Urteil des BVerwG vom 12.06.2013

BVerwG: anschluss, ablauf der frist, zugang, markt, unternehmen, betreiber, wettbewerber, telefonnetz, infrastruktur, analyse

BVerwG 6 C 10.12
Rechtsquellen:
TKG 2004 § 2 Abs. 2, § 9 Abs. 1, §§ 10, 11, 13, 21 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 30 Abs. 5, § 39 Abs.
1 Satz 1, § 150 Abs. 5
Richtlinie 2002/19/EG Art. 8 Abs. 2, Art. 12
Richtlinie 2002/21/EG Art. 8, Art. 16 Abs. 4
Richtlinie 2002/22/EG Art. 17 Abs. 1
Stichworte:
Telekommunikation; Regulierungsverfügung; Verpflichtungsklage eines Wettbewerbers;
maßgebliche Rechtslage; Zugangsverpflichtung; Anschluss-Resale; Großhandelsbedingungen;
Marktdefinition; Marktanalyse; bundesweiter Markt für den Zugang von Privat- und
Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten; relevanter Markt; enger
funktionaler Zusammenhang; Vorleistungsmarkt; Endkundenmarkt; Regulierungsermessen;
Abwägungsdefizit; Nichtberücksichtigung einer Abwägungsregel; unzureichende
Sachverhaltsermittlung.
Leitsatz:
1. Für die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung ist keine auf sie bezogene spezifische
Marktdefinition und -analyse erforderlich, sondern lediglich ein enger funktionaler
Zusammenhang zwischen der Einrichtung, zu der Zugang zu gewähren ist, und dem Markt, für
den ein Regulierungsbedarf festgestellt worden ist. Besteht der in der Marktanalyse festgestellte
Regulierungsbedarf für einen Markt für Endkundenleistungen, ist von einem derartigen
Zusammenhang auszugehen, wenn die Einrichtung, zu der auf der Vorleistungsebene Zugang
zu gewähren ist, unmittelbar Bestandteil des regulierungsbedürftigen Marktes ist
(Fortentwicklung der Senatsrechtsprechung, vgl. Urteil vom 27. Januar 2010 - BVerwG 6 C 22.08
- Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 1 Rn. 30).
2. Das der Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Entscheidung über die Auferlegung der in § 13
TKG vorgesehenen Verpflichtungen eingeräumte Regulierungsermessen ist dahingehend
einschränkt, dass Resale als Gegenstand einer Zugangsverpflichtung grundsätzlich zu
Großhandelsbedingungen zu gewähren ist.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 10.12
VG Köln - 25.04.2012 - AZ: VG 21 K 1142/10
In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Hahn
und Prof. Dr. Hecker
für Recht erkannt:
Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom
25. April 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin erbringt Telekommunikationsdienstleistungen für Großunternehmen und andere
Telekommunikationsunternehmen. Zur Realisierung so genannter Corporate Networks bezieht
sie Telefonanschlüsse von der Beigeladenen. Zudem überlässt sie im eigenen Namen und auf
eigene Rechnung Telefonanschlüsse an andere Telekommunikationsunternehmen.
2 Nach Durchführung eines Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens traf die
Bundesnetzagentur im Jahr 2009 die Festlegung, dass die Beigeladene und die mit ihr
verbundenen Unternehmen „auf dem regulierungsbedürftigen relevanten bundesweiten Markt für
den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen
Standorten, mit Ausnahme derjenigen Zugangsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen
mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million € ohne
Mehrwertsteuer (d.h. netto) erbracht werden“ (Markt 1), über beträchtliche Marktmacht verfügen.
Auf dieser Grundlage veröffentlichte die Bundesnetzagentur im März 2009 den Entwurf für eine
Regulierungsverfügung. Diese sah unter anderem die Verpflichtung der Beigeladenen vor,
anderen Unternehmen Anschlüsse, die dem Markt 1 zugerechnet werden, wie sie Endnutzern
angeboten werden, zur Verfügung zu stellen; die Entgelte für diese Zugangsleistung sollten der
nachträglichen Entgeltregulierung nach Maßgabe des § 38 TKG unterliegen. Im Rahmen ihrer
Stellungnahme beantragte die Klägerin unter 3.a), die Regulierungsverfügung um die
Verpflichtung der Betroffenen zu ergänzen, anderen Unternehmen zum Zwecke des
Weitervertriebs an Dritte gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG einen entbündelten Zugang zu
öffentlichen Festnetzanschlüssen zu Großhandelsbedingungen zu gewähren. Unter 3.b)
beantragte sie, dass die Entgelte für die Zugangsleistung in einem angemessenen Abstand, der
eine Nachbildung der Anschlussprodukte der Betroffenen zu wirtschaftlichen Bedingungen
ermöglicht, zu den entsprechenden AGB-Preisen der Betroffenen liegen; die Entgelte sollten der
Genehmigung nach § 31 TKG unterworfen werden.
3 Im September 2009 verpflichtete sich die Beigeladene gegenüber der Bundesnetzagentur,
Telekommunikationsdiensteanbietern AGB-Endkundenanschlüsse in den PSTN Stand Alone
Varianten des Call Plus gemäß ihrem jeweiligen aktuellen Portfolio zum Zwecke der
Überlassung an Endnutzer sowohl im Wege der Neubereitstellung als auch im Wege der
Übernahme anzubieten. Für die Übernahme wurde die Anzeige eines Entgelts in Höhe von 30 €
in Aussicht gestellt. Die Selbstverpflichtung sollte binnen eines Jahres nach einer
entsprechenden Anzeige wesentlicher Änderungen rechtlicher oder tatsächlicher Umstände
enden.
4 Durch Regulierungsverfügung vom 25. Januar 2010 erlegte die Bundesnetzagentur der
Beigeladenen die Verpflichtung zur Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (Ziffer 1) sowie
die nachträgliche Entgeltregulierung für Endnutzerleistungen (Ziffer 2) auf. Die „Anordnung eines
Anschluss-Resale“ behielt sie sich vor, „sofern die Entwicklung im Anschlussmarkt dies
Anschluss-Resale“ behielt sie sich vor, „sofern die Entwicklung im Anschlussmarkt dies
erforderlich macht“ (Ziffer 3). Im Übrigen lehnte sie die Anträge der Klägerin und der weiteren
Beteiligten ab (Ziffer 4).
5 Dass abweichend vom Konsultationsentwurf keine Verpflichtung zum Anschluss-Resale
auferlegt wurde, begründete die Bundesnetzagentur im Wesentlichen unter Hinweis darauf, dass
mit der Selbstverpflichtung der Beigeladenen den Regulierungszielen der Wahrung der Nutzer-
und insbesondere der Verbraucherinteressen, der Sicherstellung eines chancengleichen
Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der
Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und -netze sowie der
zugehörigen Einrichtungen und Dienste, auch in der Fläche, und der Förderung effizienter
Infrastrukturinvestitionen Rechnung getragen werde. Wettbewerber, die bereits in Infrastruktur
investierten, müssten keine Entwertung ihrer Investitionen durch das vergleichsweise
risikolosere, auf Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen basierende Geschäftsmodell
von Resellern bzw. Diensteanbietern befürchten. Der Forderung nach Einräumung eines
Rabatts auf die Endkundenpreise sei entgegenzuhalten, dass Geschäftsmodelle, die allein auf
dem Einzelwiederverkauf von Telefonanschlüssen der Betroffenen basierten, nach dem Stand
der erreichten Marktentwicklung nicht tragende Säulen einer weiteren Verfestigung
wettbewerblicher Strukturen auf dem Telekommunikationsmarkt seien. Der Wiederverkauf von
Telefonanschlüssen solle Anbietern vielmehr die Abdeckung auch derjenigen Gebiete
ermöglichen, in denen noch kein eigener Infrastrukturausbau stattgefunden habe, und das
Angebot von Bündeln ermöglichen.
6 Auf die hiergegen erhobene Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die Beklagte durch
Urteil vom 25. April 2012 unter entsprechender Aufhebung von Ziffern 3 und 4 der
Regulierungsverfügung vom 25. Januar 2010 verpflichtet, über den von der Klägerin im
Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2009 gestellten Antrag zu 3.a) erneut unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage
abgewiesen.
7 Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei mit
dem Hauptantrag unbegründet. Soweit die Klägerin die Auferlegung von Verpflichtungen zum
Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen einschließlich der mit dem Klageantrag
zugleich formulierten weiteren Modalitäten begehre, sei dieser Anspruch zwar nicht bereits
deshalb ausgeschlossen, weil der in Rede stehende bundesweite Markt für den Zugang von
Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten ein
Endkundenmarkt sei und die Klägerin der Sache nach eine Verpflichtung auf einem
Vorleistungsmarkt begehre, für den eine beträchtliche Marktmacht der Beigeladenen bislang
nicht festgestellt sei. Die Festlegung einer bestimmten Regulierungsverpflichtung erfordere keine
auf sie bezogene spezifische Marktdefinition und -analyse; vielmehr genüge eine ausreichende
Begründung dafür, dass die betreffende Verpflichtung im Verhältnis zum festgestellten
Marktversagen sinnvoll und angemessen sei. Der erforderliche enge funktionale
Zusammenhang zwischen der Überlassung von Teilnehmeranschlüssen zum Zwecke des
Weiterverkaufs und dem in Rede stehenden Endkundenmarkt für den Zugang von Privat- und
Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten liege vor. Das folge schon
daraus, dass die für Zwecke des Resales begehrten Anschlüsse in technischer Hinsicht keine
anderen seien als die auf dem Endkundenmarkt angebotenen AGB-Anschlüsse der
Beigeladenen und deswegen von der Marktdefinition für den Markt 1 und der Feststellung der
beträchtlichen Marktmacht der Beigeladenen erfasst würden.
