Urteil des BVerwG vom 11.12.2008

BVerwG (beurteilung, begründung, leistung, bewertung, stellungnahme, quote, stichtag, bundesverwaltungsgericht, eignung, vergleich)

Rechtsquellen:
BBG § 15
BLV §§ 40, 41, 41a
GG Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4
Stichworte:
Dienstliche Beurteilung; Regelbeurteilung; Erst- und Zweitbeurteilung; Beurtei-
lungsbeitrag; Quote; Quotierung; Richtwerte; Herabstufung der Gesamtnote;
Leistungsbewertung; Erkennbarkeit von Richtwerten.
Leitsatz:
Fassen Beurteilungsbestimmungen die zweithöchste und eine weitere Note in
einer Notenstufe zusammen, die einer auf die Notenstufe bezogenen Quote
unterliegt, muss zumindest die Quote der zweithöchsten Note erkennbar sein.
Urteil des 2. Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 A 7.07
Verkündet
am 11. Dezember 2008
Hardtmann
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele, Groepper und
Dr. Heitz und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
für Recht erkannt:
Die dienstliche Beurteilung des Klägers zum Stichtag
1. Juli 2006 und der Widerspruchsbescheid des Bundes-
nachrichtendienstes vom 4. Juni 2007 werden aufgeho-
ben.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger für den Beurtei-
lungszeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 un-
ter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut
zu beurteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfah-
ren wird für notwendig erklärt.
G r ü n d e :
I
Der Kläger steht im Dienst der Beklagten und wird beim Bundesnachrichten-
dienst verwendet. Seit Mai 2005 ist er Regierungsamtsrat (BesGr A 12). Zum
Stichtag 1. Juli 2006 wurde er für den Zeitraum 1. Oktober 2001 bis 30. Juni
2006 turnusgemäß beurteilt. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Klage.
Grundlage der Beurteilung waren die Beurteilungsbestimmungen des Bundes-
nachrichtendienstes vom 1. Juli 2006. Sie enthalten eine Notenskala von 1 bis
9. Die Note 1 steht für die schlechteste, die Note 9 für die beste Beurteilung.
Sämtliche Noten sind zusätzlich fünf Notenstufen zugeordnet: die Note 9 der
Notenstufe 1, die Noten 8 und 7 der Notenstufe 2 und die Noten 6, 5 und 4 der
Notenstufe 3. Die übrigen Noten und Notenstufen spielen hier keine Rolle.
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Der Kläger erhielt in der Leistungsbewertung vom Zweitbeurteiler die Gesamt-
note 6 („ gelegentlich herausragende Leistungen“ ). Der Erstbeurteiler hatte die
Gesamtnote 7 („ häufig herausragende Leistungen“ ) vorgeschlagen. Zur Be-
gründung stützte der Zweitbeurteiler sich auf eine Stellungnahme des Zwi-
schenvorgesetzten des Klägers. Dieser hatte ebenfalls die Gesamtnote 6
empfohlen. Der Zweitbeurteiler hielt die Zurücksetzung sowohl der Einzelbe-
wertungen als auch der Gesamtbewertung um jeweils eine Note für erforder-
lich, um einen einheitlichen Maßstab im Vergleich mit den anderen Bedienste-
ten der Unterabteilung in denselben Besoldungs- oder Entgeltgruppen einzu-
halten. Für den Kläger waren während des Beurteilungszeitraums auch Beurtei-
lungsbeiträge erstellt worden. Für den Zeitraum 1. Oktober 2001 bis 28. Febru-
ar 2005 hatte er bei den einzelnen Leistungsmerkmalen Arbeitsgüte, Arbeits-
menge und Arbeitsweise sowie für das Leistungsmerkmal Führung jeweils die
Note „ 2+“ erhalten.
Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger, der Zweitbeurteiler habe das Votum
des Erstbeurteilers rein schematisch und formelhaft abgewertet. Die Beurtei-
lung beruhe nicht auf einem Akt wertender Erkenntnis; sie sei willkürlich und
verletze seine Rechte. Der Zweitbeurteiler habe sich keine eigene Kenntnis
über den Kläger verschafft. Dies sei nach den Beurteilungsbestimmungen des
Bundesnachrichtendienstes aber vorgeschrieben. Den Widerspruch wies die
Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 2007 im Wesentlichen mit dem Argument
zurück, aus der zwar formelhaft klingenden Begründung des Zweitbeurteilers
dürfe nicht auf ein Wertungsdefizit geschlossen werden, das zur Rechtswidrig-
keit der Beurteilung führe. Der Zweitbeurteiler habe der Sache nach eine
schlüssige Leistungsbeurteilung abgegeben.
Mit der Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen: Das Votum des Erstbeurtei-
lers bestätige, dass er nicht nur eine den Anforderungen in jeder Hinsicht ge-
recht werdende Leistung, sondern eine stets darüber liegende, also eine der
Note 7 entsprechende Leistung erbracht habe. Aus der schematischen Herab-
stufung dieser Bewertung durch den Zweitbeurteiler folge, dass der Kläger ein
Quotenopfer geworden sei. Außerdem seien die in die Erstbeurteilung einge-
flossenen Beurteilungsbeiträge in der damals noch niedrigeren Besoldungs-
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gruppe des Klägers, die nach dem heutigen Beurteilungssystem der Note 8
entsprächen, in der Zweitbeurteilung nicht erkennbar berücksichtigt worden.
Auch die Beförderung des Klägers während des Beurteilungszeitraums könne
die Herabstufung der Note nicht rechtfertigen. Davon abgesehen sei die Quo-
tenregelung der Beurteilungsbestimmungen rechtswidrig. Sie lasse sich nicht
mit den Vorgaben des § 41a der Bundeslaufbahnverordnung vereinbaren.
Rechtswidrig sei auch, dass die Beurteilungsbestimmungen Abweichungen von
den vorgegebenen Quoten nur eingeschränkt zuließen.
Der Kläger beantragt,
die dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. Juli 2006 und
den Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendiens-
tes vom 4. Juni 2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu
verpflichten, den Kläger für den Beurteilungszeitraum vom
1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, die Zweitbeurteilung beruhe auf einer Stel-
lungnahme des Zwischenvorgesetzten und enthalte keine unlösbaren Wider-
sprüche zwischen dem Gesamturteil und den Einzelbewertungen. Die während
des Beurteilungszeitraums erstellten Beurteilungsbeiträge seien in die Zweitbe-
urteilung eingeflossen. Dabei sei berücksichtigt worden, dass seit dem 1. Juli
2006 ein strengerer Beurteilungsmaßstab gegolten habe. Der Kläger sei kein
Quotenopfer geworden. Die Zweitbeurteilung berücksichtige vielmehr einen
weiter ausgreifenden und an Richtwerten orientierten Leistungsvergleich.
Einem Erstbeurteiler fehle die Möglichkeit dieses Vergleichs der Leistungen, die
von vergleichbaren Beamten in anderen Sachgebieten erbracht würden. Die
Anpassung einer Erstbewertung an den breiteren Vergleichsmaßstab obliege
dem Zweitbeurteiler. Dieser habe vorliegend auch hinreichende Auskünfte über
den Kläger eingeholt, so auch bei dem Zwischenvorgesetzten des Klägers.
Dessen Einschätzung entspreche der dem Kläger letztlich erteilten Gesamtno-
te.
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Die dem Gericht vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten wurden zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II
Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4
VwGO in erster und letzter Instanz zu entscheiden hat, ist begründet. Die ange-
fochtene Regelbeurteilung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie ist zusammen mit dem Wider-
spruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 4. Juni 2007 aufzuhe-
ben. Die Beklagte muss den Kläger für den streitigen Beurteilungszeitraum un-
ter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut beurteilen.
