nur weil diese sonstige Rechtsträger
organisatorisch in ihre Tätigkeit einbinden. Daran wäre nur zu denken, wenn
diese Mitgliedschaft dem Partikularwillen bestimmter Gruppen von Privaten
größere Einflussmöglichkeiten auf die Verbandstätigkeit einräumen würde. Da-
von kann hier keine Rede sein. Die Rechtsträger, die aus steuerpolitischen
Gründen nach § 3 des Grundsteuergesetzes (GrStG) von der Grundsteuer be-
freit sind (z.B. die inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
das Bundeseisenbahnvermögen und die Kirchengemeinden), sind nicht als Pri-
vate anzusprechen und vertreten auch nicht die Interessen bestimmter privater
Gruppen. Ihr durch die Mitgliedschaft organisatorisch gesicherter Einfluss auf
die Tätigkeit der Unterhaltungsverbände bedarf deshalb keiner Kompensation
nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht für die funktionale Selbst-
verwaltung entwickelten Regeln (vgl. Beschlüsse vom 5. Dezember 2002,
a.a.O., S. 93 und vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298, 1299/94 u.a. - BVerfGE 111,
191 <217>).
Die funktionale Selbstverwaltung lässt sich - wie das Bundesverfassungsgericht
es formuliert (Beschluss vom 5. Dezember 2002, a.a.O., S. 92) - „als organi-
sierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen an den sie berührenden Ent-
scheidungen“ verstehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zu-
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sammenhang zwar ausgeführt, dass das Demokratieprinzip es dem Gesetzge-
ber „erlaubt“, für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben
diese besondere Organisationsform der nicht-kommunalen Selbstverwaltung
einzuführen. Es wäre aber ein Missverständnis, falls der Kläger die Vorstellung
hegen sollte, auch bei kommunalen Zweckverbänden müsse der Gesetzgeber,
wenn und weil das Finanzierungssystem - auf der zweiten Stufe - eine Abwäl-
zung der Verbandslasten auf Private zulässt, diesen „sachnahen Betroffenen“
notwendig eine organisierte Beteiligung an der Verbandstätigkeit einräumen.
Eine Pflicht des Gesetzgebers, kommunale Zweckverbände in dieser Weise
„demokratischer“ auszugestalten, kennt das Grundgesetz nicht. Auch die am
22. April 2005 in Kraft getretene Neuregelung des § 105 Abs. 1a WG LSA n.F.,
die eine Berufung von Eigentümern und Nutzern der zum Verbandsgebiet ge-
hörenden und der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen in die Verbands-
versammlung oder den Verbandsausschuss vorschreibt, ist bundesrechtlich
nicht vorgegeben.
b) Die streitige Umlage verstößt auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Sie wird
den Abgabenpflichtigen nicht unter Umgehung der finanzverfassungsrechtli-
chen Verteilungsregeln nach Art einer Steuer voraussetzungslos auferlegt (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186
<215 f.>). Die Umlage ist entgegen der Ansicht des Klägers weder eine „Re-
gensteuer“ noch eine „zweite Grundsteuer“.
Der erkennende Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass mit der streiti-
gen Umlage, auch wenn ihr ein Entgeltcharakter abzusprechen sein mag, den-
noch ein „Vorteil“ der in Anspruch genommenen Grundsteuerpflichtigen korres-
pondiert. Dieser ist - wie die Vorinstanz ausgeführt hat (Urteil vom 6. Dezember
2001, a.a.O., S. 109) - jedenfalls darin zu sehen, dass den Eigentümern der
Flächen, die im Verbandsgebiet der Grundsteuer unterliegen, eine an sich ih-
nen selbst aufzuerlegende Unterhaltungspflicht abgenommen wird, wenn die
Gemeinde Mitglied des Unterhaltungsverbandes ist. Dieser Vorteil wird zulässi-
gerweise gesetzlich vermutet (vgl. Beschluss vom 4. Juni 2002 - BVerwG 9 B
15.02 - NVwZ 2002, 1508).