8 Unter Beachtung des der Bundesnetzagentur bei der Entscheidung über die Auferlegung von
Regulierungsverpflichtungen zustehenden weiten Ermessensspielraums sei der Rechtsstreit
allerdings selbst bei Annahme von Ermessens- bzw. Abwägungsfehlern nicht spruchreif im
Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass als Reaktion auf das von der Bundesnetzagentur
angenommene Marktversagen allein die Anordnung einer Verpflichtung zum Resale zu
Großhandelsbedingungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG in Betracht komme, könne angesichts der
Breite des der Regulierungsbehörde bei festgestelltem Marktversagen zur Verfügung stehenden
Abhilfeinstrumentariums nicht angenommen werden. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch
auf die Verpflichtung der Beklagten, die Entgelte für die Gewährung der begehrten
Zugangsleistungen einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen, sowie auf die Anordnung
eines bestimmten Entgeltmaßstabs. Insoweit sei auch der hilfsweise erhobene
Neubescheidungsantrag unbegründet.
9 Die Klage habe jedoch Erfolg, soweit sich der Hilfsantrag auf die Verpflichtung zur
Neubescheidung des von der Klägerin im Verwaltungsverfahren gestellten Antrags auf
Anordnung einer Verpflichtung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG beziehe. Die Entscheidung, der
Beigeladenen nicht die Verpflichtung zur Gewährung eines Anschluss-Resales zu
Großhandelsbedingungen aufzuerlegen, sei ermessensfehlerhaft. Ausgehend von ihrer
Prämisse, dass die Möglichkeit des Anschluss-Resales für das Funktionieren des Marktes 1
erforderlich sei, hätte die Bundesnetzagentur in ihre Prüfung einstellen müssen, dass ein
solches Anschluss-Resale eine Zugangsleistung darstelle, die grundsätzlich gemäß § 21 Abs. 2
Nr. 3 TKG „zu Großhandelsbedingungen“ zu gewähren sei. Aus § 150 Abs. 5, § 21 Abs. 2 Nr. 3
und § 30 Abs. 5 TKG lasse sich nicht die Wertung entnehmen, dass ein Infrastrukturwettbewerb
generell Vorrang vor einem Dienstewettbewerb genieße. Bei der Entscheidung über die
Auferlegung einer Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG seien alle Regulierungsziele des §
2 Abs. 2 TKG sowie alle Ziele und Belange nach § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG grundsätzlich
gleichrangig umfassend abzuwägen, wobei es für den Fall, dass der Förderung und dem Schutz
von infrastrukturbasiertem Wettbewerb und Innovation allgemein und pauschal der Vorrang
gegeben werde, zusätzlich einer Rechtfertigung dafür bedürfte, warum dieses auch nach Ablauf
der Frist des § 150 Abs. 5 TKG noch geboten erscheine. An einer diesen Anforderungen
genügenden Abwägung fehle es in dem angegriffenen Beschluss. Mit ihren allgemein
gehaltenen Erwägungen gehe die Bundesnetzagentur nicht wesentlich über das hinaus, was
den Gesetzgeber bewogen habe, die Möglichkeit der Auferlegung einer Verpflichtung zu
entbündeltem Anschluss-Resale gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG bis zum 30. Juni 2008
auszusetzen. Jedenfalls nach Ablauf dieser Frist hätte es einer vertieften und konkreten
Begründung dahingehend bedurft, weshalb gleichwohl die Notwendigkeit gesehen werde, vom
Regelfall des Anschluss-Resales zu Großhandelsbedingungen zu Gunsten eines unrabattierten
Anschluss-Resales abzusehen. Für die Annahme der Bundesnetzagentur, dass die Gefahren für
den Wettbewerb auch zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen
Regulierungsverfügung noch fortbestünden und ihnen deshalb nach wie vor durch den Verzicht
auf eine Verpflichtung zum Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen entgegenzuwirken
sei, fehle es an hinreichend tragfähigen tatsächlichen Feststellungen. Denn die
Bundesnetzagentur zeige selbst Entwicklungen auf, die dieser Annahme entgegen stünden.
10 Gegen dieses Urteil hat die Beigeladene die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision
eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Annahme des
Verwaltungsgerichts, dass die Auferlegung der Verpflichtung zum Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG auf die Marktdefinition und
Marktanalyse des Marktes 1 gestützt werden könne, verstoße gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 in
Verbindung mit §§ 10 und 11 TKG. An dem für die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung
erforderlichen engen funktionalen Zusammenhang zwischen der Einrichtung, zu der Zugang zu
gewähren sei, und dem Markt, für den Regulierungsbedarf festgestellt worden sei, fehle es, wenn
es um eine Zugangsverpflichtung auf der Vorleistungsebene gehe, der in der Marktanalyse
festgestellte Regulierungsbedarf hingegen für einen Markt für Endkundenleistungen bestehe.
Würde in Bezug auf die Auferlegung der Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG
ausschließlich auf den Endkundenmarkt abgestellt, bliebe unberücksichtigt, dass bereits ein
Markt für rabattiertes Resale von Festnetzanschlüssen bestehe.
11 Soweit das Verwaltungsgericht mit der Annahme, die Beklagte habe in ihre Prüfung
einstellen müssen, dass ein Anschluss-Resale eine Zugangsleistung darstellt, die grundsätzlich
gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG „zu Großhandelsbedingungen“ zu gewähren sei, eine
Abwägungsregel aufstelle, nach der jede andere Form des Anschluss-Resale die
rechtfertigungsbedürftige Ausnahme darstelle, verstoße es gegen das in § 21 Abs. 1 TKG
verankerte und aus den Vorgaben des Unionsrechts folgende Gebot freien
Regulierungsermessens bei der Auferlegung von Zugangsleistungen, welches gesetzlich nicht
vorgesteuert werden dürfe. Aus § 150 Abs. 5 TKG a.F. lasse sich nicht schließen, dass es nach
Ablauf der in der Vorschrift genannten Frist einer vertieften und konkreten Begründung dafür
bedürfe, warum die Förderung und der Schutz von infrastrukturbasiertem Wettbewerb und
Innovationen auch nach Ablauf dieser Frist noch geboten erscheine und vom Regelfall des
Anschluss-Resales zu Großhandelsbedingungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG zu Gunsten
eines unrabattierten Anschluss-Resales abgesehen worden sei. Soweit das Verwaltungsgericht
ein Abwägungsdefizit wegen unzureichender Ermittlungen der Beklagten annehme, überspanne
es die Anforderungen an das Abwägungsgebot und berücksichtige die der
Abwägungsentscheidung der Beklagten zugrunde liegenden Erwägungen nur unzureichend.
12 Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. April 2012 (21 K 1142/10) aufzuheben und die
Klage der Klägerin abzuweisen.
13 Die Beklagte unterstützt den Revisionsantrag der Beigeladenen, folgt jedoch dem
Verwaltungsgericht in der Annahme, dass die Auferlegung der Verpflichtung zu Anschluss-
Resale zu Großhandelsbedingungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG auf die Marktdefinition und
Marktanalyse des Marktes für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen
Telefonnetz an festen Standorten gestützt werden könne.
14 Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
15 Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Das Anschluss-Resale hätte
zu Großhandelsbedingungen angeordnet werden müssen. Für eine Maßnahme nach § 21 Abs.
1 TKG bleibe im Fall eines Regelbeispiels nach § 21 Abs. 2 TKG kein Raum. Die Gewährung
von Anschluss-Resale ohne Großhandelsbedingungen stelle einen Missbrauch im Sinne des
Wettbewerbsrechts dar. Das Endkundenentgelt sei im Großhandelsbezug unangemessen.
Anders als gegenüber typischen Endkunden vergrößere sich die Marge der Beigeladenen bei
dem Vertrieb der Produkte an alternative Teilnehmernetzbetreiber erheblich, da bestimmte
Leistungselemente wie Marketings-, Vertriebs-, Abrechnungs-, Inkasso- und
Bonitätsprüfungskosten für das jeweilige Produkt nicht mehr erbracht werden müssten.
II
16 Die Revision der Beigeladenen ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2
VwGO). Das angefochtene Urteil erweist sich, auch soweit es mit Bundesrecht nicht in vollem
Umfang in Einklang steht, jedenfalls im Ergebnis als zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO).
17 1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht für insgesamt zulässig gehalten.
Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO); denn sie kann sich auf eine
öffentlich-rechtliche Norm stützen, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm
(zumindest auch) sie als Dritte schützt. Die mit dem Hilfsantrag - soweit noch anhängig -
begehrte Verpflichtung der Beigeladenen zur Gewährung von Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen wird auf § 21 des Telekommunikationsgesetzes - TKG - gestützt.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist diese Vorschrift zu Gunsten der Wettbewerber
drittschützend (Urteil vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 Rn. 13).
Die Klägerin hat ferner - wie nach der Rechtsprechung des Senats bei Verpflichtungsklagen mit
dem Ziel der Auferlegung von weitergehenden Regulierungsverpflichtungen erforderlich (Urteil
vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 22) - bereits im Verwaltungsverfahren gegenüber der
Bundesnetzagentur den Erlass derjenigen Regelungen beantragt, die im gerichtlichen Verfahren
Gegenstand ihrer Verpflichtungsanträge sind.
18 2. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin noch begehrte Verpflichtung der Beigeladenen
zur Gewährung von Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen ist § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs.
3 in Verbindung mit § 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni
2004 (BGBl I S. 1190) - TKG -, das in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses der
Bundesnetzagentur vom 25. Januar 2010 zuletzt durch Gesetz vom 14. August 2009 (BGBl I S.
2821) geändert worden war.
