Urteil des BVerwG vom 27.02.2013

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BVerwG 4 B 14.13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 14.13
VG Leipzig - 10.06.2010 - AZ: 3 K 1427/06
Sächsisches OVG - 10.10.2012 - AZ: OVG 1 A 389/12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Februar 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil
des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2012 wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 €
festgesetzt.
Gründe
1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde der Klägerin gegen die
Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
2 1. Die als Grundsatzrüge auf den als unzulässig abgelehnten Hilfsantrag zielende Frage nach
der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen ist nicht entscheidungserheblich.
3 Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Prüfung der Begründetheit des
Verpflichtungsbegehrens (Hauptantrag) im Einzelnen dargelegt, dass die von der Klägerin
erstrebte naturschutzrechtliche Befreiung eine Kompensation der Zerstörung der Brutplätze, wie
sie etwa in der Nebenbestimmung Ziffer 2.3 des Ausgangsbescheides durch die Beklagte
angeordnet worden ist, zwingend enthalten müsse. Die Klägerin hätte nicht nur keinen Anspruch
auf Erteilung der Befreiung ohne Nebenstimmungen; vielmehr wäre umgekehrt eine Befreiung,
die keine Auflage im Sinne einer Ausgleichsmaßnahme enthielte, rechtswidrig (UA Rn. 26).
4 Die zum Beleg der Entscheidungserheblichkeit - unter dem Gesichtspunkt der
Ermessensausübung - erhobenen Einwände der Klägerin, dass sich die Nebenbestimmung
nicht auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG stützen lasse und dass die weiteren Belange der Klägerin
nicht hinreichend gewürdigt worden seien, richten sich lediglich nach Art einer
Berufungsbegründung gegen die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, ohne dass
klärungsbedürftige Fragen formuliert würden. Auch mit dem Einwand, der verbleibende
Hauptverwaltungsakt könne sinnvoll und rechtmäßig bestehen bleiben, setzt die Klägerin
lediglich ihre eigene Auffassung derjenigen des Oberverwaltungsgerichts entgegen.
Unabhängig davon ist es eine Frage des Einzelfalls, ob nach den vom Oberverwaltungsgericht
zutreffend zugrunde gelegten Maßstäben (UA Rn. 20) von der isolierten Anfechtbarkeit einer
belastenden Nebenbestimmung auszugehen ist.
5 2. Die Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bleiben ebenfalls erfolglos.
6 2.1 Der Einwand, das Oberverwaltungsgericht habe auch ohne Beweisantrag den Sachverhalt
im Hinblick auf Gesundheitsgefahren weiter aufklären müssen, scheitert daran, dass die Klägerin
nicht dargelegt hat, dass sich dem Gericht eine Aufklärung von Amts wegen aufgedrängt hätte.
Zu der bindenden Feststellung, dass die Klägerin keine spezifischen, auf den Einzelfall
bezogene Gesundheitsgefahren, sondern nur abstrakte Gefahren durch Verschmutzungen
geltend gemacht habe (UA Rn. 27), verhält sich die Beschwerde nicht.
7 2.2 Soweit die Klägerin als weiteren Verfahrensfehler mangelnde Aufklärung hinsichtlich des
Maßes der Beeinträchtigung rügt, behauptet sie lediglich, dass die Belastung unzumutbar sei
und deswegen ein Ermessensfehler vorliege. Vor allem beachtet sie nicht, dass das
Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass selbst dann, wenn die der Klägerin auferlegte
Beschränkung ihres Eigentums tatsächlich zu einer unzumutbaren Belastung führen sollte, kein
Anspruch auf Erteilung einer Befreiung ohne Kompensation bestünde, sondern diese auf einen
Entschädigungsanspruch auf § 68 Abs. 1 BNatSchG 2010 zu verweisen wäre (UA Rn. 28).
8 2.3 Der Einwand, aus der unzureichenden Ermittlung des Grades der Beeinträchtigung folge
gleichzeitig ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, genügt ebenfalls nicht den
Darlegungsanforderungen i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (vgl. zu den Anforderungen etwa
Beschluss vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 3
m.w.N.).
9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47
Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Bumke
Petz