Urteil des BVerwG vom 14.03.2017

BVerwG: grundstück, adressat des antrags, empfänger des antrags, vermögenswert, eigentum, öffentliches interesse, eigentümer, rechtsnachfolger, unternehmen, rückübertragung

Rechtsquellen:
VermG § 1 Abs. 6, § 2 Abs. 1 Satz 3, § 30 Abs. 1 Satz 1, § 30 a Abs. 1 Satz 1
AnmVO § 4 Abs. 1 Satz 1
Stichworte:
Globalanmeldung der JCC; Mindestanforderungen an eine fristwahrende Anmel-
dung; Bezeichnung des Vermögenswerts; Bezugnahme auf Akten und Unterlagen;
Erfordernis des Hinführens zu bestimmten Vermögensgegenständen; Bezugnahme
auf gegenständliche und örtlich eingegrenzte Vorgänge.
Leitsätze:
Sog. Globalanmeldungen vermögensrechtlicher Ansprüche durch die Conference on
Jewish Material Claims against Germany Inc. erfüllen die Anforderungen der § 30
Abs. 1 Satz 1, § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG, sofern sie auf bestimmte Akten und Un-
terlagen verweisen, aus denen sich der beanspruchte Vermögenswert und das Ei-
gentum eines Juden ergeben.
Aus den rechtzeitig vor Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist eingereichten Unter-
lagen, die einem Rückübertragungsantrag beigefügt sind, muss in individualisierba-
rer Weise hervorgehen, um welchen Vermögensgegenstand es sich handelt. Das
setzt voraus, dass die Bezeichnung der Akten oder die hierzu in der Anlage zur An-
meldung wiedergegebene Erläuterung sowohl einen Hinweis darauf ergibt, dass Ge-
genstand der Akten ein Entziehungstatbestand hinsichtlich eines Grundstücks eines
jüdischen Eigentümers ist, als auch, dass der angemeldete Vermögenswert in dem
örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener
Vermögensfragen belegen sein kann.
Um festzustellen, ob der Eigentümer Jude war, ist ein einfacher Abgleich der Unter-
lagen, aus denen sich Hinweise auf die Eigentumsverhältnisse ergeben, mit jüdi-
schen Adressbüchern oder listenmäßigen Verzeichnissen zulässig.
Urteil des 8. Senats vom 24. November 2004 - BVerwG 8 C 15.03
I. VG Potsdam vom 11.12.2002 - Az.: VG 6 K 837/98 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
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Verkündet
am 24. November 2004
Salli-Jarosch
BVerwG 8 C 15.03
Justizangestellte
VG 6 K 837/98
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und G o l z e ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
am 24. November 2004 für Recht erkannt:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Dezem-
ber 2002 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entschei-
dung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentschei-
dung vorbehalten.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückübertragung von 7 insgesamt 5 065 m
2
großen Grundstücken in P., T.straße 18 bis 20 an die Beigeladene und begehrt
stattdessen die Rückübertragung dieser Grundstücke an sich selbst bzw. die Fest-
stellung ihrer Berechtigung.
Eigentümer des damals noch ungeteilten Grundstücks T.straße 18 bis 20 war seit
1920 der jüdische Kaufmann Dr. S. Die streitbefangenen Grundstücke (ehemals ver-
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zeichnet im Grundbuch von Potsdam in Band 44 Bl. 1858) sind nach der erfolgten
Teilung nunmehr wie folgt im Grundbuch von Potsdam eingetragen:
- A. d. H., Flur 23, Flurstück 954 (früher: T.straße 18, Flur 5,
Parzelle 3034/341) - im Folgenden Grundstück A
- T.straße 18, Flur 23, Flurstück 952 (früher: T.straße 18, Flur 5,
Parzelle 3035/339) - im Folgenden Grundstück B
- T.straße 19, Flur 23, Flurstück 956/1 (früher: T.straße 19, Flur 5,
Parzelle 3036/339) - im Folgenden Grundstück C
- T.straße 19, Flur 23, Flurstück 956/2 (früher: T.straße 19, Flur 5,
Parzelle 3036/339) - im Folgenden Grundstück D
- T.straße 20, Flur 23, Flurstück 955 (früher: W. a. d. K., Flur 5,
Parzelle 3037/341) - im Folgenden Grundstück E
- T.straße 20, Flur 23, Flurstück 957 (früher: A. a. d. K., Flur 5,
Parzelle 3039/339) - im Folgenden Grundstück F
- T.straße 20, Flur 23, Flurstück 958 (früher: W. a. d. K., Flur 5,
Parzelle 3038/341) - im Folgenden Grundstück G.
1935 ist für das noch ungeteilte Grundstück insgesamt ein Einheitswert von
74 600 RM ermittelt worden. Mit notariellem Kaufvertrag vom 2. Dezember 1935 ver-
kaufte Dr. S. unter gleichzeitiger Erklärung der Auflassung das Anwesen zu einem
Gesamtkaufpreis von 80 000 RM an Heinrich M.-L., der am 23. Januar 1936 als Ei-
gentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Die Klägerin ist dessen Tochter und
beerbte ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Hamburg-
Harburg vom 27. Oktober 1961 zusammen mit ihrem Bruder ihren Vater. Mit notariel-
lem Vertrag vom 25. Oktober 1989 übertrug der Bruder seinen Erbanteil schen-
kungsweise auf die Klägerin.
