Urteil des BVerwG vom 04.12.2009

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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 PKH 4.10 (3 B 18.10)
VG 7 K 754/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. November 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Wysk
beschlossen:
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Der Antrag des Klägers, ihm für die Durchführung des Be-
schwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom
4. Dezember 2009 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und
Rechtsanwalt S. beizuordnen, wird abgelehnt.
G r ü n d e :
Der Kläger beansprucht über die ihm bereits zuerkannte Rehabilitierung als
verfolgter Schüler nach § 3 Abs. 1 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes
- BerRehaG - hinaus die Anerkennung von Verfolgungszeiten nach dem Beruf-
lichen Rehabilitierungsgesetz sowie den Ersatz sämtlicher Schäden, die ihm
aus der Verweigerung der Teilnahme an der Freiwilligen Zusatzrentenver-
sicherung entstanden seien. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewie-
sen. Für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem
Urteil begehrt der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Dieser Antrag bleibt erfolglos, weil seine Beschwerde keine hinreichende Aus-
sicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Die von seinem
Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Beschwerdebegründung lässt die
nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügten Verfahrensmängel nicht erkennen.
1. Der Kläger meint, sein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach
§ 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt worden, weil das Ver-
waltungsgericht in den Gründen des Urteils seinen Vortrag unberücksichtigt
gelassen habe, dass ihm die Fortsetzung der bereits begonnenen Berufsaus-
bildung zum Maschinenschlosser zum 31. August 1972 verwehrt worden sei.
Dieser Vorwurf geht an den Ausführungen des angegriffenen Urteils vorbei.
Das Verwaltungsgericht hat das Vorbringen nicht nur ausdrücklich im Tatbe-
stand erwähnt, es hat sich auch in den Entscheidungsgründen damit auseinan-
dergesetzt, indem es dargelegt hat, dass
- die Nichtfortführung der Schulausbildung in der DDR bereits Gegenstand
der Bescheinigung nach § 3 Abs. 1 BerRehaG gewesen sei,
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- der Abbruch der in Bayern aufgenommenen Lehre faktisch durch die
Rückführung des Klägers durch die bayerischen Jugendbehörden bewirkt
worden und daher keine Maßnahme im Beitrittsgebiet gewesen sei und
- dem Umstand, dass der Kläger in der DDR erst nach einem Schulab-
schluss eine Lehrausbildung habe absolvieren können, keine politische
Verfolgungstendenz innewohne.
Damit hat das Gericht zugleich die Vorstellung des Klägers zurückgewiesen,
ihm sei im Hinblick auf die in Bayern aufgenommene Lehre in der DDR aus
Gründen politischer Verfolgung die Fortsetzung einer Berufsausbildung versagt
worden. Vielmehr konnte es nach der rechtlichen Würdigung des Verwaltungs-
gerichts nach der Rückkehr in die DDR zunächst nur um die - dem Kläger ver-
folgungsbedingt versagte - Fortführung der Schulausbildung gehen, deren Ab-
schluss Voraussetzung für die Aufnahme der Berufsausbildung war.
Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das
Verwaltungsgericht scheidet damit aus; denn diese Verfahrensgewährleistung
verlangt, dass das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in
Erwägung gezogen wird, sie verlangt nicht, dass das Gericht bei der rechtlichen
Würdigung des Vorbringens den Vorstellungen der Beteiligten folgt.
2. Ebenso aussichtslos ist die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe
bei seiner Entscheidung, der Ausschluss von der Freiwilligen Zusatzrentenver-
sicherung sei keine rehabilitationsfähige Maßnahme, den Überzeugungsgrund-
satz nach § 108 Abs. 1 VwGO verletzt, indem es darauf abgestellt habe, dass
er infolge der Nichtteilnahme an der Zusatzrente auch keine Zusatzbeiträge
habe zahlen müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob mit diesem Vortrag und
den weiteren Ausführungen dazu überhaupt ein Verfahrensmangel nach § 108
Abs. 1 VwGO dargetan wird; denn diese Rüge kann im Ergebnis schon deswe-
gen nicht durchgreifen, weil das Verwaltungsgericht bereits eine schlüssig dar-
gelegte rehabilitationsfähige Maßnahme vermisst, die sich nicht schon aus der
bloßen Streichung eines Vermerks im Sozialversicherungsausweis ergebe, und
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es zudem ausdrücklich auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides
Bezug nimmt, in dem darauf hingewiesen wird, dass der Ausschluss aus der
Freiwilligen Zusatzrentenversicherung bereits kein tatbestandsmäßiger Eingriff
in den Beruf im Sinne des § 1 Abs. 1 BerRehaG sei. Da diese Erwägungen die
angegriffene Entscheidung in diesem Punkt eigenständig tragen, ist es ausge-
schlossen, dass das Urteil im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf der ver-
meintlich fehlerhaften Überzeugungsbildung beruhen kann.
Kley
Liebler
Dr. Wysk