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Dabei liegt diesem Vorteilsbegriff das weite Verständnis zugrunde, das in § 8
des Wasserverbandsgesetzes vom 12. Februar 1991 (WVG) - BGBl I S. 405 -
Ausdruck findet. Dies bestätigt letztlich § 105 Abs. 1 Halbs. 2 WG LSA a.F.,
wenn dort vom Landesgesetzgeber - soweit von ihm nichts anderes bestimmt
ist - für die Unterhaltungsverbände ausdrücklich die Geltung des Wasserver-
bandsgesetzes angeordnet wird. Als „Vorteil“ sind danach nicht nur die Maß-
nahmen der Gewässerunterhaltung anzusehen, die für die Abgabenpflichtigen
im Einzelfall einen greifbaren wirtschaftlichen Nutzen mit sich bringen können
(vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 WVG). Es reicht vielmehr aus, wenn von deren
Grundstücken „nachteilige Auswirkungen“ auf die zu unterhaltenden Gewässer
ausgehen oder zu erwarten sind (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 WVG). Als Nachteil zure-
chenbar ist in diesem Sachzusammenhang jeder Beitrag zum Wasserzufluss;
denn in der Summe macht dieser Wasserzufluss die wasserwirtschaftlichen
Maßnahmen erforderlich, die der Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustan-
des für den Wasserabfluss dienen (vgl. § 102 Abs.1 und 2 WG LSA a.F.). Der
erkennende Senat hält an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
fest, dass „jedes Grundstück … schon allein infolge seiner Lage im Einzugsge-
biet den Zulauf von Wasser verursacht und damit die Gewässerunterhaltung
erschwert“ (so Beschluss vom 3. Juli 1992 - BVerwG 7 B 149.91 - Buchholz
445.4 § 29 WHG Nr. 3 S. 2 m.w.N.).
Auch ohne Mitglied des Unterhaltungsverbands zu sein, sind die Eigentümer
der im Verbandsgebiet gelegenen Flächen aus diesem Grunde typischerweise
„Nutznießer“ der Verbandstätigkeit (vgl. § 28 Abs. 3 WVG). Diese entlastet sie
nämlich von einer Verantwortung, die vom Landesgesetzgeber ihrem Eigentum
zugerechnet werden darf, auch wenn die Gewässerunterhaltung als öffentliche
Aufgabe definiert ist, deren Wahrnehmung den Gemeinden in einem Zwangs-
verband obliegt. Als Nutznießer schulden die grundsteuerpflichtigen Eigentü-
mer einen Solidarbeitrag zum Finanzierungssystem, das in Sachsen-Anhalt für
die Kosten der Gewässerunterhaltung eingeführt worden ist.
Die Erhebung der streitigen Umlage dient danach nicht der bloßen Einnah-
meerzielung der öffentlichen Hand. Dies unterscheidet sie von der Grundsteu-
er. Ob durch Grundstücke verursachte Lasten für die Gemeinde als Rechtferti-
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gung für die Grundsteuer angeführt werden können (vgl. BVerfG, Urteil vom
27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. - BVerfGE 86, 148 <232>), ist wachsenden
Zweifeln ausgesetzt (vgl. BFH, Urteil vom 19. Juli 2006 - II R 81/05 - BFHE 213,
222 <227> m.w.N.). Vorrang hat jedenfalls der Gedanke, dass traditionell die
Ertragsfähigkeit des Wirtschaftsguts „Grundbesitz“ eine zulässige Steuerquelle
darstellt, weil damit Zugriff auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des „fun-
dierten Einkommens“ genommen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezem-
ber 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <353>). Im Unterschied dazu soll
die Umlage innerhalb des für die Gewässerunterhaltung in Sachsen-Anhalt gel-
tenden Finanzierungssystems - auf der zweiten Stufe - eine Refinanzierung der
Mitgliedsgemeinden auf Kosten der Nutznießer der Gewässerunterhaltung er-
möglichen.
c) Als nichtsteuerliche Abgabe ist die Umlage somit dem Grunde nach sachlich
gerechtfertigt. Insoweit ist an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts unverändert festzuhalten (vgl. Beschlüsse vom 3. Juli 1992, a.a.O., S. 2 f.
und vom 4. Juni 2002, a.a.O.). Es fehlt aber auch nicht an einer sachlichen
Rechtfertigung hinsichtlich der Höhe der Umlage (vgl. zu diesem Erfordernis
BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. -BVerfGE 108, 1 <17 f.>).
Der vom Kläger kritisierte Flächenmaßstab führt nicht dazu, dass die Umlage
der Höhe nach in einem „groben Missverhältnis“ zu den legitimen Zwecken der
Umlage steht. Unter Berufung auf das Äquivalenzprinzip, das den Schuldner
nichtsteuerlicher Abgaben vor einer sachunangemessenen Belastung schützt,
kann der Kläger nicht verlangen, als Waldbesitzer von der Umlage ganz oder
teilweise freigestellt zu werden.
Der erkennende Senat ist in seinem Beschluss vom 4. Juni 2002 (a.a.O.) davon
ausgegangen, dass für die Umlegung einer Verbandslast auf Nichtmitglieder
keine anderen oder gar weitergehenden rechtlichen Anforderungen und Maß-
stäbe gelten als für die Umlegung auf Verbandsmitglieder. Hieran hält der Se-
nat fest.