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Gegen Dr. S. wurde unter dem 23. Mai 1933 ein Arrestbefehl des Finanzamts P. er-
lassen. Vorausgegangen war die Einleitung einer Untersuchung wegen Steuerhinter-
ziehung, nachdem ermittelt worden war, dass Herr Dr. S. im Februar 1931 ca.
143 000 RM in Schweizerische Franken transferiert hatte und der Verdacht der
Nichtangabe dieser Gelder in der Steuererklärung 1931 aufgetaucht war. Aufgrund
des Arrestbefehls wurde wegen des auf rund 121 570 RM geschätzten Anspruchs
des Steuerfiskus der dingliche Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermö-
gen des Dr. S. und seiner Ehefrau angeordnet. Ein zunächst gestellter Antrag, zu
Gunsten des Reichsfiskus eine Sicherungshypothek in Höhe von 40 000 RM auf das
noch ungeteilte Grundstück T.straße 18/20 in P. einzutragen, wurde unter dem
29. Mai 1933 zurückgenommen, da Dr. S. Sicherheit geleistet hatte und der Arrest-
befehl wieder aufgehoben worden war.
Nach den Modalitäten des notariellen Kaufvertrages vom 2. Dezember 1935 zahlte
der Vater der Klägerin an Dr. S. sofort 32 000 RM sowie später 8 000 RM gegen den
Nachweis der Wertzuwachssteuer. Der Rest des Kaufpreises von 40 000 RM wurde
dem Vater der Klägerin unverzinslich gestundet. Die Zahlung sollte Zug um Zug ge-
gen Übergabe des Grundstücks unter Erteilung der löschungsfähigen Quittung einer
Teilgrundschuld von 40 000 RM und nach Aushändigung der Grundschuldbriefe er-
folgen. Die Übergabe sollte laut Kaufvertrag spätestens zum 10. Dezember 1935
stattfinden mit Ausnahme des Wohnhaus-Grundstücks T.straße 18, das bis zum
1. April 1936 dem Verkäufer überlassen blieb. Das Grundstück war zum Zeitpunkt
des Verkaufs mit einer zu Gunsten von Dr. S. am 3. Juni 1926 eingetragenen
Grundschuld in Höhe von 80 000 RM belastet, von denen 20 000 RM seit dem
16. Februar 1931 an eine Frankfurter Versicherungsgesellschaft abgetreten waren.
Am 10. Dezember 1936 verließ Dr. S. mit seiner Familie wegen der politischen Ver-
hältnisse Deutschland. Ende 1936 oder Anfang 1937 zahlte Dr. S. die Reichsflucht-
steuer in Höhe von 24 968 RM, wobei ein Vermögen von ca. 99 000 RM zugrunde
gelegt worden war.
Im Januar 1952 stellte er einen Antrag nach dem Entschädigungsgesetz, in dem er
u.a. ausführte, dass er bereits am 20. April 1950 aufgrund der Alliierten Rückerstat-
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tungsgesetze Anträge auf Rückerstattung von 11 400 RM Gesellschaftsanteile sowie
verschiedener in Berlin gelegener Grundstücke gestellt habe.
Im Entschädigungsverfahren erklärte Dr. S. am 4. April 1957 an Eides statt: "Im
Frühjahr 1936 sah ich, Dr. S., mich infolge der politischen Verhältnisse gezwungen,
mein Einfamilienhaus zu verkaufen. Infolge der mich als Volljude immer härter tref-
fenden Verfolgungsmaßnahmen entschloss ich mich am 10.12.1936 mit meiner
oben genannten Ehefrau und meinen beiden damals minderjährigen Töchtern ...
nach USA ... auszuwandern".
Auch der Vater der Klägerin war Verfolgungsmaßnahmen seitens des nationalsozia-
listischen Staates ausgesetzt. Am 14. Dezember 1936 wurde er von der Gestapo
verhaftet. Durch Urteil vom 30. Juni 1939 wurde er wegen Konkursvergehens, Betru-
ges und Untreue zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Strafverbüßung wur-
de der Vater der Klägerin erneut von der Gestapo verhaftet und in das KZ Sachsen-
hausen gebracht, wo er bis zum 5. Mai 1945 verblieb. Das Strafurteil vom 30. Juni
1939 wurde mit Beschluss vom 5. Oktober 1947 aufgehoben, da der Vater der Klä-
gerin "im Wesentlichen aus politischen Gründen ungerechter Weise verurteilt wor-
den" sei. Denn in Wirklichkeit habe eine Überschuldung der von ihm damals geführ-
ten GmbH nicht vorgelegen, sondern sei nur konstruiert worden, um ihn als politisch
missliebige Person zu verfolgen. 1947 ist der Vater der Klägerin von der Landesre-
gierung Brandenburg als Opfer des Faschismus und 1953 vom Rat des Bezirks P.
als "Verfolgter des Nazi-Regimes" anerkannt worden.
Im Rahmen des am 14. Juli 1937 gegen den Vater der Klägerin eröffneten Konkurs-
verfahrens über sein persönliches Vermögen wurden von den jeweiligen Konkurs-
verwaltern aus dem persönlichen Eigentum des Vaters der Klägerin die streitbefan-
genen Grundstücke verkauft.
Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 26. September 1990 als Rechtsnachfolgerin
ihres Vaters vermögensrechtliche Ansprüche an den Grundstücken "T.straße 18
bis 20" an.
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Am 23. Dezember 1992 beantragte die Beigeladene bei dem Amt zur Regelung of-
fener Vermögensfragen Potsdam-Stadt (Eingang dort am 28. Dezember 1992) die
Rückübertragung "aller feststellbaren Vermögenswerte" im Rahmen einer sog. Glo-
balanmeldung. Das als "ANM-1" (künftig: Anmeldung 1) bezeichnete Schreiben hatte
folgenden Wortlaut:
"die Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. ist Rechts-
nachfolger gemäß § 2 Abs. 1 VermG für jüdisches Vermögen. Aufgrund dieser
uns Kraft Gesetz verliehenen Eigenschaft beantragen wir hiermit:
1. die Rückgabe und
2. hilfsweise die Entschädigung, wenn die Rückgabe nicht möglich oder aber
gesetzlich ausgeschlossen ist, der feststellbaren Vermögenswerte im Sinne
des § 2 Abs. 2 VermG, für die die Ausschlussfrist zum 31.12.1992 gilt, sofern
diese nicht bereits bis zum 31.12.1992 von der Claims Conference anderwei-
tig angemeldet worden sind und hinsichtlich derer ein Vermögensverlust
nach § 1 Abs. 6 VermG eingetreten ist, sofern die Claims Conference nach
§ 2 Abs. 1 VermG Berechtigte ist.
Von dieser Anmeldung sind umfasst: alle feststellbaren Vermögenswerte, die
sich aus den Claims Conference zur Zeit noch nicht zugänglichen Akten und
Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc. ergeben".
Der Anmeldung war die Erklärung der Beigeladenen beigefügt, dass sie, solange die
Vermögenswerte nicht präzisiert seien, allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3
VermG unwiderruflich zustimme und auf Schadensersatzansprüche gegen den Ver-
fügungsberechtigten verzichte.
Die Beigeladene ergänzte mit Schreiben vom 4. März 1994 die Anmeldung vom
23. Dezember 1992 dahin, dass die Anmeldung das Grundvermögen in P., T.straße,
Grundbuch von P., Band 44 (59), Bl. 1858 (2143), Flur 5, Flurstücke 3038/341,
3039/339, der ehemaligen Eigentümer "S.; M.-L., Ludwig; Heinrich" betreffe. Als
Quelle ist das Grundbuchamt angegeben.
In einem an das Bundesministerium der Justiz in Bonn gerichteten Schreiben vom
21. Dezember 1992 (Eingang dort am 31. Dezember 1992) nahm die Beigeladene
weitere sog. Globalanmeldungen vor. Der Text dieses Schreibens weicht vom Inhalt
des beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Potsdam-Stadt eingegange-
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nen Schreibens vom 23. Dezember 1992 insoweit ab, als die von der Anmeldung
erfassten Vermögenswerte nunmehr wie folgt beschrieben wurden:
"Grundvermögen, Unternehmen, dingliche Rechte und alle anderen Vermö-
genswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG, die durch Dritte beansprucht wer-
den, und bei denen sich im Laufe der Bearbeitung der vermögensrechtlichen
Ansprüche herausstellt, dass es sich um einen Vermögensverlust im Sinne des
§ 1 Abs. 6 VermG handelt und die Claims Conference nach § 2 Abs. 1 VermG
Rechtsnachfolger der ursprünglichen jüdischen Berechtigten ist, d.h.
- wenn nichtberechtigte Nacherwerber Ansprüche gestellt haben,
- wenn nur Miterben Ansprüche stellen hinsichtlich des unbeanspruchten
Erbteils,
- wenn Ansprüche vermeintlicher Rechtsnachfolger von den jüdischen
Berechtigten mangels Nachweises der Rechtsnachfolge zurückgewiesen
werden". (Anmeldung 2)
In einem weiteren Globalanmeldungsschreiben vom 22. Dezember 1992 (beim Bun-
desministerium der Justiz am 31. Dezember 1992 eingegangen), werden die zuvor
geschilderten Vermögenswerte in der Weise beschrieben:
Anmeldung 3:
"1. Vermögenswerte, sofern diese aus den nachfolgend aufgezählten Archiven,
deren Bestände und Akten (siehe Anlage) feststellbar sind.
2. feststellbare Vermögenswerte von Juden, deren Namen in den Akten des
Reichssippenamtes im Bundesarchiv, Abteilung Potsdam geführt sind, weiter-
hin Vermögenswerte von Juden, deren Namen sich aus nachfolgend aufgeführ-
ten weiteren Quellen (siehe Anlage) ergeben bzw. die in noch vorhandenen Un-
terlagen der Einwohnermeldeämter als Personen jüdischen Glaubens und Her-
kunft oder in vorhandenen Adressbüchern aufgeführt worden sind.