19 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist bei der gerichtlichen Beurteilung des
vorliegenden Klagebegehrens nicht auf die inzwischen in Kraft getretene Fassung des
Änderungsgesetzes vom 3. Mai 2012 (BGBl I S. 958) - TKG 2012 - abzustellen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die
Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus dem materiellen Recht (vgl. Urteil vom 24. Juni 2004 -
BVerwG 2 C 45.03 - BVerwGE 121, 140 <143>). Für die Begründetheit einer auf § 13 TKG in
Verbindung mit den in der Vorschrift genannten speziellen Rechtsgrundlagen gestützten Klage
eines Wettbewerbers auf Ergänzung einer Regulierungsverfügung zu Lasten des
marktbeherrschenden Unternehmens kann grundsätzlich nur die Sach- und Rechtslage zum
Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung maßgeblich sein; denn die Entscheidung
über die Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen ist das Ergebnis einer umfassenden und
komplexen Abwägung, bei der gegenläufige öffentliche und private Belange einzustellen, zu
gewichten und auszugleichen sind (Urteil vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 28). In einem auf
die Auferlegung von (zusätzlichen) Regulierungsverpflichtungen gerichteten
Verwaltungsprozess ist das Verwaltungsgericht auf die Überprüfung beschränkt, ob die
Bundesnetzagentur die Interessen der Beteiligten ermittelt, alle erforderlichen tatsächlichen
Erkenntnisse gewonnen, die für die Abwägung wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt und
keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (Urteil vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 31).
Bei der Überprüfung der Behördenentscheidung kann daher nur diejenige Sach- und Rechtlage
maßgeblich sein, die bereits im Verfahren vor der Bundesnetzagentur berücksichtigt werden
konnte. Dass sich die Rechtmäßigkeit einer telekommunikationsrechtlichen
Regulierungsverfügung ungeachtet einer etwaigen Dauerwirkung nach der Sachlage im
Zeitpunkt ihres Erlasses beurteilt, hat der Senat bereits entschieden (vgl. Urteil vom 14.
Dezember 2011 - BVerwG 6 C 36.10 - Buchholz 442.066 § 30 TKG Nr. 5 Rn. 26). Hinsichtlich
der maßgeblichen Rechtslage gilt nichts anderes.
20 Dafür, dass die durch das Gesetz vom 3. Mai 2012 erfolgten Änderungen des
Telekommunikationsgesetzes ausnahmsweise auf vor ihrem Inkrafttreten erlassene
Regulierungsverfügungen der Bundesnetzagentur zurückwirken, sind keine Anhaltspunkte
erkennbar. Auch die Beigeladene macht lediglich geltend, dass das TKG 2012 in „nochmals
stärkerer Weise als das TKG 2004 den Vorrang des Infrastrukturausbaus in § 2 Abs. 2 Nr. 5 und
Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 sowie in § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TKG“ betone, darüber hinaus § 30 Abs. 5
TKG 2004 jetzt in § 31 Abs. 2 Nr. 1 TKG 2012 verortet und § 150 Abs. 5 TKG 2004 gestrichen
worden sei. Diese Rechtsänderungen können sich auch nach dem Standpunkt der Revision
allenfalls auf den gesetzlichen Rahmen der Ausübung des der Bundesnetzagentur
eingeräumten Regulierungsermessens ausgewirkt, nicht aber zur Folge haben, dass die
Auferlegung der beantragten (zusätzlichen) Regulierungsverpflichtungen zu Lasten der
Beigeladenen nicht mehr in Betracht kommt. Das fortbestehende Erfordernis einer
Ermessensentscheidung schließt die Annahme einer Rückwirkung aus. Soweit die Beigeladene
ferner darauf verweist, dass auferlegte Verpflichtungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 und
2 TKG geändert oder widerrufen werden müssten, wenn sich die Sach- oder Rechtslage
geändert habe, vermengt sie die maßgeblichen normativen Ebenen. Die gesetzliche Pflicht der
Bundesnetzagentur zu einer (Anlass- oder Regel-) Überprüfung von Marktdefinition,
Marktanalyse und - nach neuer Rechtslage - Regulierungsverfügung ist von der Frage zu
unterscheiden, auf welche Sach- und Rechtslage bei der gerichtlichen Überprüfung der
Entscheidung der Bundesnetzagentur in einem auf die Auferlegung von (zusätzlichen)
Regulierungsverpflichtungen gerichteten Verwaltungsprozess abzustellen ist.
21 3. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Auferlegung der von der Klägerin begehrten
Verpflichtung der Beigeladenen zur Gewährung von Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen liegen vor.
22 Nach der Grundnorm des § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG in der nach den oben stehenden
Ausführungen maßgeblichen Fassung kann die Bundesnetzagentur unter den dort näher
genannten Voraussetzungen Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über
beträchtliche Marktmacht verfügen, verpflichten, anderen Unternehmen Zugang zu gewähren
einschließlich einer nachfragegerechten Entbündelung. Die Zugangsverpflichtung kann sich
gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG unter anderem auf den Zugang zu bestimmten vom Betreiber
angebotenen Diensten, wie sie Endnutzern angeboten werden, zu Großhandelsbedingungen
beziehen, um Dritten den Weitervertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu
ermöglichen.
23 Etwaige Verstöße gegen die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 und 2, §
135 TKG maßgeblichen Verfahrensbestimmungen sind weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich.
24 In materieller Hinsicht setzt die Auferlegung der von der Klägerin begehrten Verpflichtung der
Beigeladenen zur Gewährung von Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen eine
rechtmäßige Marktdefinition und -analyse im Sinne von §§ 10 und 11 TKG voraus, die die
Feststellung enthält, dass das betreffende Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt.
Dies folgt nicht nur aus § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG, wonach die dort genannten Verpflichtungen „auf
Grund einer Marktanalyse nach § 11“ aufzuerlegen sind, sondern bereits aus dem Grundsatz des
§ 9 Abs. 1 TKG, dem zufolge der Marktregulierung nur solche Märkte unterliegen, auf denen die
Voraussetzungen des § 10 TKG vorliegen und für die eine Marktanalyse nach § 11 TKG das
Fehlen wirksamen Wettbewerbs ergeben hat.
25 Gemäß § 10 Abs. 1 TKG legt die Bundesnetzagentur die sachlich und räumlich relevanten
Telekommunikationsmärkte fest, die für eine Regulierung nach den Vorschriften des Teils 2 in
Betracht kommen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG kommen für eine Regulierung Märkte in
Betracht, die durch beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte
Marktzutrittsschranken gekennzeichnet sind, längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb
tendieren und auf denen die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht
ausreicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken. An die Marktdefinition
schließt sich die in § 11 TKG geregelte Marktanalyse an, d.h. die Prüfung der
Regulierungsbehörde, ob auf dem untersuchten Markt ein wirksamer Wettbewerb besteht. Die
Bundesnetzagentur hat im Rahmen der angefochtenen Regulierungsverfügung festgestellt, dass
auf dem regulierungsbedürftigen relevanten bundesweiten Markt für den Zugang von Privat- und
Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen
Zugangsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und
einem Jahresumsatz von mehr als einer Million € ohne Mehrwertsteuer (d.h. netto) erbracht
werden, das Unternehmen Deutsche Telekom AG und die mit ihr verbundenen Unternehmen (§
3 Nr. 29 TKG), derzeit insbesondere die Unternehmen Congstar GmbH und die Unternehmen
der T-Systems Gruppe, im Sinne des § 11 TKG über beträchtliche Marktmacht verfügen. Dass
die Bundesnetzagentur den sachlich und räumlich relevanten Markt gemäß § 10 Abs. 1 TKG
fehlerhaft abgegrenzt hätte, die Überprüfung der Regulierungsbedürftigkeit des abgegrenzten
Marktes anhand der in § 10 Abs. 2 TKG genannten drei Kriterien (beträchtliche und anhaltende
Marktzutrittsschranke, längerfristig fehlende Tendenz zu wirksamem Wettbewerb, Insuffizienz
des allgemeinen Wettbewerbsrechts) fehlerhaft durchgeführt hätte oder im Rahmen der nach
Maßgabe des § 11 TKG durchgeführten Marktanalyse das Nichtbestehen wirksamen
Wettbewerbs bzw. das Vorliegen einer beträchtlichen Marktmacht der Beigeladenen fehlerhaft
festgestellt hätte, wird von der Revision nicht geltend gemacht. Anhaltspunkte für die
Rechtswidrigkeit der Marktdefinition und -analyse im Sinne von §§ 10 und 11 TKG sind im
Übrigen auch nicht ersichtlich.
26 Das Revisionsvorbringen beschränkt sich an dieser Stelle auf den Einwand, dass der
bundesweite Markt für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen
Telefonnetz an festen Standorten, auf dem sie nach dem Ergebnis der Marktanalyse gemäß § 11
TKG über beträchtliche Marktmacht verfügt, nicht der für die Auferlegung der Verpflichtung zur
Gewährung von Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen relevante Markt sei. Dem ist
nicht zu folgen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Auferlegung dieser
Zugangsverpflichtung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 TKG auf die Marktdefinition und
Marktanalyse des Marktes 1 gestützt werden könne, verstößt nicht gegen § 13 Abs. 1 Satz 1
TKG. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27. Januar 2010 - BVerwG 6 C 22.08 -
Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 1 Rn. 30) erfordert die Festlegung einer bestimmten
Regulierungsverpflichtung keine auf sie bezogene spezifische Marktdefinition und -analyse;
vielmehr genügt eine ausreichende Begründung dafür, dass die betreffende Verpflichtung im
Verhältnis zum festgestellten Marktversagen sinnvoll und angemessen ist. Erforderlich, aber
auch ausreichend für die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung ist daher ein enger
funktionaler Zusammenhang zwischen der Einrichtung, zu der Zugang zu gewähren ist, und dem
Markt, für den ein Regulierungsbedarf festgestellt worden ist.