1. Die Beklagte war nach §§ 40 und 41 der auf Grund der Ermächtigung in § 15
BBG erlassenen Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und
Bundesbeamten (Bundeslaufbahnverordnung - BLV) in der Fassung vom 2. Juli
2002 (BGBl I S. 2459, ber. S. 2671) berechtigt, Eignung, Leistung und fachliche
Befähigung des Klägers in regelmäßigen Abständen zu beurteilen (Urteil vom
11. Februar 1999 - BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 = Buchholz 11
Art. 143a GG Nr. 1). Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in wel-
chem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche
Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem
Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtli-
che Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr
den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich
bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde ge-
legt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen
angestellt hat. Hat der Dienstherr, wie hier mit den Bestimmungen über die Be-
urteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im Bundesnachrichten-
dienst (Beurteilungsbestimmungen) vom 1. Juli 2006, Richtlinien über die Er-
stellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler auf Grund des
Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzule-
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genden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat deshalb
auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der
gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzli-
chen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr; z.B. Urteil vom 24. November
2005 - BVerwG 2 C 34.04 - BVerwGE 124, 356 = Buchholz 232.1 § 41a BLV
Nr. 1 m.w.N.).
2. Nach diesen Vorgaben bleiben folgende Rügen des Klägers erfolglos:
a) Zur Recht ist der Kläger zum Stichtag 1. Juli 2006 nach Maßgabe der Beur-
teilungsbestimmungen dienstlich beurteilt worden, obgleich diese erst an die-
sem Tag in Kraft getreten sind (Nr. 28). Der von der Beurteilung erfasste Zeit-
raum 1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 entspricht dem in Nr. 27.1 vorgegebe-
nen Zeitrahmen. Die verwendeten früheren Beurteilungsbeiträge durften nach
Nr. 4 der Beurteilungsbestimmungen einbezogen werden. Soweit nach den
neuen Richtlinien strengere Beurteilungsmaßstäbe zur Gewinnung des Urteils
über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des zu beurteilenden Beam-
ten eingehalten werden mussten, wurde nicht belastend in die Rechtsposition
des Klägers eingegriffen. Denn seine beamtenrechtliche Rechts- und Pflichten-
stellung ergibt sich nicht aus den Vorschriften über die dienstliche Beurteilung,
sondern aus dem materiellen Beamtenrecht (vgl. §§ 52 ff. BBG; Urteil vom
2. März 2000 - BVerwG 2 C 7.99 - Buchholz 237.8 § 18 RhPLBG Nr. 1).
b) Nicht zu beanstanden ist, dass der Zweitbeurteiler den Kläger nicht persön-
lich gekannt hat. Es genügt, dass er sich die notwendigen Kenntnisse in geeig-
neter Weise verschafft hat. Dies ist durch die Berücksichtigung der Stellung-
nahme des Zwischenvorgesetzten sowie der vorliegenden Beurteilungsbeiträge
geschehen (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 27. Oktober 1988 - BVerwG 2 A 2.87 -
Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 12 und vom 16. Mai 1991 - BVerwG 2 A 2.90 -
juris).
c) Rechtlich unbedenklich ist ferner die Festsetzung von Richtwerten in den
Beurteilungsbestimmungen. Nach Satz 1 der durch Art. 9 Nr. 6 des Gesetzes
zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 24. Februar 1997 (BGBl I S. 322)
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eingefügten Bestimmung des § 41a BLV soll der Anteil der beurteilten Beamten
einer Besoldungsgruppe oder Funktionsebene bei der höchsten Note 15 % und
bei der zweithöchsten Note 35 % nicht übersteigen. Bei Regelbeurteilungen ist
die Bildung solcher Richtwerte zur Konkretisierung der vom Dienstherrn ange-
strebten Beurteilungsmaßstäbe in hinreichend großen Verwaltungsbereichen
grundsätzlich rechtlich unbedenklich (Urteile vom 26. Juni 1980 - BVerwG 2 C
13.79 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 18, vom 13. November 1997 - BVerwG 2 A
1.97 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 17 und vom 24. November 2005 a.a.O.).
§ 41a BLV enthält keine Bestimmung über den Mindestanteil einer bestimmten
Note bezogen auf die Gesamtheit der zu einem Stichtag beurteilten Beamten.