3. Vermögenswerte, die aufgrund folgender diskriminierender Sondervorschrif-
ten des NS-Staates und so erkennbar Juden entzogen worden sind oder deren
Verlust im Zusammenhang mit diesen Verordnungen steht: … (im Einzelnen
aufgeführt)
4. Vermögenswerte, die aufgrund von Entziehungen seitens des deutschen
Staates konfisziert und dem Vermögen des Deutschen Reiches, der NSDAP
und anderen Organisationen im Sinne des § 1 Bundesrückerstattungsgesetz
einverleibt worden sind, insbesondere Beschlagnahmungen aufgrund der
11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz (Beteiligungen und Wertpapiere) in
der Gesamthöhe von 186 000 000 Reichsmark, Beschlagnahmen aufgrund der
11. Verordnung (ohne Beteiligungen und Wertpapiere) 592 000 000 Reichs-
mark, diskriminierende Sondersteuern in der Höhe von 900 000 000 Reichs-
mark, Reichsfluchtsteuer und 1 127 000 000 Reichsmark Vermögensteuern."
Der Anmeldung 3 war eine 77-seitige Anlage mit zahlreichen Angaben aus überregi-
onalen Archivbeständen aus Deutschland, Israel und der ehemaligen Sowjetunion,
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aus regionalen deutschen Archivbeständen und überregionalen Quellen beigefügt,
auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Auf der Grundlage eines Investitionsvorrangbescheides vom 10. Mai 1994 wurde das
Grundstück B mit notariellem Kaufvertrag vom 8. August 1994 zu einem Kaufpreis
von 630 000 DM an die Klägerin veräußert. Diese wurde am 27. Februar 1995 als
Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1996 übertrug das Amt zur Regelung offener Vermögens-
fragen der Landeshauptstadt Potsdam das Eigentum an den Grundstücken F und G
an die Beigeladene zurück. Mit Bescheiden vom 10. Juni 1996 übertrug es das
Eigentum an dem Grundstück A ebenfalls an die Beigeladene und erkannte bezüg-
lich des Grundstücks B deren Berechtigung nach dem Vermögensgesetz und einen
Anspruch auf Erlösauskehr an. Mit Bescheiden vom 1. Juli 1996 anerkannte das ge-
nannte Amt in Bezug auf das Grundstück C einen Anspruch der Beigeladenen auf
Entschädigung nach Maßgabe des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes und über-
trug das Eigentum an den Grundstücken D und E an die Beigeladene zurück. Die
Anträge der Klägerin wurden in den genannten Bescheiden jeweils abgelehnt.
Die diesbezüglichen Widersprüche der Klägerin blieben erfolglos. Zur Begründung
führte die Widerspruchsbehörde im Wesentlichen aus, die Klägerin sei nicht Berech-
tigte, da die von dem Erstgeschädigten abgeleiteten Ansprüche der Beigeladenen
vorrangig seien.
Die unter dem 9. März 1998 erhobenen fünf Klagen hat das Verwaltungsgericht mit
Urteil vom 11. Dezember 2002 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückübertragung der streitbefan-
genen Grundstücke zu. Da Dr. S. als erster von einer Maßnahme nach § 1 Abs. 6
VermG betroffen gewesen sei, gehe der Anspruch der Beigeladenen als dessen
Rechtsnachfolgerin einem Anspruch der Klägerin vor. Einem vermögensrechtlichen
Anspruch der Beigeladenen stehe nicht die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a
Abs. 1 VermG entgegen. Zwar habe innerhalb der Anmeldefrist lediglich eine Glo-
balanmeldung vorgelegen. Es sei aber eine zulässige Konkretisierung hinsichtlich
der Person des Geschädigten und des betroffenen Vermögenswertes im März 1994
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erfolgt. Es sei dabei die besondere Berechtigtenstellung der Beigeladenen zu würdi-
gen. Mit der Begründung der Rechtsnachfolge von Nachfolgeorganisationen bzw.
der Beigeladenen habe der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass
aufgrund der Verfolgung und Vernichtung von Juden im Nationalsozialismus in einer
Vielzahl von Fällen die Geschädigten oder deren Rechtsnachfolger keine vermö-
gensrechtlichen Ansprüche geltend machen könnten. Deshalb könnten bei Anmel-
dungen der Beigeladenen nicht die gleichen Maßstäbe wie bei Anträgen unmittelbar
Geschädigter oder deren Rechtsnachfolger gelten. Auch der Zweck der Ausschluss-
frist widerstreite nicht der Berücksichtigung der besonderen Berechtigtenstellung der
Beigeladenen. Denn durch die Erklärung der Beigeladenen, dass sie unwiderruflich
ihre Zustimmung zu allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG erteilt habe,
solange die Vermögenswerte nicht präzisiert seien, und den Verzicht auf etwaige
Schadensersatzansprüche gegenüber den Verfügungsberechtigten sei eine Beein-
trächtigung des Rechtsverkehrs durch noch nicht konkretisierte Anträge der JCC
nicht zu befürchten.
Der Verkauf der Grundstücke durch Dr. S. an den Vater der Klägerin stelle sich als
eine Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG dar. Dabei könne dahinstehen, ob
der Vater der Klägerin einen angemessenen Kaufpreis bezahlt habe. Auch habe die
Kammer hinsichtlich der freien Verfügbarkeit des Kaufpreises keine ernstlichen Zwei-
fel. Der Klägerin sei aber der Beweis, dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen
Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen wor-
den wäre oder der Erwerber in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg den
Schutz der Vermögensinteressen des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers
wahrgenommen habe, nicht gelungen. Insbesondere sei die Behauptung der Kläge-
rin, dass Herr Dr. S. kein verwertbares Vermögen außer dem streitgegenständlichen
Grundstück und daher unabhängig von der Herrschaft des Nationalsozialismus keine
Alternative zum Verkauf gehabt habe, nicht bewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die durch Beschluss des Senats zugelassene Revi-
sion der Klägerin. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts, vertieft
und ergänzt ihr bisheriges Vorbringen und geht davon aus, dass die Globalanmel-
dungen der Beigeladenen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 30 a Abs. 1
VermG entsprächen.