27 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist ein enger funktionaler Zusammenhang im
Sinne der Rechtsprechung des Senats nicht nur bei „Annexleistungen“ gegeben, „die selbst
keine Telekommunikationsdienstleistungen sind, aber mit dem Zugang in einem so engen
funktionalen Zusammenhang stehen, dass sie schon rechtlich dem Zugang zugeordnet sind“.
Zwar hat der Senat in dem erwähnten Urteil vom 27. Januar 2010 (a.a.O.) ausgeführt, dass in
Bezug auf den dort in Rede stehenden Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung der
Zusammenhang, wie Art. 2 Satz 2 Buchst. a der Zugangsrichtlinie klarstelle, bei einer
Einrichtung gegeben sei, die - wie im konkreten Fall der Zugang zu den Kabelkanälen zwischen
den Kabelverzweigern und dem Hauptverteiler - erforderlich sei, um Dienste über den
Teilnehmeranschluss zu erbringen. Hierdurch hat der Senat jedoch nicht zum Ausdruck
gebracht, dass der geforderte enge funktionale Zusammenhang ausschließlich dann zu bejahen
sei, wenn die Zugangsverpflichtung als Annex zu einer Zugangsleistung oder zu einer im
Übrigen auferlegten Endkundenverpflichtung angesehen werden kann.
28 Der erforderliche enge funktionale Zusammenhang wird bei einer Zugangsverpflichtung auf
der Vorleistungsebene nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass der in der Marktanalyse
festgestellte Regulierungsbedarf für einen Markt für Endkundenleistungen besteht. § 13 Abs. 1
Satz 1 TKG als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der dort aufgeführten
Regulierungsmaßnahmen unterscheidet nicht zwischen Vorleistungs- und Endkundenmärkten.
Dem Gesetzeswortlaut kann folglich nicht entnommen werden, dass Zugangsverpflichtungen
nach § 21 TKG nur auf der Grundlage eines nach § 11 TKG analysierten Vorleistungsmarktes
aufzuerlegen wären. § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG lässt ebenfalls offen, ob sich die beträchtliche
Marktmacht auf den jeweiligen Zugangsmarkt oder einen nachgelagerten, damit
korrespondierenden Endnutzermarkt beziehen muss (vgl. Neitzel, in: Spindler/Schuster, Recht
der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, TKG § 21 Rn. 5). Eine Differenzierung zwischen
Endkunden- und Vorleistungsmärkten lässt sich auch nicht den entsprechenden
unionsrechtlichen Vorschriften entnehmen. Stellt eine nationale Regulierungsbehörde fest, dass
„auf einem relevanten Markt“ kein wirksamer Wettbewerb herrscht, so ermittelt sie nach Art. 16
Abs. 4 der Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische
Kommunikationsnetze und -dienste , geändert durch Richtlinie
2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009
337 S. 37>), welche Unternehmen allein oder gemeinsam über beträchtliche Macht „auf diesem
Markt“ verfügen, und erlegt diesen Unternehmen geeignete spezifische Verpflichtungen auf bzw.
ändert diese oder behält diese bei, wenn sie bereits bestehen. Wird ein Betreiber aufgrund einer
Marktanalyse nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht „auf
einem bestimmten Markt“ eingestuft, so erlegt die nationale Regulierungsbehörde diesem
gemäß Art. 8 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie (Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen
und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung ,
geändert durch Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.
November 2009) im erforderlichen Umfang die in den Art. 9 bis 13 dieser Richtlinie genannten
Verpflichtungen auf. Dass Maßnahmen auf der Vorleistungsebene eine den betreffenden
Vorleistungsmarkt betreffende Marktanalyse voraussetzen, ergibt sich hieraus nicht.
29 Die von der Beigeladenen befürwortete Beschränkung der Befugnis der Bundesnetzagentur
zur Auferlegung von Zugangsverpflichtungen im Sinne des § 21 TKG auf solche Betreiber
öffentlicher Telekommunikationsnetze, die gemäß einer im Rahmen der Marktanalyse nach § 11
TKG getroffenen Feststellung auf dem jeweiligen Zugangsmarkt über beträchtliche Marktmacht
verfügen, findet nicht nur in Gesetzeswortlaut und -systematik keine Grundlage, sondern
widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Ausweislich der Begründung des
Gesetzentwurfs der Bundesregierung dient die Norm der Umsetzung von Art. 12 der bereits
erwähnten Zugangsrichtlinie (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 64 re. Sp.). Nach Art. 12 Abs. 1 der
Richtlinie können die nationalen Regulierungsbehörden gemäß Art. 8 der Richtlinie Betreiber
dazu verpflichten, berechtigten Anträgen auf Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und
zugehörigen Einrichtungen und auf deren Nutzung stattzugeben, unter anderem wenn die
nationale Regulierungsbehörde der Auffassung ist, dass die Verweigerung des Zugangs oder
die Gewährung zu unangemessenen Bedingungen mit ähnlicher Wirkung die Entwicklung eines
nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endverbraucherebene behindern oder den
Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würden. Aus der Benennung dieser Beispielsfälle, die §
21 Abs. 1 Satz 1 TKG aufgreift („insbesondere wenn anderenfalls die Entwicklung eines
nachhaltig wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endnutzermarktes behindert oder diese
Entwicklung den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würde“), ergibt sich, dass die
Zugangsregulierung kein Selbstzweck, sondern dem Wettbewerb auf den Endnutzermärkten zu
dienen bestimmt ist (vgl. Thomaschki/Neumann, in: Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009,
§ 21 Rn. 43; Mayen, in: Scheuerle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 21 Rn. 7). Dies beruht auf der
Einsicht, dass Monopole auf Endkundenmärkten nur dann angreifbar sind, wenn Zugang zu den
Vorleistungsmärkten gewährt wird (vgl. Piepenbrock/Attendorn, in: Beck'scher TKG-Kommentar,
3. Aufl. 2006, § 21 Rn. 11). Die effektive Förderung des Wettbewerbs auf den
Endkundenmärkten wäre jedoch erheblich erschwert, wenn die Auferlegung von
Zugangsverpflichtungen nach § 21 TKG stets von der zusätzlichen Feststellung fehlenden
wirksamen Wettbewerbs auf dem betreffenden Vorleistungsmarkt abhinge, obwohl aufgrund der
Marktanalyse nach § 11 TKG feststeht, dass der betreffende Betreiber auf dem
korrespondierenden Endnutzermarkt über beträchtliche Marktmacht verfügt.
30 Der Annahme, dass Zugangsverpflichtungen auch auf die Feststellung einer beträchtlichen
Marktmacht auf einem Endkundenmarkt gestützt werden können, steht § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG
systematisch nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Bundesnetzagentur Entgelte von
Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht bezüglich des Angebots von
Telekommunikationsdiensten für Endnutzer einer Entgeltgenehmigung unterwerfen, wenn
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Verpflichtungen unter anderem im
Zugangsbereich nicht zur Erreichung der Regulierungsziele führen würden. Aus § 39 Abs. 1
Satz 1 TKG ergibt sich - ebenso wie aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Universaldienstrichtlinie
(Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den
Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten
L Nr. 108 S. 51>, geändert durch Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25. November 2009 ) - ein Nachrang der Regulierung der
Endnutzermärkte (Urteil vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07 - Buchholz 442.066 § 10
TKG Nr. 2 Rn. 51). Aus der Vorgabe, dass einer beträchtlichen Marktmacht auf einem
Endkundenmarkt vorrangig durch Auferlegung von Verpflichtungen im Zugangsbereich zu
begegnen ist, folgt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht, dass die betreffenden
Zugangsverpflichtungen aufgrund einer eigenen Marktanalyse für diese Vorleistungsmärkte
auferlegt werden. Für die Annahme einer solchen ungeschriebenen Voraussetzung ist weder
dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzessystematik ein Anhaltspunkt zu entnehmen.
31 Die Auferlegung einer Verpflichtung zur Gewährung von Anschluss-Resale gemäß § 21 Abs.
1 und Abs. 2 Nr. 3 TKG auf der Grundlage der Marktdefinition und Marktanalyse des Marktes 1
wäre schließlich auch dann nicht ausgeschlossen, wenn sich, wie die Revision geltend macht,
ein eigener Vorleistungsmarkt für rabattiertes Anschluss-Resale abgrenzen ließe. Wie der Senat
bereits entschieden hat (Urteil vom 28. Januar 2009 - BVerwG 6 C 39.07 - Buchholz 442.066 §
10 TKG Nr. 3 Rn. 19), kann für eine entsprechende Marktdefinition sogar ein lediglich „fiktiver“
Markt ausreichen, auf dem ein Marktgeschehen tatsächlich nicht stattfindet. Hieraus folgt jedoch
nicht, dass die Feststellung beträchtlicher Marktmacht auf einem in dieser Weise abgrenzbaren
Vorleistungsmarkt zwingende Voraussetzung für die Auferlegung von Zugangspflichten ist, mit
denen dem Marktversagen auf dem regulierungsbedürftigen (Endkunden-) Markt für den Zugang
von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten begegnet
werden soll.
32 Unberechtigt ist die Befürchtung der Beigeladenen, ohne die Feststellung beträchtlicher
Marktmacht auf dem betreffenden Vorleistungsmarkt bliebe der Umstand unberücksichtigt, dass
die Wettbewerber des auf dem regulierungsbedürftigen Endkundenmarkt marktbeherrschenden
Unternehmens möglicherweise auf Alternativen im Zugangsbereich zurückgreifen könnten.