Es werden vielmehr als Sollbestimmung nur Höchstgrenzen vorgegeben. Da-
raus folgt, dass der Dienstherr grundsätzlich nicht gehindert ist, unterhalb die-
ser Höchstgrenze zu bleiben. Die Unterschreitung des vorgegebenen Rahmens
bedarf auch keiner besonderen Begründung. Innerhalb der Vorgaben des
§ 41a Satz 1 BLV ist der Dienstherr vielmehr grundsätzlich frei, welches Beur-
teilungsverfahren er wählt (Urteil vom 30. April 1981 - BVerwG 2 C 8.79 -
Buchholz 232.1 § 40 Nr. 1 m.w.N.; Beschluss vom 31. Januar 1994 - BVerwG
2 B 5.92 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 16).
Mit den Beurteilungsbestimmungen ist der Bundesnachrichtendienst innerhalb
der in § 41a Satz 1 BLV vorgegebenen Obergrenzen geblieben. Gemäß
Nr. 11.6.1 Satz 2 darf der Anteil der Beurteilten einer Vergleichsgruppe bei der
Notenstufe 1 höchstens 5 % und bei der Notenstufe 2 höchstens 15 % betra-
gen. Da zu dieser Notenstufe zwei Noten gehören, die zweit- und die dritt-
höchste, lässt sich zwar nicht feststellen, welcher Anteil auf die zweithöchste
Note entfällt. Jedenfalls ist aber der durch § 41a BLV vorgezeichnete Rahmen
nicht ausgeschöpft.
Dass in § 41a BLV von Noten und nicht von Notenstufen die Rede ist, ist recht-
lich in diesem Zusammenhang unerheblich. Diese Verfahrensweise fördert die
Leistungsdifferenzierung (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zu
§ 41a BLV, BTDrucks 13/3994 A I 5). Die Bindung der Richtwerte an Obergren-
zen in Nr. 11.6.1 Satz 2 der Beurteilungsbestimmungen führt prinzipiell auch
nicht dazu, dass die Beurteiler die Noten unter Heranziehung sachwidriger Er-
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wägungen bilden (stRspr; z.B. Urteil vom 24. November 2005 a.a.O. m.w.N.).
Richtwerte bestimmen das anteilige Verhältnis der Bewertungen. Mittels der so
vorweg bestimmten Häufigkeit, mit der gemäß § 41a BLV die beste und die
zweitbeste Notenstufe vergeben werden, verdeutlicht und konkretisiert sich der
Aussagegehalt dieser Bewertungen.
d) Keinen Grund zur Beanstandung bildet schließlich die in Nr. 11.6.1 Satz 2
der Beurteilungsbestimmungen geregelte Bindung an die vorgegebene Quotie-
rung. Nach dieser Bestimmung sind die Richtwerte für die beiden besten No-
tenstufen grundsätzlich verbindlich und können nur im Interesse der Einzelfall-
gerechtigkeit maximal um 5 % überschritten werden. Diese Regelung suggeriert
dem Beurteiler nicht per se, er sei gezwungen, auch bei gerechtfertigten Ab-
weichungen nicht entsprechend der tatsächlichen Eignung und Befähigung zu
beurteilen. Wäre dem so, läge darin die Gefahr, den Vorgaben des Art. 33
Abs. 2 GG nicht gerecht zu werden. Zwar birgt jeder Richtwert eine derartige
abstrakte Gefahr in sich, doch kann dieser Gefahr mit der in Nr. 11.6.1 Satz 2
der Beurteilungsbestimmungen vorgesehenen Möglichkeit der Abweichung bis
zu 5 % hinreichend entgegengesteuert werden.
3. Die angefochtene Beurteilung ist allerdings deshalb rechtswidrig, weil sie auf
einer mit § 41a BLV nicht vereinbaren Beurteilungsbestimmung (a) und einer
fehlerhaften Zweitbeurteilung (b) beruht.
a) Die in den Beurteilungsbestimmungen vorgesehene Erstreckung der Quotie-
rung auf die dritthöchste Note (Nr. 11.5 und 11.6.1) lässt das Quotenverhältnis
der zweithöchsten zur dritthöchsten Note nicht erkennbar werden. Das ist mit
Sinn und Zweck des § 41a BLV nicht vereinbar.