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Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsge-
richts Potsdam vom 11. Dezember 2002 und unter Aufhebung der die
Grundstücke T.straße 18 bis 20 in P. betreffenden Bescheide des Rechtsvor-
gängers der Beklagten vom 7. Juni 1996, 10. Juni 1996 und 1. Juli 1996 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides des VI. Widerspruchsausschusses beim
Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen vom 23. Januar 1998 zu
verpflichten festzustellen, dass die Klägerin Berechtigte im Sinne des Vermö-
gensgesetzes bezüglich des Grundstücks P.-H., Flur 23, Flurstück 952 ist, so-
wie die Beklagte zu verpflichten, die Grundstücke Flur 23, Flurstücke 954, 955,
956/1, 956/2, 957, 958 an die Klägerin zurück zu übertragen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen und halten ebenso wie der Vertre-
ter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht die Revision für unbe-
gründet.
II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt
Bundesrecht. Es beruht auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung der § 30 Abs. 1
Satz 1, § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG. Das Verwaltungsgericht hat die Voraussetzun-
gen einer wirksamen Anmeldung verkannt. Mangels ausreichender tatsächlicher
Feststellungen für eine Entscheidung in der Sache selbst ist die Rechtssache an das
Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Die entscheidungstragende Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe
eine wirksame Anmeldung aufgrund der beim Rechtsvorgänger der Beklagten ein-
gegangenen Globalanmeldung vom 23. Dezember 1992 (Anmeldung 1) vorgenom-
- 12 -
men, entspricht nicht der Rechtslage. Das Verwaltungsgericht hat § 30 a Abs. 1
Satz 1 VermG fehlerhaft angewandt, indem es festgestellt hat, dass dem vermö-
gensrechtlichen Anspruch der Beigeladenen nicht eine Versäumung der Anmelde-
frist des § 30 a Abs. 1 VermG entgegensteht. Es habe zwar innerhalb der Anmelde-
frist lediglich eine an das Vermögensamt gerichtete Globalanmeldung vorgelegen,
aus der nur habe entnommen werden können, dass "für alle feststellbaren Vermö-
genswerte, die sich aus den der Claims Conference zur Zeit noch nicht zugänglichen
Akten und Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc. er-
geben", Ansprüche geltend gemacht werden. Die erst im März 1994 erfolgte nach-
trägliche Konkretisierung hinsichtlich der Person des Geschädigten und des betrof-
fenen Vermögenswertes sei aber "im Hinblick auf die der JCC vom Gesetzgeber in
§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 VermG in den Fällen des § 1 Abs. 6 VermG zugewiesenen
besonderen Berechtigtenstellung" unschädlich.
Dieser Rechtssatz verstößt gegen Bundesrecht. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 VermG
sind Ansprüche nach dem Vermögensgesetz mittels Antrag geltend zu machen.
Hierfür bestimmt § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG eine materielle Ausschlussfrist. Da-
nach können Rückübertragungsansprüche nach den §§ 3 und 6 VermG sowie Ent-
schädigungsansprüche nach § 6 Abs. 7 und § 8 VermG nach dem 31. Dezember
1992, für bewegliche Sachen nach dem 30. Juni 1993, nicht mehr angemeldet wer-
den. Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden,
dass ein Restitutionsantrag als Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung den
Vermögensgegenstand, auf den das Restitutionsbegehren zielt, so genau bezeich-
nen muss, dass zumindest im Wege der Auslegung ermittelt werden kann, was der
Antragsteller beansprucht. Der Restitutionsantrag muss danach in Bezug auf den
oder die begehrten Vermögensgegenstände zumindest individualisierbar sein (Urteil
vom 5. Oktober 2000 - BVerwG 7 C 8.00 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 21 m.w.N.;
Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - BVerwGE 119, 145 <150> =
Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 30).
Die Rechtsprechung folgert dies aus dem Zweck der Ausschlussfrist, im Interesse
der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und damit auch im
gesamtstaatlichen Interesse sobald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit
darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang Vermögenswerte aufgrund von
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Rückübertragungsansprüchen in ihrer Verkehrsfähigkeit beeinträchtigt sind (Urteil
vom 24. Juni 1999 - BVerwG 7 C 20.98 - BVerwGE 109, 169 <172>). Die mit der
Anmeldung eines Rückübertragungsanspruchs verbundene Verfügungssperre nach
§ 3 Abs. 3 VermG kann nämlich den Rechtsverkehr beeinträchtigen und Investi-
tionshemmnisse auslösen. Deshalb besteht ein öffentliches Interesse daran, dem
Verfügungsberechtigten sobald wie möglich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob
der in seinem Eigentum stehende Vermögensgegenstand mit einem Restitutionsan-
spruch belastet ist.