Dieser Befürchtung wird ausreichend Rechnung getragen durch das in der Rechtsprechung des
Senats anerkannte Erfordernis eines engen funktionalen Zusammenhangs zwischen der
Einrichtung, zu der Zugang zu gewähren ist, und dem Markt, für den ein Regulierungsbedarf
festgestellt worden ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist von einem
engen funktionalen Zusammenhang allerdings dann auszugehen, wenn die Einrichtung, zu der
Zugang zu gewähren ist, unmittelbar Bestandteil desjenigen Marktes ist, für den ein
Regulierungsbedarf festgestellt worden ist. Denn in diesem Fall ist die im Rahmen der
Marktabgrenzung des regulierungsbedürftigen Marktes grundsätzlich bereits erfolgte Prüfung der
Austauschbarkeit der maßgeblichen Produkte oder Dienstleistungen auf den entsprechenden -
realen oder fiktiven - Vorleistungsmarkt übertragbar. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt; denn
nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, denen die Beigeladene nicht
mit Verfahrensrügen entgegengetreten ist, sind die für Zwecke des Resales begehrten
Anschlüsse in technischer Hinsicht identisch mit den auf dem Endkundenmarkt angebotenen
AGB-Anschlüssen der Beigeladenen. Sie werden deshalb von der Marktdefinition für den Markt
1 für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen
Standorten sowie der Feststellung der beträchtlichen Marktmacht der Beigeladenen auf diesem
Markt mit umfasst.
33 4. Der Anspruch der Klägerin als Wettbewerberin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung
über ihren im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag, der Beigeladenen die Verpflichtung zur
Gewährung eines Anschluss-Resales zu Großhandelsbedingungen aufzuerlegen, ist noch nicht
erfüllt; der diesen ablehnende Beschluss die Bundesnetzagentur beruht auf
Abwägungsdefiziten.
34 Im Rahmen ihrer Entscheidung über die Auferlegung der in § 13 TKG vorgesehenen
Verpflichtungen verfügt die Bundesnetzagentur nach ständiger Rechtsprechung des Senats über
ein Regulierungsermessen, das fehlerhaft ausgeübt wird, wenn eine Abwägung überhaupt nicht
stattgefunden hat - Abwägungsausfall -, in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden
ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste - Abwägungsdefizit -, die
Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist - Abwägungsfehleinschätzung - oder
der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven
Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht - Abwägungsdisproportionalität - (Urteile
vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 Rn. 47, vom 29. Oktober 2008 -
BVerwG 6 C 38.07 - Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 2 Rn. 49, vom 28. Januar 2009 a.a.O. Rn.
33, vom 27. Januar 2010 - BVerwG 6 C 22.08 - Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 1 Rn. 16, und
vom 14. Dezember 2011 - BVerwG 6 C 36.10 - Buchholz 442.066 § 30 TKG Nr. 5 Rn. 25). Die
gerichtliche Kontrolle der Ausübung des Regulierungsermessens hat sich dabei grundsätzlich
auf diejenigen Erwägungen zu beschränken, die die Behörde zur Begründung ihrer
Entscheidung dargelegt hat (Urteil vom 23. November 2011 - BVerwG 6 C 11.10 - Buchholz
442.066 § 24 TKG Nr. 5 Rn. 40).
35 Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass
der Beklagten bei ihrer Entscheidung, der Beigeladenen nicht die Verpflichtung zur Gewährung
eines Anschluss-Resales zu Großhandelsbedingungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG
aufzuerlegen, Abwägungsfehler unterlaufen sind. Die Annahme eines Abwägungsdefizits
verstößt zwar gegen Bundesrecht, soweit das Verwaltungsgericht hierzu auf eine besondere
Begründungspflicht nach Ablauf der Frist in § 150 Abs. 5 TKG verweist, der die
Bundesnetzagentur nicht nachgekommen sei (a). Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das
Verwaltungsgericht die Annahme eines Abwägungsdefizits jedoch darüber hinaus mit der
unterbliebenen Berücksichtigung einer Abwägungsregel, wonach Anschluss-Resale in der
Regel zu Großhandelsbedingungen zu gewähren ist (b), sowie mit dem Fehlen ausreichender
tatsächlicher Feststellungen (c) begründet.
36 a) Ein der angefochtenen Regulierungsverfügung zugrunde liegendes Abwägungsdefizit
kann entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht in dem Fehlen einer (vertieften und
konkreten) Begründung gesehen werden, warum es auch nach Ablauf der Frist des § 150 Abs. 5
TKG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 3. Mai 2012 geltenden Fassung noch
geboten erscheine, den Zielen und Belangen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3, § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und
4 TKG (Förderung und Schutz von infrastrukturbasiertem Wettbewerb und Innovationen)
allgemein und pauschal den Vorrang zu geben bzw. vom Regelfall des Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG zu Gunsten eines unrabattierten
Anschluss-Resale abzusehen.
37 Aus dem Umstand des Ablaufs der in § 150 Abs. 5 TKG in der hier maßgeblichen Fassung
genannten Frist können keine besonderen Begründungspflichten der Bundesnetzagentur im
Rahmen des ihr eingeräumten Regulierungsermessens hergeleitet werden. Nach dieser - auf
Vorschlag des Vermittlungsausschusses eingefügten (vgl. Scherer, in: Arndt/Fetzer/Scherer,
TKG, 2008, § 150 Rn. 16; Müller, in: Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 150 Rn. 44) -
Bestimmung wurde § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG bis zum 30. Juni 2008 mit der Maßgabe angewendet,
dass Anschlüsse nur in Verbindung mit Verbindungsleistungen zur Verfügung gestellt werden
müssen. Selbst wenn Hintergrund dieser befristeten Aussetzung der Pflicht zum entbündelten
Anschluss-Resale - wie das Verwaltungsgericht ausführt - die Erkenntnis des Gesetzgebers
gewesen sein sollte, dass von bestimmten, auf Anschluss-Resale beruhenden
Geschäftsmodellen Gefahren für den infrastrukturbasierten Wettbewerb ausgehen können (vgl.
hierzu sowie zu den intensiven Auseinandersetzungen um die Resale-Verpflichtung im
Gesetzgebungsverfahren: Piepenbrock/Attendorn, in: Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006,
§ 21 Rn. 145; H. Jochum, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, Stand März 2007, § 21 Rn. 54; Müller,
in: Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 150 Rn. 44), enthält die Vorschrift weder eine
positive noch eine negative Aussage zu der Frage, ob ein Anschluss-Resale in der Regel zu
Großhandelsbedingungen zu gewähren ist. Da sich ihr Regelungsgehalt vielmehr darauf
beschränkt, den sachlichen Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG vorübergehend auf
das (mit Verbindungsleistungen) gebündelte Anschluss-Resale zu beschränken, kann der
Vorschrift nach ihrem Außerkrafttreten erst recht keine die Abwägung steuernde Wirkung in
Bezug auf die Frage zukommen, ob entbündeltes Anschluss-Resale gegebenenfalls zu
Großhandelsbedingungen oder zu Endkundenbedingungen zu gewähren ist.
38 b) Das Verwaltungsgericht hat ein Abwägungsdefizit jedoch zu Recht darin erkannt, dass die
Bundesnetzagentur eine - ihr Ermessen einschränkende - gesetzliche Abwägungsregel nicht
berücksichtigt hat, der zufolge die Zugangsleistung des Anschluss-Resale grundsätzlich gemäß
§ 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG zu Großhandelsbedingungen zu gewähren ist. Weder die Annahme einer
solchen Abwägungsregel (aa) noch die Würdigung, dass die Beklagte diese Abwägungsregel
fehlerhaft nicht berücksichtigt habe (bb), sind aus revisionsgerichtlicher Sicht zu beanstanden.
39 aa) Der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die Zugangsleistung des Anschluss-
Resale grundsätzlich gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG zu Großhandelsbedingungen zu gewähren
ist, verstößt nicht gegen revisibles Recht.
40 Die Regelbeispiele des § 21 Abs. 2 TKG sind zwar weder abschließend noch enthalten sie
einen Typenzwang in dem Sinne, dass von der geregelten Ausgestaltung der
Zugangsverpflichtungen nicht abgewichen werden dürfte. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut,
dem systematischen Zusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm: Nach § 21 Abs.
2 TKG kann die Bundesnetzagentur Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über
beträchtliche Marktmacht verfügen, unter anderem die im Folgenden aufgezählten
Zugangsverpflichtungen auferlegen. Hiervon unberührt bleibt die Grundnorm des § 21 Abs. 1
Satz 1 TKG, die auch andere oder in der Ausgestaltung von dem Katalog des § 21 Abs. 2 TKG
abweichende Zugangsverpflichtungen zulässt. In der Begründung des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung wird dem entsprechend zu der damals noch als § 19 in der Entwurfsfassung
enthaltenen Vorschrift ausgeführt, dass Absatz 2 eine „nicht abschließende“ Reihe von
Verpflichtungen enthalte, die die Regulierungsbehörde Betreibern öffentlicher
Telekommunikationsnetze mit beträchtlicher Marktmacht auferlegen könne; ferner werden
„potentielle weitere Verpflichtungen“ nach Absatz 1 Satz 1 erwähnt (vgl. BTDrucks 15/2316 S.
65, li. Sp.).
41 Das Verwaltungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG
eine Zielvorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck kommt, die das der Bundesnetzagentur
eingeräumte Regulierungsermessen dahingehend einschränkt, dass Resale als Gegenstand
einer Zugangsverpflichtung grundsätzlich zu Großhandelsbedingungen zu gewähren ist. Diese
Annahme verstößt entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht gegen die Grundsätze des
Regulierungsermessens. Daraus, dass der Bundesnetzagentur bei der Frage, welche der in § 13
Abs. 1 und 3 TKG (bzw. § 13 Abs. 1 und 5 TKG 2012) vorgesehenen Maßnahmen sie ergreift
und gegebenenfalls kombiniert, im Regelfall ein umfassender Auswahl- und
Ausgestaltungsspielraum zusteht, folgt nicht, dass eine gesetzliche Einschränkung des
Regulierungsermessens grundsätzlich ausgeschlossen ist. So hat der Senat etwa bereits
entschieden, dass der Bundesnetzagentur bei der Auferlegung der Pflicht zur Betreiberauswahl
und Betreibervorauswahl nach § 40 Abs. 1 TKG a.F. kein Auswahlermessen zusteht, sondern es
sich hierbei um eine gebundene Entscheidung handelt (Urteil vom 29. Oktober 2008 a.a.O. Rn.