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Dienstherr die in § 41a BLV
vorgesehenen Quoten auf die höchste und die zweithöchste Note begrenzen
muss oder ob er auch weitere Noten an eine Quote binden darf. Auf die Beant-
wortung dieser Frage kommt es nicht an. Denn fehlerhaft ist bereits die Einbe-
ziehung der zweithöchsten und der dritthöchsten Note in die Quotierung, ohne
dass das Quotenverhältnis zwischen der zweit- und dritthöchsten Note erkenn-
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bar ist. Diese Beurteilungsbestimmungen nehmen einem mit der zweithöchsten
Note beurteilten Beamten die Möglichkeit, seine Stellung im Leistungswettbe-
werb mit Hilfe des verordnungsrechtlich vorgesehenen Rahmens zu bestim-
men. Die Quotenregelung des § 41a BLV bezweckt aber gerade, dem beurteil-
ten Beamten die Nachprüfung zu ermöglichen, ob seine dienstliche Beurteilung
den von Art. 33 Abs. 2 und Art. 3 GG vorgegebenen Maßstäben gerecht wird.
Der beurteilte Beamte muss nachvollziehen können, welchen Stellenwert der
Dienstherr seiner beruflichen Leistung im Vergleich zu den Leistungen anderer
vergleichbarer und beurteilter Beamter zumisst. Denn die dienstliche Beurtei-
lung dient der Verwirklichung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Grund-
satzes, Beamte nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einzustellen,
einzusetzen und zu befördern. Ihr Ziel ist es, die den Umständen nach optimale
Verwendung des Beamten zu gewährleisten und so die im öffentlichen Interes-
se liegende Erfüllung hoheitlicher Aufgaben (Art. 33 Abs. 4 GG) durch Beamte
bestmöglich zu sichern. Zugleich dient die dienstliche Beurteilung auch dem
berechtigten Anliegen des Beamten, in seiner Laufbahn entsprechend seiner
Eignung, Befähigung und Leistung voranzukommen. Ihr kommt die entschei-
dende Bedeutung bei der Auswahlentscheidung des Dienstherrn und der dabei
erforderlichen „ Klärung einer Wettbewerbssituation“ zu. Dies verlangt größt-
mögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Urteile vom 26. August 1993
- BVerwG 2 C 37.91 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15 S. 15 und vom
27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10;
Beschluss vom 31. Januar 1994 a.a.O. S. 1). Die dienstliche Beurteilung soll
den Vergleich mehrerer Beamter miteinander ermöglichen und zu einer objekti-
ven und gerechten Bewertung des einzelnen Beamten führen (Urteil vom
27. Februar 2003 a.a.O.; Beschluss vom 3. Oktober 1979 - BVerwG 2 B 24.78 -
Buchholz 237.1 Art. 12 BayBG Nr. 2).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - dem Beamten die be-
gehrte zweithöchste Note mit dem Argument verwehrt wird, der Dienstherr müs-
se sich an vorgegebene Richtwerte halten. Denn der Beamte kann die rechtli-
che Position des Dienstherrn nicht überprüfen. Dazu wäre er nur im Stande,
wenn er die Quote wüsste, der die begehrte zweithöchste Note unterliegt.
Durch die Zusammenfassung der zweithöchsten und der dritthöchsten Note in
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einer Notenstufe, die ihrerseits den Anknüpfungspunkt der Quotierung bildet, ist
ihm die gebotene Rechtsverteidigung nicht möglich.
b) Rechtswidrig ist auch die Leistungsbewertung des Zweitbeurteilers. Die
Zweitbeurteilung stimmt nicht mit der unverändert gelassenen Wortbegründung
der Erstbeurteilung überein. Auch die Einbeziehung der Stellungnahme des
Zwischenvorgesetzten zeigt keine nachvollziehbaren Gründe für die Herabset-
zung der Einzelnoten sowie der Gesamtnote um eine Note auf. Die Zweitbeur-
teilung entspricht daher nicht den Anforderungen, die sich aus Art. 33 Abs. 2
GG für den Inhalt von Beurteilungen ergeben.