Dieses Interesse wird nicht durch die Erklärung der Beigeladenen in den Anmeldun-
gen beseitigt, dass sie unwiderruflich ihre Zustimmung zu allen Verfügungen im Sin-
ne des § 3 Abs. 3 VermG erteile und auf Schadensersatzansprüche verzichte, sofern
im Zeitpunkt der Verfügung noch keine Präzisierung des Vermögensgegenstandes
vorgenommen worden sei. Denn aus dieser Erklärung geht hervor, dass die Beigela-
dene zumindest den Anspruch auf den Veräußerungserlös gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3
VermG erhebt, für dessen Auszahlung der Verfügungsberechtigte dann aber Vorsor-
ge treffen müsste. Zudem lässt diese Erklärung das Risiko des Verfügungsberechtig-
ten unberührt, dass Investitionen auf dem eigenen Grundstück, die über den Rah-
men des § 3 Abs. 3 VermG hinausgehen, verloren sein können (vgl. Urteil vom
23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.).
Mit dem Urteil des 7. Senats vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - (a.a.O.) ist
ferner davon auszugehen, dass der Restitutionsantrag auch bei Anmeldung der Bei-
geladenen in Bezug auf den begehrten Vermögenswert zumindest individualisierbar
sein muss; denn weder aus § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG noch aus § 1 Abs. 6 VermG
lässt sich eine Ausnahme begründen. Ein genereller Verzicht auf Angaben zum Res-
titutionsobjekt bei Anmeldung durch die Beigeladene verfehlt gerade das gesetzge-
berische Ziel des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG in einem wesentlichen Punkt und wür-
de die Grenzen einer Auslegung - auch einer nur entsprechenden Anwendung des
§ 1 Abs. 6 Satz 1 VermG - überschreiten (vgl. hierzu Urteil vom 23. Oktober 2003
- BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.). Ein solcher Verzicht würde nämlich in der Sache die
materielle Ausschlussfrist für Anmeldungen durch die Beigeladene obsolet machen
und dazu führen, dass die Einführung einer Schlussfrist für einen erheblichen Be-
reich von Anmeldungen leer liefe. Einer solchen Auslegung stünde zudem entgegen,
- 14 -
dass der Gesetzgeber die Besonderheiten, insbesondere die Nachweisschwierigkei-
ten bei der Verfolgung von Ansprüchen nach § 1 Abs. 6 VermG an verschiedenen
Stellen des VermG berücksichtigt hat (z.B. in § 1 Abs. 6 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 4 ff.,
§ 31 Abs. 1 c VermG), hiervon aber bewusst die Ausschlussfrist für die Anmeldung
unbeweglichen Vermögens ausgenommen hat (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003
- BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 151). Der 7. Senat hat auch zu Recht darauf hinge-
wiesen, dass aus § 4 Abs. 1 Satz 1 AnmVO nichts Gegenteiliges folgt. Zwar war in
dieser Norm geregelt, dass Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit der
Vermögenswerte nur erforderlich waren, soweit diese bekannt waren. Mit der Einfüh-
rung der materiellen Ausschlussfrist in § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG hat der Gesetz-
geber jedoch von diesem weiten Rahmen Abstand genommen und gerade die Be-
stimmbarkeit des Restitutionsobjekts verlangt (Urteil vom 23. Oktober 2003
- BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 152).
Die Individualisierbarkeit des begehrten Vermögensgegenstandes und damit eine
fristwahrende Anmeldung setzt nicht voraus, dass bereits aufgrund der Angaben in
dem Antrag festgestellt werden kann, welcher Vermögenswert Gegenstand der An-
meldung ist. Allerdings muss die Anmeldung, um fristwahrend zu sein, Angaben ent-
halten, die zu dem bestimmten oder den bestimmten Vermögensgegenständen hin-
führen und damit deren späteren Austausch oder die Möglichkeit einer späteren
Substantiierung durch einen beliebigen Vermögenswert ausschließen. Dies folgt aus
dem Zweck der Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG, dass neben den bis
zum Fristablauf angemeldeten keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden
dürfen, da jede zusätzliche Anmeldung dazu beitragen kann, die Klärung der vermö-
gensrechtlichen Situation zu verzögern (Urteil vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C
28.95 - BVerwGE 101, 39 <43>; Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 -
a.a.O.).
Allerdings folgt aus § 31 Abs. 1 b VermG, dass eine wirksame Anmeldung im Sinne
des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG auch vorliegen kann, wenn sich aufgrund der An-
gaben in dem Antrag der Vermögensgegenstand noch nicht feststellen lässt. Nach
§ 31 Abs. 1 b VermG hat die Behörde den Antragsteller aufzufordern, innerhalb einer
bestimmten Frist nähere Angaben zu machen, wenn sich nicht feststellen lässt, wel-
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cher Vermögenswert Gegenstand des Antrags ist. Allerdings setzt § 31 Abs. 1 b
VermG eine wirksame Anmeldung im Sinne des § 30 a Abs. 1 VermG voraus.
Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabes erfüllt die vom Verwaltungsge-
richt für zulässig gehaltene Anmeldung nicht die Anforderungen an einen fristwah-
renden Antrag im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG.