59 f.).
42 Dass eine normative Vorsteuerung des Regulierungsermessens zwingend ausgeschlossen
ist, ergibt sich entgegen der Auffassung der Beigeladenen insbesondere auch nicht aus dem
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 3. Dezember 2009 - Rs. C-424/07 - (Slg.
2009, I-11431). Darin hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland
durch den Erlass von § 9a TKG gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 8 Abs. 4 der
Zugangsrichtlinie, aus den Art. 6 bis 8 Abs. 1 und 2, Art. 15 Abs. 3 und Art. 16 der
Rahmenrichtlinie sowie aus Art. 17 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie verstoßen hat. Zur
Begründung hat der Gerichtshof unter anderem ausgeführt, dass die nationalen
Regulierungsbehörden bei der Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Funktionen über eine
weitreichende Befugnis verfügen, um die Regulierungsbedürftigkeit eines Marktes in jedem
Einzelfall beurteilen zu können (Rn. 61). In diese weiten Befugnisse dürfe der nationale
Gesetzgeber nicht dadurch eingreifen, dass er - wie durch § 9a TKG geschehen - die
Regulierung neuer Märkte für den Regelfall ausschließt (Rn. 78). Da die nationalen
Regulierungsbehörden verpflichtet seien, bei der Wahrnehmung der im gemeinsamen
Rechtsrahmen genannten regulatorischen Aufgaben die in Art. 8 der Rahmenrichtlinie
genannten Regulierungsziele zu fördern, stehe auch die Abwägung zwischen diesen Zielen bei
der Definition und der Analyse eines für die Regulierung in Betracht kommenden relevanten
Marktes den nationalen Regulierungsbehörden und nicht den nationalen Gesetzgebern zu (Rn.
91). Eine nationale Rechtsvorschrift wie § 9a Abs. 2 TKG, die für die Untersuchung der
Regulierungsbedürftigkeit eines neuen Marktes durch die nationale Regulierungsbehörde die
vorrangige Berücksichtigung eines der in der Rahmenrichtlinie anerkannten Ziele vorschreibe,
nehme eine Abwägung dieser Ziele vor, obwohl diese Abwägung bei der Wahrnehmung der ihr
übertragenen regulatorischen Aufgaben der nationalen Regulierungsbehörde zufalle (Rn. 93).
Folglich verstoße § 9a Abs. 2 TKG, der einem bestimmten Regulierungsziel den Vorrang gebe,
gegen Art. 8 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie, Art. 8 Abs. 1 und 2 der Rahmenrichtlinie sowie Art. 17
Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie und schränke das Ermessen der nationalen
Regulierungsbehörde in einer mit diesen Richtlinien nicht vereinbaren Weise ein (Rn. 94). Zu
der diesen Erwägungen zugrunde liegenden Annahme des Gerichtshofs, dass eine normative
Vorsteuerung des unionsrechtlich vorgesehenen Regulierungsermessens durch den nationalen
Gesetzgeber grundsätzlich ausgeschlossen ist, steht es indes nicht in Widerspruch, wenn das
nationale Recht lediglich eine Einschränkung des Regulierungsermessens nachvollzieht, die
bereits im Unionsrecht selbst angelegt ist. So verhält es sich aber mit der vom
Verwaltungsgericht angenommenen Abwägungsregel. Die vom Verwaltungsgericht
angenommene Einschränkung des Regulierungsermessens dahingehend, dass ein Anschluss-
Resale in der Regel zu Großhandelsbedingungen zu gewähren ist, lässt sich nicht nur dem
maßgeblichen nationalen Recht (1), sondern auch dem zugrunde liegenden Unionsrecht (2)
durch Auslegung entnehmen.
43 (1) Die Annahme, dass nach nationalem Recht ein Anschluss-Resale in der Regel zu
Großhandelsbedingungen zu gewähren ist, kann sich auf den Gesetzeswortlaut stützen. Die
Formulierung des § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG verknüpft die Verpflichtung, „Zugang zu bestimmten
vom Betreiber angebotenen Diensten, wie sie Endnutzern angeboten werden“, zu gewähren, mit
der weiter gehenden Verpflichtung, diesen Zugang „zu Großhandelsbedingungen“ zu gewähren.
Beide Verpflichtungen beziehen sich auf das in der Vorschrift genannte Ziel, Dritten den
Weitervertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu ermöglichen. Diese Verknüpfung
schließt es zwar - wie oben ausgeführt - nicht zwingend aus, dass nach der Grundnorm des § 21
Abs. 1 Satz 1 TKG auch eine Verpflichtung zum Anschluss-Resale ohne gleichzeitige
Gewährung von Großhandelsbedingungen auferlegt werden könnte, lässt jedoch den
Ausnahmecharakter einer Resale-Verpflichtung zu Endkundenbedingungen erkennen.
44 Der im Gesetzeswortlaut angelegte Ausnahmecharakter des Anschluss-Resale zu
Endkundenbedingungen wird durch die innere Systematik des § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG bestätigt.
Denn die Einschränkung der Zugangspflicht auf solche vom Betreiber angebotenen Dienste, die
auch „Endnutzern angeboten werden“, korrespondiert mit der Gewährung des Zugangs „zu
Großhandelsbedingungen“. Das marktmächtige Unternehmen soll einerseits nicht verpflichtet
werden können, zum Zweck des Resale neue Produkte zu kreieren, sondern lediglich den
Weitervertrieb von ihm selbst aktuell angebotener Endnutzerdienste ermöglichen müssen (vgl.
Mayen, in: Scheuerle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 21 Rn. 98; Piepenbrock/Attendorn, a.a.O. §
21 Rn. 151; Börnsen/Coppik, MMR 2004, 143 <146>). Diesem Schutz der Produkthoheit des
zugangsverpflichteten Unternehmens steht andererseits nach der Gesetzessystematik dessen
Pflicht gegenüber, das Recht zum Weitervertrieb zu denjenigen (kommerziellen) Bedingungen
zu gewähren, zu denen sich gewerbliche Anbieter von Telekommunikationsdiensten
üblicherweise ihre Vorleistungen auf der vorgelagerten Wirtschaftsstufe beschaffen (vgl. Mayen,
a.a.O. § 21 Rn. 104; Piepenbrock/Attendorn, a.a.O. § 21 Rn. 153), wobei sich
Großhandelsbedingungen im Wesentlichen auf die Entgeltgestaltung beziehen, die in § 30 Abs.
5 TKG (bzw. § 31 Abs. 2 Nr. 1 TKG 2012) einer speziellen Regelung unterworfen worden ist (vgl.
Thomaschki/Neumann, in: Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 21 Rn. 145). Der für
den Bereich des Resale in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG angelegte differenzierte Ausgleich zwischen
der Gewährung von Endkundenbedingungen bei der Produktgestaltung einerseits und von
Großhandelsbedingungen bei der Entgeltgestaltung andererseits lässt erkennen, dass der
Gesetzgeber Abweichungen hiervon nur in atypischen Fällen zulassen will.
45 Gegen die Annahme, dass ein Anschluss-Resale in der Regel zu Großhandelsbedingungen
zu gewähren ist, lässt sich aus systematischer Sicht nicht einwenden, dass die Auferlegung der
in § 21 Abs. 2 TKG aufgeführten möglichen Zugangspflichten nicht - wie in den Fällen des § 21
Abs. 3 TKG - aufgrund einer Soll-Bestimmung erfolgt. Denn dass § 21 Abs. 2 TKG als Kann-
Bestimmung ausgestaltet ist, hat lediglich zur Folge, dass ein Verzicht auf die Auferlegung der
dort genannten Zugangspflichten nicht nur in atypischen Fällen möglich ist. Hinsichtlich der
Frage, ob die Regulierungsbehörde dann, wenn sie sich für die Auferlegung einer Resale-
Verpflichtung entscheidet, ohne weiteres von der Festlegung der Gewährung von
Großhandelsbedingungen absehen kann, oder ob sie dies als Abweichung von dem
gesetzlichen Regelfall besonders begründen muss, ist der Ausgestaltung als „Kann-“ oder „Soll-
Bestimmung“ keine Aussage zu entnehmen.
46 Auch der Sinn und Zweck der in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG geregelten Zugangsverpflichtung
spricht dafür, dass ein Anschluss-Resale in der Regel zu Großhandelsbedingungen zu
gewähren ist. Dieser Zweck besteht darin, es den Zugangsberechtigten zu ermöglichen, in einen
unabhängigen chancengleichen Wettbewerb mit dem marktbeherrschenden
Zugangsverpflichteten zu treten (vgl. Scherer, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 21 Rn. 27).
Die wettbewerbsfördernde Wirkung des Resale beruht nach der Rechtsprechung des Senats im
Wesentlichen darauf, dass die entsprechenden Anbieter unter Nutzung der nachgefragten
Leistungen mit vergleichsweise geringen Kosten neue Produkte herstellen und auf den Markt
bringen und bei niedrigen Investitionskosten kurzfristig und flächendeckend
Telekommunikationsdienstleistungen zu günstigen Preisen anbieten können (Urteil vom 3.