Zwar kann aus dem bloßen äußeren Ablauf des Beurteilungsvorgangs kein
zwingender Schluss darauf gezogen werden, dass die Beurteilung nicht auf
einer sorgfältig durchgeführten Bewertung beruht. Es ist auf der breiteren Ver-
gleichsbasis der Unterabteilung naheliegend, dass eine aus der Sicht des
Sachgebietsleiters erfolgte Bewertung in einer anderen Relation zu sehen sein
kann. Eine deshalb ggf. notwendig werdende Korrektur ist gerade Aufgabe des
Zweitbeurteilers. Jedoch erfordert es der Anspruch sowohl aus Art. 33 Abs. 2
GG als auch - bezogen auf das gerichtliche Verfahren - aus Art. 19 Abs. 4 GG,
dass die breiteren, auf die Unterabteilung bezogenen Vergleichsdaten nach-
vollziehbar in die Bewertung einbezogen werden. Die nach den Beurteilungs-
bestimmungen bestehende Möglichkeit, das Votum des Erstbeurteilers durch
die Zweitbeurteilung vollständig oder teilweise zu ersetzen, um sie - wie hier -
einem strengeren Maßstab anzupassen, macht es besonders erforderlich, an
die Zweitbeurteilung dieselben Maßstäbe anzulegen wie an die Erstbeurteilung.
Will der Zweitbeurteiler das Votum des Erstbeurteilers nicht vollständig erset-
zen, sondern lediglich verändern, muss er diese Veränderung im Einzelnen
nachvollziehbar begründen. Er muss dafür Sorge tragen, dass die Zweitbeurtei-
lung und die Reste der Erstbeurteilung zusammenpassen. Dem entspricht die
streitige Beurteilung nicht.
Vielmehr hat sich der Zweitbeurteiler damit begnügt, die Erstbeurteilung sowohl
in den Einzelnoten als auch in der Gesamtnote allein mit der sinngemäßen Be-
gründung um eine Note zu verschlechtern, dass dies zum Abgleich mit den in
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der gesamten Unterabteilung vergebenen und vergleichbaren Beurteilungen
erforderlich sei. Eine eigene darüber hinausgehende verbale Beurteilungsbe-
gründung ist nicht erfolgt. Diese Verfahrensweise hat dazu geführt, dass für
den Kläger weder die Vergleichsmaßstäbe erkennbar sind, die Anlass der Her-
absetzung der Noten gewesen sein sollen, noch nachvollziehbar ist, wieso die
verbale Begründung des Erstbeurteilers, die nach dessen Votum den vergebe-
nen Noten entspricht, nun ohne Weiteres auch der um eine Note verschlechter-
ten Zweitbeurteilung entsprechen soll. Der Dienstherr hat vielmehr dafür Sorge
zu tragen, dass der Beamte die Beurteilung sowohl hinsichtlich der Noten als
auch hinsichtlich der verbalen Begründung nachvollziehen kann. Dazu gehört
auch, dass im Falle einer Herabsetzung der Erstbeurteilung die Gründe dafür
nicht nur angedeutet, sondern so dargestellt werden, dass sie für den beurteil-
ten Beamten verständlich sind. Dies ist nicht geschehen.
Die Bezugnahme des Zweitbeurteilers auf die Stellungnahme des Zwischen-
vorgesetzten ändert an dieser rechtlichen Bewertung auch dann nichts, wenn
zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass der Zweitbeurteiler sie sich zu
eigen gemacht hat und sie nicht nur formelhaften Charakter besitzt. Denn die
Stellungnahme des Zwischenvorgesetzten ist inhaltlich zu pauschal. Sie enthält
keine auf die einzelnen Leistungsmerkmale auch nur annähernd eingehenden
Bewertungen. Sie begnügt sich vielmehr damit, „ die Leistungen des Beamten
insgesamt im überdurchschnittlichen Bereich, jedoch nicht in der Notenstufe 2“
anzusiedeln. Die weitere Bemerkung, die volle Ausschöpfung seines sehr guten
Leistungspotenzials würde den Kläger befähigen, nicht nur vereinzelt herausra-
gende Leistungen zu erbringen, ist nicht konkret genug und deshalb nicht auf
die in den Beurteilungsbestimmungen festgelegten unterschiedlichen Leis-
tungsmerkmale (Nr. 11.2 Abs. 1) übertragbar.