Wenn die Nutznießer der Gewässerunterhaltung ebenso wie die Mitgliedsge-
meinden nach dem Flächenmaßstab veranlagt werden, gelten einfachrechtlich
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für die Umlegung der Verbandsbeiträge auf die Nichtmitglieder keine anderen
rechtlichen Anforderungen als für die Umlegung des bestimmungsgemäßen
Unterhaltungsaufwands auf die Verbandsmitglieder. Die Zweistufigkeit des Fi-
nanzierungssystems führt aus diesem Grunde dazu, dass die Grundsteuer-
pflichtigen einer Umlegung der Verbandsbeiträge den Einwand entgegenhalten
können, die auf der ersten Stufe erfolgte Veranlagung der Mitgliedsgemeinde
sei rechtswidrig, weil die dafür geltenden Maßstäbe verfehlt worden seien. Die-
ser Einwand wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mitgliedsgemeinde
ihr gegenüber erlassene Beitragsbescheide hat unanfechtbar werden lassen.
Die Vorinstanz hat dies im Fall des Klägers zumindest der Sache nach berück-
sichtigt. Sie ist zum einen seinem Einwand nachgegangen, gestützt auf § 105
Abs. 2 Satz 3 WG LSA a.F. - der für die erste Stufe der Veranlagung gilt - kön-
ne er für sein Waldstück Beitragsfreiheit beanspruchen. Hinsichtlich der Ein-
wände, die der Kläger gegen die Bemessung des Aufwands erhoben hat, ver-
weist das angefochtene Urteil (UA S. 9) zum anderen auf die Ausführungen im
erstinstanzlichen Urteil, das ebenfalls einen „Einwendungsdurchgriff“ für zuläs-
sig und geboten erachtet hat. Die insoweit getroffenen Tatsachenfeststellungen
sind für das Revisionsgericht bindend, weil der Kläger dagegen keine durch-
greifenden Verfahrensrügen erhoben hat (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
Ebenso hält der Senat daran fest, dass der rechtsstaatliche Verhältnismäßig-
keitsgrundsatz in Verbindung mit dem gleichfalls dem Rechtsstaatsprinzip ent-
stammenden Willkürverbot bei diesem Abgabentypus nicht einen Zusammen-
hang zwischen der Höhe der Umlage und dem Nutzen fordert, den der Abga-
benpflichtige typischerweise aus der Verbandstätigkeit hat bzw. haben könnte.
Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 4. Juni 2002 (a.a.O.) zum Aus-
druck gebracht, wenn er sich dort dagegen ausgesprochen hat, dass es zur
Rechtfertigung der Umlage „des Nachweises eines äquivalenten Vorteils be-
darf“. Die streitige Umlage ist - wie erwähnt wurde (oben b)) - ein nach näherer
Maßgabe der Satzung geschuldeter Solidarbeitrag, den die Grundsteuerpflich-
tigen als Nutznießer der Verbandstätigkeit zu erbringen haben, um das Finan-
zierungssystem der Unterhaltungsverbände unter weitgehender Schonung
steuerlicher Einnahmequellen zu stützen.
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Der erkennende Senat vermag nach wie vor nicht zu erkennen, dass bei der
insoweit gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise die Umlage die
Gruppe der Waldbesitzer sachunangemessen trifft und sie gegenüber anderen
Gruppen von Grundsteuerpflichtigen unverhältnismäßig benachteiligt. Die hohe
Verdunstungsrate von Waldflächen und das Wasserrückhaltevermögen von
Waldböden mögen dazu führen, dass diese Flächen typischerweise einen eher
geringen Anteil an dem Wasserzufluss haben, der in seiner Summe Unterhal-
tungsmaßnahmen an den Gewässern zweiter Ordnung erforderlich macht. Es
liegt aber in der Natur der Sache, dass die individuellen Anteile am Wasserzu-
fluss regelmäßig nicht messbar sind. Es wären insofern allenfalls sehr grobe
und pauschalierende Abschätzungen denkbar, die möglicherweise ebenso als
nicht in vollem Umfange sachgerecht kritisiert werden könnten. Dem Flächen-
maßstab wohnt dagegen der erhebungstechnische Vorteil inne, dass sich die
Höhe der im Einzelfall geschuldeten Abgabe von den Gemeinden ohne nen-
nenswerten Aufwand ermitteln lässt. Der Landesgesetzgeber hat auch in § 105
Abs. 2 Satz 2 WG LSA n.F. an dem Flächenmaßstab festgehalten, diesen für
Waldflächen aber zukünftig durch einen pauschalen Abschlag gemildert. Diese
Schonung der Waldbesitzer hält der Senat jedoch nicht für bundesrechtlich ge-
boten.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Dr. Storost
Vallendar
Prof. Dr. Rubel
Dr. Nolte
Domgörgen
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 301,67 €
(entspricht 590,02 DM) festgesetzt (§ 47 Abs.1 Satz 1 und Abs. 2, § 52 Abs. 3
GKG).
Dr. Storost
Vallendar
Prof. Dr. Rubel