Dezember 2003 - BVerwG 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <296>). Da sich niedrige
Endkundenpreise in erster Linie über niedrige Vorleistungspreise erzielen lassen (vgl.
Börnsen/Coppik, a.a.O. S. 144), setzt dies voraus, dass der Zugangsberechtigte die Leistung zu
einem günstigeren Preis beziehen kann als die Endkunden des marktbeherrschenden
Unternehmens. Dass gerade die Entgeltgestaltung für die wettbewerbsfördernde Wirkung des
Resale entscheidend ist, geht auch daraus hervor, dass der Gesetzgeber die Entgelte für
Zugangsleistungen zu bestimmten vom marktbeherrschenden Netzbetreiber angebotenen
Diensten zu Großhandelsbedingungen, die Dritten den Weitervertrieb im eigenen Namen und
auf eigene Rechnung ermöglichen sollen, in § 30 Abs. 5 TKG (jetzt: § 31 Abs. 2 Nr. 1 TKG 2012)
einem besonderen materiellen Maßstab unterworfen hat. Der üblichen Vorgehensweise in der
kaufmännischen Praxis bei der Preisbestimmung von Wiederverkaufsleistungen entsprechend
(vgl. Groebel/Seifert, in: Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 30 Rn. 45) ergibt sich
danach das Entgelt aus einem Abschlag auf den Endnutzerpreis, der einem effizienten Anbieter
von Telekommunikationsdiensten die Erzielung einer angemessenen Verzinsung des
eingesetzten Kapitals auf dem Endnutzermarkt ermöglicht.
47 Dass durch ein Anschluss-Resale ohne Großhandelsbedingungen das mit der Auferlegung
einer entsprechenden Regulierungsverpflichtung angestrebte Ziel der Chancengleichheit des
Wettbewerbs in der Regel verfehlt werden dürfte, wird insbesondere auch an dem vom
Verwaltungsgericht festgestellten und von der Beigeladenen nicht bestrittenen Umstand deutlich,
dass sich auf Seiten des marktmächtigen Unternehmens bei der Bereitstellung von Leistungen
zum Zwecke des Resale gegenüber der Bereitstellung für die eigenen Endkunden durch
Verbundvorteile und Einsparungen beim Vertrieb und bei der Kundenbetreuung Kostenvorteile
ergeben. Werden diese Kostenvorteile nicht im Wege der Einräumung eines Großhandelsrabatts
an die Reseller weitergegeben, erhöht dies die Gewinnmarge des marktbeherrschenden
Unternehmens, wodurch das Marktungleichgewicht, dem entgegengewirkt werden soll, im
Ergebnis weiter vertieft wird.
48 (2) Die Einschränkung des Regulierungsermessens der Bundesnetzagentur dahingehend,
dass ein Anschluss-Resale in der Regel zu Großhandelsbedingungen zu gewähren ist, ergibt
sich in vergleichbarer Weise auch aus Art. 12 der Zugangsrichtlinie, dessen Umsetzung § 21
Abs. 2 Nr. 3 TKG - wie bereits ausgeführt - dient.
49 Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Zugangsrichtlinie können die nationalen
Regulierungsbehörden gemäß Art. 8 dieser Richtlinie Betreiber dazu verpflichten, berechtigten
Anträgen auf Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen und auf
deren Nutzung stattzugeben, unter anderem wenn die nationale Regulierungsbehörde der
Auffassung ist, dass die Verweigerung des Zugangs oder unangemessene Bedingungen mit
ähnlicher Wirkung die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf
Endverbraucherebene behindern oder den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würden.
Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d der Zugangsrichtlinie darf Betreibern unter anderem die
Verpflichtung auferlegt werden, „bestimmte Dienste zu Großhandelsbedingungen zwecks
Weitervertrieb durch Dritte anzubieten“. Wie § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG enthält zwar auch die
zugrunde liegende Richtlinienbestimmung - wie die einleitenden Worte „unter anderem“
anzeigen - keine abschließende Regelung, lässt jedoch ebenfalls erkennen, dass Dienste zum
Zweck des Vertriebs durch Dritte in der Regel „zu Großhandelsbedingungen“ anzubieten sind.
Ihren Grund findet diese Verknüpfung ersichtlich in der Annahme des Richtliniengebers, dass
das in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Zugangsrichtlinie hervorgehobene Ziel der Entwicklung eines
nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endverbraucherebene durch die Auferlegung
der Verpflichtung zur Gewährung eines Weitervertriebs von Diensten ohne
Großhandelsbedingungen regelmäßig nicht zu erreichen wäre, weil ein solches Angebot aus
den oben dargelegten Gründen unter gewöhnlichen Umständen wirtschaftlich nicht rentabel
wäre und für Wettbewerber des marktbeherrschenden Betreibers auf dieser Grundlage allenfalls
in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein Anreiz zu einem Markteintritt bestünde. Im Hinblick
auf die von der nationalen Regulierungsbehörde nach Art. 8 Abs. 1 und 2 der Rahmenrichtlinie
vorzunehmende Abwägung der Regulierungsziele bedeutet dies, dass die Regulierungsbehörde
es - wie nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG - besonders zu begründen hat, wenn sie einem
marktbeherrschenden Unternehmen die nicht mit der Gewährung von Großhandelsbedingungen
verbundene Verpflichtung auferlegt, Dritten bestimmte Dienste zum Weitervertrieb zu
Endkundenbedingungen anzubieten.
50 bb) Ist das Verwaltungsgericht mithin ohne Verstoß gegen revisibles Recht von dem
Bestehen der genannten Abwägungsregel ausgegangen, ist auch die sich hieran knüpfende
weitere Annahme, dass die Bundesnetzagentur diese Abwägungsregel nicht berücksichtigt
habe, nicht zu beanstanden.
51 Dass die Bundesnetzagentur nicht etwa von einem Ausnahmecharakter des Anschluss-
Resale zu Endkundenbedingungen, sondern von dessen grundsätzlicher Gleichrangigkeit mit
einem Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen ausgegangen ist, ergibt sich aus dem
Inhalt der Begründung der angefochtenen Regulierungsverfügung. So hat die
Regulierungsbehörde darauf abgestellt, dass die Möglichkeit der unrabattierten Form des
Wiederverkaufs von Telefonanschlüssen „ausreichend“ sei, „um die Entwicklung eines
nachhaltig wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endkundenmarktes zu fördern und die
Interessen der Endkunden zu wahren“ (S. 28 des Beschlusses). Die Gewährung eines Rabattes
sei „zur Erreichung dieses Ziels nicht erforderlich“ (a.a.O.). Es sei „im Rahmen einer Abwägung
von der Auferlegung eines rabattierten Anschluss-Resale abgesehen“ worden (S. 28 f. des
Beschlusses). Die Einführung eines Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen wäre nach
Auffassung der Bundesnetzagentur „nicht das richtige Regulierungsinstrument“ (S. 29 des
Beschlusses).
52 In diesem Zusammenhang geht die Beklagte zwar auf den in den Stellungnahmen der
Wettbewerber geäußerten Einwand ein, dass ohne rabattiertes Anschluss-Resale eine
Nachbildbarkeit von Bündelprodukten nicht möglich sei; ihre diesbezüglichen Erwägungen
bleiben jedoch im Wesentlichen allgemeiner Natur. So wird etwa ausgeführt, dass mit TAL und
IP-Bitstrom zwei Vorleistungsprodukte existierten, auf denen unmittelbar aufbauend
Unternehmen unter Verwendung eigener Infrastruktur langfristig und nachhaltig in Wettbewerb
zur Betroffenen treten könnten. Im Gegensatz dazu sei derzeit davon auszugehen, dass ein rein
auf dem Weiterverkauf rabattierter Telefonanschlüsse der Betroffenen aufbauendes
Geschäftsmodell den Regulierungszielen des § 2 Abs. 2 TKG in geringerem Maße Rechnung
tragen würde. Insbesondere bestehe bei derartigen Geschäftsmodellen keine zwingende
Notwendigkeit und kaum ein Anreiz, in weitreichendem Umfang in den Ausbau von Infrastruktur
zu investieren. Diesem Aspekt trage dagegen der reine Wiederverkauf von Telefonanschlüssen
zu Endkundenbedingungen Rechnung, da allein darauf aufbauend kein tragfähiges
Geschäftsmodell betrieben werden könne. Es bestehe somit ein Anreiz, weitergehende
Investitionen in Gebieten zu tätigen, in denen zuvor unter Verwendung von Telefonanschlüssen
der Betroffenen Kunden gewonnen werden konnten. Die Überprüfbarkeit der Nachbildbarkeit
des entbündelten Anschlusses sei dadurch gewährleistet, dass die Regelungen des
Telekommunikationsgesetzes, insbesondere § 28 TKG, möglichem Missbrauch durch die
Betroffene in Form von Dumping und Preis-Kosten-Scheren bezogen auf den Anschluss
vorbeugten. Ihre Einschätzung, dass die Einführung eines Anschluss-Resale zu
Großkundenbedingungen „nicht zuletzt vor dem Hintergrund der bisherigen zu erwartenden
Marktentwicklung nicht das richtige Regulierungsinstrument“ wäre, begründet die
Regulierungsbehörde mit der Erwägung, dass die Entwicklung zeige, dass mit zunehmender
Wettbewerbsintensität die Abhängigkeit von Vorleistungen der Betroffenen abnehme, da
Wettbewerber jeweils bei Erreichen einer kritischen Masse auf einer Stufe der Investitionsleiter
Investitionen auf der nächst höheren Infrastrukturstufe vornähmen.