Fehlerhaft ist die Zweitbeurteilung auch deshalb, weil ein Vergleich der Wort-
begründung des Erstbeurteilers mit der Zuordnung zu den einzelnen Noten der
Zweitbeurteilung keinen sachlichen Zusammenhang erkennen lässt. So erhielt
der Kläger vom Erstbeurteiler beim Leistungsmerkmal „ Arbeitsergebnisse“ die
Note 7. Das bedeutet, dass er in der Qualität und Verwertbarkeit seiner Ar-
beitsergebnisse sowie bei der Aufgaben- und Zielorientierung die Anforderun-
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gen durch häufig herausragende Leistungen übertroffen hat. In der Begründung
dieser Bewertung ist ausgeführt, dass der Kläger im Beurteilungszeitraum
höchst unterschiedliche, anspruchsvolle und zum Teil höherwertige Aufgaben
übernommen und dabei stets weit über dem Durchschnitt liegende Leistungen
erbracht hat. Mit der vom Zweitbeurteiler erteilten Note 6 ist diese Begründung
nicht mehr vereinbar. Für die Note 6 werden nur gelegentlich herausragende
Leistungen verlangt. Das ist ein deutlich niedrigeres Leistungsniveau, das mit
der Wortbegründung der Erstbeurteilung nicht übereinstimmt. Bei den Leis-
tungsmerkmalen Arbeitsmenge und Termingerechtigkeit erhielt der Kläger vom
Erstbeurteiler die Note 6, d.h. er hat gelegentlich herausragende Leistungen
erbracht. Der Erstbeurteiler hebt in diesem Zusammenhang die besonders ho-
he Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit als hervorstechendes Merkmal der
Arbeitsweise des Klägers hervor. Die vom Zweitgutachter erteilte Note 5 besagt
lediglich, dass die Leistung den Anforderungen in jeder Hinsicht entspricht. Die-
se Note beschreibt ein deutlich geringeres Leistungsniveau und ist mit der
Wortbegründung der Erstbeurteilung nicht in Einklang zu bringen. Bei den zur
Arbeitsweise gehörenden Leistungsmerkmalen der Eigeninitiative, Kreativität
und Innovation erhielt der Kläger vom Erstbeurteiler die Note 6. Er hat somit
gelegentlich herausragende Leistungen erbracht. Das entspricht der bereits
erwähnten Wortbegründung, nicht aber der Note 5, die ihm der Zweitbeurteiler
gegeben hat. Danach müsste der Kläger auch in dieser Disziplin nur den ge-
stellten Anforderungen entsprechen. Nach der Wortbegründung des Erstbeur-
teilers hat der Kläger jedoch eine deutlich höherwertige Leistung gezeigt.
Bereits die in diesen Disziplinen erkennbare erhebliche Diskrepanz zwischen
den Noten in der Zweitbeurteilung einerseits und der Wortbegründung der
Erstbeurteilung sowie den Beurteilungsbeiträgen andererseits zeigt, dass nahe-
zu eine Differenz von einer Note entstanden ist, die nicht plausibel gemacht
wurde. Das gilt auch für den Einfluss der während des Beurteilungszeitraums
erfolgten Beförderung des Klägers auf die Beurteilung. Zwar ist ohne Weiteres
nachvollziehbar, dass die Leistungen eines Beamten am Maßstab der Anforde-
rungen des Amtes gemessen werden müssen, das ihm am Beurteilungsstich-
tag übertragen ist. Das gilt grundsätzlich auch für die vor der Beförderung lie-
gende Zeit im Beurteilungszeitraum. Voraussetzung dafür ist aber, dass die
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Beurteilungsrichtlinien und die Beurteilungspraxis ein solches Verfahren vorse-
hen (Urteil vom 26. August 1993 a.a.O.). Die Begründung des Zweitbeurteilers
enthält hierzu keine Angaben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehung
eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2
VwGO).
Herbert Prof. Dr. Kugele Groepper
Dr. Heitz Thomsen
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