Denn die Anmeldung führt in keiner Weise zu den streitbefangenen Vermögenswer-
ten hin. Es fehlt vielmehr jede Eingrenzung der beanspruchten Vermögensgegen-
stände. Die pauschale Bezugnahme auf nicht näher bezeichnete, der "Claims Confe-
rence zur Zeit noch nicht zugänglichen Akten und Unterlagen von Behörden, Archi-
ven, Institutionen, Unternehmen etc." stellt eine Blankoanmeldung dar, die der Bei-
geladenen eine spätere Substantiierung durch jeden beliebigen Vermögenswert er-
möglichen würde (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.
S. 153).
Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig. Die rechtzeitige Anmeldung der Grundstücke könnte sich zwar aus gerichts-
bekannten anderweitigen Globalanmeldungen ergeben, die das Verwaltungsgericht
bisher nicht in den Blick genommen hat. Dafür kommt zunächst die gegenüber dem
Bundesministerium der Justiz ausgesprochene Globalanmeldung vom 21. Dezember
1992 (Anmeldung 2) in Betracht, die auch an die zuständigen Vermögensämter
übermittelt worden ist. Mit dem Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 -
(a.a.O.) ist aber davon auszugehen, dass diese gegenüber dem Bundesministerium
der Justiz ausgesprochene Globalanmeldung nicht fristwahrend war. Sie stellt eine
Umgehung der Anmeldevoraussetzungen dar. Diese Anmeldung ist nämlich ohne
jeden Anhaltspunkt für eine Schädigung jüdischer Voreigentümer vorgenommen
worden. Sie zielt nach dem Kenntnisstand bei der Anmeldung auf ein Zufallsergeb-
nis, nämlich darauf, ob unter den angemeldeten Vermögenswerten solche sind, die
von Schädigungsmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG betroffen waren. Eine
derartige nicht zielführende Anmeldung läuft auf eine Verschiebung der gesetzlichen
Ausschlussfrist hinaus. Die eigentliche Entscheidung des Antragstellers, für welches
Grundstück er vermögensrechtliche Ansprüche geltend machen will, wird auf einen
späteren Zeitpunkt verlagert, wenn sich nämlich "im Laufe der Bearbeitung" heraus-
stellt, dass ein Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG in Betracht kommt.
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Der 7. Senat des BVerwG hat zu Recht den Gesetzesmaterialien entnommen, dass
der im Entwurf eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vorgesehene
Ausnahmetatbestand bezüglich der Ausschlussfrist bewusst gestrichen worden ist,
um ein wirksames Greifen der Ausschlussfrist zu gewährleisten (BTDrucks 12/2944
S. 55; Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 154). Entgegen
der Auffassung der Beigeladenen und des Vertreters des Bundesinteresses würde
aber gerade die Anmeldung 2 den Gesetzeszweck in sich verkehren. Denn ange-
sichts der oft langen Bearbeitungsdauer kann sich auch erst nach Jahren herausstel-
len, dass bisher unbekannte Vermögensverluste im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG
aufgetreten sind.
Für den vorliegenden Fall kann ferner die gegenüber dem Bundesministerium der
Justiz ausgesprochene Globalanmeldung der Beigeladenen vom 22. Dezember
1992 - Anmeldung 3 - mit den dazugehörigen Anlagen in Betracht kommen.
Einer solchen Anmeldung ist dann die Anerkennung nicht zu versagen, wenn die
Anmeldung selbst und die dazugehörigen Anlagen zu bestimmten Vermögensge-
genständen führen und damit die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 und
§ 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG erfüllen (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C
62.02 - a.a.O.). Der 7. Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt:
"Eine fristwahrende Anmeldung liegt vor, wenn auf bestimmte Akten und Unterlagen
verwiesen worden ist, aus denen das - im Verfahren nach § 31 Abs. 1 b VermG prä-
zisierte - Grundstück und das Eigentum eines Juden feststellbar ist. Dies kann für die
Nrn. 1 und 2 der Anmeldung 3 in Betracht kommen. Dagegen sind die beanspruch-
ten Vermögenswerte durch die Bezugnahme auf die rechtlichen Grundlagen für die
Entziehung jüdischen Eigentums (Nr. 3) oder auf Grund der Angabe der durch die
Vermögensverluste in der NS-Zeit entstandenen Schadenssumme (Nr. 4) nicht be-
stimmbar. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte
ist es nicht erforderlich, dass die Anmeldung selbst die erforderlichen Angaben zur
Individualisierbarkeit der Vermögenswerte enthält; vielmehr genügt es, wenn diese
sich aus Akten und Unterlagen ergeben, auf die in der Anmeldung verwiesen worden
ist (vgl. ORG Berlin, RzW 1959, 213 <214>). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche
Bezugnahme nicht zulässig ist, ergeben sich aus dem Vermögensgesetz nicht. Eine
Bezugnahme auf Akten beschränkt die Anmeldung auf diejenigen Vermögenswerte,
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die aus den angeführten Akten feststellbar sind. Voraussetzung einer Individualisier-
barkeit auf Grund der Anmeldung ist allerdings, dass auf Akten und Un-
terlagen verwiesen worden ist, aus denen sich das betroffene Grundstück und das
Eigentum eines Juden ergeben. Diese Anforderungen werden jedenfalls durch die
Bezugnahme auf Akten erfüllt, aus denen sich die Entziehung oder der Zwangsver-
kauf eines konkreten jüdischen Grundstücks ergibt. Zu derartigen Fallakten gehören
etwa auch Akten, die Aufschluss über (vergebliche) Wiedergutmachungsanträge jü-
discher Geschädigter oder deren Rechtsnachfolger nach 1945 geben."