53 An keiner Stelle ihrer Begründung lässt die Behörde jedoch eine Auseinandersetzung mit
dem Umstand erkennen, dass sowohl der nationale Gesetzgeber als auch der Richtliniengeber
auf Unionsebene ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen dem Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen und dem unrabattierten Anschluss-Resale vorgegeben haben. Mit
ihren allgemein gehaltenen regulierungspolitischen Erwägungen zu dem aus ihrer Sicht
erforderlichen Schutz des infrastrukturbasierten Wettbewerbs vor Geschäftsmodellen, die auf
dem Wiederverkauf von Telefonanschlüssen der Beigeladenen basieren, überschreitet die
Bundesnetzagentur die ihrem Regulierungsermessen gezogenen Grenzen, indem sie im
Ergebnis die vom Gesetzgeber durch die Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG - in Kenntnis der
aufgezeigten Gefahren (vgl. oben zu a) - getroffene Grundentscheidung für ein rabattiertes
Anschluss-Resale revidiert. Unter Beachtung dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung
hätte die Bundesnetzagentur ihre in dem angefochtenen Beschluss getroffene Entscheidung,
von der Verpflichtung der Beigeladenen zur Gewährung eines Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen ausnahmsweise zu Gunsten eines unrabattierten Anschluss-Resale
abzusehen, in rechtlich zulässiger Weise nur mit einer atypischen Sachverhaltskonstellation
oder etwa dem Eintritt einer vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Marktentwicklung
begründen können, die wegen unerwartet aufgetretener Beeinträchtigungen oder Risiken zu
einer besonderen Schutzbedürftigkeit des infrastrukturbasierten Wettbewerbs führt. Für eine
derartige Marktentwicklung sind der Beschlussbegründung indes keine konkreten tatsächlichen
Anhaltspunkte zu entnehmen.
54 c) In engem Zusammenhang mit dem Abwägungsfehler der mangelnden Berücksichtung des
Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen dem Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen
und dem unrabattierten Anschluss-Resale steht das vom Verwaltungsgericht im Ergebnis
ebenfalls zu Recht festgestellte weitere Abwägungsdefizit einer unzureichenden
Sachverhaltsermittlung.
55 Tatsächliche Feststellungen hätte die Bundesnetzagentur nach Auffassung des
Verwaltungsgerichts zum einen zu der Frage treffen müssen, ob „die skizzierten Gefahren für
den Wettbewerb auch zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen
Regulierungsverfügung im vierten Quartal 2010 noch fortbestehen und ihnen deswegen nach
wie vor durch den Verzicht auf eine Verpflichtung zum Anschlussresale zu
Großhandelsbedingungen entgegenzuwirken ist“. Für unvollständig ermittelt hält das
Verwaltungsgericht den Sachverhalt darüber hinaus in Bezug auf die Frage, „ob die Entstehung
eines maßgeblich auf Anschlussresale zu Großhandelsbedingungen basierenden
Geschäftsmodells, von dem die gesehenen Wettbewerbsgefahren ausgehen könnten, bei der
zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung bestandenen
Marktentwicklung und bei einer darüber hinausgehenden prognostischen Betrachtung überhaupt
noch zu befürchten ist und ob ein solches Geschäftsmodell in der Breite Erfolg haben könnte“.
56 Diese eng zusammenhängenden Fragen knüpfen an die das Abwägungsergebnis wesentlich
tragenden Erwägungen der Bundesnetzagentur an, dass die Wettbewerber der Beigeladenen,
die schon jetzt in Infrastruktur investierten, keine Entwertung ihrer Investitionen durch das
vergleichsweise risikolosere, auf Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen basierende
Geschäftsmodell von Resellern bzw. Diensteanbietern befürchten müssten (S. 28 des
Beschlusses), dass ein Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen tendenziell die
Rahmenbedingungen beeinträchtigen würde, unter denen Netzbetreiber in alternative
Infrastruktur investiert hätten, und die Tragfähigkeit von infrastrukturbasierten Geschäftsmodellen
belasten würden (a.a.O.), sowie dass durch den Verzicht auf die Anordnung eines Rabattes
sichergestellt werden könne, dass der weitere Ausbau von Breitbandinfrastruktur nicht durch
eine Bevorzugung von Anbietern mit schwächerem eigenen Infrastrukturausbau behindert werde
(S. 27 des Beschlusses). Mit diesen Erwägungen bringt die Bundesnetzagentur ihre - das
Abwägungsergebnis maßgeblich determinierende - Auffassung zum Ausdruck, dass von einer
Verpflichtung zur Gewährung eines Anschluss-Resale zu Großhandelsbedingungen Gefahren
für den weiteren Infrastrukturausbau ausgehen würden, weil Wettbewerber der Beigeladenen die
hierdurch geschaffene Möglichkeit „vergleichsweise risikoloserer“ Geschäftsmodelle ergreifen
und auf diese Weise zugleich die Rentabilität der Investitionen derjenigen Wettbewerber, deren
Geschäftsmodell auf Infrastrukturausbau beruht, in erheblichem Umfang schmälern würden. Es
gelte den „erreichten Erfolg“ zu bewahren, der darin bestehe, dass sich „aufgrund der
Entscheidungen der Bundesnetzagentur (...) durch den Wettbewerb auf TAL-Basis ein
infrastrukturbasierter Wettbewerb entwickelt“ habe, mit der Folge, dass eine Vielzahl von
Unternehmen sich durch einen Ausbau von Infrastruktur in Richtung Endkunde unabhängiger
von den Vorleistungen der Betroffenen machen könne, „soweit sie nicht durch Preissenkungen
von stärker diensteorientierten Wettbewerbern unter Druck gesetzt“ werde (S. 29 des
Beschlusses).
57 Die wiedergegebenen Erwägungen in der Begründung der angefochtenen
Regulierungsverfügung lassen erkennen, dass sich die Bundesnetzagentur im Rahmen der
Abwägung maßgeblich auf eine Prognose der (nachteiligen) Auswirkungen einer
Regulierungsverpflichtung zur Gewährung eines Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen auf die Investitionstätigkeit der Telekommunikationsunternehmen im
Bereich des Infrastrukturausbaus stützt. Selbst wenn Prognosen der Behörde nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle
unterliegen, hat das Gericht jedenfalls zu prüfen, ob die Prognose nach einer geeigneten
Methode durchgeführt wurde, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde
und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist (vgl. nur Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG
4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 59, m.w.N.). Das damit vorausgesetzte Mindestmaß an
tatsächlichen Feststellungen ist bei der streitgegenständlichen Beschlusskammerentscheidung
nicht erfüllt.
58 Die grundsätzlich erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen waren nicht etwa deshalb
ausnahmsweise entbehrlich, weil es sich bei der Annahme, dass ein Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen die Investitionstätigkeit der Telekommunikationsunternehmen im
Bereich des Infrastrukturausbaus in relevantem Umfang beeinträchtigt, um eine
allgemeinkundige Tatsache handeln würde. Das Verwaltungsgericht hat in diesem
Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bundesnetzagentur selbst
Entwicklungen aufgezeigt hat, die einer solchen Annahme entgegenstehen könnten. So hat die
Bundesnetzagentur festgestellt, dass sich auf dem Telekommunikationsmarkt kein Wettbewerber
der Beigeladenen betätige, der ein Geschäftsmodell verfolgt, welches ausschließlich den
Vertrieb von Telefonanschlüssen zum Gegenstand habe, und dass in dem hier besonders
betroffenen Marktsegment der Betreiber(vor)auswahl wegen der Bevorzugung von
Bündelprodukten ein rückläufiger Trend zu beobachten sei. Sie hat weiter festgestellt, dass
„nach dem Stand der erreichten Marktentwicklung“ allein auf den Wiederverkauf von
Anschlüssen basierende Geschäftsmodelle „nicht tragende Säulen einer weiteren Verfestigung
wettbewerblicher Strukturen auf dem Telekommunikationsmarkt“ seien und sich inzwischen ein
infrastrukturbasierter Wettbewerb entwickelt habe mit der Folge, dass eine Vielzahl von
Unternehmen in den Ausbau eigener Infrastruktur investiert habe. Diese von der
Beschlusskammer selbst getroffenen Feststellungen lassen es zumindest als zweifelhaft
erscheinen, ob eine Zugangsverpflichtung in Form des Anschluss-Resale zu
Großhandelsbedingungen ohne weiteres - d.h. insbesondere ohne Rücksicht auf die konkrete
Entgeltgestaltung - zu dem von der Beschlusskammer befürchteten Rückgang der
Investitionstätigkeit im Bereich des Infrastrukturausbaus führen würde. In diesem
Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Aufwendungen für die Errichtung,
den Ausbau und die Unterhaltung der Netze Bestandteil der Kosten für die effiziente
Leistungsbereitstellung sein können, an denen sich die Entgelte zu orientieren haben, die der
Marktbeherrscher von den Wettbewerbern für die von ihm erstrebten Leistungen verlangen kann,
und durch die Berücksichtigungsfähigkeit dieser Aufwendungen bei der Entgeltgestaltung den
privaten Interessen der Anbieter mit eigener Netzstruktur Rechnung getragen wird (vgl. Urteil
vom 3. Dezember 2003 - BVerwG 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <296>). Zur Stützung ihrer
Prognose hätte die Bundesnetzagentur deshalb die Sachverhaltsfeststellungen treffen müssen,
deren Fehlen das Verwaltungsgericht beanstandet hat.
59 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der auch zu Lasten des
Drittbeteiligten Rechtsmittelführers gilt. Da die Beklagte als unterlegene Hauptbeteiligte keine
eigene Revision eingelegt hat, kommt § 159 VwGO - anders als im erstinstanzlichen Verfahren -
nicht zur Anwendung und erstreckt sich die Kostentragungspflicht der Beigeladenen auch auf die
außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Revisionsverfahren (Urteil vom 9. Mai 2012 -
BVerwG 6 C 3.11 - Rn. 66).
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Hahn
Prof. Dr. Hecker