Diesen Ansatz des 7. Senats teilt auch der erkennende Senat. Bezogen auf die An-
meldung 3 folgt hieraus, dass die in der Anlage zur Anmeldung 3 genannten Unter-
lagen zu dem genannten Vermögenswert "hinführen", also "zielführend" sein müs-
sen. Das bedeutet, dass aus den in Bezug genommenen bestimmten Akten hervor-
gehen muss, um welchen Vermögensgegenstand es sich handelt. Der 7. Senat hat
im Einzelnen offen gelassen, unter welchen Voraussetzungen für die Nrn. 1 und 2
der Anmeldung 3 ein solches Hinführen in Betracht kommt. Um dem Gesetzeszweck
des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG Rechnung zu tragen und eine Umgehung der ge-
setzlichen Ausschlussfrist zu verhindern, ist es jedenfalls erforderlich, dass aus den
Bezeichnungen der in der rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist eingereichten
Anlage aufgeführten Akten oder den hierzu in der Anlage wiedergegebenen Erläute-
rungen sich ein Anstoß oder ein Hinweis ergeben muss, dass Inhalt der betreffenden
Akten eine Entziehung oder ein Zwangsverkauf jüdischen Vermögens ist.
Um festzustellen, ob der Eigentümer Jude war, hält der Senat dabei auch einen ein-
fachen Abgleich der Unterlagen, aus denen sich Hinweise auf die Eigentumsverhält-
nisse ergeben, mit jüdischen Adressbüchern für zulässig. Dieser Abgleich kann
ebenfalls mit listenmäßigen Verzeichnissen, wenn sie in der Anlage zur Anmeldung 3
genau bezeichnet sind, erfolgen. Dieser Abgleich darf allerdings nur das Ziel haben
festzustellen, ob der Eigentümer Jude war.
Zusätzlich muss aus der Bezeichnung der Akten in der Anlage zur Anmeldung 3 oder
den hierzu in der Anlage wiedergegebenen Erläuterungen hervorgehen, dass die
Akten den örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung
offener Vermögensfragen betreffen. Denn ein Hinführen auf "bestimmte" Akten ist
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nur gegeben, wenn für die jeweilige Behörde als Adressat des Antrags erkennbar ist,
dass sich aus den Akten von ihr potentiell zu restituierende Vermögenswerte erge-
ben sollen.
Eine fristwahrende Anmeldung erfordert demnach, dass die Bezeichnung der Akten
oder die hierzu in der Anlage zur Anmeldung wiedergegebene Erläuterung sowohl
einen Hinweis darauf gibt, dass Gegenstand der Akten ein Entziehungs- oder Schä-
digungstatbestand hinsichtlich eines Grundstücks eines jüdischen Eigentümers ist,
als auch, dass der angemeldete Vermögenswert in dem örtlichen Zuständigkeitsbe-
reich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen belegen
sein kann. Nicht ausreichend ist der abstrakte Verweis auf Archive oder sonstige Ma-
terialien, weil er sich nur allgemein auf Aktensammlungen und nicht auf konkrete
Akten bezieht, wie z.B. die in der Anlage zur Anmeldung 3 unter "NS 1 Reichs-
schatzmeister" unter NS 1 bis 430 aufgeführten Unterlagen.
Ein Hinführen liegt nur dann vor, wenn eine Bezugnahme auf gegenständlich und
örtlich eingegrenzte Vorgänge vorliegt, so etwa nach dem Muster auf dem 6. Blatt
der Anlage zur Anmeldung 3 unter der Position
"32.065: Beschlagnahme und Verfallserklärung von Vermögenswerten nach Ausbür-
gerungen. Freigabe von beschlagnahmten Vermögenswerten. Zuständigkeit des Fi-
nanzamtes Berlin Moabit-West 1933-1941".
Nicht ausreichend ist hingegen die auf derselben Seite enthaltene Position 32.064:
"Verwertung von beweglichen jüdischen Vermögen in den besetzten Westgebieten
…".
Denn hier fehlt jede Verknüpfung mit der örtlichen Zuständigkeit eines Landesamtes
zur Regelung offener Vermögensfragen.
Mithin kommt es entscheidend auf die Bezugnahme auf ein bestimmtes Aktenstück
an, das zu einem gegenständlich und örtlich näher umgrenzten Vermögensgegen-
stand hinführt. Entscheidend ist die Adressatensicht. Der Empfänger des Antrags
muss erkennen können, dass der Zuständigkeitsbereich seines örtlich zuständigen
Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen betroffen ist.
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Da bisher tatsächliche Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil, aber auch
in den dem Senat vorliegenden Streitakten und Verwaltungsvorgängen fehlen, um
ein derartiges Hinführen zu einem gegenständlich und örtlich konkretisierten Vermö-
gensgegenstand anzunehmen, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung
über die Berechtigung der Beigeladenen verwehrt.
Die Sache ist daher an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Es wird im Übri-
gen über die Beiladung der Verfügungsberechtigten der verschiedenen Grundstücke
zu entscheiden haben.
Gödel
Dr. Pagenkopf
Golze
Dr. von Heimburg
Postier
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 500 000 €
festgesetzt.
Gödel
Dr. Pagenkopf
Dr. von Heimburg